Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914. 355 2. die Linie des Narew, die auch das Flußgebiet des Bobr und des Bug umfaßt. Sie hält sich 60—100 Kilometer von der Grenze entfernt und sollte sowohl ein offen sives Vorgehen erleichtern, als an derseits gegen ein Vorgehen aus Ostpreußen einen Rückhalt bieten. Tatsächlich fand ja' auch der Auf marsch der Armee Samsonow hinter dieser Linie statt und verlieh ihr den Namen einer Narewarmee, der ihr nach der Flucht bei Tannen berg in der Kriegsgeschichte in nicht gerade rühmlicher Form an haften wird. Auf dieser Front finden sich die befestigten Plätze Lomsha, das die Narewbrücke einer Straße sperrt, (siehe die Karte Seite 16 und die Skizze Seite 51), Ostrolenka als Bahnknotenpunkt, Rozan und Pul- tusk; letztere drei nur Brückenköpfe aus Erdwerken ohne Wert. Die Narewarmee ist nach ihrem Auf- treten in den masurischen Süinpfen nicht mehr vorhanden; ihre wenigen abgesplitterten Teile sind hinter die Wälle von Lomsha imb Ostrolenka geflüchtet. Zwischen hier und dem Besestigungsgebiet des Rjemen, nach Erodno zu, klaffte eine breite Lücke, die der Flußlauf des Bobr gegen unsere Grenze hin abschließt. Diese Öff nung zu decken, führte zur Anlage der Festung von Osowiec, auch Eoniondz genannt. Die ostpreußische Seenplatte setzt sich in den Gouvernements Lomsha und Suwalki fort und bannt die Operationen auf wenige Straßen, die durch befestigte Anlagen gedeckt sind. Der ziemlich modern ge haltene Sperrpunkt Osowiec beherrscht den Bobrübergang und die Bahnlinie Lyck—Grajewo—Bialystok. Der Fluß ist hier 50 Meter breit, das südliche Ufer überhöht das nörd liche, was ein Vorzug genannt werden muß; auf jedem Ufer liegen zwei Forts und einige kleinere Anschlußwerke. Den linken Flügel bildet 3. das befestigte Lager von Warschau. Dieser ziemlich großzügig gedachten, aber nicht streng durchgeführten An lage galt jahrzehntelang das ganze Interesse des russi schen Generalstabs und in den letzten Zeiten auch das der — französischen Regierung. Wir wissen, daß die Weichsellinie als das Aufmarschgebiet der russischen Armee gegen Deutschland in Aussicht genommen war. Zu diesem Zweck verwandte man einige Sorg falt auf die Vervollkommnung der Werke; dann kam das Bedenken, daß man nicht rechtzeitig fertig werden würde, und jo legte man den Aufmarsch zurück. Seit Herrn Poincares Präsidentschaft wur de man wieder kühner und — schwankte! Man half sich und mar schierte vor der Kriegserklärung in aller Ruhe auf. Das war das bequemste und sicherste; wieder echt russisch! Die Anlagen bei Warschau be stehen aus drei Festungen, die, räum lich nahe, sich in ihrer Wirkung gegenseitig unterstützen (Lager festung). Sierok-Zegreze (Segrshe, siehe Kartenskizze Seite 51) an der Einmündung des Bug hat neue Forts erhalten. Wichtiger ist Rowo- Georgiewsk (siehe auch den Plan Seite 352).; 1807 von Napoleon I. angelegt, beherrscht es die Ein mündung des Bug-Narew in die Weichsel. Hier ist in den letzten Jahren viel getan wor den; ein bestehender Fortsgürtel soll Erweiterungen er fahren haben. Dieser Platz verdient also Beachtung. Warschau hat auf dem linken Ufer achtzehn Werke, zum Teil modernisierte. Diese große, wenn auch nicht allzu starke Lagerfestung bildet den rechten Stützpunkt der Weichselfront, während die linke Flanke durch Jwangorod geschützt ist; auch hier soll der Fortsgürtel modernisiert worden sein. Von diesem nicht unwichtigen Platze geht die Bahn südwestlich zur Dreikaiserecke nach Myslowitz über Radom, Bzin, Kjelzy, alles Orte, die den Vormarsch der Armee Dankl in vor teilhafte Erinnerung bringen; östlich geht die Bahn nach Brest. Die Gegend findet in der Lysa Gora einen wich tigen Abschnitt; sonst ist hier natürlich Flachland. Die polnische Eisenindustrie hat hier große Werke von Welt ruf (Ostrowec). Der Zentralpunkt des ganzen, auf breitem Raum ver teilten Befestigungssystems Westrußlands liegt in Brest- Litowsk (siehe Karte Seite 16). Dieser weite, am Bug gelegene befestigte Platz deckt die drei Brücken und die wichtige Eisenbahn Moskau—Warschau, erhebt aber nicht den Anspruch, ein Werk ersten Ranges im modernen Sinne zu sein. Vizeadmiral Graf v. Spee, der Chef des deutschen Kreuzergeschwaders, das an der chile nischen Knste ein englisches Geschwader vernichtete