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Frankl.
Clnser Thronfolger
Erzherzog Earl Franz Joseph
verteilt Auszeichnungen an Soldaten.
Unsere Soldaten
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Episoden aus den Kämpfen der österreichisch-ungarischen £h?mee im "Weltkrieg 1914/15
QXntcr der Leitung des Geh. tRatcs,
Generals der Infanterie
Emil von "Woinovich
Direktor jdes k. u. k. Kriegs-Archivs-Korr. Mitglied der k. Akademie der Wissenschaften.
Herausgegeben und redigiert von Oberstleutnant
£Uow Veltze
^bteilungsvorstand im k. u. k. Kriegs ~ Archiv
Llnter der Mitarbeit von
Budols Hans Bartsch, Th. Esoßor, Eimer, ^ranz Karl Glnzßey, E. Bleger, Leopold Schönthal und Stefan Stvelg
Buchschmuck von H. Printz
1. bis 5. Tausend
Wien 1915. Verlag der Manzschen 8. u. 8. Hos-Verlagsund Universitäts-Buchhandlung, Wien 1, Kohlmar8t Ar. 20
Das Recht der Übersetzung in andere Sprachen bleibt vorbehalten.
Buchdruckern bet Manzschen^v /k.u. k. Hof-Verlags-unL ttnioerfti&sA \. Buchhandlung in Wien,
Inhalt.
Geleitwort...........................
Schwur-Litanei.......................
Deutschmeister allerwege . . . .
Mit Brot und Speck...................
Bis zur letzten Patrone . . . .
Als Fährmann.........................
Das lebende Bild.....................
Das Satanshaus.......................
Die aus der grünen Mark . . .
Sein Rolandshorn.....................
Sankt Florians Jünger . . . .
Drahthindernisbau....................
Dreizehnspännig......................
Die letzten Acht vom zweiten Zug Der Schmied von Lubinka . . .
Die Fahne............................
Helden der bosnisch-hercegovinischen
Truppen ..........................
Ein letzter Wunsch...................
Einundsiebziger . ..................
Montenegrinischer Kleinkrieg. . .
Die Sprengung .......................
Er will seine Rache haben . . . Siebenundzwanziger Landwehr . .
Warasdiner wie einst.................
Mit zweiundsechzig Jahren . . .
Husarenstücke........................
Soldatenheimweh......................
Heldenwille—Heldenwerk . . . . Schwierige Überschiffung .... Nachtreigen im Schloßpark von
Czarkow............................
Begegnung im Nebel .....
Dioskuren........................
Als Letzter am Feind .... Schwieriger Gefangenentransport .
Seite
Die Neunundneunziger .... 68
Russenfang...............................69
Die aus Mährerland.......................70
Reiterabenteuer..........................72
Mit seinem Maschinengewehr . . 73 Wie Fähnriche fechten .... 74 Kampf mit dem Flugzeug ... 77
Treue um Treue...........................77
Ein praktischer Diplomat ... 79 Wie man den Gegner täuscht . . 82
Sechser Infanterie.......................83
Versprengt im Walde......................84
Ein kriegsechter Feldwebel ... 85 In die Falle gegangen .... 87 Hilfreich und kühn ...... 88
Zigeunermut..............................89
Kaiser Franz-Dragoner .... 90 Ein prächtiger Zugsführer ... 94
Ein Seelenarzt...........................95
Feuerprobe...............................96
„Es gibt kein Zurück" .... 97 Gendarmen in Bosnien und der
Hercegovina............................98
Durch Hochwasser und Eis . . . 101
Mit einer Kanone........................102
Zwei von den Fünfundsechzigern . 105 Allein auf sich gestellt .... 106 Bange machen gilt nicht .... 108 Ein treuer Diener seines Heern . 108 Das vergrabene Verschlußstück . . 110 Ein Meisterkundschafter .... 111 Ritt auf Leben und Tod . . .114
Mit nackten Fäusten.....................117
Der Verführer...........................118
Drei Tage eines Infanteristen . .119 Der Feind im Wächterhaus . . 121
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Ein Tausendsasa.....................................122
Bis zum letzten Atemzug . . . 123
Mitten aus dem Feinde geholt . 123 Kühne Soldaten von Neunundsechzig 125 Nächtlicher Brand im russischen
Quartier.........................................130
Infanterie Nr. 86...................................131
Rasche Beute........................................133
Der verschluckte Befehl .... 134 Vom Scheinwerfer erspäht . . . 135
Das Telegraphenregiment . . . 136
Wackere Jäger.......................................138
Deckung im Bache....................................139
Ein braver Samariter . . . . 140
Am Feldtelephon.....................................141
Der gute Kamerad....................................142
Vier gegen dreißig..................................143
Ruf ihn, so hast du ihn ... 145
Schlesische Infanterie..............................146
Verwegene Bursche...................................148
Rettung eines Munitionswagens . 149 Ein mutiger Patrouilleführer . . 150
Ein opfermutiger Soldat . . . 151
Guck ins Loch.......................................152
Ein Mißverständnis..................................155
Gestörte Mahlzeit ...... 156
Husaren aus dem Busch .... 157
Als der Aktenmann ins Feld kam 160
Ein Teufelskerl.....................................162
Tapfere Reiter vom Ulanenregiment
Nr. 11...........................................164
Im Eisenhagel.......................................165
Acht von den „Großen Silbernen" des Infanterieregiments Nr. 7 . 167 Die Rettung der Fahne .... 170 Ein Grenadier des Genfer Zeichens 171
Ein treuer Kamerad..................................172
Zwei Landwehrulanen .... 174 Ein Unermüdlicher » . . . . 175
Fähnrichstreiche....................................177
Verbandplatz........................................178
Im Rücken des Feindes .... 180
Seite
Der Wille besiegt alles ....
Geistesgegenwart......................
Zweierlei Helden......................
Weidwund verbellt.....................
Der Wald in Flammen ....
Ein Heros der Selbstaufopferung .
Zweimal verschüttet...................
Ein guter Fang........................
Die richtige Antwort..................
Der große Tag des Stabsfeldwebels St. Barbara und ihre fünf Getreuen Den Russen keine Beute ....
Pionier und Held......................
Mannsblüte von diesseits und jenseits der Leitha......................
Hauptmanns Leichnam .... Granatlöcher als Deckung . . .
Der Stich ins Wespennest . . .
Der Florian und der Franz . .
Er will schießen......................
Ein scharfer Wachtmeister . . .
Der Landsturm voran ....
Es läßt ihm keine Ruh’ ....
Der letzte am Maschinengewehr .
Auch eine Regatta.....................
Das Feuerzeichen......................
Ein Gefangener, der Gefangene macht
Jägergeist . ........................
Entweder—oder.........................
Der Tambour von Petrikau . .
Todestrutz............................
Nur immer 'ran........................
Sturmboten............................
Kaiserjäger...........................
Die Teufelsmühle......................
Die besseren Nerven...................
Ein Blumenteufel......................
Erzherzog und Pionier ....
Gold für Blut.........................
Mannschaft............................
Namensverzeichnis ......
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Leben, der große Schicksalgestalter, baut bunte Vielfalt fauf, es schichtet seine Menschen in Stände und Klassen, in Berufe und Beziehungen, es hebt einen über den andern, schafft Ordnungen und Abstufungen. — Der Tod, der große Vereinfacher, löscht alle diese Unterschiede wieder aus. In seiner Gegenwart stürzen alle Unterscheidungen zusammen, schmelzen die Zwischenstufen, nichts bleibt dem Menschen als das Gemeinsame, das Brüderliche der letzten Not. Darum ist das Schlachtfeld der große Ordner der Einheit. Im Felde sind der höchste Offizier und der geringste Soldat, obwohl übergeordnet und untergeordnet, doch nur Kameraden im hohem Sinne des Schicksals, eins durch die Gefahr und eins dadurch, daß sie in diesem eisernen Spiele beide das Höchste, ihr Leben mit allen seinen gesteigerten Kräften, einsetzen für den gleichen Gewinn, für den Sieg und die Ehre von Herrscher und Vaterland» Offizier und Mannschaft, beide wirken mit allen geistigen und sinnlichen Kräften ihres Blutes, unentbehrlich einer dem andern, Schulter an Schulter in gleicher Gefahr, beide sind sie nur Wächter einer Fahne, Hüter eines Volkes, Schwurbrüder einer Ehre — die Nation in Waffen: die Armee!
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Wenn nun in unseren Veröffentlichungen dennoch die Taten der Mannschaft gesondert von denen der Offiziere zur Darstellung gelangen, so soll nicht als Überordnung und Unterordnung gedeutet werden, was sich aus rein äußerlichen und technischen Gründen als notwendig erwiesen hat. Ebenso wie in dem vorausgegangenen Buche „Unsere Offiziere" sind auch in diesem die Darstellungen der schönsten Taten österreichischer und ungarischer Kämpfer ausschließlich auf Grund der im k. u. k. Kriegsarchiv eingesammelten Belohnungsanträge verfaßt worden, aber jahrhundertealte dienstliche Verfügung bringt es mit sich, daß die Belohnungsanträge der Offiziere und die der Mannschaft verschiedene Wege gehen. Jede Auszeichnung eines Offiziers ist ein erhabenes Vorrecht des Monarchen, alle Anträge der vorgesetzten Behörden müssen der Militärkanzlei vorgelegt werden und erst die Unterschrift Seiner Majestät sanktioniert den Lohn für tapferes, erfolgreiches Verhalten vor dem Feind. Anders bei Belohnungen für Personen des Mannschaftsstandes! hier ist das Armee-Oberkommando die entscheidende bzw. die nachträglich genehmigende Stelle, aber auch Armee- und Gruppen-, in manchen Fällen sogar die Korpskommanden haben das Recht, Tapferkeitsmedaillen zu verleihen; oft werden sogar unmittelbar auf blutiger Walstatt die kühnsten Soldaten mit silbernen und goldenen Zeichen geschmückt, deren schriftliche Bestätigung und Begründung erst nachträglich erfolgt. Auch ist der Gesamtcharakter der Leistungen. im Führerstande und bei der Truppe ein wesentlich verschiedener; die des Offiziers meist eine organisatorische, wenn auch oft genug seine Faust zum Kampfe gefordert wird, jene der Mannschaft meist das impulsive, willenskräftige Heldenstück, ein Akt der Bravour, diese mehr der geistigen, jene mehr der sinnlichen Wahrnehmung anschaulich. Die Scheidung der Leistungen verbürgt somit größere Einheitlichkeit und Übersicht, der engere Rahmen ein geschlosseneres Bild. Als Bindeglied sehen wir sinnbildlich in beiden Bänden Taten von Fähnrichen und Kadetten verzeichnet.
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Ordnung, nicht Unterordnung, bedeutet also diese Scheidung. Jede Leistung vor dem Tode, jede Leistung, die das Höchste der persönlichen inneren Kraft für das Gemeinsame einsetzt, ist im menschlichen Sinne gleichwertig. Und um diesen Gedanken der Gleichwertigkeit aller unserer Krieger voll zu betonen, haben wir das Buch „Unsere Soldaten" genannt und das Wort „Mannschaft" vermieden, das eigentlich den Gegensatz zu dem Titel „Unsere Offiziere" bildet, weil darin noch etwas nachklingt von Ungleichwertigkeit. Wir haben es schlicht „Unsere Soldaten" genannt. Andere Nationen hätten pathetisch ihren Kämpfern das Ruhmeswort „Unsere Helden" zugeteilt. Wir brauchen keine ruhmvollen Worte — auch in den Einzeldarstellungen sind sie gespart — keine Ausschmückungen und künstlichen Erhebungen, die Welt weiß heute durch unsere Leistungen, was es bedeutet, wenn wir einfach sagen: „Unsere Soldaten".
Die Personen des Mannschaftsstandes besonders vorbehaltenen Auszeichnungen sind die Tapferkeitsmedaillen: die goldene, die silberne 1. und 2. Klasse, denen sich seit 1915 noch eine bronzene Tapferkeitsmedaille gesellt, welche das sichtbare Zeugnis einer erfolgten Belobung durch die hohen Kommanden darstellt. Früher konnte ein Soldat nur eine Tapferkeitsmedaille besitzen und mußte, wenn er später die höhere Klasse erwarb, die der niederen Klasse zurückstellen. Kaiser Franz Josef gestattete aber bereits am 5. Juli 1849, daß jeder Soldat alle drei Medaillen erwerben und tragen könne. In diesem Krieg sind es schon eine ganze Reihe, dre dreifachen Schmuck ihrer Heldenbrust erwarben und dreifach geschmückt ihre Kühnheit vor dem Feinde bezeugen.
Dieses Buch soll nun erzählen, durch welche Taten solche Tapferkeitsmedaillen in diesem Kriege von unserer heroischen Mannschaft gewonnen wurden. Von jedem Soldaten ist Pflichterfüllung gefordert, von jedem die gleiche nach den Vorschriften der Disziplin beschworen durch feierlichen Eid. Doch wir haben Soldaten, denen es zu wenig ist, für das Vaterland nur die
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Pflicht, nur das zu tun, was man von ihnen fordert, und die die ganze Kraft ihrer Persönlichkeit einsetzen, um außer der gebotenen Leistung noch die besondere, die heroische Tat zu tun. Durch diese hervorragenden Taten des einzelnen Soldaten, von Tausenden und Abertausenden wird das Schwierigste möglich, wächst der Kampf zum historischen Erfolg. Diese Mehrleistungen und Überleistungen von zahllosen Einzelnen unserer zähen Infanteristen, unserer braven Kanoniere, unserer schneidigen Reiter heißen nun für alle Zeiten die Schlachten von Krasnik, von Zatnosc = Komarörv, bei Limanowa, bei Gorlice, die Verteidigung des Karpatenwalles, die Erstürmung von Przemysl und Lemberg. Sie sind eingeschmolzen in die Heroenstandbilder des österreichischen, des ungarischen Ruhmes. Die Nachwelt wird nichts mehr von den Einzelnen wissen, die hier ihr Blut geopfert,
sie, die die Früchte erntet, wird nur die gemeinsame, die historische Tat bewundern. Uns aber, den Zeitgenossen, ziemt es, auch derer zu denken, die sie mit erhabenem Willen opferfreudig vollbracht, jedes Einzelnen, der Besonderes schuf, der — wie das rollende Sternchen die Lawine — durch seine einzelne opfermutig eingesetzte Lebensenergie den Erfolg eingeleitet, der dann die Gesamtheit der Kompagnie, des Regiments
und im weiteren unberechenbaren Wachstum den Fortschritt der ganzen Armee und des Schlachtengeschicks gefördert hat. Jeder Einzelne in diesem Millionenganzen zählt ja nicht mehr als ein Tropfen im ungeheuren Reservoir der Kräfte, aber ein Tropfen, ein einziger ist es oft, der ein Gefäß zum Überfließen bringt.
