314 Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. General v. W'nkerfeldL, Mitglied der deutschen Waffenstill standsabordnung , früher deutscher Militärattachö in Paris. Graf v. Oberndorf, Mitglied der deutschen Waffenstill standsabordnung, vorher deutscher Ge sandter in Bulgarien. Hauptquartier. Am 9. November nachmittags wurden sie der deutschen Regierung in Berlin bekannt. Die bisherige Volksregierung bestand um diese Zeit allerdings schon nicht mehr, denn die deutsche Revolution, die einen großen Teil Deutschlands gerade während des Be ginnes der Waffenstillstandsverhandlungen überzog, hatte in den Mittagstunden des 9. Novembers auch sie gesprengt. Die Bewegung war am 3. November in Kiel zum Aus- bruch gekommen. Infolge eines Mißverständnisses, nach dem ein Befehl zum Auslaufen der Flotte als Eröffnung eines letzten Verzweiflungskampfes der deutschen Seestreit- kräfte aufgefaßt worden war, begannen die Besatzungen mehrerer Kriegschiffe zu meutern. Nach Massenversamm lungen, bei denen Verbrüderungen mit Arbeitern statt fanden, zogen sie zur Militärstrafanstalt, um deren Insassen zu befreien. Unterwegs trat ihnen ein Zug Militär unter Führung eines Leutnants entgegen. Dieser forderte die Menge auf, auseinanderzugehen, und ließ, da dies nicht geschah, nach Abgabe einer Schrecksalve scharf schießen. Dadurch wurden 8 Personen getötet und 29 verwundet. Die Aufrührer setzten sich zurWehr; sie erschossen den Leutnant und verwundeten mehrere Sol daten durch Steinwürfe. Der Vorfall hatte eine höchst aufreizende Wirkung unter den Kieler Matrosen und Ar beitern. Der Matrosenaufstand wurde allge mein und griff auch auf die Landtruppen über. Von vier Infanteriekompanien, die zur Wiederherstellung der Ordnung nach Kiel geschickt worden waren, gingen drei so fort zu den Aufständischen über, die vierte wurde entwaffnet. Inzwischen brachten die Matrosen die meisten im Kieler Hafen lie genden Schiffe in ihre Gewalt und setzten darauf die rote Flagge. Nur kleinere Fahr zeuge entkamen nach Häfen der deutschen Ostseeküste. Die Arbeiter machten mit den Matrosen gemeinsame Sache und verhängten über Kiel den Generalstreik. Ar beiter und Soldaten rissen bald die Gewalt über die Stadt an sich und behielten sie auch nach Aufnahme der Verbin dung mit Vertretern der Regierung. Der Reichstags abgeordnete Noske, der zur Entgegennahme der Wünsche der Aufständischen nach Kiel gereist war, bekam die Bewe gung aber in die Hand und ordnete sie so, daß weiteres Blut vergießen unterblieb. Plünderern wurde der Tod durch Erschießen angedroht. Von Kiel aus wurde die Aufstandsbewegung planmäßig über den ganzen Norden und Nordwesten Deutschlands ver breitet. Abteilungen bewaffneter Matrosen reisten nach den größeren Städten, besetzten die Bahnhöfe und andere Ver kehrsmittelpunkte, suchten Anschluß an die Garnisonen sowie an die organisierten Arbeiter und richteten überall Arbeiter- und Soldatenräte ein. Kapitän z. S. Vanselow, Geheimrat Frisch, Mitglied der den scheu Waffenstill- als Vertreter der deutschen Zentral standsabordnung. Einkaufs-Gesettschait zur Unterhand lung mit Foch ausersehen. Bereits in den ersten Tagen der Woche gewannen sie auch in Hamburg die Oberhand und dehnten ihre Macht über Mecklenburg nach Osten aus. Gegen Ende der Woche befand sich fast ganz Nordwestdeutschland in der Linie von Köln bis nach Magdeburg in den Händen der Arbeiter- und Soldatenrüte. Während die Bewegung auch auf Süddeutsch land übersprang und sich in München (siehe die Bilder Seite 317 und 318 oben), Stuttgart und anderen Städten aus breitete, schien die Reichshauptstadt noch ruhig zu bleiben. In vielen Aufrufen mahnten Regierung und Sozialdemokra tischer Parteivorstand täglich, kühles Blut zu bewahren. Um die Massen zu beruhigen, forderten die Führer der Sozialdemo kraten die Abdankung des Kaisers und den Thronverzicht des deutschen Kronprinzen bis zum 8. November mittags. Als bis zu dieser Stunde die Abdankung nicht erfolgt war, beschlossen die Berliner Arbeiter den Ausstand. Die Führung der Sozialdemo kratie hielt die zugesagte Fristverlängerung für das Ultimatum an den Kaiser bis nach Abschluß des Waffenstillstandes nicht ein und die sozialdemokratischen Mitglieder der Re gierung traten zurück. Erst am 9. November mittags machte der Reichskanzler bekannt: „Der Kaiser und König hat sich entschlos sen, dem Throne zu entsagen. Der Reichs kanzler bleibt noch so lange im Amte, bis die mit der Abdankung des Kaisers, dem Thron verzicht des Kronprinzen des Deutschen Reiches und von Preußen und der Einsetzung der Regentschaft verbundenen Fragen gere geltsind.Erbeabsichtigt, dem Regentendie Er nennung des Abgeordneten Ebert zum Reichs kanzler (siehe Bild Seite 316) und die Vorlage eines Gesetzentwurfes wegen der sofortigen Ausschreibung allgemeiner Wahlen für die verfassunggebende deutscheNationalversamm- lung vorzuschlagen, der es obliegen würde, die künftige Staatsform des deutschen Volkes einschließlich der Volksteile, die ihren Eintritt in die Reichsgrenzen wünschen sollten, endgültig festzustellen." Noch anZelben Tage strebten die sozialdemokratischen Par teien in Berlin einen Ausgleich untereinander an, um Schritte zur Ausrufung des Deutschen Reiches als Republikeinzuleiten. Bayern, wo Eisner (siehe Bild Seite 316) Ministerpräsident wurde, und Braunschweig waren schon am 8. November als Republiken erklärt worden. Die Reichsämter waren nach dem Beschluß der Volks beauftragten wie folgt besetzt worden: Auswärtiges Amt: Dr. Solf (siehe Bild Seite 154); Reichsschatzamt: Schiffer (siehe Bild Seite 316); Reichswirtschaftsamt: Dr. August Müller (siehe Bild in Bänd VII Seite 177); Reichsamt für die wirtschaftliche Demobilisation: Dr. Koeth; Kriegsernührungsamt: Emanuel Wurm; Reichsarbeitsamt: Bauer (siehe Bild Seite 227); Der amerikanische Oberst House, von den: Präsidenten Wilson zu feiner Vertretung nach Europa gesandt.