Deutschland kann sich nicht auf sein europäisches Gebiet be¬ schränken, auch wenn es dieses erweitert. Denn auch eine Er¬ weiterung, über deren Wert ich mich hier nicht auszusprechen habe, würde ihm doch nur in sehr beschränktem Maße Gebiete bringen, die den Überschuß seiner Bevölkerung aufnehmen könnten. Unsere Bevölkerung aber ist schon heute weit größer als der Nahrungsspielraum unseres Vaterlandes, ein großer Teil des deutschen Volkes lebt von der Betätigung in der weiten und für die weite Welt, und trotz aller inneren Kolonisation unseres Bodens wird sich dieses Verhältnis in der Zukunft noch steigern. Ohne Betätigung in der Welt müßte Deutschland verkümmern und verdorren; ein Verzicht darauf wäre ein Verzicht auf deutsche Größe, ja wahrscheinlich der Anfang vom Untergang. Aber wir haben diese Betätigung in der Welt und erstreben sie auch für die Zukunft, nicht in der einseitigen Weise Englands, so daß sie unser ganzes Leben beherrschte und unser Leben ganz von ihr abhängig würde, sondern als eine Ergänzung unserer Arbeit am heimischen Boden, mit der zusammen sie unser Leben ausmachen und unsere Kraft begründen soll. Unsere Weltbetätigung soll auch nicht die Weltbetätigung anderer Nationen ausschließen. Wir wollen uns unseren Platz an der Sonne erringen und wollen zu diesem Zwecke die englische Weltherrschaft brechen, auch Ru߬ land in den ihm gebührenden Schranken halten, weder den Ver¬ einigten Staaten ganz Amerika noch den Japanern ganz Ostasien und den Stillen Ozean einräumen; aber wir wollen auch ihnen, ebenso wie den kleineren Kulturnationen ihren Platz an der Sonne gönnen, ihnen nicht das Leben streitig machen, wollen keine Welt¬ herrschaft; denn auch wenn wir nur an den eigenen Nutzen dächten, so wüßten wir doch, daß sich gegen einen Anspruch auf Weltherrschaft alle Nationen auflehnen würden und daß wir daran zugrunde gehen müßten. Unsere Betätigung in der Welt muß zum Teil, muß in allen Ländern mit niederer Kultur, die eines staatlichen Lebens ent¬ behren, an eigenen Kolonialbesitz geknüpft sein, weil in diesen Ländern europäische Betätigung nur unter europäischem Staats- schutz möglich ist und ein Verzicht von unserer Seite keinen anderen Erfolg hätte, als sie anderen europäischen Staaten frei¬ zugeben. Wir dürfen auf unseren Kolonialbesitz nicht verzichten und müssen seine Vergrößerung anstreben, weil er unserem Be- 26