Nie kann einer das Ganze tun und doch ist für das Ganze
der Einzelne unentbehrlich und oft bestimmend. Solche besonders denkwürdige Taten unserer Mannschaft aus der erhabenen Anonymität des Gesamterfolges nun ersichtlich zu machen, ist die Aufgabe dieses Buches. Freilich können nicht alle genannt sein, noch weniger wie in dem Werk „Unsere Offiziere" jede einzelne Leistung gerechte Verzeichnung finden, weil uns hier nur gleicher
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Raum für eine noch größere Zahl von Taten gegeben ist. Wo Masse wirkt, wirkt auch der Zufall und so wie der Blick des Feindes mörderisch zielend immer nur einen Einzelnen ersaßt, so kann auch der Blick des Dankbaren nur Einzelne finden. Zahllose denkwürdige Taten sind ohne Zeugen geschehen, unbekannt und unbelohnt, mancher unserer Helden, der unerhörte Taten getan, liegt stumm unter einem schlichten Kreuz und niemand kann seine Taten erzählen. Nur von jenen Glücklichen, deren Leistung bezeugt ist durch Belobung und Bericht, können wir sprechen, nur von ihrem Vollbringen kann ein weniges wiedererzählt sein, damit unser Volk, das bescheidenste und, weiß Gott, nicht geringste Europas, endlich seiner Kraft gewahr werde. Damit es erkenne, daß die schlichten, einfachen, unscheinbaren Menschen, denen es in seinen Reihen oft bei den niedrigsten Verrichtungen begegnet — der Pferdejunge, der Bauernknecht, der Heizer und der Fabriksarbeiter — ganz genau das Gleiche sind, was seit allem Anbeginn die Menschheit als ihre höchste Wesensform bewundert, der Held, der Kühne, der Verwegene, der Heros. Damit es erkenne, daß seine Brüder nichts Geringeres sind als die klassischen Gestalten, mit denen Griechenland seine Tempel schmückte, die Ruhm unter die Sterne gesetzt, die tausend Dichter aller Länder und Zeiten besungen. Es möge von den Seinen wissen, unser bescheidenes, allzu bescheidenes Volk, durch welche Wunder des Mutes in unseren Tagen, unter unserer Sonne und auf unseren heimischen Grenzfeldern die blanken goldenen und silbernen Tapferkeitsmedaillen erworben wurden, und in Ehrfurcht erkennen, daß jede Brust, die solch ein Zeichen schmückt, sich verwegen dem fast sichern Tode dargeboten habe, einer für alle, der Einzelne für das Ganze, für alle künftigen Geschlechter.
Solcher Zeugnisse eine Unzahl zu finden, siel nicht schwer, verantwortlicher war es, sie auszuwählen aus einer unendlichen und von jedem Tage erneuten Fülle. Immer wieder muß vergegenwärtigt sein, daß die Wenigen, die wir hier nennen, für
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Tausende stehen, die Ähnliches und Gleiches vollbracht und die vorläufig ungenannt und unbekannt bleiben. Aber daß es Tausende und Abertausende sind, dafür sprechen unsere Siege und, so hoch wir unser Gefühl auch spannen, um ihnen allen zu danken, um die Aufopferung unserer Helden zu ehren, immer wird unsere Dankbarkeit zu gering, unsere Lobpreisung zu bescheiden sein für das Herrliche, das sie in diesen Tagen vollbrachten, die unsere Feinde uns zur Erniedrigung und Not schaffen wollten und die der Heldensinn unseres Volkes zu ewigem Ruhm und zur Erhöhung gewandelt hat!
Schwur-Litanei.
„Wir schwuren zu Gott dem Allmächtigen:"
Er weiss, wir haben's gehalten „Gegen jeden Feind, wer es immer jei.“ Moskowiter und weljche HassKumpansi Röchelnd die Finger verkralltsn In blumigen ‘Plan und öden Gand.
„3u Wajjer und zu Land,
Del Tag und dl acht“
Diel Raubwild ist jchon zur Streck' gebracht.
„In Schlachten, in Stürmen, Gefechten“
Taten wir blutig rechten
Am Kaijer, Kind, unsrer Hütten Pracht.
„Mit einem Worte An jedem Grts,“
Gb Fussvolk, ob Reiter, ob anderer Sorte,
„3u jeder Seit und Gelegenheit“
Standen wir „tapfer und mannhaft“ im Streit. „(Unsre Fahnen, Standarten und Gejchütze“
— Me war uns zu höllijch die Kampfsshitze,
3u grimmig das Sterben, zu blutig dis Pfütze —
„In keinem Falls, zu verlajjen,“
(Rannten auch wider uns Sturmmajjen,
„Ans immer jo, wie's den Krisgsgejetzsn“
— Swar mancher flog in rote Fetzen —
„Gemäss ist und braven Kriegsleuten zusteht,“
Go „zu verhalten“, wenn auch der Tod mäht. Gib fürder uns Kraft, hör', Gott, das Gebet! „Auf disje Wsijs“
— Hornist, nicht zu lsijs! —
„Mit Ehre“
Ergreift die Gewehre!
„3u leben und zu sterben.“
All Feind muss verderben.
„So wahr uns Gott helfe.“
„Amen!“
Leopold Gchönthal.
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■ ■ ■ ■ ■ • "- ■:________________ - . - ■::__J________:________________________________________________._______ _ • *£t-!.. -. r-, -■' - ... -g.-^-.ÄW*' ;'
Deutschmeister allerwege-
Man stand im Raum um Krakau. Endlos fiel der Schnee vom Himmel. Bleiern drohte dessen Wölbung durch die weißen, fliegenden Flocken herab wie ein ungeheurer Sargdeckel.
Schon war der Dezember gekommen. Da flatterte eines Tages von irgendwo die erregende Nachricht auf, daß Hindenburg wieder los sei, daß der deutsche Marschall von Norden her die Russenfront tief unten im Polenland einfach zu schänden hämmere. Wer hat's gesagt? Einer vom Feldtelephon? Haben es die Fahrküchen gebracht? Oder hat gar einer Zeitungen bekommen? Kurzum, es flog von Mund zu Mund. Tausend Zungen berichteten es auch den Deutschmeistern (k. u. k. Infanterieregiment Hoch-und Deutschmeister Nr. 4). Flugs wurden die Wiener Bursche lebendig. Ja, dort hatte ein Korporal sogar eine Übersichtskarte, weiß Gott, woher. Wenn es auch hin und wieder herüberpfiff, da stand er doch als nur halb gedeckte Figur, fuchtelte im Eifer seiner Rede mit Hand und Karte durch die Luft, um einer gläubigen Kameradengemeinde die Grundzüge dieser neuen Hinden-burgstrategie im allgemeinen, vorwiegend aber seiner eigenen klar zu machen. O, er hatte seinen Anhang in der Kompagnie! Er war übrigens wirklich ein ganz tüchtiger Kerl. Und seine Kannegießereien? Ein boshafter Gefreiter variierte ihn freilich dazwischen trällernd: „Jessas, Jessas, wie in Wien!" Aber dies hatte schließlich nichts zu sagen, der wollte eben nur selber seine minderwertige Meinung, alte Ladensitzer seines Gehirns an den Mann bringen. Aber im Nu war der Spott des Gefreiten geschlagen, als der Schützengrabenstratege zu seinem eisernen Schluß kam, daß es „alsdann" unfehlbar mit dem Russenzauber vorbei sei, daß es sofort wieder auf Jwangorod oder wenigstens bis an die Nida vorwärtsgehen müsse; das sei klar. Der Beifall der Deutschmeister war so überzeugend laut, daß die nichts ahnenden
Unsere Soldaten. 1
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Russen drüben für alle Fälle eine Zugssalve herüberkrachen ließen. „Generaldecharge" höhnte der rauhbeinige Gefreite stramm zurück, denn der Schluß des Korporals war selber nach seinem Sinne gewesen. Ja, wenn er das gleich gesagt hätte! Also Hurrah! Aus dem Saulus war ein Paulus geworden. Die Offiziere hatten es mit angehört, sie lächelten und waren zufrieden. Der Korporal hatte ja in der Tat nicht so unrecht, dann pulverte so was die Leute auf.
Vierzehn Tage später. Die Deutschmeister hatten es ihren nordischen Brüdern aus dem Reiche gleich getan. Nun standen sie wirklich an der Nidalinie, bei Karsznice. Der allgemeine Vormarsch hatte sie in vorderster Front gesehen, im harten Nachdrängen gegen den zähen Feind. Dabei marschierten sie bloß nach der Geographie, ihr Marschlied nahm es damit minder genau: „Rosa, mir fahrn nach Lodz, Lodz, Lodz!" Ein Marschbataillon hatte den Schlager aus Wien gebracht.
Die Liebesgaben für die Sangesbrüder kamen aber von den Russen herüber, fetzten so manchem in Fleisch und Knochen. Doch hätten die Russen sie zentnerweise mit eisernen Wolkenbrüchen überschüttet, ein Witz wäre doch noch aus dem Todesschutt wie ein flinkes Mäuslein hervorgehuscht. Am Tage vor Weihnachten 1914 lag die erste Feldkompagnie an der Lososina. Die Russen hatten sich retabliert, frische Reserven herangeführt, überhaupt schien die große Rührigkeit des Feindes jenseits der ineinander mündenden Taleinschnitte der Nida und Lososina verdächtig. „Es brandelt" lachten die Deutschmeister. Und Reservefähnrich Franz Loserth, der noch jedesmal von seinen vielen Patrouillengängen die schönst gemeinten Absichten der Russen gemeldet hatte, suchte schon seine Späher zusammen. Auch hartgesottene Kerle gab es in der Kompagnie, Gewaltnaturen, denen die hochnotpeinlichen Jahre des Friedens ein Grauen gewesen. „Patrouille?" Da standen sie schon, freiwillig angetreten, ihrer mehr als Loserth brauchen konnte. Jetzt noch kurzer Kriegsrat mit Leutnant Winkler, dem derzeitigen Kompagniekommandanten. Dann: „Mir nach! Marsch!" Bald kam es zum Kriechen; wie gut, daß man die Rucksäcke zurückgelassen hatte! Fesch arbeiteten sich so die Edelknaben vorwärts, daß ihnen der Schnee in die Augen pulverte. Mitten im Banngebiete der Russengewehre waren sie schon. —
„Bestrichener Raum" hätte der Korporal gesagt und nebenbei einen ballistischen Kurs über die mittleren Gewehrschußdistanzen begonnen. — Für solche Ausflüge war der Fähnrich ein Spezialist. Man brauchte nur immer auf ihn zu sehen und tun, was er tat. Er schlüpfte ruckweise heran; dann wieder still geduckt, sogar den Atem angehalten. Der Dunst des Hauches in der kalten Lust konnte verraten. Jetzt glitt er pfeilschnell wieder vor, sein Körper ruderte mit Arm und Bein im Schnee. Die Deutschmeister ihm nach. Sie dachten nicht eben viel dabei, spintisierten nicht über Tod und Wunden. Sie taten es dem Fähnrich gleich, weil ihnen dies so selbstverständlich war.
Fieberhaft folgten ihnen aller Augen bei der Kompagnie, selbst die Offiziere mit ihren Feldstechern hatten Mühe, sie nicht zu verlieren. Endlich aber war die Patrouille auch diesen entschwunden, sie schien einfach verschlungen von dem blendenden, endlosen Schneemeer.
Loserth war mit seinen Auserlesenen schon jenseits der vereisten Wasserläufe der Nida. Flußauf, flußab kroch er längs der feindlichen Stellungen. Von Zeit zu Zeit steckte er den Kopf in den kühlenden Schnee. Da schossen Blutwellen durch sein Gehirn, da sammelte er alles Gesehene, prägte sich ein ganzes Croquis der Russenfront ein. Sein Gedächtnis war verläßlicher als ein Meldeblock, er baute darauf. Reglos lag sein Körper dort. Und
dennoch geschah in ihm die Feinarbeit der großen Soldatenwerkstatt ringsum.
Vorwärts! Mit verwegenem Glücke kamen die Tapferen sogar hinter die vom Feinde besetzten Schützengräben. Was gab es dort nicht alles zu sehen! Loserth arbeitete intensiv, belebte förmlich seine Gedächtnisskizze mit Truppensignaturen und Stärkezahlen wie ein Schachbrett mit Figuren. Überallhin losten und lugten die durchgeschlichenen Patrouilleure. Verdammt, da war einer entdeckt worden. Ein Schuß, wieder einer, eine ganze Menge von Schüssen! Die Deutschmeister stoben zusammen, lagen, knieten schon um ihren Führer, jagten ein rasendes Schnellfeuer gegen den aufgescheuchten Feind. Die Sache war aussichtslos. Man hockte in der Löwengrube. Das russische Feuer wurde immer mächtiger, kam schon von allen Seiten. Plötzlich schwieg der Gewehrlärm. Man schrie den Deutschmeistern etwas zu. Die
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Sprache kannten sie wohl nicht, aber sie verstanden: „Übergabe!" „Deutschmeister, schießen!" brüllte einfach der Fähnrich und die paar Deutschmeister schossen Mann für Mann, nahmen den zwecklos gewordenen Kampf ohne Schwanken auf. Nun schlug der Eisenhagel wütend ans sie nieder. Sie kämpften: Die kostbare Meldung war unmöglich, um sie kämpften sie nicht. Ihr Leben war verspielt. Auch darum kämpften sie nicht mehr. Sie? Ein paar, nur mehr zwei, einer noch! Aber als keiner mehr kämpfte, als nur mehr zerfetzte Menschenleiber im Schnee zuckten, da leuchtete es hellrot in satter Lebenssarbe auf dem weißen Plan. Das waren die Farben der Heimatstadt! Das waren Blutsiegel der Deutschmeisterehre. Der Kampfpreis flimmerte und funkelte blitzblank.
Bei der Kompagnie waren die Nerven zum Zerreißen gespannt. Der Feuerüberfall scholl herüber, dann das Knattern der österreichischen Gewehre dazwischen. Es war ganz deutlich herauszuhören, klang tiefer, dumpfer, ernster. Jetzt Stille. Waren schon alle erledigt? Da, der neue Feueranfall. Die Augen blitzten den Horchern: „Die Unseren!" Aber dann die Unmasse russischer Schüsse. In dem Lärm ging das dumpfe Knallen völlig unter. Es wurde auch langsamer, schließlich vereinzelt. „Sie ermatteten wohl." Doch als es ganz still geworden war, hatte Leutnant Winkler zu tun, um seine Leute beisammen zu halten. Sie wären ihm durchgegangen, um drüben zu helfen, zu retten. Dann wäre auch die Kompagnie verloren gewesen. Dabei war des Leutnants eigenes Herz voll Bitternis. Rein nichts konnte er tun. Warten, warten! Vielleicht haben sie sich doch durchschlagen können. Aber es müßte dann schon etwas sichtbar werden! Jetzt dort! Nein, es ist nichts. Schon wieder alles ruhig. Aber nun dort! Vor den Gräben gegen 100 bis 150 Schritte. Der Leutnant fluchte dem Trieder, seinen Augen. „Aber jetzt, jetzt hatte die Gestalt sich umgewälzt. Ruhe. Er hebt eine Hand, wie ein Klotz fällt sie zurück. Er ist verwundet! Holla, wer holt ihn?" Darauf hatte Korporal Josef Peisimovsky mit dem Infanteristen Wilhelm Jünger nur gewartet. Sie meldeten sich, warfen die Rüstung ab und krochen schon der Todeszone zu. Noch wußte man nicht recht, wer der Verwundete sei. „Retten, retten!" Das genügte. Der Wunde rührte sich nicht mehr, er mußte mit seiner Kraft
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zu Ende sein. Die Russen waren gewarnt, schon sahen ihre Beobachter die beiden Deutschmeister herankommen. Wildes Feuer empfing sie. Durch! Die Russengewehre rasen. Schon ist der Korporal selbst mehrfach verwundet, Arm und Bein sind ihm zerschossen. Infanterist Jünger muß alles wagen, um wenigstens den stöhnenden Retter zu retten. Endlich versagt auch ihm die Kraft, er muß den Kameraden lassen und trösten, daß er ihn holen komme, sobald es dunkel sei.
Sie holten ihn auch in der Nacht, krochen dann wieder vor und bargen noch den zweiten Schwerwunden, der mit der Patrouille gegangen war. Es war der Fähnrich selber. Aber o Gott, wie war der zugerichtet! Bewußtlos trug man ihn zum Verbandplatz. Dort starb er in derselben Nacht. Er hatte sich sogar vom Tod Urlaub genommen, denn als er kurze Zeit wieder zum Bewußtsein gekommen war, gab er mit todmatter Stimme abgerissene, doch klare und wichtige Aufschlüsse über die feindliche Stellung. Noch ehe er geendet, nahm ihn der Allerbarmer zu sich.
Im Tode noch wurde sein Name durch Verleihung der großen silbernen Tapferkeitsmedaille geehrt, der treue Korporal erhielt die kleine silberne und der brave Jünger wurde vom Armee-Oberkommando belobt und erwarb sich hiedurch die bronzene Tapferkeitsmedaille. Bravo, Deutschmeister!
