Die Anklage von Versailles 6 tierte belgische Neutralität und die durch den Vertrag vom 11. Mai 1867 Luxemburg gegenüber garantierte Neutralität verletzt.“ Zu diesem Kommissionsberichte hatten sowohl die amerika nische wie die japanische Delegation Vorbehalte gemacht und die Gründe dafür in einem beigefügten Memorandum dargelegt. Die Vorbehalte der Japaner bezogen sich nicht auf die Frage der Schuld am Kriege; auf ihren Abdruck im Anhänge konnte daher verzichtet werden. Die von der amerikanischen Delegation gemachten Vor behalte vom 4. April 1919 sind in Anlage la 1 wörtlich zum Abdruck gebracht, da es für uns wichtig ist, zu wissen, wie die Frage der Schuld am Weltkriege sich damals, unter der noch frischen Nachwir kung der Kriegsereignisse, der amerikanischen Mentalität darge stellt hat. Nach Auffassung der amerikanischen Delegierten, Robert Lan- sing und James Brown Scott 1 2 , mußte man eine zweifache Schuld unterscheiden, nämlich eine Schuld gegen das Gesetz und eine Schuld gegen die Moral. Erstere unterliege der Bestrafung durch die dazu berufenen Gerichte, „während die moralischen Verbrechen, so widerrechtlich und infam sie auch sein mögen, und welche schrecklichen Folgen sie auch nach sich gezogen haben mögen, nicht dem gerichtlichen Verfahren unterständen und nur eine mora lische Verurteilung nach sich ziehen können“. Dem Vorschläge zur Einsetzung eines internationalen Kriminalgerichts zur Aburteilung des deutschen Kaisers hatten die amerikanischen Delegierten nicht zugestimmt, wohl aber den obenerwähnten Schlußfolgerungen des Berichtes. Nach Ansicht der Amerikaner hätte die deutsche Kriegs erklärung an Rußland vermieden werden können, „wenn Deutschland, begeistert durch die Hoffnung auf den Krieg und die Früchte der Er oberung, nicht entschlossen gewesen wäre, den Krieg aufzuzwingen“. Den schärfsten Vorbehalt machten die Amerikaner hinsichtlich der Verletzung der belgischen und luxemburgischen Neutralität. Auf diesem Gebiete glaubten sie, über die ihnen zu gemäßigt erschei nenden Urteile des Kommissionsberichtes hinausgehen zu müssen und erklärten, „daß diese Handlungen in ausdrücklichen Worten ver urteilt werden müssen, und daß ihre Urheber Gegenstand des Ab scheues der Menschheit werden sollen“. Die deutsche Friedensdelegation hatte, wie erwähnt 3 , am 13.Mai um die Übermittlung des Kommissionsberichtes über die Frage der Schuld am Kriege gebeten, um sich dazu äußern zu können. Am 20. Mai erhielt sie eine rücksichtslos ablehnende Antwort des Prä- 1 Siehe S. 21*—26*. 2 Für den inzwischen eingetretenen Wandel der Auffassungen über Deutschlands Schuld am Kriege ist bezeichnend, daß Professor James Brown Scott im Juni 1928 eine Reihe von Vorträgen an mehreren deutschen Universitäten gehalten hat. 3 Siehe oben S. 4.