«LsL?»,,:' 7* Eine cultnr-historische Novellette von Norb. H. ^in eigenthümlicher Reiz liegt in dem Versuch, > irgend einer Sage oder unverbürgten Legende auf den Leib zu rücken, sie des Beiwerkes zu entkleiden und den historischen Kern heraus zuschälen. Ist der Gegenstand nun gar ein solcher, der sich des ungetheilten Interesses Aller erfreut, wie das idyllische Bründl, wovon nachstehende Original-Auf nahme ein getreues Abbild liefert, so liegt die Ver suchung umso näher, eine, wenn nicht untrüglich wissen schaftliche, so doch Poetisch-Historische Controle eingreifen zu lassen. Ueber unser Bründl, zehn Minuten vom kleinen, aber sehr netten Marktflecken Putzleinsdorf im oberen Mühlviertel entfernt, enthalten die „Katholischen Blätter" Nr. 29, 15. Jahrgang 1863, eine ganz ro mantische Sage. Nach dieser soll einem reichbegüterten Grafen zu Wien, der sehr von der Gicht geplagt wurde, inr Traume die Weisung zutheil geworden sein, nach Oberösterreich zu reisen, wo er im Mühlkreise eine Quelle finden werde, die ihn von seinem Gebreste zu heilen imstande sei. Zweimal wiederholte sich der Traum und trat die Oertlichkeit mit so großer Leb haftigkeit und in so sicheren Umrissen vor seinen Blick, dass er sich zur Reise entschloss? Er suchte und fand schließlich die verheißene Stätte, badete mit wunder barem Erfolg und soll, nachdem er bei seinen Nach forschungen auch nahe dem Quell ein von ruchlosen Händen verschüttetes Frauenbild entdeckt hatte, den Impuls zur Erbauung eines kleinen Marienkirchleins daselbst gegeben haben. Dieser ganz hübschen Sage über Entstehung des Bades und der Wallfahrt steht aber der von dem hochwürdigen Herrn Capitular des Stiftes Schlägl, Vielhaber, aus den Annalen des Stiftes entnommene Nachweis entgegen, wornach schon im fünfzehnten Jahr hundert das „Padt in Maria Printl" besucht wurde. Da sich unter vielen anderen Gästen stets auch einige Herren aus dem Stifte befanden, so darf mit gutem Grunde angenommen werden, dass auch schon ein mit den bezüglichen Licenzen ausgestattetes Kirchlein be standen habe. Eine Familienüberlieferung lässt Bad und Wall fahrt anders entstehen: Zwei „Leinwandherren" be treten, von Rohrbach kommend, mit reichgefüllter Geld katze den Biündelwald, werden dort von Räubern überfallen und über Anrufung Mariens durch außer ordentliche Umstände gerettet. In einem Linzer Bürgers hause, das einer Ur-Urenkelin eines der beiden der Ge fahr entronnenen Bürger gehört, ist eine Schilderei zu treffen, die den Vorfall nach Art der „Marterl" zur Darstellung bringt. Die Tradition lässt das Begebnis sich beiläufig um die nämliche Zeit ereignen, wo dir Wiener Graf seine Heilung gefunden und nennt als Urheber des Kirchenbaues die beiden Putzleinsdorfer. Den Zusammenhang beider Sagen herzustellen und zugleich dem wirklichen Ursprünge, der nach obiger zweifelloser Notiz aus Schlägl viel weiter zurückzu datieren ist, gerecht zu werden, sollte nicht so schwer fallen, da die biederen Marktschreiber der vergangenen Jahrhunderte, dank ihrer naiven Manier, womit sie die einzelnen Rechnungsposten mit Personalangaben und Randglossen versahen, manch' schätzenswertes Materiale an die Hand geben, das sich unschwer zu cultur- historischen Novellen verarbeiten lässt. Auch Putzleins dorf erfreute sich dieser gemüthlichen Art der Verbuchung öffentlicher Geschäfte und bedarf es keineswegs der Gabe der Divination, um sich der ergötzlichen Aufgabe zu unterziehen, die Wahrheit zu combinieren. Auf diesem „nicht mehr ganz ungewöhnlichen" Wege kam nachstehendes Geschichtchen zustande: I. Es war einige Jahre nach Beendigung des dreißig jährigen Krieges. Deutschland und Oesterreich seufzten noch unter der Last der Nachwirkung dieser lang wierigen, furchtbaren Entwicklungsphase; alles lag noch darüber wie im dumpfen Schlafe, der einer Ueber- müdung zu folgen pflegt. Just Wien, die fröhliche Kaiserstadt, hatte ihre alte Physiognomie behalten und vermisste niemand darin die angestammte Lustigkeit, wenn es auch so manchem Repräsentanten des Adels und der stark mitgenommenen Bürgerschaft schwer fallen mochte, den üblichen Glanz zu bestreiten und herzuhalten. Im Freihause des hochbegüterten Grafen Hans von Trautmannsdorf gieng es heute hoch her! Die lebensfreudige Gräfin hatte vornehme Gesellschaft und manch' goldgetäfelter Galawagen im neuesten, fran zösischen Stil fuhr an der Pforte des palastähnlichen Gebäudes vor. Der Herr Graf aber saß übellaunig und verdrossen allein in seinem Tracte. Ein schweres, gichtisches Leiden, das er lange nur für das un schuldige Zipperlein gelten lassen wollte und das er sich im Laufe der mannigfachen Feldzüge, die er als wackerer Oberst der kaiserlichen Armee mitgemacht, als unerquickliches Memento erworben, hatte ihn um die angeborne Munterkeit gebracht. Er fass, den mächtigen Rumpf an den hohen Ledersessel gelehnt, mit wollebedeckten Füßen am Kamin, wiewohl der Frühling warm durch die Butzenscheiben blickte und harrte verdrossenen Blickes des Leibarztes. Unten aber am Thor stand sein treuer Leibjäger Veit, eine breitschulterige, robuste Figur, wie ge schaffen, Stahl und Eisen zu tragen. Auch der lugte nach dem Doctor aus, der dem siechen Gebieter Linderung schaffen sollte. Da kamen ehrsame Bürger des Weges, denen man auf den ersten Blick den „Oberösterreicher" an merkte, wie dies ja selbst heute noch, wo doch die Tracht eine nivellierende geworden, dem Wiener nicht schwer fällt. Doch war der Leibjäger kaum noch mit dieser Wahrnehmung fertig geworden, als er schon von den Herangekommenen als Landsmann begrüßt und angerufen wurde.