294 Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/16. Gewehrmunition. Auch Lebensmittel und Brennmaterial, das so selten gewordene Petroleum, fand man in großen Vor räten in den Magazinen an. Die Beute an Geschützen war sehr gering: nur 6 schwere Geschütze. Die Russen hatten auch hier ihr kostbarstes Material, das sie nur mit japanischer und amerikanischer Hilfe ergänzen konnten, nach dem Osten in Sicherheit gebracht. Dazu dienten ihnen die Bahnen, die Grodno mit Wilna und mit Lida—Minsk verbinden. An Gefangenen wurden 3600Mann erbeutet. Ein Beweis dafür, daß es dem größten Teil der Besatzung gelang, östlich Grodno in den neuen Abschnitt sich zu retten, gegen den einige Tage später der Kampf entbrannte. Es war der Abschnitt des Kotraflusses, der zahlreiche Seen und Sümpfe durchfließt. Vergegenwärtigt man sich die Leistungen unserer Truppen, die in den vielwöchentlichen Angriffen gegen die russischen Festungen und die russische Armee kaum zu Wem gekommen sind, so kann man nur staunen über ihre nie versagende Hingebung und über ihre eiserne Leistungs- fihigkeit, denn es ist keine Kleinigkeit, in diesem schwie rigsten aller Gelände, zwischen verbrannten Dörfern und Städten, zwisch en Sümp fen, in Nebel und Regen und auch bei oft karger Verpflegung, die auf den holprigen Straßen nicht immer rechtzeitig heran geführt werden kann, sei nen Angriffsmut niemals sinkenzulassen. Gleichzei tig verdient die Führung der Südtruppen der Ar mee des Eeneralfeldmar- schalls v. Hindenburg die höchste Anerkennung. Sie hat verstanden, viel aus ihren Truppen herauszu holen, ohne sie kampf unbrauchbar Zu machen. Unsere Gegner hatten an deres von Grodnos Ver teidigungskraft erwartet, und ihre Presse sah be reits in der Linie Brest- Litowsk—Grodno—Wil na einen neuen Schutz für die seitWochen flüchtende russische Hauptarmee. Run mußte auch diese schöne Hoffnung, wie schon so manche andere vor ihr, begraben werden. Die Streitkräfte der europäischen Mkächte. Von Oberstleutnant a. D. Frobenius. Die von Grey fort gesetzte Einkreisungspoli tik König Eduards VII. hat bestimmt damit ge rechnet, daß die Men schenmasse, über die die Verbandsmächte verfüg ten, den Einwohnerzah len der Mittelmächte so bedeutend überlegen sei, daß sie eine überreiche Quelle für aufzustelleude Streitermassen darstellte, gegen die aufzukommen Deutschland und Öster reich - Ungarn ganz un möglich sein würde.Wenn auch die britischen Inseln und sonstige europäische Besitzungen Englands nur etwa 47, Frankreich nur 40 Millionen Einwohner zählen, so ist doch die Menschenmasse Rußlands mit 170 Mil lionen so bedeutend, daß schon diese drei Staaten im Mutter land mit zusammen 267 Millionen die beiden Zentralstaaten um mehr als das Doppelte übertreffen,- denn Deutschland mochte 1914 wohl gegen 70, Österreich-Ungarn gegen 65 Mil lionen zählen. Das sind zusammen nur 125 Millionen. Aber der Dreiverband durfte ja ferner noch mit 7 x / 2 Mil lionen Belgiern, 4V 2 Millionen Serben, etwa % Million Montenegrinern rechnen und hatte ohne Zweifel so starke llberzeugungsmittel für Italien mit 36 Millionen und Portugal mit 6 Millionen bei der Hand, daß auch deren Beteiligung am Kesseltreiben in sicherer Aussicht war. Das ergab zusammen noch eine Menschenmenge von 53 r /2 Mil lionen. Hiermit wurde schon das dritte Millionenhundert weit überschritten. Aber damit nicht genug. So gut wie Rußland von Anfang an die Ausnutzung seiner asiatischen Untertanen bis zum Großen Ozean und bis zur afghanischen Grenze hin ins Auge fassen konnte, so lag ja kein Grund vor, warum nicht auch Frankreich und Großbritannien ihre überseeischen Hofphot. Kühlewuidt, »eonigvherg i. Pr. Das neuerbaute Fort Höhe 202 vor der Festung Grodno, das in den Karten nicht verzeichnet ist.