Recht abenteuerlich mutet folgende Russenfanggeschichte an, die aber bis ins letzte beglaubigt ist. Zu Kriegsbeginn war ein schlichter Ersatzreservist namens Georg Lakos zum 37. Infanterieregiment eingerückt. Er tat sich schon bei den ersten Gefechten so kühn und tapfer hervor, daß sein Oberst ihn bald zum Unteroffizier ernannte. Später wurde er verwundet, kam ins Spital, verblieb aber nicht lange dort und suchte, kaum erst notdürftig
Mit Drot und SpedL
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genesen, den Anschluß an feinen Truppenkörper. Da er sein Ba-taillon nicht gleich fand, schloß er sich vorläufig einem Honved-Jnfanterieregiment an und machte mit diesem mehrere heiße Gefechte mit. Er wurde abermals verwundet, meldete sich aber so schnell als möglich wieder an die Front zurück. So stand er, bereits zum Feldwebel befördert, nunmehr in den Reihen des eigenen Regimentes als ein rechter, kampflustiger Kriegskavalier. Unter manchen Stückchen, das seine Kühnheit sich leistete, scheint das folgende besonders erwähnenswert. Die Russen lagen den Unseren schon durch längere Zeit gegenüber und einige Gefangene, die man eingebracht hatte, sagten aus, ihre Leute seien des Kampfes herzlich müde und sehnten sich nach einem guten Bissen. Das ließ unserem Feldwebel Lakos keine Ruhe mehr. Am nächsten Sage beschloß er, zu den Russen kurzweg hinüberzugehen und ein ernstes Wort mit ihnen zu reden. Er bepackte sich reichlich mit Brot und Speck, vergaß auch eine Schachtel Zigaretten und ein Fläschchen Rum nicht und machte sich ganz allein, aber völlig bewaffnet, auf den höchstens 300 Schritte weiten Weg in den feindlichen Schützengraben. Die Russen, die vor Erstaunen zu schießen vergaßen, schienen von dem nahrhaften Besuch nicht übel erbaut, wollten aber anfangs von einem Übergange zu den Unseren nichts wissen, besonders da einige ihrer Unteroffiziere aufs lebhafteste dagegen protestierten. Man erkühnte sich im Gegenteil, unseren Feldwebel Lakos aufzufordern, er möge sich lieber selber gefangen geben. Da kamen sie aber an den Richtigen! Der Feldwebel begann sich zu strecken und auf die Russen derart einzudonnern, daß man sich endlich einigte, wohl auch, um sich für das gute Essen zu revanchieren, er möge wieder nach Hause ziehen und zehn Gefangene mitnehmen.
Mit diesen kehrte Lakos also in unsere Stellungen zurück, herzlich unbefriedigt von dem geringen Fang. Die Unseren warteten nun eine Weile, ob die Übrigen nicht vielleicht von selbst kämen, aber als nichts dergleichen geschah, raffte sich Feldwebel Lakos abermals auf und wiederholte seinen Besuch. Und siehe, er kam auch diesmal mit einem Häuflein Gefangener zurück. Dadurch aber war sein Appetit nur noch gewachsen. Der ebenso verwegene als unersättliche Mensch ging immer wieder hinüber und holte sich neue Russen ab, bis er am Ende, als es
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Abend geworden war, nicht weniger als 120 Gefangene beisammen hatte.
Da er sich wenige Tage später auch in einem Gefechte durch unerhörte Tapferkeit hervortat, indem er sich mit nur sechs Mann einer zehnfach stärkeren Abteilung entgegenwarf und sie mit Kolben und Bajonett zurückschlug, erhielt er die goldene Tapferkeitsmedaille, die er sich, wie wir meinen wollen, redlich verdient hat.
Sls zur letzten Patrone»
Bei Tysczkowicze war es, in jenen erbitterten, tagelangen Kämpfen, wo eine Halbkompagnie des 55. Infanterieregimentes eine Leistung vollbrachte, die wahrhaft wert ist, denkwürdig zu werden in der Reihe der höchsten Heldentaten der Kriegsgeschichte. Den Fünfundfünfzigern war die Aufgabe gestellt, eine russische Stellung zu stürmen, die sich aber zunächst als unüberwindlich erwies. In seit Tagen vorbereitete, festungsartig ausgebaute Erddeckungen hatte der Feind dort gewaltige Kräfte geworfen, Hindernisse deckten den Zugang und hinter ihnen arbeiteten mörderisch die fast Zoll an Zoll aufgestellten Maschinengewehre. So verwegen sie stürmten, die Unseren mussten zurück, unmöglich war es, den feuerspeienden Krater, diesen flammenden Vulkan von Geschossen, zu betreten. Um das Zurückweichen der Unseren vor einem Gegenstoß zu schützen, blieben zwei einzelne Züge der Fünfund-fünfziger zurück. Auf das Kommando des Reserveleutnants Friedrich Hahn mußten sie liegen bleiben, vierzig Meter vom Feind, vierzig Meter von den Maschinengewehren. Präzise erwidern sie das Feuer, aber schon werden ihre Reihen schütterer. Im offenen Gelände schmettert der Eisenhagel manchen von den Ungeschützten
Aber sie weichen nicht. Im Gegenteil, sie krallen sich fest an die Stelle, die ihnen befohlen ist, sie graben sich in die Erde
LLE
nieder.
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ein, so rasch, so gut es geht. Der Schutz ist ja nur ein geringer, das zeigt sich bald, denn Reservefähnrich Johann Votruba stürzt hin, von einer Kugel ant Kopfe schwer verwundet. Blutend bricht er zusammen. Aber die wackeren Fünfundfünfziger lassen ihren Vorgesetzten, den sie lieben und dessen Mut sie eben wieder bewundern konnten, nicht im Stich. Obwohl es selbstmörderisch verwegen ist, so nahe vom Feinde die Deckung zu verlassen, drei Helden wagen es doch, die Zugsführer Terleeki und Guga, sowie ein schlichter Infanterist. Sie schleichen sich an den weiter rückwärts liegenden Verwundeten heran, um ihn gemeinsam auf den Hilfsplatz zu bringen. Aber schon nach wenigen Schritten stürzt der erste der hilfreichen Samariter hin, von einer feindlichen Kugel getroffen, den zweiten trifft dasselbe Los, wie er seinen Offizier verbinden will, der selbst bald, abermals von einem Geschoß ereilt, sein Leben verhaucht. Brüderlich im Tode vereint, hat man dann die Leichen des Führers und seiner treuen, heroischen Soldaten gefunden: ein Bildhauer könnte kein schöneres Denkmal der Pflichttreue erdenken, als diese Gruppe schlichter Menschen, die hier in Leben und Tod ein Herrliches getan haben.
Der anderen aber, die vorn in ihren Deckungen ausharren, treu dem Befehle, wartet eine harte Prüfung. Unglaubwürdig scheint ihre Leistung und wäre sie nicht bezeugt durch die Tatsachen, man möchte sie unmöglich nennen. Die primitive Deckung schützt die Helden nur mangelhaft. Immer mehr werden getroffen, ohne daß sie verbunden und gelabt werden können, aber ihren Kameraden sinkt der Mut nicht. Manchen sind die Gewehre zerschossen und bei den wenigen, die ihnen geblieben sind, müssen sie die Schüsse sich absparen, denn die Munition ist karg. Und doch — es ist kaum auszudenken — drei volle Tage, zwei Nächte halten diese Wackeren aus, ohne Nahrung, ohne Hilfe, ohne Schlaf, unablässig im Feuer, drei Tage und zwei Nächte mit endlosen Stunden neben Kameraden, die stöhnend verbluten, einen übermächtigen Feind vor sich. Schließlich haben sie nur mehr ein einziges Gewehr übrig, aber dieses waffenlose, hungernde und dürstende Häuflein läßt den Posten nicht. Der Ersatzreservist Powszechnyi sammelt alle übriggebliebenen Patronen, nimmt dies einzige intakte Gewehr und erwidert allein das Feuer. Unablässig wechselt er den Platz, um die Russen glauben zu machen.
es seien viele Schützen ihnen gegenüber und die Täuschung gelingt — denn wer vermöchte das Unwahrscheinliche eines solchen beispiellosen Heroismus zu erraten. Das eine Gewehr läßt ihnen unseren Schützengraben als uneinnehmbar erscheinen und so, durch heldenhafte Ausdauer wie durch List, vollbringt dieses Häuflein erschöpfter und verwundeter Soldaten das Unerhörte, die Position bis zum dritten Abend zu halten, wo endlich die Ablösung kommt.
Jubelnd begrüßen sie die Kameraden, die ihnen endlich das Kostbarste bringen: Rast und Entspannung. Aber kaum, daß sie hören, es ginge zum Sturme gegen den Feind, da wollen sie von Rast nichts mehr wissen, sondern bestehen darauf, mitzudürfen. Sie wollen Rache nehmen für ihre Toten, sie wollen die Stellung erobern, die ihnen hundertfach den Tod und Verderben entgegengesandt hatte. Und sie stürmen an, erst dort, in der eroberten feindlichen Position halten sie Rast. Und nichts zeigt heroischer ihre Selbstverleugnung als die schlichte Tat des Ersatzreservisten Powszechny, der in ergreifender Aufopferung seine letzte Fleischkonserve, die er sich in diesen drei Tagen hungernd selbst verwehrt hatte, seinem Kommandanten anbietet.
Vielfache Auszeichnungen belohnen diese Helden. Aber Medaillen und Belobungen schmücken hier nur unzulänglich eine Tat, die würdig ist, die Gegenwart zu überdauern. Nicht nur wir, sondern auch spätere Generationen haben solcher Helden der Selbstleugnung ehrfürchtig zu gedenken, und das Vollbringen dieser schlichten Infanteristen von Tysczewicze wäre wert, der Stolz eines ganzen Volkes zu werden, eine neue, klingende Strophe im uralten Heldenlied Österreich-Ungarns.
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Ms Fährmann.
Der Patrouilleführer Titular-Wachtmeister Adam Klein des Gendarmeriekorps für Bosnien und Herzegowina erhielt einst den Auftrag, einige am jenseitigen Ufer der Drina verankerte Flösse herüberzuschaffen. Er übersetzte den Fluß in einem Kahn und begann trotz des heftigsten feindlichen Feuers seine Arbeit. Er führte zuerst ein Drahtseil über die Drina und bekam mit Hilfe dieser improvisierten Fähre glücklich zwei Flösse auf unsere Seite. Kaum war er am diesseitigen Ufer gelandet, so nahm er wahr, daß sich drüben noch eigene Leute abgetrennt befänden, welche in der höchsten Gefahr schwebten, von den Serben gefangen zu werden. Zweimal noch fuhr der todesmutige Wachtmeister hinüber und brachte im ganzen 47 Soldaten über den Fluß, welche sonst unrettbar in Feindeshände gefallen wären. Als Klein die letzten Leute geborgen hatte und selbst bereits im Kahn zu rudern begann, brachte er zwei Serben, die mittlerweile schon bis zum Uferrand vorgekommen waren, unter Todesdrohungen dazu, das gespannte Kabel am Ufer für ihn loszuhauen. Wachtmeister Klein erhielt die goldene Tapferkeitsmedaille.
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Das lebende Dtlb-
Wer irgendwo in Schlachtberichten — und fei es auch nur als Episode so nebenbei erwähnt — von einem „letzten Kanonier" liest, der sollte im Gedanken den Kopf senken und sollte sich den Namen in Ehrfurcht einprägen und seiner in Ehrfurcht gedenken. Denn der Begriff des letzten Kanoniers schließt so viel Seelenstärke, solche Nervenstärke, so übermenschliche Standhaftigkeit ein, daß die übliche Klassifizierung versagt und jeder Versuch eines Lobestitels die Größe der Tat nur banalisieren würde. Man trachte doch einmal,
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die Situation sinnenfällig zu erfassen. Der Feind hat endlich die Stellung der Batterie entdeckt und hat sich auf den Punkt eingeschossen. Er sendet Granate auf Granate, ein Schrapnell platzt hart neben dem anderen, der eiserne Hagel spritzt in alle Richtungen und reißt alles Lebendige unbarmherzig in Stücke. Die schweren Geschosse heulen im Flug und schlagen krachend auf das Metall der eigenen Geschütze, reißen die Kanonen um, zerbeulen, zerstückeln und zerstampfen sie, versenken sie in Erdkrater. In dem aufgewühlten Boden liegen Tote, Schwerverletzte — einer nach dem anderen der Bedienungsmannschaft sinkt und stirbt — aber wie durch ein Wunder steht noch eine Kanone gefechtstüchtig, steht noch ein einzelner Mann zu ihrer Verteidigung da. Die Kugeln sausen weiter heran, immer gieriger, schlagen rechts und links ein, etwas zu weit vorne, etwas zu weit hinten, aber mit verblüffendem Glück und Zufall treffen sie gerade den einen Mann nicht. Das ist „der letzte Kanonier" .... Wer in diesem Schrecken und Geheul, in diesem Toben und Feuer, in dieser Hölle, des Todes in jedem Bruchteil der Sekunde gewärtig, den Verstand nicht verliert, sein Herz hochhält — der ist ein Mann, dem wahrhaft der in seiner Kürze große Titel gebührt, der im metallischen Klang des Wortes „Held" liegt. Darum ist der „letzte Kanonier" seit jeher ein wirksamer Gemäldevorwurf, eine alte Malervision! In dem Kadetten Emil Hinkelmann des Feldkanonenregimentes Nr. 42 aber ist sie Fleisch geworden, er hat leibhaftig solche Heldenmär getan, stand stundenlang als letzter bei seinem Geschütz, scherte sich nicht um die Blutnot ringsum, lud allein, feuerte, visierte nach, lud wieder und so fort. Er war nicht unterzukriegen, er war dem Tod selber wie den Russen zu hart.
Nun ist die große Silberne sein.
Das Satanshaus-
Seit Tagen schon lagen Honveds dem Feind auf mittlere Schußdistanz gegenüber. In den Schützengräben hüben und drüben war es stundenlang ruhig, aber stundenlang auch höllisch lebhaft. Dann Pfiffen und peitschten und knatterten die kleinkalibrigen Dinger ohne Aufhören durch die Luft, spannten zwischen den ungarischen und russischen Schützengräben ein unsichtbares, metallenes Netz, so daß ein verlorener Mann war, wer in seine eisernen Maschen geriet. Auch die Kompagnie, bei welcher der Korporah Ignaz Stadt Dienst als Frontunteroffizier versieht, gab dem Feinde manches Lebenszeichen, das diesem zum Todeszeichen wurde. Aber der blieb die Antwort nicht schuldig. Sein Maschinengewehr-feuer wenigstens trommelte im Prestorythmus manchem wackeren ungarischen Jungen den Todesmarsch. Die abenteuerlich-furchtbarsten magyarischen Kernflüche galten diesem Maschinengewehr, das, offenbar höher postiert als die feindlichen Schwarmlinien, in unablässigem, breiten Sämannsschwunge Tod und Verderben über die ungarischen Reihen streute. Die Honveds hatten auch bald heraus, wo das höllische Zeug Quartier genommen: in dem kleinen Bauernhäuschen, das, ein stummer Bote aus versunkener, friedlicher Zeit, knapp vor der russischen Schwarmlinie stand. Wie blindgeweinte Augen starrten seine Fensterhöhlen; jetzt sandte das Maschinengewehr den Ungarn seinen höllischen Segen heraus. Die viel verherrlichte grimmige Honve'dcourage gehörte wohl dazu, solch mörderisches Gegenüber auszuhalten. Der Regimentskommandant schickte dringendes Ersuchen an die rückwärts befindliche Artillerie, das Haus vor der russischen Schwarmlinie zusammenzuschießen. Die Artillerie tat ihre Pflicht; Lage auf Lage flog gegen den Unterschlupf des feindlichen Maschinengewehres. Aber, war das Ziel zu klein, war es nicht sichtig genug? Das Haus wurde nicht getroffen und das schaurige Tak-tak-tak aus seinen Fensterhöhlen hörte nicht auf.
