Die Anklage von Versailles 16 der Tragödie von Serajewo in dem gleichen Spiegelsaale des Ver sailler Schlosses statt, der am 18. Januar 1871 die Geburtsstunde des Deutschen Reiches erblickt hatte. Aus dem hier kurz und leidenschaftslos geschilderten Verlaufe der abschließenden Verhandlungen in Versailles im Juni 1919 geht zweifellos hervor, daß damals von deutscher Seite alles geschehen ist, was möglich war, um der Unterzeichnung des Friedensvertrages in der von der Gegenseite bestimmten Form zu entgehen oder jeden falls einen Vorbehalt in der Frage der Schuld am Kriege und hin sichtlich der Auslieferung deutscher Persönlichkeiten anzubringen. Clemenceau hat sich diesen Versuchen gegenüber unbeugsam ge zeigt. So zeigt denn der am 28. Juni Unterzeichnete Vertrag nach der ganzen Art seines Zustandekommens alle Merkmale der Er pressung und enthält somit für die Anerkenntnis einer Schuld am Kriege keinerlei wissenschaftliche, juristische oder moralische Bin dung. Dieser Tatsache müssen wir uns stets bewußt bleiben. Die Anklage und die Möglichkeiten ihrer Widerlegung Fassen wir den Gedankeninhalt des Artikels 231 des Versailler Vertrages, die Behauptungen der Mantelnote vom 16. Juni 1919 und des ihr beigefügten Memorandums zusammen, so ergibt sich, daß die uns Deutschen vorgehaltenen Beschuldigungen meist ganz all gemeiner Natur sind, ja daß sie sich meist kaum über die Bedeutung von Phrasen erheben. Deutschlands Verhalten sei in der Geschichte fast beispiellos gewesen; Deutschland habe durch den Krieg seine Leidenschaft für die Tyrannei befriedigen wollen; Deutschland er strebte die Vorherrschaft in Europa; der Krieg war das logische Ergebnis einer Politik, die Deutschland seit Jahrzehnten unter dem Einfluß des preußischen Systems verfolgt hat; die ganze Geschichte Preußens ist durch den Geist der Beherrschung, des Angriffs und des Krieges charakterisiert; Deutschland ist unter dem Einflüsse Preußens der Vorkämpfer der Macht und der Gewalt, der Täu schung, der Intrige und der Grausamkeit in der Behandlung der in ternationalen Angelegenheiten gewesen; Deutschland ist dafür ver antwortlich, daß wenigstens sieben Millionen Tote in Europa be graben liegen und zwanzig Millionen Verwundeter vorhanden sind; Deutschland hat sich auf den Krieg seit Jahrzehnten vorbereitet und Österreich-Ungarn, seinen von ihm abhängigen Bundesgenossen, dazu veranlaßt, den Krieg zu entfesseln. Das sind so in der Hauptsache die gegen Deutschland erhobenen Vorwürfe. Wie soll man ihnen begegnen? Ist es möglich, auf die einzelnen Vorwürfe, z. B. auf den der Lüge, der Intrige, der Grau samkeit in der Behandlung der internationalen Angelegenheiten, einzeln zu antworten? Eine Prüfung der gegen Deutschland erho