19 perialismus, zu dessen Lebenselement Krieg und Eroberung ge hören, über die monarchisch-konservativen Kreise weit hinaus. Wenn sich dieser neuartige liberal-demokratische Imperialismus auch pazifistisch gibt, so kann er doch ebensowenig wie jede andere Spielart des Imperialismus vor dem Kriege zurückschrecken. Er muß vielmehr zur Anwendung dieses letzten Mittels stets bereit sein. Sonst beraubt er sich des wirksamsten Droh- und Er- pressungs- oder wenigstens Druckmittels. Mit Rücksicht auf jene einleitungsweise beleuchteten vor gefaßten Meinungen verdient es alle Beachtung, daß es überhaupt einen demokratischen Imperialismus geben kann. Denn ein solcher demokratischer Imperialismus muß seinem Wesen nach aus dehnungsbedürftig, eroberungslustig und gegebenenfalls kriegerisch sein, und doch ist immer wieder versichert worden, die Demokratie sei der Friede. Vom Standpunkt jener vorgefaßten Meinungen aus wäre der bloße Begriff eines demokratischen Imperialismus ein Widerspruch in sich selbst, eine Contradictio in adjecto, und dürfte deshalb eigentlich gar nicht existieren. Die demokratischen Doktrinäre sind auch geneigt, das zu behaupten. Aber die wirk liche und zumal die neueste Geschichte widerlegt diese Theorien. Kaum eine geistige Macht hat in der Vorgeschichte des Welt krieges eine so verhängnisvolle Rolle gespielt wie der demokratische Imperialismus. Man muß sich eben von dem Irrwahne befreien, als wenn es nur erobernde Weltmonarchien gegeben habe und gebe, als wenn der imperialistische Ausdehnungsdrang immer eine starke Monarchie hinter sich haben müsse und ohne sie nicht vorwärts kommen könne, als wenn der Krieg immer oder in der Regel nur von Monarchien gemacht sei, als wenn die gefähr lichsten und verheerendsten Kriege immer nur die monarchischen Kabinettskriege gewesen seien, die man als „gegenseitige Be- gaunerung und Vergewaltigung ohne Berücksichtigung höherer Ideen" zu charakterisieren habe?) Jene Politik habe „dem öffent lichen Geiste die schwere Verletzung zugefügt, von der er sich so wenig erholt hat, daß er zu einem Weltkriege führte". Lier wird also der Weltkrieg als echter Erbe der alten Kabinettskriege aufgefaßt. Damit wird aber der Lauptanstifter des Weltkrieges, ß D., Der europäische „Komplex": „Frankfurter Zeitung" 1917, 2101, Aug. I* ein Artikel, der für demokratische Ideologie bezeichnend ist.