Da meldete sich der Korporal Ignaz Stadt, um mit seinen zwei Händen durchzuführen, was der Artillerie mit ihren kilometerlangen Feuerarmen nicht gelingen wollte. Es war in der Nacht vom 23. auf den 24. Februar, als er, von den Kameraden auf Nimmerwiedersehen verabschiedet, über die kahle, nach Verwesung
und Vorfrühling riechende Erde hinüberkroch zu den feindlichen Linien. Man wußte in der Kompagnie, wes Schlages dieser Mann war — die große silberne Tapferkeitsmedaille hatte er wahrlich nicht fürs Kneifen bekommen — und wenn irgend einer solch tollkühnes Stückchen zu vollbringen im stände war, dann eben der Korporal Stadt. Aber diesmal schien es doch recht sehr unwahrscheinlich, daß sein Unternehmen glücken sollte. Mit fiebernder Spannung horchte alles in die Nacht hinaus. Da, ein plötzlicher Lichtschein vor der feindlichen Schwarmlinie. Und schon war der Lichtschein züngelnde Flamme! Und schon schlug's rauchig und rot aus den Fenstern und vom Dache des verhaßten Hauses! Von rechts und links kläfften jetzt die russischen Gewehre wie eine wütend gewordene Meute. Aber den Korporal Stadt, wie er nun mit langen Sätzen übers Feld davon sprang, packten sie nicht,
obzwar der Weg, den er zurück mußte, recht kräftig beleuchtet
war. Hatte der Korporal doch selbst den feindlichen Schützen das Licht angesteckt, das ihnen nun die Nacht erhellte und ein Zielen gestattete; sie trafen ihn trotzdem nicht, offenbar, weil der Würgengel des Krieges an dem Honvedkorporal Ignaz Stadt damals seine ganz besondere Freude hatte und bei dem Spaß vergaß, ihm ein Leid zu tun.
Am anderen Morgen zeigte es sich, wie gute Früchte die
Tat des braven Mannes trug. Ganz anders schoß jetzt seine
Truppe, von dem Maschinengewehr wie von einem bösen Zauber erlöst. Die gewohnte fröhliche Kampfstimmung lebte wieder auf. „Ich beantrage die höchste Auszeichnung dieses äußerst tapferen, braven Unteroffiziers", schrieb der Regimentskommandant in dem Belohnungsantrage für den Korporal Ignaz Stadt. Solche Worte klingen schöner als die prächtigsten gereimten Heldenlieder, ebenso wie die goldene Tapferkeitsmedaille, die der Korporal Stadt jetzt neben seiner großen silbernen trägt, ein hellerer, strahlenderer, weit wertvollerer Schmuck ist als ein paar Kilo Diamanten.
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Die aus der grünen Mark-
(Infanterieregiment Nr. 27.)
Ein Regiment hat sich in diesem Kriege mit neuem, unsterblichen Ruhm bedeckt, trotz allem Unglück, das ihm widerfuhr! Es kam als eines der ersten ins Feuer; es kam in die galizische Hölle, als die russische Übermacht noch eine dreifache war. Fünfzig vonl Hundert hielten die Obersteirer an Verlusten aus, ohne zu verzagen oder zu wanken, und oft verharrten sie auf den ausgesetztesten Posten dann noch, wenn ringsum die Besten zurückgegangen waren. Einmal war ein hoher Stabsoffizier eines anderen Regimentes Zeuge, wie beim Sammeln der ganze Kriegsstand des Regimentes auf 217 Mann zusammengeschmolzen war. Gefangene gab es stets nur aus tollkühner Tapferkeit, weil sich die Leute zu weit vorwagten oder sich allein noch auf verlorenen Posten halten wollten. Tote und Verwundete aber gab es in immer neuen, endlosen Reihen. Die Marschbataillone des Regimentes schlugen sich, kaum aus den Waggons herausgesprungen, sogleich als geschlossene Gefechtsformationen und sie schlugen sich ebenso wie die festorganisierte Truppe selber!
Wie Sonnenglanz ging es jedem übers Herz, der dieses Regiment jemals sah! Die kaisergelben Aufschläge neben den gelben Knöpfen geben den hochgewachsenen, schlanken Soldaten etwas Lichtes und Freundliches, das durch die meist blauen Augen und blonden Haare dieses urdeutschen, schönen Menschenschlages noch heller wird. Dazu die echt österreichische, liebenswürdige Heiterkeit dieser großen Kinder ans den Bergen, die aber doch alle ein echtes Rauferblut in den Adern haben, das ihnen denn auch verderblich wurde. Denn nie konnten sie schnell genug ins Handgemenge kommen.
Ein goldener Regen von Tapferkeitsmedaillen hätte sich über dieses sonnigste aller Regimenter ergossen, wären seine Heldentaten in eine Zeit jauchzenden Vorrückens gefallen. So aber war dieses Regiment zu einer Zeit furchtbarster Prüfung ganz vorn: es hat Taten getan, gegen welche die der Eugenischen Periode verblassen müssen; aber, die sie vollbracht haben, sind stumm. Die galizische Erde, die sie deckt, schweigt über ihnen und die wenigen
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Überlebenden sagen: „Es war fürchterlich; wir wußten, daß wir erdrückt werden müßten, damals: das einsame Österreich-Ungarn gegen die ganze russische Übermacht. Aber unsere Leute starben singend und jauchzend!"
Trotzdem: Die ausgebreiteten Hände könnten die Masse der Medaillen kaum fassen, die sich das schöne Regiment gegen die Ungunst einer Zeit ertrotzte, in der man vor übermenschlicher Anstrengung weder an Lohn noch an Freude denken konnte. Die Offiziere einer Kompagnie sind weggeschossen. Ein Unteroffizier rafft seinen Schwarm zusammen, ruft die beiden Nachbarschwärme an, die Verluste bi,s über die Hälfte haben, und geht mit diesen drei Schwärmen einen befestigten Meierhof an, den er erstürmt, wobei er über eine Kompagnie Russen herauswirft und sie derart in einen Hohlweg zusammenzukeilen weiß, daß sich ihm ein Hauptmann und zweihundert Mann samt Waffen und Munition ergeben müssen. Das war der eben zum Titular-Zugsführer ernannte Rudolf Winkler. Sein Kamerad im Range, Franz Jagerspacher, griff mit bloß einem Schwarm einen von russischer Übermacht besetzten Meierhof in der Flanke an, brachte seine vierzig Leute bis auf allernächste Distanz an die Russen und unter seinem prasselnden Schnellfeuer flatterte die ganze Stellung auseinander. Hand in Hand mit Winkler umzingelte er die Russen und half mit bei der Entwaffnung der zweihundert Mann. Ersterer erhielt die goldene, der andere die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse.
Die furchtbaren Gefechte dieser Zeit dauerten oft Tag und Nacht und Nacht und Tag mit unsagbarem Trotze fort. Wo sich die Steirer festgebissen hatten, dort hielten sie aus, auch wenn immer neue Reserven gegen sie geworfen wurden. Vierzehn Stunden lang in einem schießen und Treffer auf Treffer erzielen wie die Gefreiten Stockreiter und Purkartshofer samt ihrem Freunde, dem Kompagniehornisten Heinrich Stangl, und dabei noch einen guten oder schlechten Witz bei jedem gelungenen Schuß machen, daß die ganze Kompagnie nicht aus dem Lachen herauskommt, das ist aber auch eine Leistung, die den Russen unbekannt zu sein scheint! Diese drei Leute mit ihren stählernen Nerven und dem goldenen Humor haben schauerlich unter ihnen aufgeräumt. Alle drei erhielten die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
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In diesen Tagen kam ein Teil des Regimentes in das Feuer von Maschinengewehren, welche bei den Russen, nach napoleo-nischer Artillerietaktik, an diesem Tage beinahe massenweise zusammenzuarbeiten schienen und dem Regimente fürchterliche Verluste zufügten. Besonders eine Abteilung saß in ausgezeichneter Position fest, übersah das ganze Gefechtsfeld und bestrich es bei der raffinierten Geländeausnützung, mit der sie aufgestellt war, in allen Teilen. Die Arbeit dieser Säemaschine von Blei und Tod wirkte entsetzlich; Schwaden von Leichen lagen schon im Vorfelde. Da taten sich aus eigenem Antrieb ein paar der Wackersten zusammen: Zugsführer Mathias Friedl und die Infanteristen Sölkner und Stelzer. „Das geht net so weiter; wir wollen vorwärts!" Und im Geprassel der §öllettmctfchmen, im beständigen Aufsprühen der zerreißenden Erde rings um sie, krochen sie an die Abteilung heran: drei Steirer gegen die ganze Abteilung! Ein Schuß nach dem anderen saß; der Vormeister des einen Maschinengewehres kugelte vornüber, ein Offizier griff mit beiden Armen in die Luft nach Halt und stürzte; aber jede kleinste Erdfalte benützten die Anpürschenden und wurden weder gesehen noch getroffen. So dezimierten sie mit zäher Beharrlichkeit aus immer bedrohlicherer Nähe die Abteilung, bis der Fall des Kommandanten wie ein Ruck panischen Schreckens durch die ganze Aufstellung riß. Auf, umkehren und fortpoltern in wildester Flucht war eins und frei war das Vorfeld zum Sturm! Der Zugsführer erhielt die silberne Tapferkeitsmedaille erster, die Infanteristen die zweiter Klasse.
Grauenhafte Arbeit machte Zugsführer Ludwig Grasser, dessen Mannschaft, mit Leuten fremder Truppen schon vermengt, durch die Laune eines Tages, der sich unglücklich anzulassen schien und furchtbare Verluste gebracht hatte, in Wut geraten war : Im Augenblick, da das Gefecht schwankte, stürzten die vierzig oder fünfzig Mann auf die Russen, die als Sieger vorzubrechen meinten, los und metzelten den vordersten Zug samt dem tollkühn vorstürmenden Offizier vor den Augen der nachstürmenden Russen bis auf den letzten Mann nieder. Durch das Schicksal der Tapfersten ihrer Tapferen bestürzt, stockten die Russen — der Tag war gerettet.
Und immer wieder daneben Zeugnisse der opfermütigsten Herzensgüte! Zahllos sind die Beispiele von rührendem Ausharren,
Laden eines 30*5 cm Mörsers bei 3acßi in Äusjijch-Polen.
Ein 30*5 cm Mörser vor dem Abfeuern bei AarKi ®l,ut0' (Äussisch.-Polen) im Monate Dezember
von Rettung schwer verwundeter Offiziere: Namen wie die des Korporals Josef Derter, Gefreiten Konrad Hirner, der Infanteristen Johann Schweighofer, Johann Kager, Karl Kohl, Franz Knopper, der Korporale Alois Vötsch und Emil Nag-titsch werden immer unvergessen bleiben. Sie alle retteten zu-sammen vielleicht Hunderte von Menschenleben, trugen ihre Offiziere aus dem dichtesten Feuer auf den Verbandplatz und eilten durch die fürchterlichsten Gefahrenzonen wieder zurück zu ihrer Pflicht. Oft waren fünf Stunden hin- und ebenso viele zurückzulegen, um einen Offizier zu retten, und immer kehrten die Braven zu ihren im Feuer stehenden Kameraden zurück, todmüde, und griffen nach dem Gewehr, um weiter zu schießen.
Sogar der seltene Fall, der an die malerischen Episoden früherer Kriege erinnert, daß die Regimentsfahne ins Handgemenge geriet, ereignete sich bei diesem Regiment in einem Nachtgefechte. Im finsteren Wald, im wildesten Gestrüpp, wurden die Siebenundzwanziger mitten in der Nacht angegriffen, an einer Stelle, wo jeder Mann kaum Bewegungsfreiheit für den eigenen Körper fand und die Fahne ihrem Träger verderblich sein konnte. Kadett in der Reserve Franz Halsinger, dem das Symbol des Regimentes anvertraut war, schlug sich wie ein Löwe und riß sich, die Kameraden und seine Fahne aus dem Wirrwarr von Dickicht, Feinden und Nacht los. Er erhielt die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse: in so schwerer Zeit oft härter erkämpft als manches Zeichen der Tapferkeit, das in jauchzendem Vorrücken erstritten und in heller Siegesfreude gegeben wurde.
Endlos ist die Reihe der Helden dieses Regimentes, die, selbst verwundet, beim Anblick ihrer tot hinstürzenden Offiziere nichts anderes empfanden als den energischen Ruck: Jetzt bist du der Offizier! So übernahm Zugsführer Alois Neuhold, als die Kompagnie stürmend über einen Bahndamnl hinweg sprang, das Kommando augenblicklich, wie er seinen Kommandanten hinstürzen sah. Eine Kugel traf ihn am Haupt, so daß ihn das herausschnellende Blut blendete. Er wischte es fort, preßte die Hand auf die Wunde und führte die Kompagnie zum Sturm.
Ungezählte sind, deren Namen weder dies Buch noch die Feldakten zu künden vermögen. Sie und, die ihr Heldentum sahen, die schweigen für immer. In ewiger Nacht und unter den zahl-
Unsere Soldaten. 2
losen Rasenhügeln Ostgaliziens liegt der herrlichste Teil der Geschichte des „Sonnenregimentes", das den unsterblichen Ruhm hat, sich in der ersten, bittersten Zeit des Weltkrieges, da es hieß, einer gegen drei und überdies gegen Verrat standzuhalten, beinahe bis auf den letzten Mann hingegeben zu haben, in lachendem Trotze wie sterbende Nibelungen.
Des Spätsommers Not war groß. Wie Heuschreckenschwärme waren die Russen ins Land gefallen, rauchende Trümmer, zerstampfte Felder waren die Wegzeichen ihrer wüsten Wut. Aber Schritt um Schritt der köstlichen Reichserde mußten sie blutig erkaufen, österreichische, ungarländische Männer zwangen mit zähem Zorn den unerschöpflich scheinenden Heersäulen des „weißen" Zaren den Preis in gutem, rotrieselndem Mannesmut ab.
Am 6. September 1914 wars wieder beim donnernden Feilschen heiß hergegangen. Seit dem ersten Grau des morgenden Tages rannten die Russen immer wieder gegen die lebende Grenze unseres Vaterlandes; kein farbverwitterter Holzpfahl war ihre Gemarkung, ein scholliger Erdwall, von der Sonne gebleicht, lief lückenlos hin, ein Leichengewirre gefallener Russen lag vor ihm. Es war, als hätte das Meer sein totes Muschelgetier ausgespieen. Aber die Sturmflut leckte immer fort, stets neue Menschcnwellen tollten heran. Das Raaber Infanterieregiment Nr. 19 hatte in seinen Stellungen südöstlich Byctawa einen schweren Stand. Die Russen schienen sich alle Teufel verschrieben zu haben, aus dem klaren, reinen Gotteshimmel hatten ihre massenhaft herüberjohlenden Schrapnells und berstenden Granaten ein zweites Sodom und Gomorrha gemacht. Kein lebendes Wesen konnte länger in diesem Regen von Metall und Glut und stickigem Dampf ausharren. Das Schmerzheulen der Getroffenen zerrte an allen Nerven, die
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Sein Slolandshorn.
