1879 5* 67 in dem Sinne, daß er sich bemühte, den Zusammenstoß bis zu dem vielleicht fernen Zeitpunkte hinauszuschieben, wo die Stellung seines Verbündeten auf der Balkanhalbinsel stark genug sein würde, um den Erfolg des Deutschtums ungefähr sicherzustellen. Aber indem er Österreich bei der Ausdehnung und Befestigung seines dortigen Einflusses behilflich war, erschütterte er den Frieden mit jedem Tage mehr, weil er dadurch den slawischen Gegendruck hervor rief, und durch die Verbindung der deutschen Politik mit der Aus dehnungspolitik Österreichs auf dem Balkan verzichtete er von vornherein auf die eigene Entschlußfreiheit.“ Dies ist — nach Pages — der Sinn und die Tragweite des deutsch-österreichischen Bündnisses. Was Bismarck auch darüber gesagt habe, es sei doch ein Werkzeug zur Erringung der Vor herrschaft gewesen. Alle späteren diplomatischen Unternehmungen Bismarcks hätten nur das Gepräge ergänzender Sicherheiten ge tragen; die Grundlage habe stets das deutsch-österreichische Bünd nis gebildet und damit die Absicht eines beherrschenden Einflusses Deutschlands auf die Politik der Donaumonarchie. Über die Bedeutung des deutsch-österreichischen Bündnisses herrschen auch unter den deutschen Historikern verschiedene Auf fassungen, wenn auch alle darin einig sind, in ihm hauptsächlich ein Verteidigungsmittel und den reinen Ausdruck der Bismarck- schen Sicherungspolitik zu erblicken. Aber über den Sinn und die Tragweite des Bündnisses ist man verschiedener Meinung. Erich Brandenburg 1 verneint Bismarcks Absicht, durch das Bündnis für Österreich zu „optieren“ und in dauernde Gegnerschaft zu Rußland zu treten. Nach seiner Auffassung sollte Rußland an einer gewaltsamen Lösung der Orientfrage durch Zertrümmerung des Donaustaates verhindert werden. „Es sollte wissen, daß es bei jedem Versuche dieser Art zugleich mit Deutschland zu kämpfen haben werde. Sowohl Rußland wie Österreich sollten verhindert werden, ohne Verständigung untereinander und mit Deutschland entscheidende Schritte auf der Balkanhalbinsel zu tun.“ Aus diesem Grunde brachte Bismarck bald nach Abschluß des deutsch-öster reichischen Bündnisses den Drei-Kaiser-Vertrag von 1881 und später den Rückversicherungsvertrag zustande. Adalbert Wahl bezeichnet im ersten Bande seiner auf den neuesten Akten aufgebauten „Deutschen Geschichte von der Reichs gründung bis zum Ausbruch des Weltkrieges 1 2 “ den Zweibund als „eine durchaus epochemachende Errungenschaft“. Zwar habe Bis marck nicht alles erreicht, was er wollte, aber der Zweibund 1 „Von Bismarck zum Weltkriege“, Berlin, Deutsche Verlagsgesellschaft für Politik und Geschichte, 1925. 2. Auflage. S. 11/12. 2 Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 1926, S. 433 ff.