344 Deutschlands Vereinsamung. 1902—1014 und Deutschland 1 . Den Gipfel der Pressefehde bildete im Juni 1914 ein Aufsatz in der „Birschewija Wjedomosti“ unter dem Titel „Rußland ist bereit, Frankreich muß es auch sein“. Auch dieser Aufsatz war auf Veranlassung des Kriegsministers Suchomlinow ge schrieben 1 2 . Deutschlands Beziehungen zu England hatten sich unter der ge meinsamen Einwirkung der Friedensbemühungen beider Mächte während der Botschafterverhandlungen in London freundlicher ge staltet. Von einem Marine-Abkommen war nicht mehr die Rede. Man hoffte aber deutscherseits, durch den Abschluß eines deutsch-eng lischen Kolonial-Abkommens über die portugiesischen Kolonien und eines weiteren Abkommens über die Bagdadbahn zu einer Verbesse rung der Beziehungen zu gelangen. Das Abkommen über die Kolo nien, für das sich der Botschafter Fürst Lichnowsky mit größter Wärme einsetzte, kam infolge des Kriegsausbruches nicht zum Abschluß 3 , das Abkommen über die Bagdadbahn, mit dem man Deutschlands wirtschaftliche Betätigung in Mesopotamien von der Gegnerschaft Englands zu befreien suchte, gelangte am 15. Juni 1914 wenigstens zur Paraphierung. Auch dieses Abkommen kam in folge des Weltkrieges nicht zum endgültigen Abschluß 4 . Über die Bagdadbahn einigte sich Deutschland am 15. Februar 1914 auch mit Frankreich 5 . Aus Rücksicht auf England waren deutscherseits neue. Flotten pläne nicht mehr erörtert worden. So hatte bei der Beratung des Marinehaushaltes am 6. Februar 1913 Staatssekretär v. Tirpitz ge äußert, Deutschland erstrebe nicht eine ebenso große Flotte wie die englische; es könne keine Rede davon sein, daß Deutschland England gegenüber aggressiv Vorgehen wolle, denn dazu gehöre eine erhebliche Überlegenheit. Im Haushaltsausschuß sprach tags darauf Staatssekretär v. Jagow die Hoffnung aus, daß wir auf dem Boden gemeinsamer Interessen, dem fruchtbarsten in der Politik, auch weiter mit England arbeiten und vielleicht ernten könnten 6 . Der von Winston Churchill, dem Ersten Lord der Admiralität, erstmalig erwähnte Gedanke eines Feierjahres — naval holyday — im Flottenbau erwies sich als in der Praxis undurchführbar 7 . Als im Oktober 1913 Churchill in seinem Wahlkreise wiederholt über die englische Flottenpolitik sprach und dabei ausführte, daß sich trotz 1 Die Belgischen Dokumente zur Vorgeschichte des Weltkrieges. Neue Ausgabe. Band 5, S. 250 ff. 3 Gr. Pol. Nr. 15 861. 3 Gr. Pol. Nr. 14 649—14716. 4 Gr. Pol. Nr. 14717—14915. 6 Gr. Pol. Nr. 14995. ‘ . 6 Gr. Pol. Nr. 15 563. 7 Gr. Pol. Nr. 15567—15573.