des Großen das russische Orientziel lange Zeit mit einem ma¬ gischen Zauber, der bei so heiliger Scheu, mit der das russische Volk überirdische Winke empfängt, gläubige Blicke mit magnetischer Gewalt an sich zog. Gambettas Revanchegedanke hinwieder hat in Frankreich die humane Kraft der Versöhnung gebändigt, nur um eine überlebte Ruhmsucht in der neuen Fasson eines unaustilgbaren Schmerzes mitleiderregend in die Welt einführen zu können. Wie wunderbar hätte sich da¬ gegen das Weltbild gestalten können, wenn Frankreich das Nachegefühl überwunden und seine flimmernde Lebenskraft zu Diensten eines freundschaftlichen Zusammenwirkens mit dem geeinigten deutschen Volke, diesem schönen Jüngling fröhlichen Selbsterwachens in allen Lebensaltern, gestellt hätte! Die französische Volksseele hätte sich gewiß dem Werte dieses Geschenkes verständnisvoll erschlossen; man hätte es ihr nur mundgerecht machen müssen. Amso deutlicher und klarer richtet sich die Wahrheit auf, daß es nicht dem Widerstände des deutschen Volkes zuzuschreiben ist, wenn das Werk der Friedens¬ organisation Europas in Zerrüttung geriet, ehe es in Angriff genommen werden konnte. Frankreich hätte abrüsten können, denn vor dem einzigen Nachbar, der es angreifen konnte, war es sicher, keinen Angriff befürchten zu müssen, da er ohnehin alles von ihm erlangt hat, was zu fordern seinem Lebensinteresse dienlich ist. Italien hätte abrüsten können, denn was ihm aus der Hinterlassenschaft entschwundener Teilherrschaften rechtlich zukam, hat es von Österreich erhalten. Rußland hätte abrüsten können, denn mit den Bahnen des Deutschen Reiches kreuzte sich von vornherein kein russischer Weg und das polnisch-ruthenische Problem war nicht so brennend, daß es nicht hätte gelöscht werden können. Von England gar nicht zu reden, das in geschickt gewählten Stationen, auf allen Straßen des Weltmeeres errichtet, dauernd und fest die Ketten verankert hält, die Mutterland und Domi¬ nions miteinander verbinden, und bei aller splendid Isolation gar nicht so ängstlich nach Anknüpfungen herzlichen Einver¬ nehmens auszublicken nötig gehabt hätte, wenn es ihm nur um den Schuh seiner Weltmachtstellung gegangen wäre. Wo sohin, wenn man bloß die wichtigsten Staaten bedenkt, alle, die es nicht nötig hatten, rüsteten, hätte nur Deutschland, das es von ihnen allen allein nötig hatte, nicht rüsten sollen, wiewohl sich niemand scheute, es verstehen zu lassen, daß seine Rüstungen gegen ihn, den neuen Ankömmling an der vornehm exklusiven Herrentafel Europas, gerichtet sind? „ 12