Anstand zu füllen. Es mag dies mitunter Gegengefühle ge¬ weckt haben. Das zusammenstimmende Gepräge zwischen Nord und Süd, erzeugt durch die natürlichen Bande des Blutes, verstärkt durch die Nebengefühle der Zusammengehörigkeit, hat Gott sei Dank darunter niemals gelitten. Ganz anders verhält es sich mit jener gistgeschwollenen Auslandskritik, welche unablässig gegen das Deutschtum an¬ rennt, mit wilder Gier dessen materielles und geistiges Hab und Gut durchstöbert und sein höllisches Vergnügen hat, wenn ihr etwas aufzustöbern gelingt, womit der Verhaßte als Schreck¬ bild der Menschheit angeschwärzt werden kann. Diesen Haß, der das Deutschtum in Bausch und Bogen zum Absud der Menschheit stempelt, mit besonnener Ruhe zu betrachten, fällt schwer. Wir wollen es immerhin versuchen. Tür an Tür zu fast allen Völkern Europas wohnt das weitverzweigte deutsche Volk. Die anderen, mit ihren Wohn- plätzen an die Peripherie des deutschen Siedelungsgebietes ver¬ wiesen, begegnen einander zumeist aus den buntbelebten Straßen des Weltverkehres und lernen sich kaum anders kennen, als in dem kultivierten Formenspiel mondänen Gesellschaftslebens. Der Deutsche hingegen, den jeder von ihnen neben oder hinter sich hat, ist für jedermann auch zu Hause anzutreffen, auch — wenn ich mich so ausdrücken darf — von der inneren Hofseite Europas aus erreichbar, wo sich die Fenster und Türen seiner Werkstätten öffnen. So hat man ihn beständig vor Augen, festen Standes auf dem erkämpften Boden eines festgefügten Raumes, ganz verkettet mit dem rastlosen Bemühen, den Stand seiner Leistungen zu heben und im Ringen um die großen Güter der Welt mannhaft zu bestehen, ein Baumeister, der mit gleichmäßiger Ruhe die Grenzen seines Lebenskreises unaufhörlich vorrückt. Aber die andern sehen an solchem Deutschtum und seinem tiefangelegten Menschentum nur die schwieligen Hände, die keuchende Brust, den Perlenerguß auf hämmernder Stirne und das stößt sie ästhetisch ab; sie erkennen in seinem großzügigen Entwürfen und Plänen nur klein¬ menschliche Interessen, beargwöhnen die Wunder seiner massenbewältigenden Technik als Machinationen schmutziger Konkurrenz und das stößt sie ethisch ab. Das alles sehen sie so, weil ihrem materialistischen Schlendrian sowie ihrer ästhe¬ tischen Kultur oder auch bigotten Frömmelei die herbe deutsche Arbeitskultur Furcht einflößt. Wer ärgert sich auch nicht, der auf großem Fuße zu leben und in der Welt allerhand Vorzugs¬ posten einzunehmen gewohnt ist, wenn plötzlich ein anderer 16