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eigenen Gewehre waren gewaltig vermindert, irre Gedanken kreisten in den pochenden Hirnen der noch feuernden Schützen. Zermürbt, zerhämmert war die stolze Schar. Sie allein? Auch drüben bei den Nachbarkompagnien schien schon alles zum Wanken zu kommen, noch ein kleines, ein mißverstandenes Wörtchen eines in solcher Not zum Geisterseher Gewordenen — und Ungarn wären geflohen. Oho! Der Hauptmann sah die Panik aufzüngeln wie eine listige Flamme im uralten Herrengebälk einer noch nie bezwungenen Burg. Da war nicht zu zaudern, gabs nicht Überlegung. Hauptmann Aurel Popovici war auch nie ein Grübler gewesen. Wo die Ballistik versagt, kanns doch am Ende der Säbel tun. Also „Hornist, ©turnt blasen!" Wie ein Raubtier sprang der vor, das war einmal ein Befehl nach seinem Sinn. Grün glänzten seine Augen auf; ob er der Heimat dachte, eines Mädels oder ob es seines Volkes Heldeninstinkt war? Der Hornist Josef Sas der siebenten Kompagnie will raufen, Aug' um Auge, Leben um Leben, das ist alles. In wilden Sätzen sprang er gegen zwanzig Schritte vor die Brustwehr, dann klang sein Horn. Und wie es klang! So hell, so scharf, wie ein Befehl des Hanpt-mannes, so kosend, wie das Flehen von Müttern im Donautal, so finster entschlossen wie die Abschiedsworte der Väter und Großväter gewesen waren. In allen Ungarherzen klang der Hornschall wieder, ans, vorwärts tollten sie dem Bläser nach. So krachten die Wütigen mit der Sturmlinie des Feindes zusammen, Hieb und Hieb, Stich und Stich nach links und rechts. Mit eherner Lunge blies da der Hornist manch gutem Russen den jüngsten Tag. Unerbittlich, erbarmungslos gab das Signal den Takt zu jedem Lodesschlag. Die Sturmmusik war reich gelohnt, ein russischer Hauptmann und 100 Mann waren gefangen.
Wenn später einmal der Zigeuner dem trinkenden Sas ins Ohr fiedelt, was wird der lächeln ob des Zigeuners Fiedelspiel. „Dir einen lumpigen Gulden, Primas, mir ward mein Sturmlied mit der Goldenen bezahlt!"
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Sankt dorlans jünger.
Des Krieges schweres Tagwerk weiß nicht nur immer von Überfall und Vernichtung zu reden. Inmitten dieser harten Notwendigkeiten vergessen unsere braven Soldaten doch nie ihre Mannespflicht barmherziger Hilfe; vor dem wunden oder gefangenen Feind so wenig, wie jener bürgerlichen Bevölkerung gegenüber, die ihr trauriges Schicksal just in der Schlachtenzone hausen läßt. Zwei Begebenheiten, als dafür besonders bezeichnend, seien hier aus vielen erzählt.
Lag da die erste Kompagnie des elften Sappeurbataillons während einer eisigen Februarnacht in dem Ort Szczurawa einquartiert. Man muß die Art Dörfer kennen, Holzhaus dicht neben Holzhaus, an denen die plumpen strohgedeckten Dächer das Mächtigste sind. Mit muffiger Schwere scheinen sie den armseligen Unterbau wieder in den Boden hineinzudrücken, aus dem er gleichsam erst mühselig gequollen ist, dieser Komplex zweier dumpfer, oft fensterloser Zimmer, die man nur gekrümmt betreten kann. Ähnlich einem Bestände gewölbter Sumpfpilze quetschen sich die Hütten aneinander und wie die Wohnstätten tuen ihre Insassen, die Winters um ihre verrußten, stets glutgenährten Herde oft gemeinsam mit den Haustieren hocken. Unsere Mannschaft zog es daher gewöhnlich vor, lieber auf die bequemeren Bodenräume zu klettern als sich in solche Mitteldinge von Stall und Zimmer einzunisten. So hatte auch der Gefreite Naftej Semeniuk gedacht, der durch die Bodenluke über Nachbardächer starrte. Friedlich wanden sich zwischen ihnen die euphemistisch Gassen benannten Jauchenzeilen, durch den Frost und leichten Schnee, der sie verkrustete und weiß bestöberte, zum erstenmal zu einem Schein von Reinlichkeit gebracht. Aus einem nahen Schlot spritzen Funken und verlöschen, vom Nachtwind zerwirbelt, in der Luft. Doch nicht alle; das Strohdach, um den Schlot schwarz und schneefrei, fing ein Gutteil ab. Und was jetzt dort begann, das war keines friedlichen Herdes Rauch mehr. Schwarzer Qualm schien plötzlich das Dach zu heben, und nun fuhr unter seinem dunklen Panzer das Feuer hervor, tausend-prankiger, prasselnder Scharlach. Der Gefreite schrie die Kameraden wach; er klirrte die Stiege hinunter in das schlafende Nest, rief mit Feueralarm alle Mann aus den Häusern, quetschte sich ihnen
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voran durch flüchtende heulende Bauern, die allenthalb wie aufgescheuchte Tiere aus ihren Höhlen krochen, manche fast nackt, wand sich durch kreischende Kinder und Weiber, durch jammernde Juden, durch das Gebrüll geängsteter Kühe, bis zur Brandstätte. Bald hielt die Kompagnie vollzählig dort. Man forderte den Gemeindevorstand. Der Starost erschien frostschlotternd vor dem Kommandanten; die einzige Feuerspritze des Ortes sei noch nicht gebrauchsfähig. So begann denn die Mannschaft selbst das Rettungswerk, denn da galt kein Verzug. Haus um Haus fraß der Brand an, blähte sich groß und gierig von Giebel und First, und sein heißer Raubtierodem, der den Himmel blutfarben anblies, drohte den ganzen Ort zu umfangen. Der Reservefeldwebel Kasimir Winicki, unterstützt von dem Zugsführer Leon Hollenberg dem Korporal Josef Ladowski und dem Gefreiten Semeniuk, nahm den Kampf mit dem Element furchtlos auf. Winicki stand an der Tete der Kette, durch die Eimer um Eimer heranflog, und stürzte das Wasser in den Flammenherd. Die Glut schnob unter dem Tapferen auf und fauchte ihm Schwaden weißen Dampfes entgegen; um ihn und seine Helfer wanden und bogen sich die Balken, die bleckende Hölle jappte nach ihnen, doch unermüdlich gossen sie weiter, unermüdlich wurde von der bis zur zertrümmerten Eisdecke reichenden Mannschaft Kübel auf Kübel herangebracht und platschte in den Qualm. Bis endlich die Spritze kam, den lecken Schlauch halbwegs verklebt, so daß sie unter den Pumpenhüben prall anschwoll, sich ausreckte und den wohlgezielten Strahl in die dicksten Flammen zischte. Da erst sank das Feuer ein, im Morgengrauen, und von der ganzen Masse dieses erdedunklen Dorfes waren nur fünf Hütten sein Opfer gewesen.
Alle vier Wackeren wurden mit dem silbernen Verdienstkreuz bedacht; Kasimir Winicki und Leon Hollenberg erhielten diese Auszeichnung mit der Krone in Ansehen ihres ganz besonderen Todesmutes bei der Brandbewältigung.
Menschlich noch ergreifender ist die Tat zweier einfacher Soldaten vom 5. Infanterieregiment, des Georg Turzuli und des Georg Gäspär, die beide bei einer ähnlichen fast gleichzeitigen Katastrophe ebenfalls das silberne Verdienstkreuz erwarben. Der Infanterist Georg Turzuli lag im Heu des Dachbodens neben feinem schlafenden Kameraden Dohi, dem die eisige Kälte des
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Vortages fast die Beine abgefroren hatte. Das Stöhnen des Unglücklichen, das selbst im Schlummer andauerte, hielt Turzuli wach und brachte ihn auf den Gedanken, sich in seinem Quartier nach einer Decke für den Bedauernswerten umzusehen. Das Gebäude, geräumiger als sonst in diesen Landen üblich, besaß im Erdgeschoß auch annehmbare Zimmer, die in ihren Möbeln sogar eines gewissen bürgerlichen Wohlstandes nicht entbehrten. Turzuli hatte aber absichtlich den Bodenraum erbeten, denn hier konnte er seinen kranken Freund besser betreuen, als in dem Zimmer, wo Hofgesinde und Herrschaft, darunter fünf Frauen, ziemlich gedrängt schliefen. Der Dachboden, den Turzuli nun abgeht, ist plötzlich von einem seltsamen Geruch erfüllt; nicht jener welke, faule des Bodenheus drüben, sondern ein scharfer hustenreizender Dunst. Und nun hört er auch etwas in Gebälk; erst ist es nur ein leises hastiges Nagen, dann ein Knirschen und Knacken wie von einem gefräßigen Tier und jählings ziehen leichte Rauchwolken in den Raum. Und nun kriecht er selbst hervor, der rote Basilisk, heiß und gierig, zwischen den Dippelbäumen. Seine Purpurzungen belecken erst lüstern das Holz, eh sie es umschlingen. Turzuli stürzt zu seinem Kameraden und rüttelt den Wimmernden aus dem Schlaf. „Fort! Das Haus brennt!" Der will sich erheben, sinkt aber schreiend zurück; seine erfrorenen Füße versagen ihm den Dienst. Schon schießen Funkengarben nahe der Bodenstiege auf; keine Sekunde ist mehr zu verlieren. Kurz entschlossen packt Turzuli den brüllenden Kranken und zieht ihn mit sich. Durch die Stiegentüre, die er mit dem Stiefel eintritt, dringt ihnen beizender Qualm entgegen . Turzuli, den Dohi aufhuckend, wirft sich kühn in die brandgelben Schwaden. Ein Krach und sie kollern in einem tollen Funkengestöber durch die feuerzerfressenen Treppenstufen in den Vorraum, der nur mehr Glut und Ranch ist. Turzuli aber rafft sich aus. Seinen Freund hat er auch jetzt nicht fahren lassen, und taumelnd, mit glimmenden Kleidern, Haar und Bart versengt, brechen er und'Dohi umschlungen in der Schwelle nieder, wo sie beide ins Freie gezogen und geborgen werden.
Unterdes ist in dem Kreis um das brennende Gehöft ein wildes Getümmel entstanden. Die fünf Frauen, die darin wohnten, wollten durchaus ihre Möbel retten. Was möglich war, haben die Unsern ihnen herausgeholt, doch nun droht unmittelbar der Einsturz des
ganzen Gebäudes und schon stehen die Soldaten mit Harken bereits" die geborstenen Wände dann völlig zu zerstören. Doch die Weiber lassen sich nicht überreden. Zuviel Leid und Lust hängt ihnen an jedem Stück. Sie vermögen es einfach nicht zu fassen, daß das Erbteil von Geschlechtern verkohlen soll in einer einzigen Nacht. Und ehe man sie hindern kann, flattern sie in das lodernde Gebäude. Da dröhnt ein Mauerteil nieder und sperrt ihnen den Rückweg. Staub und Dampf wirbeln glührot auf, und darin sieht man die Schatten der Eingeschlossenen zucken, verzweiflungsvoll in der Luft mit den Armen angeln, umsinken. In der mühsam gebändigten Menge herum gellen jetzt die Entsetzensschreie der Angehörigen, denen von der Glut her mit einem Geheul geantwortet wird, das nichts Menschliches mehr an sich hat. Der Infanterist Georg Gaspar kann den Jammer nicht länger ertragen. Er läßt sich ein nasses Tuch um Mund und Nase winden und wirst sich in das Feuermeer. Schon steht er in dem ersten Zimmer, die Lohe knattert dort auf und ab, verzehrt alles Holz und beißt bereits klaffende Wunden in die vermuhrten schmutzigen Wände. Hier stößt Gaspar zuerst an etwas Dunkles, Weiches, ein bewußtloses Weib. Er reißt es in die Höhe, schleppt es dem Korporal Johann Hajduk zu, der ihm nachgefolgt ist und die Gerettete hinausträgt. Unterdes hat Gaspar auch die übrigen vier Frauen endeckt und zerrt sie mit Hajduks Hilfe ins Freie. Als er, die letzte in den Armen, heil den Bau verlassen hat, stürzt hinter ihm das Haus in einer riesenhaften Flamme zusammen. Doch fünf Menschenleben sind vor dem grausigsten Tod bewahrt und solche Taten wiegen doppelt in einer Zeit, wo so Vieles verloren geht.
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Drahthindernisbau-
Das Trencsener Infanterieregiment Nr. 71 liegt eingegraben auf ganz geringe Entfernung von den Russen. Herüber und hinüber schwirrt es und jauhlt, ein Eisensturm ohne Ende. Die wackeren Einundsiebziger sind eben daran, vor ihren Schützengräben das dräuende Gespinst der Drahthindernisse zu errichten. Keine geringe Sache bei dem ununterbrochenen Geschieße der Russen. Wahrhaft todesmutige Männer sind dazu erforderlich. Sie sind zur Stelle. Da ist vor allen ein Zugsführer Josef Lrpa, der schlägt soeben mit einigen Pionieren seines Regimentes die zugespitzten Pflöcke ein. Man kann sich dabei begreiflicherweise nicht decken; aufrecht muß man stehen im Kugelgeschwirr; wen's trifft, den trifft's. So, jetzt sind die Pflöcke versorgt, jetzt heißt es, die Drähte spannen, so dicht und fest als nur möglich. Da sieht Zugsführer Ärsm zwei seiner Helfer niederstürzen; er kriecht zu ihnen vor und setzt ihre Arbeit fort. Die Russen schießen wie besessen. Ein neuer Todesgefährte, Infanterist Zelenak, meldet sich freiwillig, er will mittun. Kaum hat er einige weitere Pflöcke in den festgefrorenen Boden gerammt, streckt ihn eine tückische Kugel hin. Zwei andere treten vor, denn die Arbeit will gemacht sein, die Infanteristen Janicsek und Uhercsik. Vorerst zerren sie, mit Mühe vor- und rückwärts kriechend, ihre armen, verwundeten Kameraden in den Graben zurück, dann gehen sie ans Werk. Pflöcke werden eingeschlagen, Draht wird gespannt, aber das Schicksal kennt heute keinen Pardon, auch diese beiden sinken nieder. Jetzt arbeitet nur ein einziger noch, Infanterist Bucsko. Wenige Schritte vor ihm liegen drei gefallene Kameraden. Ihn schiert das nicht, mit eiserner Ruhe arbeitet er fort und pfeift sich eins, als wäre es in Friedensland. Indessen beginnt es zu dunkeln, Infanterist Bucsko arbeitet noch immer. Jetzt begünstigt ihn die Nacht; er hat nur einen einzigen Gedanken noch: über Nacht muß der Drahtverhau fertig werden! Wenn die Russen am Morgen stürmen, die sollen sich wundern! Nur fertig muß er werden! Da gesellen sich zwei neue Kameraden zu ihm, die ihm freiwillig Helsen. Gottlob, nun geht es schneller! Infanterist Bucsko hat sich eine praktische Methode ausgedacht, er liegt jetzt auf dem Rücken und arbeitet mit den Händen in die Höhe. Das
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ist klug von ihm, aber der Teufel ist noch klüger — plötzlich schickt er ihm zwei Kugeln durch die Hände, die eben den Draht am Pflocke befestigen. So, jetzt ist auch dieser Held abgetan! Die beiden anderen aber, sie heißen Szekeres und Bartovics, schaffen unverdrossen fort, Stunde für Stunde, die ganze Nacht hindurch, bis der Drahtverhau endlich fertig ist. So, jetzt mögen die Russen kommen!
Am Morgen stürmte der Feind noch nicht, aber es zeigte sich etwas anderes. Die todesmutigen Einundsiebziger hatten ihr Drahthindernis so nahe an die russischen Stellungen herangebaut, daß ein feindlicher Infanterist, der im Morgennebel aus dem Graben stieg, um sich Kaffee zu holen, im Wege sich um wenige Schritte irrte, in unsere Drähte geriet und wie ein gefangener Hase hereingebracht wurde. Alle heldenhaften Erbauer jenes Drahtverhaues erhielten die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter, Infanterist Michael Bucsko jene erster Klasse.
Dreizehnspänmg.
21. Dezember 1914 — Thomasnacht. Seit jeher schloß der schlesische Bauer in dieser Nacht die Fensterluken seiner Baude fester, daß kein Unheil geschehe, wenn die wilde Jagd durch die Wolken ritt.
Doch diesmal stand er selber mitten im Heergebraus, Sturmzeit war los. Und die Schlesier des k. u. k. Infanterieregimentes Nr. 1 wetterten im Nachtangriff gegen Kliszow als spukte die uralt wilde Jagd in ihnen weiter.
