<£t« erster Oerfebcjctitcj. Erinnerung aus der Gebirgspraxis von U. 8- I. war in den Flegeljahren des Liberalismus. Er hatte das Amt des preus sischen Schulmeisters über nommen, der Oesterreich bei Sadowa geschlagen haben soll und schlug aus Rache auf den wehrlosen Clerus los. In solcher Zeit in die Seelsorge zu treten, gehörte nicht zu den verheißungs vollsten Dingen. Doch junge Männer haben Expansiv-Kraft, Ideale und Lebenshoffnungen; da geht man wohl größeren Stürmen beherzt entgegen, als jene übermüthigen Ausbrüche einer Partei waren, die den Keim der Zersetzung schon in sich trug, als sie weltumgestaltend erscheinen wollte. In einer Bischofsstadt Deutschösterreichs wurden, wie alljährlich, im Sommer die Hallen des Priester-Seminars geschlossen, um einen Großtheil der Alumnen in die holden Ferien zu entlassen, während der letzte Jahrgang sich anschickte, die Erstlings' Posten des in vier Viertel getheilten Landes anzutreten. Das Collegien-Zimmer desselben war festlich bekränzt und über der Thüre prangte die bekannte Aufschrift: Schola finita — Vita aperta. (Die Schule ist geschlossen, — das Leben steht offen.) Ein brüderliches Mahl hatte noch Alle zuvor vereint, mancher kleine Mission wurde noch ausgeglichen, bestehende Freundschafts bündnisse fanden ihren letzten Kitt, ein fröhlicher Abschied, noch einige Tage der Erholung im Kreise der Angehörigen, dann das Einlaufen des ersehnten Decrets und Aufbruch zur Reise an den neuen Bestim mungsort. Man«hat und braucht nicht viel Gepäck als neugebackener Kaplan und ist auch gut so. Zwei junge Männer, als Geistliche durch mehr als ein Merkmal erkenntlich, wandern durch die Stadt dem Bahnhöfe zu. Sie sind vom selben Orte gebürtig und beide für das Gebirge bestimmt. Der Diö- cesankarte nach sind ihre Seelsorgsposten benachbart. Landsmann, was willst du noch mehr? Beide sind kräftig, die Berge von Jugend auf gewohnt und daher voll der Zuversicht. Die Bahn soll sie einige Stunden durch Landstriche führen, die naturschön und frucht bar zugleich sind. Sie freuen sich darauf. In der nächsten Kreisstadt, die dem Vorgebirge vorgelagert ist, wird die k. k.Post sie zu den erfthnten Höhen bringen. Auf dm Bahnhöfe sehen sie ihren Pa- storalprofessor, von dem sie erst gestern dankbar Abschied genommen. Er tritt freundlich, wie immer, auf sie zu. „Aha! Auf den neuen Posten? — Wohin?" Die Beiden nennen die Orte. „Hm, hm! Bekommen Arbeit genug. — Der eine ist ein sogenannter Herkulesposten, der andere auch nicht ohne! — Doch Sie sind beide gesund. Wollen wir mitsammen fahren?" Die Beiden zeigen verlegen ihre Karten III. Classe. „Glauben Sie, ich werfe mein Geld hinaus?" lachte der Professor. „Im Sommer fährt es sich kühler in der letzten Classe, und ich fahre lieber mit dem Volke als mit den sogenannten Gebildeten! Will ich aber durchaus allein fahren, dann benütze ich wohl auch die zweite Classe, versäume aber nicht, den Kopf zum Waggon fenster hinauszubeugen, weil ich dann sicher bin, dass kein Jude oder Liberaler bei mir einsteigt. Probatum!“ Ein dem Professor bekannter Herr — jedenfalls keiner von der genannten Sorte — hatte sich angeschlossen und die Gesell schaft war nun zum Vierblatte geworden, das sich in einem leeren Coupee niederließ.