34 !■; D' Mettnacht. „Weihnachten kommt, Jakob", sprach die Brunbänrin zu einem schmächtigen, ärmlich gekleideten Manne mit gutmütigem Ge sichte, der die mitgebrachte Schwarzwälder uhr an ihrem Platze neben der Küchentür aufhing, „na, Jakob, was habn wir Heuer für a Mettn?" Der Geiger-Hans-Jakl ist von Pro session Uhrmacher, aus Neigung aber Astro nom. Im „firmamentischen Meer", wie er das Himmelsgewölbe nennt, kennt er sich ans wie kein zweiter, sowie er auch die ver schiedenen Schliche und Launen der Pla neten, die abwechselnd unsere Erde regieren, durch sorgfältige Beobachtung _ heraus bekommen hat. Sein neuer, von ihm ver faßter Kalender mit einem dreizehnten Monat „Urbanus" enthält genau alle Re sultate seiner Forschungen, doch zaudert Jakob noch immer mit der Veröffentlichung desselben, weil er der Welt, wie er sagt, keinen Stoß geben will. „Brunbänrin", antwortete er jetzt, von dem Stuhle, auf dem er gestanden, herunter steigend, „Brunbänrin, stockfinster wird heuer d' Mettn. Weißt, der Saturn regiert in dem Jahr' und der hat's gern finster." Das war vor einigen Wochen gewesen und wie nicht anders zu erwarten, mußte der Brunbauer, als er später einmal im Kalender nach den Mondesvierteln sah, dem Jakl recht geben, es stand eine finstere Metten nacht bevor. Selbstverständlich schreckte diese Aussicht niemand auf dem Brunbauernhofe vor dem Besuche der Christmette zurück, im Gegenteile, besonders in den Augen der jüngeren Leute machte die das Gehen er schwerende Finsternis den mitternächtlichen Kirchgang nur um so interessanter, aber auch verdienstvoller. Der Hof des Brunbauer war drei Viertelstunden von der Kirche ent fernt und der „Kirchsteig" führte von der Berglehne, auf welcher das Gut stand, durch ein Wäldchen auf holprigen Wegen her nieder, um kurz vor dem Pfarrdorfe in die Gemeindestraße einzumünden. War der Weg streckenweise bei Tag schon schwierig, *) Aus betn sehr empfehlenswerten Büchlein „Floridas Blümlinger, Guckkastenbilder", Ver lag Preßverein Linz; kart. 8 V—, geb. 8 1-60. so noch mehr im Winter bei finsterer Nacht und die Prophezeiung, die der Ochsenknecht dem „Buben" wiederholt gemacht hatte, daß er auf dem Heimwege von der Kirche fallen und so „die Mettn ausschütten" werde, hatte viel Wahrscheinlichkeit für sich. Der Dienstbnb aber lachte zu dieser Vörher- sagung und rüstete sich wie die anderen am heiligen Abende zum Gang in die Mette. Am heiligen Abende da gibt's bei den Bauern nicht viel zu essen, aber auch nicht viel zu arbeiten. Wie seit vielen Jahren und in allen Häusern üblich, waren auch beim Brunbauer zu Mittag Wassersuppe und Knödel mit gedörrten Zwetschken auf den Tisch gekommen und die Arbeit bestand in einem Ordnen und Aufräumen in dem Hause und um die Hofstatt herum. Ein Scheiterstoß, der umgefallen war, wurde wieder kunstgerecht geschlichtet, die „Spal ten" vom alten Gartenzaun, die noch in einem Haufen vor dem Hause lagen, wurden in die Holzhütte geschafft, der Bauer han tierte in Haus und Stall herum, während der Dienstbub' die Grät rein fegte, kurz, es wurden Vorbereitungen getroffen, wie vor einem hohen Besuche. Und ein solcher stand ja auch bevor. Das Christkind wollte kom men heute Nacht und Segen und Gnade spenden dem Hause und seinen Bewohnern. Diese hatten nicht nur Haus und Hof, sondern auch ihre Herzen bereitet für das Jesuskind durch den Empfang der Sakra mente im Advent nach dem Worte des heiligen Johannes: „Bereitet den Weg des Herrn." So traulich und erhebend feierlich zu gleich ist es dem Menschen im ganzen Jahre nie zu Gemüt, wie am heiligen Abende. Auch in der. Stube des Brunbauers war's nach dem Feierabende gar anheimelnd; im großen Kachelofen, der eine angenehme Wärme ausströmte, krachte und knisterte der „Wetterstock", ein gewaltiger, knorriger Holz strunk, der eigens für diese Nacht aufbewahrt worden war, und um den schweren Eichen tisch saßen die Eholden, dem Dienstbuben lauschend, welcher aus der Hauspostille vorlas. Mancher, der Sonntags, wenn nach dem Essen das Evangelium gelesen wurde,