158 vom »Positionskrieg". Von einem Kölner Fußartillerie-Offizier. vor veröun, 25. Nov. 1914. IHas Wirtshaus im Spessart — so könnte man das einsame Forsthaus nennen, in welchem wir, etwa 25 Kilometer südöstlich von Verdun jetzt seit Wochen mitten im tiefsten Wald, auf dem Grunde eines reizenden Tales liegen. Außer unserm Bataillonsstab der schweren Artillerie liegen in den fünf Räumen dieses gastlichen Hauses noch die Stäbe einer leichten Feld- Haubitzbatterie und einer 10-Zeutimeter-Kanonenbatterie. Oben auf dem Speicher schlafen wie die Heringe nebeneinander die Kanoniere. Da der Platz nicht ausreicht, werden jetzt für den Winter Blockhäuser gebaut. Die Pferde sind teils in Blockhäusern, teils in großen Stallzelten untergebracht. So entsteht ein richtiges kleines Lager, aber alles tief im Walde unter Fichten versteckt, damit die bösen Flieger — die hier übrigens fast alle herunter- geschossen sind — uns nicht entdecken. Einmal nur haben die Franzosen aus der Festung mit schwerem Kaliber auf unser Heim geschossen, offenbar nach der Karte, Der erste Schuß fiel hundert Meter vor das Forsthaus an die Quelle, der zweite dicht vor das Haus. Die dritte Granate schlug durch das Dach des Pferdestalles, krepierte an einem dicken Balken und spritzte an die hintere Wand, zum ungeheuren Schrecken der Pferde. Merkwürdigerweise wurde nur eines, und zwar gerade das meinige, durch einen Splitter am Bug getroffen, ist aber jetzt schon wieder in Heilung begriffen. Seitdem haben die Herren Franzmänner uns in Ruhe gelassen, wohl in der Meinung, alles um- gebracht zu haben. Wehe uns, wenn sie wüßten, welchen Schaden gerade wir wenigen Offiziere ihnen zufügen. Morgens in der Dämmerung ziehen wir mit zwei paar Strümpfen und einem Extra-Unterhemd ausgerüstet durch hohen Buchenwald, und steil den Berg hinan auf die Bataillons Beobachtungsstelle. Solch ein Platz erinnert an die Behausungen von Höhlenbewohnern aus vorgeschichtlichen Zeiten. In ein finsteres Loch steigt man hinab in einen durch eine Kerze erleuchteten kleinen Raum, dessen Möbelausstattung in einem Tisch und Bänken an den Wänden besteht, dann etwas Stroh für die Füße. Neuerdings steht auch ein Ofen drin, der morgens in aller Frühe angeheizt wird, denn bei klarem Wetter darf sich kein Wölkchen Rauch zeigen, sonst würden wir wieder wie vor Wochen mal mit schweren Granaten bedacht werden, die ringsum dicke Bäume ab- geschlagen und Mordstrichter in den Boden gerissen haben. Neben unserem „Wohnungsunterstand" liegt der „Telephonistenunterstand", durch einen unsichtbaren Gang mit ersterem verbunden. Hier geht's zu wie in einem großen Geschäftsbetrieb. Sechs Leitungen laufen da zusammen. Eine von der Regimentsbefehlstelle, eine von der leichten Feldhaubitzbatterie, wieder eine in unser Forsthaus, die anderen zum vorgeschobenen Beobachter im Wäld- chen, drei Kilometer vorwärts, schließlich eine zum Fesselballon. Außerdem