42 Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. im Triumph in Czernowitz einziehen. Die Versuche der Russen, die Stadt wieder in ihren Besitz zu bringen, blieben erfolglos. Der Kampf war sehr heftig, doch der Feind konnte auf keinem einzigen Punkt der langen Kampflinie vorrücken. Anfang November entwickelten sich am Pruth Vor postengefechte. Österreichisch-ungarische Truppen über schritten diesen Fluß einige Kilometer nördlich von Czer nowitz und überfielen die Russen, die, völlig überrascht, nur kurzen Widerstand leisteten und den Rückzug antraten. Sie gerieten dabei in den Schußbereich der feindlichen Ge schütze, die furchtbare Verheerungen anrichteten. Das Schlachtfeld bedeckten förmliche Berge von Russenleichen. Ende des Monats sahen sich unsere Verbündeten jedoch infolge der allgemeinen Kriegslage genötigt, Czernowitz zu räumen, und nun begannen für die Stadt Schreckens tage, über die im „Pester Lloyd" folgende Einzelheiten berichtet wurden: „Am 27. November, um zwei Uhr nachmittags, nachdem die österreichisch-ungarischen Truppen abgezogen waren, kommandierende Offizier auf dringende Vorstellungen der Bürgerschaft, den Plünderern Halt zu gebieten. Mit einer Nagaika zog er durch die Straßen, und wenn er Soldaten beim Plündern ertappte, prügelte er sie entweder persönlich durch oder ließ sie abführen. Doch auch diese harte Maß regel half nur wenig. Die russischen Soldaten können sich eben das Plündern nicht abgewöhnen." * * * Den letzten, dein Seekrieg gewidmeten Abschnitt (Bd. I S. 387) konnten wir mit Ruhmestaten der deutschen Flotte schließen: der Seeschlacht bei Chile und der Beschießung der englischen Küste bei Parmouth. Wir haben darin auch der Er folge gedacht, die der deutsche Kreuzer „Emden" erzielte (f. a. Bd. I S. 254). Als die durch ihn veranlaßte Stockung des britischen Seehandels im Indischen Meer immer bedroh licher geworden war, hatten zahlreiche englische Kreuzer, die man ausgesandt hatte, um die „Emden" aufzubringen, zusammen mit russischen, japanischen, französischen Schiffen und solchen der australischen Kriegsmarine ein wahres Phot. C. Seebald, Wien. Einschlagen und Krepieren einer österreichisch-ungarischen 30,5-em-Granate. ritten die ersten Kosakenpatrouilleu (|. Bild S. 47) in die Stadt. In den darauffolgenden Stunden erschien die gesamte russische Reiterei, mehr als 10 000 Kosaken, dann die Infanterie, deren Einmarsch bis spät in die Nacht dauerte. Dem an der Spitze der Truppen einrückenden russischen Offizier übergab eine städtische Abordnung die Stadt und bat um Schonung für die Bürgerschaft. Der Offizier ver sprach dies, allein die russischen Soldaten kehrten sich wenig daran. Sofort begannen sie mit dem Plündern der Ge schäfte und Wohnungen. In den rumänischen Vorstädten Rosch, Herecza und Kolokuczka wüteten sie besonders. Den armen rumänischen Bauern wurde das Vieh aus dem Stalle getrieben und die gesamten Heu- und Futtervorräte weg geschleppt. Im Innern der Stadt wurden bei vielen Läden die Rolladen heruntergerissen, die großen Glasscheiben eingedrückt und alle Waren weggetragen. Viele Flücht linge hatten ihre Flucht, verzögert und befanden sich noch in der Umgebung von Czernowitz. Die Kosaken ritten ihnen nach und nahmen ihnen all ihr Hab und Gut ab. Jeder, dem sie begegneten, wurde gezwungen, seinen Pelz, seine Uhr und sein ganzes Bargeld herzugeben. Drei Tage dauerte dieses ruchlose Treiben. Endlich entschloß sich der Kesseltreiben veranstaltet, bis sie endlich am 9. November das edle Wild zur Strecke brachten. Lange Zeit war es der „Emden" gelungen, sich der Verfolgung zu entziehen. Da ereilte sie das Schicksal, als sie den Kokosinselarchipel im Indischen Ozean aufsuchte und dort auf der Insel Keeling die englische Funkenstation und die dort mündenden Kabel zerstörte. Es ist ein tragisches Geschick, daß unser Kreuzer gerade bei der Durchführung dieser für ihn wichtigen Aufgabe überrascht wurde. Die „Emden" hatte einen Teil ihrer Besatzung ans Land geschickt, um die Kabellandungstellen und die Funkenstation zu zerstören. Sie wurde nun von dem australischen Kreuzer „Sydney" entdeckt und zum Kampf gestellt. Dieser Kreuzer hat wie sein Schwester schiff „Melbourne", das gleichfalls an der Jagd auf die „Emden" teilgenommen hat, eine Wasserverdrängung von 5600 Tonnen und eine Geschwindigkeit von 25V- Seemeilen in der Stunde. Die Bestückung besteht aus acht 15-om- Schnelladegeschützen, acht kleineren Schnellfeuerkanonen und Mitrailleusen. Die Geschütze dieses Schiffes, das erst im Jahre 1912 vom Stapel gelaufen ist, sind durchweg aller- neuester Konstruktion. Demgegenüber konnte die „Emden",