Im sprungweisen Anlauf hatte sich der Gefreite Titular-Korporal Eduard Lux von der neunten Kompagnie gar zu weit vorgewagt, war einfach wie besessen losgerannt, bis er an den Flügel einer russischen Stellung angesprungen kam. Er war allein, im Nu umringt. Nun hockte er gefangen im russischen Schützen-
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graben, während seine Häscher schon wieder an ihre Schützenplätze stürmten, denn Schießen, Schießen war jetzt alles, die Schlesier setzten bereits zum Sturme an. Man hatte sich nicht einmal Zeit vergönnt, dem gefangenen Unteroffizier sein Gewehr abzunehmen. Lux wußte dies dankbar zu schätzen. Für alle Fälle aber nützte er die Finsternis, um unauffällig die Schießlatte unter dem Mantel zu verstecken. Dann sah er sich gemächlich um, entdeckte eine Traverse, eine ganz kugelsichere Schutzwehr gegen Flankenfeuer. He, wenn man da oben liegen könnte, da ließen sich die Russen wie Vögel aus denl Käfig schießen. Er kroch behutsam hin. Das Krachen der Gewehre vorne übertönte sein Geräusch, die Russen merkten nichts. Dort blieb er geduckt, erheucheltes Grauen im Gesicht. Seine Hände aber tasteten nach dem eisernen Gewehrlauf, der ihm jetzt Goldes wert war. Auch ein Patronenmagazin bereitete er sich unmerklich vor. Wie ein Taschenspieler in einer Bergwerkskantine, so geschickt dünkte er sich, er mußte heimlich lachen.
Bravo, da fiel wieder ein Russe, mitten durch die Stirn geschossen. Es war doch eigentlich ganz kurzweilig, so dem Dachs in den Bau zu gucken. Es gab allerhand blutige Bescherung zu sehen.
Da — ein Heulen, von weither, dann immer näher, lauter, mächtiger! Lux sprang fiebernd auf.
Die Russen schossen in doppeltem Rasen. Jetzt wieder der rollende Schrei hundertfacher Manneswut „Hurra!". Ganz deutlich hatte es Lux aus dem Gewehrknattern herausgehört. Das mußten die stürmenden Brüder sein. Ein Satz und er war über der Traverse, lag schon gedeckt und schoß im Nu die nächsten fünf Russen nieder. Was sonst in jenem Grabenabschnitt bis zur zweiten Traverse war, verkroch sich erbärmlich schnell in einem Unterstand vor dem „übermächtigen" Flankenfeuer.
Jetzt kamen zwei Infanteristen des eigenen Regimentes heran, der durch Lux bewirkte Ausfall dieses Feuerabschnittes hatte ihrem Sturmlauf Luft gemacht.
Mit ihnen sprang der Korporal hurtig auf den Unterstand zu und hob dort dreizehn verkrochene Russen aus. Wie die Grillen kamen sie aus ihrem Loch hervor.
Dort drüben brach auch schon die Wucht der Stürmenden in die Russenlinie herein, aber der Lärm ging drüber hinweg, der Ortschaft zu. Die Russen flohen also. Der Korporal stutzte. Ja
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richtig, weiter über der zweiten Traverse war doch Maschinengewehrfeuer gewesen. Hinüber! Richtig, dort standen ja zwei Maschinengewehre von den Russen verlassen. Er wußte rasch Rat, trieb mit seinen zwei Kameraden die dreizehn Gefangenen zur Stelle und spannte sie mit Riemzeug und Spagat, was er eben fand, an die Lafetten, dann gings mit Hussassa zurück. Vom Ortsrand jagten die Russen dem seltsamen Vorspann furchtbaren Abschied aus schweren Geschütz nach. Es war nicht leicht, die scheuen Pferdchen durch das Granatensplittern zu bringen. Und die kleinen Räder sanken oft genug in die aufgerissenen Gräben des Bodens, daß die Russen beim Fortschleppen mächtig in Schweiß kamen. Hei, wie duckte sich das feurige Gespann, sooft das Metall durch die Luft zischte und vor den Köpfen ein spritzendes Feuerwerk losließ. Vorwärts, verdammte Zündelei!
In elegantem Trab fuhr schließlich der Korporal mit seiner Beute beim Brigadekommando vor. Dreizehnspännig; so nobel wirds im ganzen Leben keine Fahrt mehr geben.
Man hat dem Korporal die dreizehn Russen samt den Maschinengewehren lachend und bewundernd abgenommen. Als Preis für seine Tat erhielt er die „Goldene".
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S? TAPFE
Die letzten Acht vom zweiten 3ug»
In den ersten Novembertagen lagen die Serben in starken Stellungen südlich Schabatz. Im harten, erbitterten, viel Blut und Leben kostenden Ringen mußte der Gegner bei unserer allgemeinen Vorrückung aus seinen zu förmlichen Festungen ausgebauten Deckungen herausgeworfen werden.
Es war am 4. November 1914, als bei diesen Kämpfen eine Kompagnie des Szolnoker Infanterieregimentes Nr. 68 unter dem Schutze der Dunkelheit zum Angriffe gegen die feindlichen Stellungen ansetzte. Die Bewegung wurde jedoch von den Serben wahrgenommen und ein heftiges Feuer gegen Front und Flanke der
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Achtundsechziger zwang diese zum Halten. Rasch grub man sich, so gut es ging, ein und nahm den stehenden Feuerkampf auf. Den schwersten Stand hatte der am rechten Flügel unter dem Kommando des Feldwebels Adam Birö stehende zweite Zug, der dem Flankenfeuer am meisten ausgesetzt war. Schon bei der Vorrückung hatte diese Abteilung große Verluste erlitten, auch Feldwebel Birö wurde zweimal verwundet. Doch die moralische Kraft dieses Mannes überwand den Schmerz. Und die braven Ungarn hielten stand. Bei der gefahrvollen Arbeit des Eingrabens inmitten des Hagels der feindlichen Geschosse sinkt noch so mancher in sein selbst geschaufeltes Grab, doch die übrigen verzagen nicht und schützen, so gut sie können, die rechte Flanke der eigenen Kompagnie, indem sie die Serben an dieser Stelle durch wohlgezieltes Feuer in Schach halten. Der Feldwebel geht trotz seiner Wunden allein vor, um zu erkunden, wie es beim Feinde aussieht. Da erhalt er den dritten Schuß und fällt ganz nahe der Serbenstellung. Nun übernimmt Zugsführer Alexius Kurucz das Kommando des Zuges. Er ist ein würdiger Nachfolger des heldenhaften Feldwebels Birö. Auch er richtet den Mut der Mannschaft durch Wort und Beispiel auf und die Leute schießen weiter. Immer reichere Ernte hält der Tod in den Reihen der Braven. Stunde um Stunde verrinnt, kein Tropfen Wasser, keine Verpflegung; aber der zweite Zug hält sich! Der Tag bricht an, der Kampf dauert fort. Das Dunkel der Nacht senkt sich wieder über das Feld; der zweite Zug schützt noch immer die Flanke der Kompagnie. Immer schwächer wird das Feuer, die meisten der Wackeren liegen schon im ewigen Schlaf. Als endlich Verstärkungen die Erlösung aus dieser Todesnot bringen, kämpfen noch immer die übrig gebliebenen letzten acht Mann vom zweiten Zug. Volle dreißig Stunden hatten diese Helden an dem bedrohten Posten in unausgesetztem Kampfe mit dem weit überlegenen Feinde ausgeharrt! Feldwebel Birö und Zugsführer Kurucz erhielten die goldene Tapferkeitsmedaille.
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Der Schmied von SubinBa»
(tSOie die 58er Sylvester feierten.)
Zur Feier der Sylvesternacht hatten sich der Bataillonschef Hanptmann Anton Kraus und seine drei Kompagniekommandanten, da das Bataillon in Reserve stand, beim Regiments-kommandanten eingefunden. Selbstverständlich erschien man nicht im Tschako und Rock, auch Feldbinde und Säbel hatten sich längst als unnütze Möbel erwiesen . Sonst aber war jeder bereit, sofort den höchsten Pflichten zu genügen. Der Proviantoffizier hatte zwei Flaschen Rotwein aufgetrieben, die man zur Feier des Augenblickes opfern wollte, und in Erinnerung der Ereignisse, ine wir hinter uns hatten, verrann der letzte Rest des Jahres 1914 in die Ewigkeit. Man dachte an das Vorjahr, sprach von gestern und heute und nur an die Zukunft knüpfte man keine Pläne, denn dte gehört noch nicht uns, die gehört dem Vaterland und dem Kriegsgeschicke.
Hauptmann Emil Furdzik, der Häuptling der siebenten Kompagnie, bemerkte, wie ein Kamerad fortwährend mit der Uhr liebäugelte, und er machte den Vorschlag, das Neujahr nach jener Uhr der „Tafelrunde" zu feiern, die allen anderen voraus sei. Man erklärte sich damit einverstanden und so wurde denn um 11 Uhr 50 Minuten die Lampe ab- und aufgedreht. Herr Oberst Karl Piasecki hielt einen durch die Weihe des Augenblickes doppelt tief empfundenen Toast auf Herrscher und Vaterland; die Becher klangen; herzliche Wünsche wurden getauscht. Weit drüben hinter uns befreiten vier Geschütze den in ihren Rohren drohenden Tod und sendeten ihn hinüber, dorthin, weit dorthin, wo derselbe Tod auf uns lauern mochte, hinüber in die Reihen des Femdes.
„Die Artilleristen nehmen es genauer wie wir, jetzt ist es nach der Divisionszeit zwölf," meinte der Bataillonsadjutant.
Nach diesen Worten kam unerwartet der „gemütliche" Teil der Feier.
Ihn konnte erst nach Tagen einer der Runde erzählen:
Wir hatten keine Zeit zur Erwiderung, denn jetzt flog die Tür auf und der eintretende Telephonist meldete: „Ein Bataillon des 88. Infanterieregimentes wird von stark überlegenem Gegner angegriffen und bittet die Brigade um Unterstützung!
Schnell machten wir uns bereit, schüttelten uns zum Abschied die Hände und stapften in der stockfinsteren Regennacht durch Dick und Dünn zu unseren Kompagnien hinaus, um sie raschestens
marschbereit zu machen, denn wir wußten wohl, daß jetzt auch
wir daran kommen müßten. Die „schwarzen Tanten" (russische schwere Feldgeschütze) mochten zwar Einsprache erheben, und sie waren recht gut eingeschossen, doch es klappte alles tadellos, als der ungeduldig erwartete lakonische Befehl eintraf: „Gegner hat Kote 341 in Besitz genommen. Derselbe ist zurückzuwerfen und
die Lücke in der eigenen Front zu stopfen."
Sogleich trat das Bataillon in aller Stille den Vormarsch an und schlängelte sich unter der bewährten Führung seines Kommandanten lautlos die bewaldete Höhe hinan, hinter der das Gefecht stattgefunden hatte, das nunmehr bereits etwas abgeflaut war. Die fünfte und sechste Kompagnie der Achtundfünfziger Eelten sich zum Vorstoß, die siebente stellte sich im Wäldchen in entwickelter Linie längs einer Schneise als Reserve auf. Letztere hatte einen sehr dichten Fichtenjungwald unmittelbar vor sich, was mit Rücksicht auf die bevorstehende Vorrückung recht unangenehm war; auch huschte dort droben durch Wipfel und Geäste der Tod, von dem man nicht wußte, woher er kam. Der Hauptmann ging, wie stets vor einem Gefechte, die Front seiner Leute ab, nicht um sie zu ermahnen oder zu belehren, sondern um sie zu bremsen, denn schon bog mancher ein Bäumchen ungeduldig zur Seite, um den Weg an den Feind frei zu bekommen.
Plötzlich drang von vorn her das charakteristische Sturmgeschrei der Russen. Der Hauptmann horchte gespannt. Befehle und Nachrichten über eine Situation, die noch niemandem geklärt sein konnte, waren bei der herrschenden Finsternis nicht zu erwarten. Wozu auch? Dort vorn war der Gegner; ein rascher Vorstoß auf ihn mußte jetzt die beste Aktion sein, die sich denken ließ.
Der Hauptmann fühlte die Kampfeslust der Seinen. Also drauf! „Naprzöd Chiopci!“ („Vorwärts, Burschen!") ruft er halblaut. Das Kommando war zwar nicht nach dem Reglement, aber es wirkte hinreißender und, bevor es verklang, brachen schon die Äste unter dem Drucke der Andrängenden. Der Kompagniekommandant ist an allen Stellen, um Direktion und Ordnung zu leimen und nach etwa dreihundert Schritten ist der feindwärtige
Waldrand erreicht. Hier ist nun ein kleiner Halt zur Orientierung, zum An- und Aufschließen der Kompagnie.
Da vorn wird gerauft, das hört man deutlich, das Getobe kommt uns entgegen; die fünfte und sechste Kompagnie können ihres schwer passierbaren Terrains wegen noch nicht zur Stelle sein und so ist es der siebenten Kompagnie gegönnt, trotzdem sie in der Reserve war, zuerst auf den Kampfplatz zu treten.
Der Hauptmann eilte, ohne Befehl zu erteilen, ohne einen Zuruf ergehen zu lassen, voran auf das Brachfeld. Seine Leute folgten ihm und dies nicht zum ersten Male. Es war noch eine etwa 300 Meter breite Fläche, die von feindlicher Artillerie beschossen wurde, zu durchschreiten. Wie eine wilde Jagd jammerte und heulte uns der Tod entgegen; hier stürzt die Erde zum Himmel, dort sinkt eine gebrochene Baumkrone krachend und rasselnd zu ihren Wurzeln nieder. Und mitten drinnen stehen wir! Uns kümmert aber das altes nichts! Und sollte es bei diesem und jenem noch eine Unsicherheit geben, ein dreimaliges, dröhnendes „Hurra!" macht ihr für immer ein Ende.
„Die böse Sieben ist dran!" Ein Ansporn für alle anderen, die noch nicht so weit sind. Schon ist der feindliche Schützengraben erreicht! Es ist merkwürdig, wie wenig vom Schuß und vom Bajonett Gebrauch gemacht wird! Überall der dumpfe Kolbenschlag!
Plötzlich ein grimmiges, schnell stotterndes Gekläff drei
russische Maschinengewehre beginnen ihre entsetzliche Arbeit.
Dem Kompagniekommandanten krampst sich das Herz zusammen: „Die Kompagnie ist rettungslos dem Untergange geweiht !"
Korporal Warwariuk, Infanterist Harasymiuk und Rekrut Glowacki (welch letzterer eben erst die Feuertaufe erhielt und bald darauf auch fiel) fliegen mit Windeseile an den neuen, furchtbaren Feind heran. Bevor sichs die Bedienung des „Poly-mots", wie die Russen ihre Maschinen nennen, versieht, sind die Unseren wie ein Ungewitter unter ihnen. Der dort befehlende feindliche Offizier schießt mit der Pistole auf Harasymiuk, trifft aber Glowacki mitten in die Stirn. Doch während dieser lautlos niedersinkt und den Heldentod stirbt, findet er den Rächer seines Schicksals. Harasymiuk versetzt dem Offizier mit dem Kolben
einen Stoß, daß derselbe mit zerschmettertem Brnstkorb im Kreis um seinen Gegner fliegt. Was vom Feinde noch herbei eilt, macht denselben Weg nnd, da auch Warwariuk nicht feiert, ist hier, nachdem noch einige Leute beispringen, bald reiner Tisch gemacht. Zu dieser Zeit war bereits die ganze Kraft des Bataillons in Tätigkeit, und so erzwangen wir unserer 150 Jahre alten Fahne am ersten Tage des Jahres 1915, noch bevor der Morgen graute, ein neues, immergrünes Lorbeerblatt. Nun mußte uns nach gutem Soldatenglauben die Siegesgöttin durch das ganze Jahr hindurch treu bleiben. Unsere drei Kompagnien hatten, wie sich bald herausstellte, ein ganzes russisches Infanterieregiment samt drei Maschinengewehren zerfetzt, eine fünffache Übermacht, wobei die ununterbrochene Mitwirkung der feindlichen Artillerie gar nicht mitgerechnet ist.
