88 petschaft unterfertigt — so liegt es vor mir. Es lautet: „Urteil, in nomine Domini nostri Jesu Christi. Amen. In Ihrer röm. K. k. apostolischen Majestät, unserer allergnädigsten Erblandsfürstin und Frau Maria Theresia allerhöchsten Namen wird durch mich Simon Rupert Aichinger, beider Rechten Doktor, k. k. Land- und Bannrichter von Oberösterreich sammt einem unparteiischen Rechtsgeding dieser Banngerichtsschrannen Puchheim: über gegenwärtige wir zur end¬ lichen Rechtsfertigung übergebene Malefikantin Eva Litzlfehlnerin zu Urteil erkannt. Das Urteil wird geschöpft aus den Rechten des Banngerichtes, aus den Satzungen des hl. röm. Reiches und beson¬ ders aus unserer oberösterreichischen Landgerichtsordnung, Part. 3. Akt 4. Z 10, sammt der kaiserl. Novelle vom 27. August 1712. Es wird Recht gesprochen, daß diese Eva L. um ihrer vorsätzlich u. arg¬ listig ausgeübten Mordtat willen zur wohlverdienten Strafe und a n- deren derlei Uebelätern zum abschreckenden Bei¬ spiel und Exempel zur gewöhnlichen Richtstatt geführt werde. Dort muß ihr nach der vom 16. Juni erflossenen Entscheidung der Linzer Landeshauptmannschaft durch den Freimann (Henker) Kopf und Hand abgeschlagen und sie somit mit dem Schwert vom Leben zum Tode hingerichtet werden. Und dieses von Rechts w e gen!" Beschlossen und veröffentlicht in der k. k. Banngerichtsschranne bei Herrschaft Puchheim am 7. Juli 1762. Die Urteilsprecher und Siegel wie in der Urgicht gleichen Tages. Frisch, wie gestern ausgedruckt leuchten mir die neun Siegel der Rechtsprecher entgegen — rot wie Blut. Darunter stehen die letzten ernsten Worte: „Daß vorstehendes Urteil heute an der Eva Litzlfehlnerin also Rechtens vollzogen worden, bestätigt hiemit Simon Rupert Aichinger, k. k. Land- und Bannrichter." Lin trauriger, schauriger Zug. Es war ein trauriger, schauriger Zug, der sich diesen Dienstag, 7. Juli, durch die Stadt Schwanenstadt hinab bewegte. Inmitten der Gerichtsbeamten unsere Eva. Sie war gefaßt und sah ihrem Hingang, der ihr Erdenelend bald und endgültig abschließen sollte, vertrauensvoll entgegen. Sie war durch die hl. Sakramente mit dem guten Hirten ausgesöhnt. Die letzten Tage hatte sie nur mehr dem Gebet gewidmet. Der Kaplan der Stadt begleitete und tröstete sie. Dort, wo die Lambacher Straße zur Höhe ansteigt, nähert sie sich heute der Eisenbahn. Ein Nebenstraßl geht über die Geleise, ein Bahnwächterhaus steht da. Gegenüber ein sanft ansteigender, be¬ waldeter Höhenrücken. Hier war die uralte Richtstätte des Land¬ gerichtes Puchheim. (Die frühere Richtstätte ober der Deschvilla in Puchheim war nicht mehr in Gebrauch.) Dorthin bewegte sich unser Zug. Biel neugieriges Volk, besonders aus der Sikkinger und Piesinger Gegend, hatte in angemessener Entfernung die Höhen besetzt. Eva wurde der Fesseln entledigt. Das Galgengewand, ein weit au s g e schnitten -e s, der modernen Mode ähnliches Kleid, wurde ihr angelegt. Die Urgicht, d. h. Schuld und Urteil wurde noch-