Die Stadtpfarre Linz. Eine historische Studie von F. E. Mittendorfer. *) Anleitung. j ir Oberösterreicher haben das zweifelhafte Glück j in der gegenwärtigen festsüchtigen Zeit recht ™ oft auch mitthun d. i. Feste feiern zu dürfen. Freilich ist es eine andere Frage, ob all den Festen auch wirklich ein ethischer Grund zur Basis dient, indess: „Wer gern tanzt, dem ist leicht musiciert," sagt ein bekanntes Sprichwort. Besonders beliebt sind die „Jubiläen" und es ist schon bckld kein Ort mehr im Lande, wo nicht alle Jahre doch ein „Jubiläum" und wäre es auch nur ein 25jähriges Zank-Jubiläum im „goldenen Ehestände" — gefeiert würde. Uebrigens haben wir in neuester Zeit auch wirk lich schöne, von der erhabensten Idee getragene und durchweihte Jubiläen gesehen. Namentlich sind dies die vielen 100jährigen Jubiläen der „Pfarr-Errichtung", besonders aber das imposanteste und zugleich ehrwür digste Jubiläum, das Oberösterreich je geschaut: das „ Diöcesan - Iubiläum" in den unvergesslichen Tagen vom 27. September bis 4. Oktober 1885. Es war ja der Gedenktag, dass vor 100 Jahren der Heiland sich mit einem überaus fleißigen und braven Bölklein, mit uns Oberösterreichern, in geheimnisvoll geistiger Weise als Bräutigam unserer Seelen in seinem Stellvertreter — dem Nachfolger der Apostel — vermält habe. Das Haus aber, doch nein! der Palast sagen wir, welcher damals zum „Eltern hause" der treuen Kinder Jesu erkoren ward, die Stadtpfarrkirche in Linz, ans welcher das Bis tum Linz „zu Ehren Mariä Himmelfahrt" war gegründet worden, gieng dabei fast leer aus. Wol ward ihr eine Freude, eine gar hohe Ehre zutheil dadurch, dass sie ihr wunderbar herrlich geschnitztes, mehrere Jahrhun derte altes Cruzifix zum Altar geben durfte, an dem zum ersten Mal in Linz ein päpstlicher Legat im neuen Dom die hl. Geheimnisse gefeiert; doch auch ihre wahren Ehrentage nahen: 600 Jahre werden voll im Jahre 1886 seit sie Pfarrkirche von Linz ist. Anno 1224 begann der Bau und 1286, unter der glorreichen Regierung Rudolphs von Habs burg, ward er eingeweiht. Eine lange, höchst interessante Geschichte zog vor über an diesem gottgeweihten Haus und Platz. Gern, sehr gern hätt' ich sie „zum 600jährigen Jubiläum" hieher geschrieben, allein der Raum oder — es sei offen gesagt — „die Kosten" gestatten dies nicht. Der Kalender soll billig, billig und doch „recht schön" sein — wer wünscht, der probiere auch einmal arbeiten 0 Benützt wurden Joh. Ev. Lambrecht's ausge zeichnete Studien, verschiedeneMeschichtswerke, besonders Kurz, Edelbacher u. s. w. und rechnen! Für Heuer sei demnach ein allgemeiner Theil, gleichsam eine populäre Cultur- und Religions geschichte Oberösterreichs geboten, dem — so Gott will — nächstes Jahr, wie schon der Titel zeigt, Speci elles folgt. Erstes Capitel. Aus atter Zeit. Gewiss hat auch der einfache Mann ein Recht darauf mancherlei zu erfahren, was sich in seiner Heimat vor 100 und 1000 ja selbst vor 2000 Jahren schon zugetragen habe; und dass es ihn interessiert, weiss Schreiber dieses bestimmt. Der Wressvereins- kakender nun dürfte wol nicht das ungeeignetste Mittel sein, den Oberösterreichern solche Nachrichten aus alter und uralter Zeit über ihre schöne Heimat zu bringen. Die allerersten Bewohner unseres Landes sollen Finnen oder Iberer gewesen sein. Sie kannten noch kein Eisen, kein Kupfer und kein Bronce und verfer tigten daher ihre Waffen, Werkzeuge und Hausgeräthe aus Stein. Aus diesem Grunde nennt man jene Zeiten das „Steinzeitalter." Man meint, diese Ureinwohner Oberösterreichs hätten grösstenteils an den Ufern unserer Seen ge wohnt und auf Pfählen (Piloten) ganze Dörfer über dem Wasser erbaut (Pfahlbauten). Und wirklich will man jetzt noch am Ater-, Traun- und Mondsee Reste solcher Pfahlbauten aufgefunden haben. Beiläufig fünfzehnhundert Jahre vor Christi Ge burt geschah eine Völkerwanderung aus Asien nach Europa. Man nennt die Eingewanderten insgemein Kelten. Sie waren Heiden so wie die Iberer. Die Kelten aber kannten schon die Metalle und verfertigten ihre Waffen und Geräthschaften vornehmlich ans Bronce. Nach allgemeiner Annahme haben sie sich vom Westen Europas aus über die übrigen Teile dieses Continentes ausgebreitet und in unseren Gegenden erst etwa 300 Jahre vor Christi Geburt die Oberherrschaft über die Ureinwohner erlangt. Die Kelten lebten nicht mehr wie jene zunächst von Jagd und Fischerei, sondern trieben Ackerbau und Viehzucht. Ja auch Gewerbe und Handel blühten unter ihnen und von ihnen wurde das Salz bei Hallstatt entdeckt und das Bergwerk zum ersten Mal kunstgerecht eröffnet. Im heutigen Oberösterreich hatten sie zahlreiche Ansiedelungen, nach Ausdeh nung — respective örtliche Lage — der Fundorte so gar ansehnliche Städte und Burgen. Bei Hallstatt, am Atersee (Lenzing und Haid), am Mondsee, bei Vöcklabruck, Steyr, Lorch, Traun, Traunkirchen, Grein, Zellhof, Schärding, Braunau, Ueberackern, Gilgenberg, Jnnstadt-Paffau u. s. w. fand man als Zeugnisse ihrer Wohnsitze Keltengräber, Reste ihrer Waffen und Geräthe.