Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18
/ j j J zerschlagen hatte. Nun standen die
morschen Reste um uns herum
wie die Gerippe von Menschen in
7 j den Katakomben. Sie täuschten
. ' ! fast noch den früheren traulichen
- ’ v ! Ort vor: mit seinen bunten Häu
serchen längs des Kanals, mit dem
weltabgeschlossenen Beguinenhofe.
/ Aber längst war hinter den wan-
**•/ ‘ ! kenden Häusermasken das Leben
^^8 erloschen. Dachwerk, Mauern,
Möbelreste bildeten ein unent-
WWW wirrbares Durcheinander zwischen
jg . : den Mauern, und nur zu den
jäL Stunden, wo der Tommy fererte
PF"" - i . y —und das tat er selten! — kamen
- unter den Trümmerstätten, die
Soldatengestalten hervor.
. J v / Denn unter den Bergen von
■' ’? Schutt und Steinen waren die
' Keller mit Beton und Eisenbauten
ffili Zu Unterständen befestigt worden.
^W>«WMHWWD Ein Kaninchenleben führten wir
da: wir huschten hinaus, um Nah-
rung zu holen, in stillen Viertel-
. f# v . stunden saßen wir auch ein wenig
^2^^1111111 Dor ' 3ein Baue auf den wackeligen
Stühlen, die den Tod der Be-
guinenkirche überlebt hatten, und
lauschten, ob sich unten der
MUMWM>WWW Fernsprecher rühren würde, der
SyllUftiMH uns mit unserer Batterie verband.
Denn wir gehörten zur Beob-
amWUl^m achtung. Uber dem Keller, in den
MM Hausresten, war der Betonunter-
stand für den Beobachter errichtet,
gegen Sicht gedeckt durch die
Mauerreste der ehemaligen Be-
guinage. Es waren noch ziemlich
WWWWW^ wohlerhaltene Reste. Sogar eine
Art Dach — ein fabelhaftes Ce-
.lj wirr von Balken, Latten und
Eisenklammern schwebte darüber
■r(y'und sprach allen Gesetzen der
HMI Schwerkraft hohn. Ich klomm
? nie die Eisensprossen zum „Turme".
empor, ohne mich zu fragen, wann
SaTTSslBBBm dieses ganze Spinnengewebe aus
ff\morschem Holz und Eisen uns —
f ’lv soldatisch gesagt — „auf die Haube
kommen" würde.
Aber es kam nicht. Mit der
B^rloL eigentümlichen „Wurstigkeit", die
dem Feldsoldaten eigen ist, be-
£$# trachteten wir das beinahe mit
rein wissenschaftlicher Anteilnahme.
WB,* Der Gedank?, daß uns die Balken
. von oben ungemütlich werden
könnten, kam uns eigentlich gar
nicht — oder doch sehr Zuletzt. Und
|j*; <f ijk J mit der gleichen Ruhe folgten wir
den Ergebnissen des „Abend-
■ 1 ymSKSä ! grutzes", den uns die feindlichen
. ■ Waffenbrüder pünktlich acht Uhr
nung von Fritz Bergen. abends in Gestalt einiger Granaten
m die Stadt zu senden pflegten.
Mit der Freude oder der Entrüstung des Fachmannes folgten
wir von unserer Kellertreppe aus den Einschlägen, beur
teilten den gegnerischen Richtkanonier und verzogen uns erst
dann in unser „Gemach", wenn unsere Umgebung uns mit
Ziegelsteinen oder Holzsplittern bedachte — ein untrüg
liches Zeichen, daß die Sache „näher kam".
Unser Gemach war übrigens großartig. Wenigstens
für einen Kampfsoldaten. Vier tadellose Betten — Marke
„Eierkiste" oder „Stillgelegen! Rührt euch nicht!", ein
Regal mit Kochgeschirren und den Anfängen einer Bücherei.
Dann hatten wir auch noch einen Ofen, und zwar nicht einen
der üblichen Feldösen, die wetterwendischen kleinen Mädchen
gleichen und eben noch purpurn glühen und gleich darauf
eiskalt sind, sondern einen ehrlichen, guten „richtig gehenden"
zu verzeichnen. Am 15. August «(,^9^'',M
sanken gegenüber Scheveningen pf
zwei englische Torpedoboote in- D §,
folge Torpedotreffer, und am
13. August meldete der deutsche ? , .
Admiralstabsbericht Torpedotreffer | , .
