38 Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. ausgezeichnete Eeschützarten. Die Artillerie des öster reichisch-ungarischen Heeres gliedert sich in die Feld-, Ge- birgs- und Festungsartillerie. Sie verfügt über eigene Zeuganstalten und für diese bestimmte technische Offiziere (Artillerieingenieure) und Beamte. Die Geschütze sind zum weitaus überwiegenden Teil heimisches Erzeugnis und gehen aus Privatfabriken sowie dem Arsenal in Wien hervor. Die Feldartillerie besteht aus 42 Feldkanonenregi- mentern, 14 Feldhaubihenregimentern, 14 schweren Haubitz divisionen und 9 reitenden Artilleriedivisionen. Des weiteren verfügen die k. und k. Landwehr und die ungarische Honved über eigene Artillerieformationen. Die Feldgeschütze haben ein Kaliber von 8 bis 15 Zentimeter, die Belagerungs geschütze ein solches von 12 bis 30,5 Zentimeter. Die größten Feldgeschütze sind die schweren Feldhaubitzen, die, von sechs Pferden gezogen, einen gewaltigen Eindruck machen. An der Spitze der österreichisch-ungarischen Artillerie steht der Eeneralartillerieinspektor, der als Hilfsorgan des Kriegsministeriums tätig ist. Seit mehreren Jahren schon bekleidet Feldzeugmeister Erzherzog Leopold Salvator diesen wichtigen und überaus verant wortungsvollen Posten. Der Erz herzog, der sich für die tech nischen Einrichtungen des Heeres und alle einschlägigen Neuerun gen lebhaft interessiert — er hat auch dem Ballonwesen seine be sondere Aufmerksamkeit zuge wendet und viele Aufstiege selbst unternommen —, kennt seine Waffe genau. Wiederholt hat er auch die Artillerie im Felde besichtigt und weilte oft auf dem Schlachtfeld im Norden mitten unter seinen tapferen Batterien. Häufig kam er hierbei bis in die vordersten Reihen der Front und besuchte auch die Schützengräben. Persönliche Feldzugs eindrücke im Kriege gegen Frankreich. Von Dr. med. Paul Bernoulli, Oberarzt der Landwehr. Nicht nur die Männer alle, die nach dem ersten Schreck und tränenreichen Abschied doch freu digen Herzens dem Rufe der Fahne gefolgt sind, auch die Zu rückbleibenden und vor allem die Frauen und Mädchen haben vom Beginn der Mobilmachung an sich frohgemut in den Dienst fürs Vaterland gestellt. Liebesgaben für unsere Krieger, Arbeit fürs Rote Kreuz ist die Losung des Tages. Unvergeßlich für jeden, der es erleben durfte, wird es sein, wie uns beim Abschied von unserem Heimatland, bei der Fahrt durch blühende Auen und von der Morgensonne verklärte, duftende Schwarzwaldtäler von vielen lieben Mädchen Erfrischungen gereicht und Dienste mancherlei Art unermüdlich erwiesen wurden; sie haben die Abschied stunden manchem versüßt und unsere teure Heimat uns für schwere Zeiten als ein köstliches, unveräußerliches Gut noch einmal fest ins Herz geprägt. Interessant war es, im Elsaß seine Studien am Geiste der Bevölkerung zu machen. Im großen ganzen kann man wohl sagen, daß unsere Truppen wider Erwarten gut auf genommen und versorgt worden sind. Die Haupttriebfeder hierfür scheint mir darin zu liegen, daß jede zweite Familie dort auch ihre Söhne hat ins Feld schicken müssen gegen unseren Erbfeind. Das kittet! Indessen darf ich nicht ver schweigen, daß mir auch hier und da, allerdings im inneren flachen Lande selten, Zeichen von versteckter Fran^osen- vorliebe und daraus herrührender Teilnahmlosigkeit gegen unsere Leute aufgefallen sind, die sich in Kleinigkeiten, wie mangelhafte Verpflegung und dergleichen, äußerten. Die Erenzlande müssen eben erst noch ein zweites Mal für uns erobert werden, das haben die ersten Kämpfe gezeigt, und