42 Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914. die „Gruppe" wie ein gut geregeltes Uhrwerk arbeitet. Und lautlos eilen die „Helferinnen" herzu, aus deren milder Hand der Verwundete die auf den Bahnhöfen bereit gestellte Labung erhält. Mustergültig wie bei unserem Heer ist auch bei den Sanitätskolonnen die Ausrüstung. Sie sind in völlig neue, ebenso schmucke wie zweckmäßige Uniformen gekleidet. Die norddeutschen Mannschaften sind mit Rucksäcken aus gerüstet, während die württembergischen Sanitätskolonnen Tornister tragen. Zur Ausrüstung gehören ferner Verband tasche, Brotbeutel, Labeflasche, und je ein Mann der Gruppe ist mit Beil oder Säge oder Rettungsseil ausgerüstet. Tor nister oder Rucksack enthalten Kochgeschirr. Äußer Litewka, Tuchhose und Mantel hat jeder Mann noch einen Drilch- anzug, neben der Schirmmütze noch eine Feldmütze. Zur Ausrüstung gehört endlich ein „eiserner" Verpflegungs bedarf für drei Tage. Selbstverständlich kommen die Sanitätskolonnen nicht nur für den Dienst in der Heimat, sondern auch für den Außendienst in Betracht. Es war ein weihevoller Augen blick, als am Mittwoch den 19. August die erste Lazarett- truppe des Württembergischen Landesvereins vom Roten Kreuz durch die Königin von Württemberg in Gegenwart von Direktor vr. v. Geyer und Geheimem Hofrat Herr mann, den beiden obersten Leitern des württembergischen freiwilligen Sanitätsdienstes, im Hof der Schwabschule verabschiedet wurde. Es waren 41 Mann und 41 Pflege- schwestern, die für das Etappengebiet bestimmt sind. Leb haftes Interesse widmete unser Königspaar auch dem vom Württembergischen Landesverein vom Roten Kreuz aus gerüsteten Lazarettzug, der nun wohl auch schon seit mehreren Tagen seinen Dienst versieht. Er ist dazu bestimmt, ständig dem Verwundetentransport zwischen der Grenze und den heimischen Lazaretten zu dienen. Er besteht aus 30 Eisen bahnwagen. Die große Mehrzahl von ihnen ist zur Aufnahme von Verwundeten eingerichtet, jeder Wagen zu 16 Betten, die in zwei Stockwerken übereinander an den Längswänden angebracht sind. Genau in der Mitte des Zugs befindet sich der Wagen des Chefarztes mit Operationsraum, links und rechts davon die Wagen der Verwaltung, der assistierenden Arzte und des Pflegepersonals. Je am Ende des Zuges be finden sich die Küchenwagen. Was an weiser Voraussicht aller möglichen Fälle geleistet werden kann, ist geschehen; allenthalben herrscht der Grundsatz höchster Zweckmäßig keit; und doch liegt über dem Ganzen ein Hauch von Be haglichkeit. Jeder Wagen trägt das Zeichen des Roten Kreuzes, nicht nur an den Seitenwänden, sondern auch in größtem Format auf dem Dach zur Abwehr von Flieger bomben. Die Erfahrungen der letzten Zeit haben allerdings dazu geführt, daß die Lazarettzüge und ihre Begleitmann schaften auch mit minder friedlichen Abwehrmitteln aus gerüstet sind. Ein lebendiges Bild von der Arbeit im Feld gibt schließ lich noch die Darstellung einer von Helferinnen des Roten Kreuzes geleiteten Feldküche. Vor dem Feind geht es frei lich vielleicht etwas weniger „geleckt" zu. — Seinen in fünfzigjährigem Wirken betätigten Grundsätzen getreu wendet das Rote Kreuz seine Hilfe auch diesmal Freunden wie Feinden ohne Unterschied zu. Die Gelegen heit dazu bot sich sehr bald: es waren erst wenige Tage seit Eröffnung der Feindseligkeiten vergangen, als schon die ersten deutschen und französischen Verwundeten und Gefangenen vom westlichen Kriegschauplatz in Stuttgart eintrafen. Der Sturm aus Schabatz. (Hierzu das Bild Seite 48.) Die tapferen österreichisch-ungarischen Truppen haben vom 23. bis 25. August auf russischem Gebiete bei Krasmk eine dreitägige siegreiche Schlacht geschlagen, die für die Entwicklung der Dinge auf den östlichen Kriegschauplätzen von größter Bedeutung ist. In Voraussicht der auch in Gali zien, nördlich und östlich von Lemberg, folgenden gewaltigen Kämpfe hatte die Kriegsleitung kurz zuvor noch erklärt, daß sie angesichts der Aufgabe, die ihr gestellt werden wird, die Züchtigung der Serben vorläufig nur als eine Neben- attion in Rechnung stellen und sich daher eine durch die Umstände gebotene Zurückhaltung auferlegen werde. Es ent spricht dies, sobald sich die Notwendigkeit ergibt, nach