auf zw,i von mehreren Zerstörern »V
begleiteten kleinen englischen Kreu- " ■
zern und auf einerll-Bootfalle. We-
gen unsichtiger Witterung konnte
die endgültige Wirkung der Schüsse 'Wß ß ÄV\
nicht festgestellt werden. In welch
hinterlistiger Weise die 0-Boot-
fallen von den Engländern zur
Bekämpfung der Il-Boote ange-
wendet wurden, zeigt folgendes
Beispiel, das die englische Zeitung f 'gMBp I
„Times" veröffentlichte: Eines
Tages hielt ein deutsches D-Boot
ein als unschuldiges Handelsfahr- ■KJIl
zeug verkleidetes englisches Q- v
Schiff an. Die Besatzung ließ
die Boote.hinab und verließ das
Schiff. Rur eine Frau mit einem r ^
Kind in den Armen blieb zurück 1
und lief wie wahnsinnig aus dem fj
Deck auf und ab. AIs das Tauch- M Mj
boot vor dem Fahrzeug anlangte, HM
schleuderte die Frau das Kind, das
in Wirklichkeit eine Bombe war, SOj^‘' , NB| r W
in den offenen Turm des 17-Boots “
und sprengte es auf diese Weise 84p
in die Lust. Die Frau wurde, wie ,'WW
der Korrespondent der „Times" -
aus eigenem hinzufügt, für ihre ^
Tat mit dem Viktoriakreuz aus-
gezeichnet. — Die französische
Kriegsflotte traf gleichfalls ein ‘ m *^HmTi
namhafter Verlust. Sie büßte den
am Schutz der Schiffahrt im At
lantischen Ozean beteiligten Pan-
zerkreuzer „Dupetit Thouars" ein, ^
der von einem deutschen ll-Boot LL*' .? ^WW
versenkt wurde. —
Im Osten klärte sich allmäh- >
lich das Verhältnis der Russischen V
Föderativen Sozialistischen Sow
jetrepublik zu den VerbandSmäch-
ten. England veröffentlichte gleich-
zeitig in Wladiwostok (siehe Bild
Seite 122), Murmanik und Arch-
astgelst eine Erklärung an das ruf- 3ut Strecke gebracht!
fische Volk, worin es ihm in einem
Atem Beistand gegen Deutschland, die Besetzung und spätere
fteiwillige Räumung russischen Bodens verkündete. Japan
und Amerika aber, die sich über ihre gemeinsamen Wünsche
und Absichten bezüglich der Chinesischen Republik und der
Heranziehung auch deren Armee (siehe die Bilder Seite 123)
schon früher verständigt hatte, erließen eine gleichlautende
Kundgebung, daß sie Rußland in Frieden lassen und nur
den Tschecho-Slowaken Unterstützung widmen wollten. Am
3. August wurde in Tokio amtlich bekanntgegeben, daß ein
Teil der japanischen Truppen nach Übereinkunft mit den
Vereinigten Staaten den Befehl zur Einschiffung nach
Wladiwostok erhalten habe. Die Sowjetregierung erkannte
sehr wohl die ihr drohenden Gefahren, und Trotzki forderte
zu einem bewaffneten Widerstande auf: Alle nach dem
einstweilige Übersiedlung der deutschen Gesandtschaft nach
Pleskau (Pskow) angeordnet, einem Orte, der dem deut
schen Einfluß näher war und doch zugleich durch den Draht
mit Moskau in Verbindung stand. — «Fortsetzung folgt.»
Osten! Das Vaterland ist in Gefahr! Lenin richtete an
Japan ein Ultimatum und erklärte Rußland im Verteidi
gungszustand. In der Folge erschienen wieder russische
Schlachtberichte, die von allen Fronten günstige Nachrichten
brachten. Trotzki selbst befand sich an der Front gegen die
Tschecho-Slowaken. —
Der mit der Vertretung Deutschlands in Moskau be
auftragte neue Botschafter vr. Helfferich hatte an seinem
Wirkungsplatz einen heißen Boden gefunden, da laut
einer Bekanntmachung der Sozialrevolutionäre die An
wendung des politischen Mordes als Kampfmittel be
schlossen worden war. Um daher Zwischenfällen vorzu
beugen, die den Beziehungen Deutschlands zu der Mos
kauer Regierung gefährlich werden könnten, wurde die
Illustrierte Kriegsberichte.
«Hier Maulwurf “
Von Dr. phil. Otto Rudert.
Wir hausten in der zerschossenen Stadt. Ein malerisches
altes Nest mußte es gewesen sein, ehe der Krieg darüber
hingestürmt war und die jahrhundertealten Ziegelbauten
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