148 schwarzbalkigen Hlesenhieselstube besser als die baren neunmakhunderttaufend Gulden, die der Amsterdamer „hint' gelassen" hat. Der Vetter gottselig aus Amerika hat so auch seinen Jahrtag und ein schlichtes Denkmal unter der Hoflinde bekommen, wo die Sterbemale der Hausgesessenen stehen und den Hof behüten für und für. GtiesmMerOen Vo n Alb in Lutz In zitternden Händen hielt Elfriede den Brief. Da war es also eingetreten, was sie gefürchtet hatte. Nun las sie es schwarz auf weiß, daß sie ihm nichts mehr war. Was Kinderfreundschaft und Jugend liebe in ihrem Herzen geschaffen hatten, das hatte die große, fremde Welt mit ihrem lockenden Schein zerstört. Sie hatte ja gewußt, daß es so kommen mußte; von dem Augenblick an, wo er die Heimat ver ließ, hatte sie in seinem Herzen zu kämp fen gehabt gegen all die vielen schönen Unbekannten in der Ferne, die ihn mit ihren lachenden Augen ansahen und mit ihren schönen Worten umgarnten, die ihren Arm in den seinen legten und traulich an seiner Seite schritten, während sie zu ihrer Verteidigung nichts hatte als ein stilles Gedenken und einen liebevollen Brief und einen Abschied, der schwer, ach, so schwer gewesen war. Und das war wenig. Sie las den Brief noch einmal durch. Er brach nicht mit ihr, o nein, dazu war er zu gewissenhaft. Aber wenn er schrieb, daß er sich nicht mit der Sehnsucht quälen könne, daß er der Gegenwart und der Arbeit leben müsse, so war das deutlich genug. Blieb ihr da etwas anderes übrig, als ihm zu antworten, daß sie die Ver sprechungen der Vergangenheit von ihm nehme und ihm die Freiheit, die er zu be gehren scheine, wiedergebe? Einen Augenblick zögerte sie. War es nicht möglich, daß er wirklich nur fein Ganzes einsetzen wollte, um ihr und ihm die Existenz zu schaffen, die sie brauchten? Daß er dann zurückkommen würde, um sie in seine Arme zu nehmen und sie dorthin zu geleiten, wo ihr Heim wohl gegründet stand? Doch da war eine andere Stelle in dem Brief: „Ich weiß jetzt, daß wir un serer Gefühle weniger Herr sind als wir glauben. Nur durch Gewaltanwendung können wir sie uns gefügig machen. Dar um schreibe mir nicht zu oft: ein jeder Brief wühlt mein Inneres auf..." Die Tränen traten ihr in die Augen. Nein, diese Stelle besagt genug; es war hoffnungslos. Ein einziger letzter Brief — das nur konnte ihre Antwort sein. Und dieser Brief würde ganz wenige Zeilen zählen. Er würde anfangen wie gewöhn lich: „Mein lieber Bruno!" ... Dann aber würde sie kurz und einfach sagen, daß es ein Fehler gewesen war, daß sie sich die Treue versprochen hatten, ehe sie noch wußten — eigentlich müßte sie sagen: ehe e r noch wußte — was die Welt an Lie- beswertem und Verlockendem bot. Und darum gebe sie ihn frei und betrachte sich selber als frei und erwarte keine Antwort mehr auf diesen letzten Brief. Und unten würde darunter stehen wie früher: „Deine Elfriede." „Deine?" Ja, erst in dem Augenblick, wo er den letzten Punkt des Briefes sah, sollte das Versprechen als ge löst angesehen sein. Vis zum letzten Punkt war sie die Seine. Er sollte spüren, daß sie ihm nicht gram war. Mit zitternden Händen griff sie nach der Feder. Es war in diesem Falle nichts mehr zu überlegen. Selten einmal war ihr fo klar gewesen, was sie zu tun hatte. Und dann nahm sie einen Umschlag, drückte die Briefmarke darauf und wog den Brief in ihrer Hand. Er kam ihr leicht, federleicht vor. „Was ist dir, Tante Elfriede?" klang plötzlich eine Stimme neben ihr. „Du hast ja geweint!" Elfriede wandte sich schnell um. Ein kleines Mädchen stand vor ihr und sah sie ernst, mit großen traurigen Augen an. wurde