Zur Baugeschichte Von Ministerialrat Ing. Salvator Freiherr von Friedei. Wenn am 12. November 1935 die drei neuen Betriebsbauten — Zigarettenfabrik, Pfeifentabakerzeugung und Kraftwerk — feierlich eröffnet und in Benützung genommen werden, ist der wichtigste Abschnitt des Ausbaues der Tabakfabrik abgeschlossen. Was noch fehlt, das künstlerische und betriebswirtschaftliche Bild der Anlage zu einem einheit¬ lichen Ganzen zu runden, tritt trotz der unbestrittenen Notwendigkeit dieser Ergänzungs¬ bauten — Verwaltungsgebäude, Warenspeicher und Wohlfahrtsgebäude — gegenüber den oben fertiggestellten Bauten an Bedeutung weit zurück. Die Schaffenden am Werke finden sich in der Lage des kühnen Bergsteigers, der Schroffen und Klüfte in zäher Arbeit überwunden hat und nur noch den sanft ansteigenden Pfad zum Gipfel vor sich sieht. Er weiß, daß die Vollendung nur mehr eine Frage der Zeit sein kann, das Gelingen aber nicht mehr zu bezweifeln ist. Wenn er jetzt, bei kurzer Rast, sich Einzelheiten seines Auf¬ stieges wieder vor Augen ruft, seine Erfolge wertet und seine Irrtümer belächelt, ergibt sich ihm ein eindrucksvolleres Bild des Geschehenen als durch eine lückenlose Aufzählung aller Schritte mit Zeit- und Wetterangaben, die wohl dem Fachmann etwas sagen, dem Außenstehenden aber herzlich gleichgültig sind. Nur in diesem Sinne wollen die nach¬ stehenden Ausschnitte aus dem Baugeschehen als „Geschichte" gelten. Der Entschluß, die Tabakfabrik Linz mit Hilfe neuerer Arbeitsverfahren und durch die Erweiterung ihrer Betriebsanlagen auf eine Leistungsfähigkeit von 3 Milliarden Zigaretten zu bringen, reicht auf das Jahr 1928 zurück. Er führte, da die bestehenden Gebäude nicht ausbaufähig waren, der bisherige Betrieb aber unbedingt aufrecht erhalten werden sollte, zur Erwerbung der südlichen Anrainergründe, die zum Teil bereits mit Wohn¬ häusern bebaut waren und daher ihren Eigentümern mit schwerer Mühe abgerungen werden mußten. Die Festsetzung des neuen Erzeugungsganges, die Bestimmung der hiezu erforder¬ lichen Betriebseinrichtungen und die Ermittlung des notwendigen Raumbedarfes brachten bewegte Zeiten. Mußte doch auf vielen Gebieten Neuland betreten werden, wo eigene Erfahrungen fehlten und fremde ziemlich widerstrebend mitgeteilt wurden. In vielen Fällen konnten nur Versuche, deren Durchführung beträchtliche Zeit erforderte, Klarheit schaffen. Immerhin konnte nach Jahresfrist das Bauvorhaben näher Umrissen und an die Verfassung des Bauentwurfes geschritten werden, der in die Hände bewährter Architekten gelegt wurde. Der Künstler war bestrebt, der neuartigen Aufgabe durch neue, ungewohnte Formen Ausdruck zu geben; die zur Wahrung der Betriebserfordernisse berufenen Fachleute wollten durch Anpassung und Entwicklung des Althergebrachten und Bewährten zum Ziel gelangen — was Wunder, daß das nächste Wegstück beschwerlich wurde und zeitweise durch dichte Nebel führte. Die naturgegebenen Gegensätze verflachten aber immer mehr, je eingehender sich beide Teile mit ihrer Aufgabe beschäftigten und die Sachlich¬ 38