Merkwürdig rasch flieht die Zeit im Kampfe. Wir schätzten auf 2 Uhr nachts und es war schon 5 Uhr 30 Minuten früh, als Hauptmann Kraus an die Brigade meldete: „Befehl vollzogen; Kote 341 ist vom Feinde frei, die Verbindung in der Front ist hergestellt."
Man visitierte das Gewehr des Infanteristen Harasymiuk und fragte ihn, weshalb er nicht vom Bajonette Gebrauch gemacht habe, da man ihn trotz allem strafen müsse, wenn einmal bei diesem Gedresche der Kolben seines Gewehres kaputt gehe. Er aber mußte die Mahnung wohl nicht sehr ernst genommen haben, denn lachend antwortete er, er sei Grobschmied von Profession und der ehrliche Schlag mit dem Kolben wäre ihm handsamer und wirksamer als der Stich. Und da sah man auch, daß der stramme Bursche Muskeln hatte, die es nicht geraten sein ließen, unter seinen Kolben zu kommen. Seit dieser Zeit nennen wir ihn den „Schmied von Lubinka".
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Die Kahne-
Das Szombathelyer Infanterieregiment Nr. 83 ist jung und jung sein Fahnenträger, der Fähnrich Stephan Kondor. Helden aber sind sie alle. Das zweiunddreißigjährige Regiment schafft sich jetzt seine Geschichte; in der wird der Name dieses Tapferen bleiben für alle Zeit.
Das Regiment steht im Feuer. Hart und unablässig drängt der Feind. Seine Geschütze krachen in die Linien der Szombathelyer. Erde und Himmel dröhnen. Die Luft ist erfüllt von Gebrüll und schrecklichen Lichtern und in diesem Vulkan aus Dampf, Brand und beizenden Gasen schmelzen die ersten Reihen ein. Reserven gilt es zu holen, die Lücken zu stopfen, neu verstaut dem Anprall zu begegnen. Es geschieht; geschieht wieder; doch noch immer genügt es nicht. Stephan Kondor hielt mit der Fahne stets unter den Kämpfern, furchtlos und seines heiligen Amtes bewußt. Ihn, den Hüter des höchsten Gutes, sendet man nun, die letzten Reserven zu rufen. Die letzten des Regimentes; denn gräßlich malmt der Tod unter den Tapferen vorne. Sie gilt es zu stützen, zu stärken, zu retten! Der Fähnrich schreit es schon von weitem den Reserven zu, die rückwärts auf der Erde liegen, gespannt, fiebernd nach dem Gedröhne an der Kimmung, wie Tiere vor dem Sprung. Und nun sehen sie das Zeichen in seiner Hand; die Fahne ist mit ihnen! Sie fahren empor, drauf los in hastigen Sätzen. Und der Fähnrich führt sie der Walstatt zu. Immer näher tost der Lärm der Schlacht. Schon stürzt der und jener. Was tut's? Die Fahne ist mit ihnen. Und da sind sie endlich bei ihren Brüdern; ein Jubel grüßt sie, der das Schmettern des Kampfes überbrausen möchte, und nun tauchen sie im Graben ein oder werfen sich hinter hastig aufgewühlte Böschungen und beginnen ihr ehernes Werk. Unter ihnen steht der Fähnrich, umzischt und umsprüht; doch es ist, als ob seine Würde ihn fest mache wider Stahl und Flammen, und er hebt die Fahne, er hält sie hoch, hoch wie ein Sakrament des Vaterlandes über den rastlos feuernden Reihen. Und die Blicke der Gesunden brennen heiß auf und die Wundmatten zwingen sich zur letzten Kraft und das Antlitz der Sterbenden verklärt sich — denn die Fahne ist mit ihnen! Und so bestehen sie den eisenharten Tag und sind bereit, ihn morgen ebenso wieder anzunehmen, wenn es sein muß,
Unsere Soldaten. 3
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in Gottes Namen. Und je bitterer er wird, desto glorreicher für das Zeichen, das ihnen ihr Fähnrich gezeigt hat in dieser schweren Stunde — für die junge Fahne der Dreiundachtziger.
Stephan Kondor wird die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse zu teil. Ehre ihm und dem Regiment, das sich eines solchen Fahnenträgers rühmen kann!
A. TAPFERKEITS
Helden der bosmsch-hercegovimschen Truppen»
Die persönliche Tapferkeit unserer braven bosnischen Truppen steht längst außer allem Zweifel. Diese Riesenmänner, Naturkinder, denen Kampf natürliches Bedürfnis und Überwindung von Gefahr Alltagswerk ist, haben sich in diesem Kriege den anderen Kämpfern aus der Monarchie als Ebenbürtige angeschlossen.
Der Tapferen einer war der Rechnungsunteroffizier Alexander Ujväry des bosnisch-hercegovinischen Jägerbataillons. Sein Mut äußerte sich in selbstlosester Weise zumeist in Taten, die den ihm unterstehenden Mannschaften zu gute kamen. Die liebten ihn und vertrauten ihm denn auch wie einem Vater. Wenn es galt, für seine Leute zu sorgen, da kannte Ujväry keine Bedenken und kein feindliches Feuer konnte ihn abschrecken, seinen Kameraden und Schutzbefohlenen Hilfe zu leisten. Eine seiner Lieblingsbeschäftigungen war es, seiner kämpfenden Mannschaft die Menage bis in die Schwarmlinien zu bringen. Der Weg mochte noch so ungangbar und gefährlich sein, Ujväry wußte, daß die Männer, die den ganzen Tag im Gefechte liegen, sehnsüchtig auf ihr Essen warten, und so setzte er es mit eiserner Konsequenz durch, daß sie es auch erhielten. Einmal aber blieb der wackere Unteroffizier aus und da ahnten die in den Schützengräben, daß ihm ein Unglück zugestoßen sein mußte. Und so war es auch. Bei einem seiner Todesgänge war er schwer
verwundet worden und so mußte er unfreiwilligerweise sein Liebeswerk einstellen. Aber die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse erinnerte ihn wahrend seiner Krankheit, daß man sein Wirken in der richtigen Weise einzuschätzen gewußt hat.
Zwei andere, die sich dieselbe Auszeichnung verdienten, waren der Fähnrich in der Reserve Otto Lerch und Fähnrich in der Reserve Edwin Appelt; allerdings auf andere Weise als der Rechnungsunteroffizier, nämlich als Raufer. Bei allen Angriffen, bei allen Stürmen waren sie es, die ihre Züge und Schwärme todesmutig vorführten, vorrissen, bis sie im Handgemenge den Feind aus seinen Stellungen warfen. Bei solch einem Anlaß kämpften sie mit Außerachtlassung aller Vorsicht mitten in den gegnerischen Knäueln und hieben und stachen alles nieder, bis sie selbst schwer verwundet zusammenbrachen.
Einige ihrer Leute, die kaum minder verheerend unter den Feinden wüteten, bis auch sie alle aus Wunden blutend nicht mehr weiter konnten, erhielten die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse. Die Namen dieser Tapferen sind: Zugsführer Jovo Stjepanovic, Zugsführer Jovan Gjuric, Zugsführer Aloksa Heric, Einjährig-Freiwilliger Titular-Korporal Emil Pelnaj und Einjährig-Freiwilliger Titular-Korporal Hubert Brandeis.
Aber man könnte Hunderte anführen. Da war der Regimentshornist Zugsführer Titular-Feldwebel Josef Barta, der sich freiwillig meldete, als es galt, dem Proviantoffizier, welcher sich bei den Fahrküchen befand, einen Befehl zu überbringen. Das bedeutete keine leichte Aufgabe, denn der Weg dorthin lag mitten im Feuer der feindlichen Artillerie. Aber Bartas Waghalsigkeit gelang es, dem Regiment die so wertvollen Fahrküchen zu retten und noch am selben Tag nutzbar zu machen.
Ein anderer, der sich freiwillig bei allen gefahrvollen Aufträgen zur Verfügung stellte, war Korporal Marko Jeftic des Losnisch-Hercegovinischen Infanterieregimentes Nr. 3. Einmal sollte er konstatieren, ob der Gegner sich noch in Stellung befinde. Er traf den Feind im Rückzüge und folgte ihm aus den Fersen bis in die Nacht hinein, obwohl er von zahlreichen Kosakenpatrouillen umschwärmt wurde. Nachdem er seine Beobachtungen gesammelt hatte, schlich er sich durch alle Gefahren durch, um seine
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wichtigen Meldungen zurückzubringen. Dank seiner Umsicht und Entschlossenheit gelang ihm dies, wodurch den eigenen Truppen wertvolle Angaben für die Verfolgung geliefert wurden. Die silberne Tapserkeitsmedaille zweiter Klasse war seine Belohnung.
Und noch einer sei in dieser Reihe erwähnt, der Einjahrig-Freiwillige Mediziner, Titular-Unterjäger Alfred Braun des bosnisch-hercegovinischen Feldjägerbataillons, der Kommandant einer Sanitätspatrouille war. Als das Bataillon eine Stellung, ausgeben mußte, blieben einige Verwundete zurück. Der verlassene Schützengraben war 500 Schritte von der neuen Stellung entfernt und der ganze Zwischenraum unter feindlicher Feuerwirkung. Trotzdem entschloß sich der Einjährig-Freiwillige Braun, die verwundeten Kameraden zu bergen, und ging sofort an das schwierige Werk, da die herrschende große Kälte den armen Verlassenen gefährlich werden mußte. Es gelang ihm auch wirklich, die Verwundeten dem sicheren Tode zu entreißen und sie glücklich aus der Gefahrzone zu schaffen.
Bei diesem kühnen Unternehmen hatte er aber bemerkt, daß in beit Schützengräben auch viele Waffen;, Munition und Ausrüstnngs-gegenstände zurückgelassen worden waren; er meldete nun freiwillig, daß er die Bergungsarbeiten durchführen wolle. Tatsächlich gelang es ihm, alles in Sicherheit zu bringen. Seine bei allen Unternehmungen bewiesene persönliche Tapferkeit und Todesverachtung wurde durch Verleihung der silbernen Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse anerkannt.
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Ein letzter LOunsch.
„Reserveunterjäger Franz Föger des 3. Regimentes der Tiroler Kaiserjäger hat sich durch sein standhaftes Ausharren bei seinem tödlich getroffenen Zugskommandanten bis zu dessen Tod besonders hervorgetan und den Munitionsnachschub wiederholt im
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heftigsten feindlichen Feuer durchgeführt." In diesen schlichten Worten des Auszeichnungsantrages ist ein Beispiel von wahrhaft heroischer Aufopferung und Treue enthalten, welchem die Tragik noch eine besondere Weihe verleiht, da es ein schwer verwundeter Offizier war, der seinem Helfer in letzter Todesnot die Dankes- . schuld damit abtragen wollte, daß er ihn, schon an der Schwelle des Jenseits stehend, zu einer Auszeichnung beantragte. — Das dritte Regiment der Tiroler Kaiserjäger stand im Gefechte. Bei einem Angriff in den Nachmittagstunden wurde der Zugskommandant des Reserveunterjägers Föger durch Schüsse in den Bauch und linken Unterarm zu Boden gestreckt. Fallend rief er dem an seiner Seite kämpfenden Unterjäger zu: „Föger! Schauen Sie, daß mein Zug Munition bekommt!" Der Unterjäger verband vorerst rasch den verwundeten Offizier und trug ihn dann inmitten des heftigsten Feuers au einen gesicherten Ort zurück, wo er ihn auf einem Heuhaufen bettete. Hierauf lief Föger zum Kompagniemunitionswagen, entnahm diesem zwei Verschlüge Patronen und schleifte sie eiligst seinen Leuten in der Schwarmlinie zu. Noch ein zweites Mal lief er um Munition zurück. Als er, mit solcher beladen, bei der Schwarmlinie ankam, krepierte ungefähr drei Schritte neben ihm eine Granate, die ihn mit ungeheurer Wucht auf 20 bis 30 Schritte weit nach seitwärts warf und seinen Tornister in Stücke riß. Föger bekam einen Blutsturz und blieb dann bewußtlos liegen. Bei einbrechender Dunkelheit wieder zur Besinnung gelangt, kroch er mit Aufgebot der letzten Kräfte auf allen Vieren zu jener Stelle, wo er seinen Offizier hingelegt hatte.
Er fand ihn dort noch in derselben Lage. Mit Hilfe einiger Jäger transportierte nun Föger den Schwerwunden in die nächste Ortschaft und sorgte dort für seine Pflege, obwohl er sich selbst kaum auf den Füßen halten konnte. Abends führte er ihn dann auf einem requirierten Wagen zum Hilfsplatz zurück. Dort verlangte der Sterbende von Föger ein Stück Papier und schrieb mit zitternder Hand nachstehende Worte darauf mit dem Auftrage, den Zettel dem Hauptmanne zu übergeben: „Unterjäger Föger der ersten Kompagnie verblieb mit rührender Aufopferung bis zu meiner letzten Stunde bei mir. Mein letzter Wunsch: Auszeichnung dieses braven Unteroffiziers." Nachdem er mit schwerer Mühe seine Unterschrift dazu gesetzt hatte, sprach er noch
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zum Unterjäger: „Föger, grüßen Sie mir meine Mutter und meine Brüder. Sagen Sie ihnen, daß ich mit Freuden sterbe, wenn nur meiner lieben Mutter der Herrgott drüber weghilft; es war von jeher mein heimlicher Wunsch, fürs Vaterland — ah!" Bald darauf verschied er in den Armen seines treuen Unter® ofsiziers. Silbern glänzt dem die Tapferkeitsmedaille auf seiner treuen Brust, für ihn sein Lebelang ein Gedenken an seinen toten Kommandanten.
Zu den psychologisch merkwürdigen Erscheinungen des Krieges gehören die überaus vielen Fälle von Selbstaufopferung. Das Gefühl der Kameradschaft ist derart vorherrschend und drängt jede andere Empfindung, selbst jene der Selbsterhaltung, derart überraschend in den Hintergrund, daß es kaum jemals oder doch nur unter den zwingendsten Umständen sich ereignet, daß hilflos Verwundete von ihren Kameraden im Stiche gelassen werden. Möglicherweise ist es ein instinktives Ahnen, daß im wechselvollen Getriebe des blutigen Handwerks Altruismus nur eine Form gegenseitig versicherter Selbsterhaltung darstellt — aber wie immer die Erklärung sei, dem Chronisten und Beobachter kommt es in erster Linie auf die sinnfällige Handlung an. Und solche Handlungen, deren Motive wir mit Opfermut und Güte, mit Hingebung und größter Selbstlosigkeit bezeichnen, sind unzählige zu vermelden. Aus der Fülle bestätigender Beispiele sei aufs Geratewohl das Infanterieregiment Nr. 71 herangezogen.
Da gibt es einen Zugsführer Josef Biel, der bei einem Gefecht am San im heftigsten feindlichen Artilleriefeuer neun verwundete Kameraden mit größter Todesverachtung rettete. Außerdem verband er sechs ‘meist schwer Verletzte, während die Geschosse um ihn herum einschlugen, und trug drei leichter Verwundete aus
TAPFERKEITS
Elnundsiebziger.
der Gefechtslinie. Bei jeder Gelegenheit gab er der Mannschaft durch sein tapferes Verhalten das beste Beispiel. Er wurde mit der silbernen Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse ausgezeichnet.
Feldwebel Hugo Tausz hat unter Mithilfe des Offiziersdieners Josef Prilszony seinen schwerverletzten Kompagniekommandanten im heftigsten Gewehr- und Schrapnellfeuer verbunden. Ungeachtet der eigenen Todesgefahr und flankierenden feindlichen Feuers brachte er seinen Kommandanten in Sicherheit und kehrte sodann zur Kompagnie zurück. Er erhielt die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
Gefreiter (Sanitäts-Unteroffizier) Johann Patrik erhielt dieselbe Medaille für aufopferndes und pflichtgetreues Verhalten. Unermüdlich barg er im heftigsten Infanterie- und Artilleriefeuer die Verwundeten und brachte sie hinter die Gefechtsfront in Sicherheit. Es gelang ihm auch, einen schwer verwundeten Oberstleutnant aus dem Gefechtsgetümmel hinter die Kampflinie zu bringen.
