78 Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914. sind nur harte und hartgewöhnte Hunde von ausdauerndem, leistungsfähigem Gebäude und wetterfester Behaarung. Das beschränkt die Auswahl schon auf die sogenannten Gebrauchshundrassen, unter denen wieder die Jagdhunde wegen ihrer einseitigen Veranlagung auszuscheiden sind. Es bleiben somit die Angehörigen der vier Nassen, die im Polizeidienst verwendet werden: deutsche Schäferhunde, Dobermannpinscher, Airedaleterrier und Rottweiler, von denen die ersterwähnten in weit überwiegender Zahl vor handen sind. Die Verwendung der Sanitätshunde ist so gedacht, daß sie den in breiter geöffneter Linie zum Suchen vor gehenden Mannschaften beigegeben werden, und zwar je nach dem Gelände an bestimmten, für ihre Nachsuche be sonders in Betracht kommenden Stellen gesammelt an gesetzt oder in gleichmäßigen Abständen verteilt. Je nach dem Gelände werden die Hunde dann in Seitwärts-Vor- wärts-Suche auf Strecken von 60 bis 260 Meter das Ge lände abspüren und das Auffinden eines Verwundeten ihrem Führer anzeigen. Das geschieht entweder durch „verwundet verbellen", das heißt: der Hund bleibt bei dem gefundenen Verwundeten und gibt dort dauernd Laut, bis sein Führer herangekommen und der Verwundete von den nachfolgenden Krankenträgern übernommen ist; oder aber durch „verwundet verweisen", das heißt: der Hund kehrt, nachdem er einen Verwundeten gefunden hat, in schnellster Gangart auf seiner Spur zum langsam nach folgenden Führer zurück und führt diesen und die Kranken träger an der Leine zum Verwundeten hin. Das Ver bellen schiene ja am schnellsten zum Ziele zu führen; aber nicht jeder Hund verbellt. Bei der Verwendung einer größeren Zahl von Sanitätshunden — und das ist ja die Vorbedingung zum Erfolge — würde das gleichzeitige Lautgeben mehrerer Hunde auch störend und verwirrend wirken. Beim Verweisen war vorgesehen, daß der zurück kehrende Hund ein Ausrüstungsstück des Gefundenen über bringen sollte, als Zeichen, daß er gefunden habe. Wie vorauszusehen, hat dieser Vorschlag sich bei praktischen Ver suchen als bedenklich und wenig geeignet erwiesen. Der Hund hat andere Ausdrucksmittel, um seinem Führer an zuzeigen, daß er gefunden hat. Selbstverständlich müssen die Hunde bei der Suche vollständig blank sein; jedes Ausrüstungsstück, selbst ein Halsband, würde sie, die sich durchs dichteste Gestrüpp winden sollen, nur der Gefahr aussetzen, sich dort festzu hängen. Die Vorschläge, die Sanitätshunde mit Genfer Kreuz, Labeflasche, Verbandpäckchen, Notizbuch, Glöckchen oder gar Laternen auszustatten, wie es unser Bild zeigt, sind für den Gebrauch wertlos, wenn nicht gefährlich. Der Sanitätshund soll nichts tun als finden, finden, so schnell wie möglich finden, damit der Gefundene bald menschlicher Hilfe und Pflege teilhaftig wird! Aus der „Umschau". Wochen schrift über die Fortschritte in Wissenschaft und Technik. Frank furt a. M. Deutsche Flieger über Paris. (Hierzu das Bild Seite 81.) Die Taten unserer Luftkreuzer über Lüttich und Antwerpen haben dafür gesorgt, daß in den Städten Frankreichs wie Englands eine unbeschreibliche Angst vor den „Zeppelinen" herrscht. Die französische Regierung aber hatte ihre fortgesetzten Niederlagen mit so schönen Worten verschleiert, daß die Bevölkerung von Paris den gefürchteten Feind noch an der belgischen Grenze glaubte, als die blutigen Schlachten von St. Quentin schon geschlagen waren und die Unseren mit aller Wucht gegen Paris vorrückten. In der Tat hielten denn auch die Pariser unseren ersten sFlieger, der über ihrer „Lichtstadt" auftauchte, für einen der Ihren, bis er die erste Bombe warf, die nach Zeitungsberichten auf eine Druckerei fiel; eine zweite platzte vor einer Bäckerei, eine dritte in der Rue Recolette. Die Leute glaubten anfangs, es liege eine Gasexplosion vor, und strömten von allen Seiten zusammen; alsbald aber eilten Feuerwehr und Polizei herbei und sperrten den Platz ab, wohl in der Hoffnung, das Ereignis der großen Menge noch verhehlen zu können. Inzwischen hatte aber der Flieger an anderer Stelle einige Sandsäcke fallen lassen, mit zweieinhalb Meter langen Bannern in den deutschen Farben und mit der Aufschrift: „Das deutsche Heer steht vor den Toren von Paris; es bleibt euch nichts übrig, als euch zu ergeben." Nun war