zwei Fronten zu kämpfen, dem militärisch als richtig aner kannten Satz, zuerst den stärkeren Gegner niederzuringen und dann erst dem schwächeren mit voller Kraft auf den Leib zu rücken. Nichtsdestoweniger erachtete man einen Vorstoß gegen die serbischen Stellungen als geboten und hat diesen auch aus Nord und West mit großer Energie durchgeführt. Unter den blutigen Zusammenstößen, die dadurch herbeigefübrt wurden, spielte der Übergang über die Save und der Sturm auf Schabatz eine wichtige Rolle, weil letzteres eine strategisch bedeutsame Eingangspforte darstellt. Man wußte, daß das serbische Ufergebiet von sehr starken feindlichen Streitkrüften besetzt war, die durch Infanterie- und Artilleriefeuer den Übergang der Truppen verhindern sollten, entschloß sich daher, trotz der Schein werfer den Übergang nächtlicherweile durchzuführen, wozu zur bestimmten Stunde mehrere große Kähne, Führen und eine Anzahl Schiffbrücken bereitlagen. In aller Stille wurden die Mannschaften, die übergesetzt werden sollten, geweckt. „Wir erkannten sofort," so berichtet ein süd ungarischer Infanterist, der wacker mitgekämpft hat, „daß es jetzt galt, über den Fluß zu gehen, und eilten flink ans' Ufer zu den vertäuten Booten, die bereits mit Pionieren bemannt waren. Ich befand mich mit etwa fünfzig Kame raden rasch in einem dieser Fahrzeuge. Während der Überfahrt wunderten wir uns alle, vom feindlichen Ufer keine Schüsse zu bekommen. Kaum wollten wir indessen jenseits anlegen, so begann es aus den Schützengräben der Serben zu krachen, und gleich bei der ersten Salve brachen in unserem Kahn der Zugführer und sieben Soldaten zusammen. Wir anderen sprangen ans Ufer und stürzten uns auf die serbischen Feldbefestigungen, die durch einen Bajonettangriff genommen wurden. Wir sahen reguläres Militär und Komitatschis (Freischärler) vor uns her fliehen und eilten ihnen durch dick und dünn bis nach Schabatz nach. Dort kam es zu einem verzweifelten, blutigen Straßenkampf, bei dem auch aus den verrammelten Fenstern und von den Kirchtürmen auf uns geschossen wurde. Da kamen von rückwärts nach und nach Verstärkungen an, und nach einstündigem Kampfe hatten wir den Ort vollends ge nommen." Nach diesem Siege zeigte sich auch in Schabatz wie in Belgien und Frankreich das Franktireurwesen in seiner ganzen Scheußlichkeit und Verwerflichkeit. Auch hier wurde teils von serbischen Soldaten, die sich in Keller und auf Dachböden geflüchtet hatten, teils von der Einwohner schaft hinterrücks auf die braven Truppen geschossen. Selbst verständlich wurden nicht viele Umstände gemacht und alles, was auf der Tat ertappt wurde, auf der Stelle niedergemacht. Die serbische Regierung, die ihre Pappen heimer eigentlich kennen sollte, hatte die Dreistigkeit, sich auf dem Wege über eine neutrale Macht darüber zu be schweren. Das österreichisch-ungarische Armeeoberkommando ordnete Erhebungen an, und es ergab sich über den nächsten Tatbestand hinaus, daß sich die Serben sogar die scheuß lichsten Massakrierungen hatten zuschulden kommen lassen. Wiederholt wurden Leichen verstümmelter Soldaten ge funden, so ein Mann mit ausgestochenen Augen, in deren Höhlen Uniformknöpfe eingepreßt waren; an einem Baume hängend ein Infanterist, dem Kopf und Arme fehlten. Ein Leutnant, dem die Gefangenen vorgeführt wurden, verfügte aus Menschlichkeit die Freilassung einer schwangeren Frau. Kaum freigegeben, zog das Weib einen Revolver und erschoß den Leutnant von hinten. Selbst serbische Kinder beteiligten sich an diesen Unmenschlichkeiten. Belfort. (Hierzu Bild und Plan Seite 44.) Die französische Festung Belfort hat uns 1870/71 erfolg reich Widerstand geleistet — allerdings weniger ener gischen Belagerungsmitteln gegenüber, als wir heute haben — und ist seither durch Erweiterung der Stadtumwallung, Umbau der alten Forts und Bau von neun vorgeschobenen großen Forts mit Anschlußbatterien und fünfzehn selb ständigen Batterien ein starker Waffenplatz geworden, mit einem Umfang von etwa 40 Kilometern. Der Übersichtlichkeit wegen sind weder die Anschsuß- batterien noch die Redouten und Jnfanteriewerke, die zum Beispiel das Fort Salbert (XV) verstärken, in unsere Skizze aufgenommen. Auch die Eeländeunterschiede, die zum