das hat man auch kaum anders erwartet. Ohne daß der elsässischen Bevölkerung im geringsten zu nahe getreten werden soll, die zahlreiche Beweise ihres Zugehörigkeits gefühls zum Deutschen Reich in diesen schweren Zeiten schon gegeben hat, muß man doch als feststehend ansehen, daß dort die Gefühle durch die größere oder geringere Vor liebe für Deutschland oder für Frankreich zwiespältig sind, und eine gewisse Vorsicht gegen äußerlich durch ihr Ge spräch Vertrauen einflößende Personen scheint immerhin noch am Platze zu sein. Anders sind die tatsächlich vor gekommenen Verrätereien und Irreführungen auch gar nicht zu erklären. In den Grenzbezirken dürfte doppelte Vorsicht geboten sein. Beweise von Doppelzüngigkeit sind mir selbst begegnet. So ist es auffallend, daß in manchen Dörfern ein Teil der weiblichen Bevölkerung sich ausschließlich der fran zösischen Verwundeten annimmt, daß eine offenbare Partei nahme für ihre „Kompatrioten" Tatsache ist. Wohlgemerkt, diesseits der Grenze! Ich war stiller Beobachter, wie in einem Verwundetensaal eine junge Frauensperson an einem Bett vorbeiging mit den leise gesprochenen Worten: ,,Oh non, c’est un Allemand.“ Es wurde auch festgestellt, daß Franzosen von diesen „deutschen" Frauen gegen Verbot mit Wein und Zigaretten versorgt worden sind. Dies zu verhindern, ist oft nicht möglich. Auf dem Schlachtfeld von G. hat man am folgenden Tage, zum Teil in der Dunkel heit, jugendliche Frauensper sonen angetroffen, die ausschließ lich um französische Verwundete mit Liebesgaben beschäftigt waren. Was die in der Presse mehr fach angeführten Ereignisse be trifft, daß französische Verwun dete auf unsere Sanitütsmann- schaften schießen, so kann ich diese Vorkommnisse durch das bestäti gen, was mir von einem braven deutschen Landwehrmann erzählt wurde. Er war am 18. August 1914 mit einem Krankenträger ohne Waffen hinausgezogen, um Verwundete aufzulesen und Not verbände anzulegen; nachdem er an einem blutenden Franzosen das Werk der Barmherzigkeit so eben ausgeführt hatte und weiter gegangen war, um anderen auch zu helfen, erhielt er von jenem sel ben frisch Verbundenen aus Dank barkeit für seine Liebestütig- keit eine Kugel in den Hinter kopf ! Einwandfrei konnte an demselben Tage an französischen Verwundeten und Gefangenen festgestellt werden, daß ihre Arzte sie im Stich gelassen hatten und daß ihnen von ihren Offizieren befohlen worden war, wenn sie verwundet seien und nicht mehr weiter könnten, auf jeden Deutschen zu schießen. So führt ein Kulturvolk Krieg gegen uns! Für- wahr, eine treffliche Paarung zwischen östlichen und west lichen Barbaren. — Es ist mir eine angenehme Aufgabe, auch von anderen, erfreulicheren Geschehnissen zu berichten. Beispiele von Ritter lichkeit der Franzosen, die uns im Kriege vor Augen treten, haben Anspruch, in gleicher Weise ans Tageslicht gezogen zu werden, wie die leider häufig beobachteten Spuren von Bestialität. Schwerverwundete Deutsche, die in französische Hände gefallen waren und uns bald hinterher wieder zu fielen, erzählten uns Ärzten in B. bei R., daß ihre Behand lung durch französische Arzte und Krankenträger durchaus kameradschaftlich gewesen sei. Die Kriegsartikel habe man ihnen verlesen, zugleich aber die Bedeutung der von Frank reich gewürdigten Genfer Konvention des Roten Kreuzes erklärt. Die von uns beobachteten Maßnahmen französischer Arzte konnten bezüglich der Verbände und so weiter unseren vollen Beifall finden. Einer von ihnen, der in unsere Erzherzog Leopold Salvator. ^ er ' mttt -