124 Die Marchesa verschwand einen Augen blick aus dem Saal, kam dann zurück und überreichte dem Padre einen schon unter schriebenen Scheck, aber ohne Angabe der Summe. „Den Betrag, Vater, wollen Sie selbst schreiben. Ich bitte Sie, ruhig meh rere Tausend Lire schenken zu wollen, und ich bitte Sie auch, dem Mädchen niemals zu sagen, von wem das Geld kommt." Padre Bonaventura reichte der jungen Aristokratin die Hand und sagte. „Sie sind von selbst auf den richtigen Weg ge kommen, Marchesa. Ich werde aber dem Mädchen nur das geben, was es braucht, denn sonst gilt auch für die junge Braut das biblische Wort: ,Es ist leichter, daß . . (Alle Rechte vorbehalten.) Die Kontrolle Bon Kurt R a s ch k e „Sie sind erst seit einem Jahre in mei nem Unternehmen?" Der Chef des Shap- man-Konzerns forschte kühl und durch dringend in dem Gesicht des jungen Deutsch-Amerikaners. „Jawohl, Herr Shapman." Heinz Teu- nert hielt dem Blick stand. „Sie wissen, worum es sich handelt?" „Mr. Thornday unterrichtete mich. Ich danke Ihnen für das Vertrauen." Eine kurze Geste schnitt den Satz ab. „Beweisen Sie, daß Sie das Vertrauen verdienen. Glatte Beteuerungen sind für einen kalten Cent feil. Also: die Leitung unserer Filiale in Mexiko ist falsch besetzt. Del Norte, der jetzige Filialleiter, betrügt uns. Er steckt mit halb Mexiko unter einer Decke. Ich schätze die Unterschleise auf jähr lich eine halbe Million Dollar. Ich könnte ihn zum Teufel jagen. Ich will das nicht. Ich will erst wissen, wie diese Unterschleife zustande kommen. Sie können heute noch abreisen, Mr. Teunert. Lassen Sie sich an der Kasse die Reisespesen auszahlen. Bye, Sir. Rufen Sie mir Mr. Thornday, wenn Sie durch fein Büro kommen." Das war alles. Vier Tage später kam Heinz Teunert in der Hauptstadt des ihm fremden Lan des an und stieg in einer bescheidenen Pension ab, die man ihm aus der Rua Ovidor empfohlen hatte. Das Zimmer ge fiel ihm. Schnell hatte er sich den Raum wohnlich gestaltet. Es klopfte an der Tür. „Del Norte", stellte sich der Besucher vor. Teunert war unangenehm überrascht. Mit schlecht verhehltem Widerstreben griff er die dargebotene Hand des Filialleiters auf. Er dachte ehrlich und gradlinig. Der Händedruck, die Geste der Freundschaft und Sympathie, erschien ihm bei diesem Mann Entweihung. „Womit kann ich Ihnen dienen?" fragte er kurz und kreuzte die Arme feind selig auf der Brust. Ein Greis, stellte er an dem Fremden fest. Seine Kleidung war von unaufdringlichem Geschmack. Aus seinem Wesen sprachen zäher Wille und Zielbewußtsein. Ein Schein von Güte und Wärme glomm in den klug und offen blickenden Augen. Das enttäuschte. Er hatte sich diesen del Norte jung, protzen haft, hastig, verschlagen gedacht, wie man einen Kinoschurken darstellt. Dieser Mann aber ein Millionenbetrüger? Zweifel nag ten in seinem Denken. Narr, schalt er sich. Um so schlimmer, wenn der wie ein Lamm aussieht und ein Fuchs ist! „Wollen wir uns nicht setzen, Sensor Teunert?" fragte die wohltönende Stimme des Fremden. „Ich möchte lieber stehen. Ihnen steht in Anbetracht Ihres Alters ein Stuhl zur Verfügung." Die Lippen des Greises knif fen sich bei der eisigen Kälte des Tons dünn zusammen. „Ich hatte mir die Frage erlaubt, womit ich Ihnen dienen kann, Sensor."