Mitte, leider niemals schaffen konnten und sehr zu ihrem Schaden entbehren müssen, nämlich die guten Grenzen. Diese guten Grenzen waren es, die sich einstens dem monarchischen Herrschaftsgedanken als fertiges Geschenk der Natur darboten, und dessen Vorwärtsstreben solange Gefolgschaft leisteten, bis sie, die guten Grenzen, eben erreicht waren. Dasselbe hat der sichere Instinkt der Völker erraten; schweigend setzten sie alle ihre Unterschrift unter das selbstver¬ ständliche Programm einer immanenten Reichspolitik. Frei¬ lich verstand dieses Programm zunächst jeder in seiner Weise und suchte es in seiner Weise zu gebrauchen. Ottokar II. von Böhmen herrschte ebenso wie Matthias Corvinus vorüber¬ gehend in Wien. Wenzel I I. suchte nicht minder die ungarische Krone für sein Haus zu gewinnen, wie schon der Österreicher Albrecht die böhmische für seine Kinder. Der Luxemburger Sigismund begründete in derselben Absicht eine böhmisch¬ ungarische Dynastie, wie Kaiser Max endlich die österreich sch- ungarische. Aber nicht von ihnen und ihrer persönlichen Geschicklichkeit war es abgehangen, wo in diesem entwicklungs¬ geschichtlichen Vorgänge einerseits der richtige Haltpunkt, anderseits die richtigen Unterstützungspunkte sich zu erkennen geben mußten und von welchem Kernpunkte er demnach seinen Ausgang zu nehmen hatte. Es wird sich niemand in der Welt gekränkt fühlen, wenn in so ernstem Zusammenhange auf die unleugbare Tatsache hin¬ gewiesen wird, daß sich die Hauskrone Österreichs an symbolisch- historischem Glanze mit der Krone des Heiligen Stefan nicht messen kann. Die ungarische Krone ist eben die mystische Wiederbringung des Ganzen der ungarischen Volksseele und ihrer innersten Erzitterungen, während die Krone Österreichs erst unter beständiger Beteiligung der alten deutschen Kaiser¬ krone zu ihrem Machtumfang gelangen konnte. Sie lag fort- <m im Schatten der Kaiserkrone und hielt sich lange in ihm ver¬ borgen. Sie ist eben nicht autonomen Ursprungs, sondern anima des animus domini, der nach dem Zerfall der karolin¬ gischen Universalmonarchie die zu Boden gestürzte Macht eines kaum erst entstandenen, christlich gefärbten Hoheits¬ gedankens auf seine breiten germanischen Schultern gehoben und in seiner Art weitergebildet hat. Wer sie, die Krone Öster¬ reichs, aus den markgräflichen Würden an der Donau, Mur und Drau zusammengeschöpft, durch Tirol und sonst reichlich zugefallenes Lehngut bis an die Adria verstärkt, durch die Kaiserkrone gedeckt, in Händen hatte, dem mußten gemäß der 26