die böse Kunde nicht mehr aufzuhalten; sie grub sich tief in alle Gemüter ein, und mit dumpfem Schrecken harrte man auf das Erscheinen weiterer deutscher Flieger. Die ließen nicht lange auf sich warten und warfen wiederum mehrere Bomben, die zum Teil nicht unerheb lichen Schaden stifteten, so beim Bahnhof St. Lazare, beim Nordbahnhof und bei der elektrischen Zentrale. Die gegen sie abgegebenen zahlreichen Schüsse verfehlten ihren Zweck. Daraufhin befahl der Kriegsminister, daß sich aus den Flug plätzen Buc und Villacoublay ein Geschwader gepanzerter, mit Mitrailleusen ausgerüsteter Aeroplane bereit zu halten habe, um auf die deutschen Flieger Jagd zu machen; von einem Erfolg hat man indes bis jetzt nichts gehört. Die französische Zivilbehörde ließ — angeblich um ihre Uner schrockenheit zu beweisen — ein Protokoll darüber auf nehmen, daß ein fremder Flieger „Unflätigkeiten" über Paris ausgeworfen habe, und wies jedermann strengstens daraus hin, daß das Überfliegen der französischen Haupt stadt verboten sei. Der erste kühne Flieger, der den Parisern solchen Schrecken einjagte, ist der durch seine Flüge von früher her wohlbekannte Leutnant von Hiddessen vom Leibdragonerregiment Nr. 24. Im Jahre 1908 trat er ins Heer ein und wandte sich schon frühzeitig der Fliegerei zu, in Habsheim unter August Euler, zu dessen besten Schülern er alsbald zählte. Bei Euler wurde auch Prinz Heinrich, als er dort das Fliegen lernte, auf ihn aufmerksam. Beim Manöver 1911 leistete von Hiddessen zum erstenmal Dienste als Aufklärer im Flug zeug, und zwar mit so glänzendem Erfolg, daß man nun mehr zum nachdrücklichen Ausbau des militärischen Flug wesens schritt. Am bekanntesten wurde von Hiddessen dann im folgenden Jahre, als er mit seinem Flugzeug „Gelber Hund" einen Flugpostdienst zwischen Frankfurt a. M. und Darmstadt einrichtete und dabei gegen zwanzigtausend Postkarten beförderte. 1913 gewann er beim Prinz- Heinrich-Flug den ersten Zuverlässigkeitspreis. Heute ist er einer unserer schneidigsten und wagemutigsten Flieger. Auf der Unterseite tragen unsere Flugzeuge als Erkennungs zeichen ein großes, schwarzes Kreuz, etwa von der Form des Eisernen Kreuzes. Auch sie gehen also nach guter deutscher Art mit offenem Visier in den Kampf. Den Eindruck, den das Erscheinen des ersten deutschen Fliegers auf die Pariser Bevölkerung machte, schildert an schaulich ein Bericht von P.Croci an die Mailänder Zeitung „Corriere della Sera" vom 2. September: „Es war ein theatralisches Schauspiel, das eine halbe Stunde lang in der Bevölkerung das lebhafteste Interesse erweckte. Ich war in meinem Bureau, als ich um sechseinviertel Uhr plötzlich ein lebhaftes Gewehrfeuer hörte. Ich trat hinaus auf den Balkon und sah, wie alle sich aus den Fenstern herausbeugten oder von der Straße heraufsahen. Der Himmel war von wunderbarer Klarheit. In der Höhe schwebte wie ein Falke, von Norden kommend, ein deutsches Flugzeug, eine ,Taube2 Die Maschine trägt zwar den Namen einer Taube, aber in Wirklichkeit bietet sie mit den gekrümmten Flügeln und dem fächerförmigen Schwanz von fern eine höchst seltsame Ähnlichkeit mit^einem Riesenfalken. Langsam kreist die Maschine über der ^tadt, die die Wiege der Flugkunst war, langsam, als wollte sie Paris heraus fordern. Mit einem Fernglas kann man leicht alle Be wegungen der Flügel und des Schwanzes unterscheiden. Vom äußersten Ende eines Flügels hängt eine Flagge herab. In dem Augenblick, in dem die „Taube" über den mit Neugierigen gefüllten Opernplatz fährt, ist sie vielleicht 1000 Meter hoch. Sie wendet sich gegen die Seine, aber plötzlich, als ob sie eine Gefahr bemerkt hätte, ändert sie den Kurs, um sich nach Nordwesten zu wenden und auf 2000 Meter zu steigen. So kommt sie über das Börsen viertel und gegen den Nordbahnhof, die Linie der Boule vards überschneidend. Jetzt sehen wir sie senkrecht über unseren Köpfen. Inzwischen prasselt von allen Seiten das Eewehrfeuer; alle Schildwachen auf den Dächern geben Feuer, und man glaubt auch das bezeichnende Knattern der Maschinengewehre zu unterscheiden. Selbst von der Straße her feuert man. Zwei englische Soldaten, die ruhig einherschlendern, fassen das Gewehr und schießen gegen das feindliche Flugzeug. Die Menge klatscht ihnen Beifall, als ob sie ins Schwarze getroffen hätten, und sie