Auch in England ist die Kolonialpolitik des Manchestertums, die ja nie wirkliche praktische Geltung gewonnen hatte, vom Im¬ perialismus mehr und mehr zurückgedrängt worden. Es ist das Schicksal namentlich der Theorien, die für das praktische Leben Bedeutung haben, daß ein Extrem leicht vom anderen Extrem abgelöst wird. So ist an die Stelle der Ablehnung jeden Kolonial¬ besitzes bei vielen jetzt die mehr oder weniger deutlich ausge¬ sprochene Meinung getreten, daß Weltbetätigung nur in der Form von Kolonialbesitz möglich und eine Politik der offenen Tür als Schwäche zu verdammen sei. Namentlich bei den All¬ deutschen tritt uns diese Meinung entgegen; sie haben der Re¬ gierung in den Fällen, wo sie die Politik der offenen Tür ver¬ folgte, heftige Vorwürfe gemacht oder diese Politik überhaupt nicht verstanden. Der staatliche Besitz ist an sich natürlich dasjenige Verhältnis zu einem anderen Lande, das die größte Sicherheit und Anab¬ hängigkeit der Ansiedlung und der wirtschaftlichen und geistigen Betätigung gewährt. Aber er muß immer erst erkämpft werden, und zwar sowohl von den Bewohnern des Landes selbst wie von den anderen Weltmächten, die jeder Besitznahme eifersüchtig gegen- überstehen und sie meist nur gegen Entgelt an anderer Stelle zu- laffen. Diesen beiden Lindernissen gegenüber muß man sich in jedem Falle die Frage vorlegen, ob man sie überhaupt überwinden kann, und ob die Kosten und Opfer, die dafür zu bringen sind, im richtigen Verhältnis zum erhofften Gewinn stehen, oder ob es nicht vorteilhafter ist, das betreffende Land, statt es zu zwingen oder mit anderen zu teilen, vielmehr in seinem bisherigen staat¬ lichen Zustand zu belassen und nur eine wirtschaftliche und kulturelle Betätigung in ihm anzustreben, dabei aber auch die Besitznahme anderer Staaten auszuschließen und sie nur zu wirtschaftlichem und kulturellem Wettbewerb zuzulaffen, mit anderen Worten, eine Politik der offenen Tür zu treiben. Gerade für uns Deutsche, die wir bei Teilungen noch immer den kürzeren gezogen haben, für den wirtschaftlichen und kulturellen Wettbewerb aber besser als die meisten anderen Nationen ausgerüstet sind, wird in vielen Fällen die Politik der offenen Tür vorzuziehen sein, die ja keines¬ wegs in einem Gehenlaffen, einem laissez faire, besteht, sondern zur Gewinnung der Freundschaft und zur Verhinderung fremder Eroberung aktive Politik erfordert. Ebenso wie es ein Fehler II