5 Der Notenkampf geht und den deutschen Kaiser bezichtigt, „schon viele Monate vor der im Juli 1914 zum Ausbruch gekommenen Krisis“ aufgehört zu haben, „als Schutzherr des Friedens aufzutreten“. Voll Vertrauen auf das erdrückende Übergewicht seiner Armee habe er seiner feind seligen Gesinnung gegen Frankreich freien Lauf gelassen. In diesem Zusammenhänge erwähnt der Bericht den im Spät herbste des Jahres 1913 erfolgten Besuch des belgischen Königs in Deutschland. Die tatsächlichen Vorgänge sind folgende gewesen: Nachdem König Albert das Lüneburger Dragonerregiment, dessen Chef er war, besucht hatte, weilte er am 5. und 6. November 1913 als Gast des Kaisers in Potsdam. Am 6. November kam es nach dem Diner zu einem Gespräche des Königs mit dem damaligen Chef des großen Generalstabes, General v. Moltke, und in dessen Verlaufe zu einem „hypothetisch behandelten“ Vergleiche der deutschen und der französischen Armee. Moltke sprach hierbei nachdrücklich seine Überzeugung aus, „daß die Kraft des deutschen Volkes sich in einer die Welt überraschenden Weise zeigen werde, wenn Deutschland an gegriffen werden sollte; dann werde das Volk zur Verteidigung seiner nationalen Existenz wie ein Mann zusammenstehen“. 1 General v. Moltke hat es auf das Bestimmteste in Abrede gestellt, gesagt zu haben, er halte den Krieg für notwendig und unvermeidlich und ebenso, daß Deutschland jetzt ein Ende machen müsse. Auf dem Wege über den damaligen belgischen Gesandten in Berlin Baron Beyens und den damaligen französischen Botschafter Jules Cambon war das Gespräch mit diesen Formulierungen in Paris bekannt ge worden. Cambons Bericht hierüber vom 22. November 1913 1 2 er scheint in der sonst so dürftigen Denkschrift als Hauptbeweis für den Kriegswillen Deutschlands. So konnte denn der Kommissionsbericht der Entente zu der Schlußfolgerung gelangen, der Weltkrieg sei von den Zentralmäch ten ebenso wie von ihren Verbündeten, der Türkei und Bulgarien, mit Vorbedacht geplant worden, und er bilde das Ergebnis von Handlungen, die vorsätzlich und in der Absicht begangen worden seien, den Krieg unabwendbar zu machen. „In Übereinstimmung mit Österreich-Ungarn hat Deutschland vorsätzlich daran gearbeitet, die zahlreichen vermittelnden Vorschläge der Ententemächte auf die Seite zu schieben und ihre wiederholten Bemühungen, den Krieg zu verhüten, zunichte zu machen .. . Deutschland und Österreich haben vorsätzlich die durch die Verträge vom 19. April 1839 garan- 1 Schreiben des Generals v. Moltke an den Staatssekretär des Auswärtigen Amtes vom 18. Dezember 1914. (Deutsches Weißbuch über die Schuld am Kriege. Neue Ausgabe. Berlin 1927. Deutsche Verlagsgesellschaft für Politik und Geschichte. S. 85.) 2 Französisches Gelbbuch von 1914. (Deutsche Ausgabe. Berlin 1926. Deutsche Verlagsgesellschaft für Politik und Geschichte. S. 23.)