Wir ersehen aber zugleich daraus, wie ein prinzipien- treuer Nationalismus die Farben wechselt, je nachdem er da oder dort seinen Vorteil zu erkennen glaubt. Er ist eben genau [?.. ct,n Heuchler, wie alles, worauf sich eine Kabinettspolitik stürzt, die aus Lustpartien sinnt und einen Eideshelfer braucht, ihr Spiel mit Ruhm und Rache mit dem Mantel der Anständig¬ keit zu verdecken. Das Aufteilungsprojekt ist demnach nichts anderes als eine List, die ein gemeiner Eroberungsdrang er¬ sonnen hat, der sich zu seiner Rechtfertigung aus das Natio- nalitatenprinzip stützt, nicht weil es ihm heilig, sondern weil es zufällig auf Österreich-Ungarn anwendbar und so be¬ schaffen zu sein scheint, daß keiner von denen, die sich ihm verschrieben haben, fürchten zu müssen glaubte, seine Spitze könne srch gegen den Bestand des eigenen Daseins kehren. VI. I Schein und Wahrheit. Ein weises Sprichwort sagt: „Gott kommt ohne Glocke uns zu schauen! 93or ihm wird nichts durch Verdeckung sicher gemacht Denn alles Menschliche liegt offen gegen die Tiefe der geistigen Natur, die nach ihrer Weisheit und Lugend be¬ stimmt, was sein muß. Wir nehmen im Leben eine Gerechtig¬ keit wahr, die jeden, mag er noch so geläufig nach seiner Zunge sprechen, in entscheidender Stunde zwingt, als das zu erscheinen, was er ist, und fallen zu lassen, was sich als Maskerade ent¬ puppt. Ungerechtigkeit rächt sich mit Zinseszinsen. Karl August von Weimar sagte gelegentlich zu seinen Freunden, sie mögen guten Mutes sein, der Napoleonismus wäre eine Lüge und könne auf die Dauer nicht bestehen. Und er hat Recht gehabt. Fn einer ähnlichen Lage befindet sich die Entente mit ihrer Kriegspolitik. Es steckt keine Weisheit in ihr, keine Tugend und sohin auch keine Wahrheit. Sie hat mit der menschlichen Unersättlichkeit gerechnet, die leider vorhanden Ju ^ctt einer arglosen Menschheit die ahnungsvolle Aussicht in die Umwelt ihrer Herzenswünsche von aufgezogenen Wolken aus dargeboten, auf die noch kein Frevler ungestraft seinen Fuß gesetzt hat. Schein bleibt Schein und aus gefälschten Noten werden keine echten, mögen deren auch soviele ausge¬ geben werden, daß die halbe Welt von ihnen zehrt. Dann c5 V halbe Welt den an ihr begangenen Betrug zu büßen haben. Denn der ärgste Feind der Lüge ist die ehrliche 31