Infanterist Josef Junaszka schleppte während eines Gefechtes einen schwer verwundeten Infanteristen eines fremden Regimentes in die Deckung und verband ihn bort; der Verwundete konnte von der Mannschaft seines Regimentes mit Rücksicht auf das heftige Feuer des Gegners einstweilen nicht geborgen werden; aber wieder nahm sich Junaszka seiner an und brachte ihn trotz aller Gefahren in Sicherheit. Nun glänzt die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse auf seiner Brust.
Auch Zugsführer Titular-Feldwebel (Sanitäts-Unteroffizier) Johann Popper hat bei einem Gefechte mit Hintansetzung des eigenen Lebens und seltener Selbstaufopferung die Verwundeten in der Schwarmlinie verbunden und im feindlichen Feuer zurückgeschafft. Er ist jetzt ebenfalls ein Träger der silbernen Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
Natürlich haben sich in ihren zahlreichen Gefechten die tapferen Ungant aus dem Treueseuer Komitat nicht bloß durch Selbstaufopferung einen Ehrenplatz im Goldenen Buche der Armee erstritten. Ihre kriegerischen Taten sind nicht minder groß, nicht minder zahlreich.
Da waren zum Beispiel der Korporal Stephan Marczina und der Infanterist Anton Novotny, die ihre silbernen Tapferkeits-
Medaillen zweiter Klasse unter folgenden Umständen erwarben: Es war den Russen einmal gelungen, von hinten in die eigene Stellung einzudringen. Man kann sich keine beklemmendere Situation denken, als die, da man sich unvermutet im Rücken bedroht sieht. Selbst kampferprobten Soldaten stockt das Herz in solchen Augenblicken und man fühlt unwillkürlich alle Kräfte erlahmen. In solch einem Fall ist es kein Wunder und kein schimpfliches Geschehen, wenn die Mannschaft von Kleinmütigkeit erfaßt wird und sie eine kurze Weile den Kopf verliert. Aber in solchen Fällen sind die Geistesgegenwart und der Mut Einzelner, die sich durch keine Gefahr in ihrem klaren Denken überrumpeln lassen, hundertfach anzuschlagen. Solche Helden nicht nur starker Herzen, sondern auch starker Nerven waren die beiden Männer Marczina und Novotny. Mit lauten Zurufen, mit kerniger Beredsamkeit und ihrem beispielgebenden Löwenmut sammelten sie ihre Kameraden um sich und warfen sich dann auf den jetzt von allen Seiten andrängenden Feind. Es gelang ihnen tatsächlich, die Russen teils niederzumachen, teils gefangenzunehmen. Es ist im Kleinen wie im Großen und das Wort Wellingtons, Kühnheit sei die beste Vorsicht, hat immer Giltigkeit.
Das beweist auch das Verhalten des Zugsführers Stephan Paska. Als er mit seinem Schwarme zur Deckung der linken Flanke befohlen wurde und gegen eine vom Feinde besetzte Ortschaft vorrückte, sah er sich plötzlich in einem Hofe vom Feinde umringt. Zurufe forderten ihn zur Niederlegung der Waffen auf. Er aber kommandierte kaltblütig „Schießen!", stürzte sich dann auf die Überlebenden und vermochte noch eine große Anzahl von Gefangenen zu machen. Er erhielt die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse.
Kompagniehornist Paul Macsek hat während eines Nachtgefechtes, in das seine Abteilung durch einen überraschenden Überfall einer überlegenen feindlichen Abteilung verwickelt wurde, ein ganz besonders tapferes Wesen an den Tag gelegt. Er wich nicht von der Seite seines Kompagniekommandanten und stürmte, immerwährend Alarm blasend, vorwärts. Als Gefechtsordonnanz hatte er sich wiederholt hervorragend ausgezeichnet und gefährliche Gänge bei Tag und Nacht freiwillig und vorzüglich durchgeführt. Man belohnte ihn durch die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
Was dem Feldwebel Johann Dvoreczky gelang, muß mit allem Nachdruck als bravouröse Tat verzeichnet werden. Er war in Gefangenschaft geraten. Der russische, in Uniform gesteckte Muschik, der brav und schicksalergeben, aber stumpfen Sinnes in die Schlacht geht, begrüßt die Gefangenschaft in den meisten Fällen als Erlösung, als sicheren Hort, als willkommene Ruhe. Unser Soldat denkt anders. Der Feldwebel aus dem 71. Regiment nahm die erste Gelegenheit wahr und benützte die Verwirrung eines neuerlichen Kampfgetümmels, um sich unter Lebensgefahr seiner Fessel zu entledigen. Er schlug um sich, fand eine Waffe und verteidigte sich und seine neue Freiheit. Da sah er in der Nähe zerstreut vereinzelte eigene Mannschaft. Er sammelte sie rasch unter sein Kommando, befahl einen Sturm und ging mit Erfolg gegen die Feinde vor. Der wackere Soldat hat guten Grund, auf seine silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse stolz zu sein.
Dieselbe Ehrung widerfuhr dem Zugsführer Johann Janiga. Er führte seinen Zug so rasch und schneidig gegen den an einer Waldlisiere postierten Feind, daß dieser seine Stellung aufgeben mußte. Dieses energische Einschreiten hatte zur Folge, daß die Nachbarabteilung nun ebenfalls vorrücken konnte, wodurch schließlich auch erreicht wurde, daß ein vielumstrittenes Dorf erstürmt werden konnte. Während dieses Gefechtes wurde Janiga am Fuße schwer verletzt.
Korporal Anton Farrö wurde als Kommandant seines Schwarmes, den er mutig während eines Angriffes vorführte, schwer verwundet und erlitt am Kampfplatze den Heldentod. Er war bereits einmal im Kampfe verletzt worden und hatte nach seiner Genesung als Instruktor beim Ersatzbataillon gewirkt. Die Kompagnie verlor an ihm einen der tüchtigsten und pflichttreuesten Chargen. Die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse erinnert für alle Zeiten an seine Vaterlandsliebe.
Zugsführer Matus Kodmar überrumpelte als Kommandant einer Nachrichtenpatrouille während seines Erkundungsganges eine russische Feldwache. Er entwaffnete sie nach heftiger Gegenwehr und machte elf Gefangene. Er erhielt die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
Zugsführer Arpäd Buchelt, Korporal Stephan Jalecz. und die Infanteristen Jenö Vizväri und Koloman Nagy drangen
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Während eines tapfer durchgeführten Angriffes in die russischen Stellungen ein und nahmen einen feindlichen Schwarm gefangen. Der Feind wollte sich zunächst nicht ergeben, sondern versuchte, sich unter Feuer zurückzuziehen. Zugsführer Buchelt streckte mit zwei Schüssen zwei zurückgehende Russen nieder, eiferte die Mannschaft zu energischer Verfolgung an und nahm sieben Feinde gefangen. Zugsführer Buchelt erhielt die silberne Tapferkeitsmedaille erster, alle übrigen jene zweiter Klasse.
Gefreiter Peter Ga spar zeichnete sich bei einem Nachtangriffe durch heldenmütige Schneid aus, indem er seinem Kompagniekommandanten, der wenige Schritte vor dem Feinde im stärksten Feuer stürzte, Beistand und später, unaufhörlich zum Sturme blasend, unter überaus kritischen Verhältnissen wesentlich zum Gelingen des Angriffes beitrug. Noch ein Besitzer der silbernen Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
In wie vielartiger Weise die moderne Schlacht dem Mute des Soldaten Betätigung ermöglicht, davon gibt das Abenteuer des Korporals Leo Bloch Zeugnis. Er legte als Telephon-Unteroffizier während eines Nachtangriffes unter heftigstem Feuer eine Telephonleitung zum Truppenkommando und geriet hiebei in Gefangenschaft. Er konnte sich aber befreien und in dem noch vom Feinde besetzten Orte die Telephonstation wieder eröffnen. Auch diese wichtige Tat wurde durch Verleihung der silbernen Tapferkeitsmedaille erster Klasse entsprechend anerkannt.
Gefreiter Johann Ferenciek hatte sich als Gefechtsordonnanz durch seine besondere Tapferkeit Beachtung erworben, indem er mehrmals Befehle und Meldungen im heftigsten feindlichen Feuer in die Schwarmlinie auf eine Distanz von 700 Schritten überbrachte. Er meldete sich stets freiwillig zu den schwierigsten und gefährlichsten Ordonnanzgängen und wurde hiebei auch schwer verwundet. Die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse war Balsam auf seine Wunde.
Der Gefreite Franz Reichel überbrachte als Gefechtsordonnanz dem Kommandanten eine Situationsmeldung aus der vordersten Linie, welche durch feindliches Maschinengewehrfeuer aus einem Meierhofe stark bedroht wurde. Der Meierhof mußte daher von grobem Geschütz zerstört werden und zu diesem Zwecke war eine entsprechende Meldung auch an die Artillerie weiter zu befördern.
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Der Gefreite übernahm nun gleichzeitig diesen Auftrag und vollzog ihn, wie auch den ersten Ordonnanzgang, im starken Feuer des Gegners. Er gelangte zur Batterie, der Meierhof wurde in Brand geschossen und Gefreiter Reichel eilte zur Kompagnie zurück, um sich sogleich zu einem neuen Gange zu melden. Aber er hatte sich doch zu viel zugemutet; die Nervenanspannung und die Strapazen waren zu groß gewesen und so brach er vor Erschöpfung zusammen und kam erst nach einiger Zeit wieder zu sich. Als er die Augen aufschlug, teilte man ihm mit, daß er für die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse eingegeben worden sei.
AkTAPFERKEITS
Montenegrinischer Kleinkrieg.
Den Kleinkrieg gegen die Montenegriner in den schroffen unzugänglichen Felsen der schwarzen Berge, auf Saumpfaden und Schleichwegen zu führen, war nur eine Elitetruppe befähigt wie das bosnisch-hercegovinische Gendarmeriekorps, das dort jeden Steg und Stein kannte, der listigen und meist hinterlistigen Kampfart der Gegner vertraut und gewachsen war. Dort in den Klüften bei Cattaro, in den Gebirgen haben sich tausend kleine Einzelkämpfe voll dramatischer Spannung abgespielt und während im Norden Gigantenarmeen miteinander rangen, stritten hier kleine Streifscharen mit nicht geringerer Erbitterung. Hier wurden Kasernen von fünf Mann gegen 100 verteidigt wie jene in Ozren von Wachtmeister Hupka, jene von Naromenja von Wachtmeister Cvitkovic, jeder Patronillengang wurde hier zwischen Abgründen und Gestein eine Odyssee unendlicher Gefahren. Tapferkeit allein hätte in diesen Gebirgskämpfen, Mann gegen Mann versagt, hier forderte die Schwierigkeit der Situation von den wackeren Gendarmen, die allein die Grenze zu verteidigen hatten, auch die Findigkeit und Schlauheit des Spähers, die Geistesgegenwart und Flinkheit des Jägers, die Behendigkeit und Verwegenheit des
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Schleichhändlers, die Maskenkunst des Spions. Als zum Beispiel der Gendarmerieassistent Pero Forcan sich beim Patrouillieren zu weit vorgewagt hat und vom Feind überrascht wird, wäre an ein Durchschlagen nicht zu denken gewesen. Der Saumpfad, auf dem er hergeschlichen, war vom Feinde besetzt, in den Schluchten lauerten schußbereit die Montenegriner. Aber der kühne Gendarmerieassistent weiß sich zu helfen: er schleicht nachts in ein Bauernhaus, obwohl dort Feinde rasten, nimmt die Kleidung eines Landesbewohners, zieht sie über seine Uniform und schlendert, ein serbisches Lied anscheinend unbesorgt trällernd, durch die Feldwachen. Sie sprechen ihn freundschaftlich an, plaudern mit ihm, er entlockt ihnen im Gespräch noch einige Mitteilungen und kehrt am Morgen mit seiner Meldung wieder zu den Unseren zurück. Die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse war der Lohn seiner Verwegenheit.
Die Sprengung»
Eine ganz große Tat, eine von jenen wenigen, die der wechselnden Sturmflut der Geschehnisse wie ein Fels entragen und deren gigantische Konturen alles Vergängliche überdämmern werden, wird uns von einem schlichten Kanonier des 6. Feld-kanonenregimentes gemeldet. Der Mann hieß Johann Koväcs, ein etwas unbequemer Name für die Unsterblichkeit. Aber sie ist ihm sicher. Man höre: Die Russen hatten sich unserer Front gegenüber in einem vorteilhaften Gelände festgenistet, mit jener Zähigkeit, Erdvertrautheit und Maulwurfsfindigkeit, die schon so lange auf unsere blutigen Kosten von ihnen betrieben wird. Besonders einer unserer exponiertesten Batterien gegenüber hatten sie sich in einer kleinen Felsengruppe eingeschlichen und arbeiteten von dort ans mit ihren Maschinengewehren ununterbrochen auf uns los, ohne daß wir ihnen viel anhaben konnten. Der Batteriekommandant besprach sich mit seinen Leuten, was da wohl zu
tun wäre. Am besten wäre es, meint er, man sprengte die Kerle dort drüben samt ihrem tückischen Felsennest in die Luft. Aber wie hingelangen, um mitten unterm Feind eine Mine zu legen? Und wenn es wirklich einer wagen wollte, so wäre das mehr als Tollkühnheit, es wäre der sichere Opfertod. Da geschah es nun, daß der schlichte Kanonier Johann Koväcs hervortrat und ganz ohne Pathos und große Gebärde meldete, er wolle die Sache besorgen. Als die Dunkelheit anbrach, nahm er zwei Sprengladungen von je fünf Kilogramm Ekrasit auf den Rücken, nickte den Kameraden noch einmal zu und verschwand in die Nacht. Die Stunden, die nun vergingen, dumpf und zäh wie Blei und doch auch durchbebt von banger Sorge und Erwartung, wünscht sich keiner wieder zurück von denen, die dabei gewesen. Stunde um Stunde verrann, die Stille der Nacht wurde immer unerträglicher. Da — es mochte bereits gegen 3 oder 4 Uhr morgens gewesen sein — ertönte auf feindlicher Seite plötzlich ein furchtbarer Donnerschlag, dem, einem grauenhaften Stöhnen gleich, ein langhinhaltendes Gepolter und Geräusch folgte. Und dann war es wieder still. Als die Unseren bei anbrechender Helle wieder auf die Russen zu feuern begannen, blieb die Antwort von drüben eine geraume Weile aus. Man hatte dort drüben offenbar genug. Vom Kanonier Johann Kovacs aber erfuhr man nichts mehr. Man ehrte sein Andenken, indem man ihm die goldene Tapferkeitsmedaille verlieh. Die Armee ehrte sich selbst damit, denn Johann Koväcs war eines der Edelreiser an ihrem Stamme.
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T TAppE
Er will seine flache haben.
Bei einem Aufklärungsritte wird der Husar Marti des Husarenregimentes Nr. 2 mit einem zweiten Reiter gegen eine Häusergruppe vorgesandt, ob dort nicht etwa eine russische Abteilung versteckt läge. Die beiden Reiter traben los und sind noch etwa sechs-
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hundert Schritte von den verdächtigen Häusern entfernt, als sie plötzlich heftig angeschossen werden. Das ist keine Kleinigkeit, hoch zu Roß, im offenen Gelände, stehen sie da wie Scheibenbilder, ein prächtiges Ziel für die versteckten Russen. „Du," meint der Begleiter des Husaren Marti, „ich denke, es wäre besser, wir reiten zurück. Daß der Feind da ist, das wissen wir jetzt ohnehin; wir haben ihn in den Häusern konstatiert und das genügt!" Husar Marti aber ist fuchsteufelswild, weil die Russen ihn so wütend beschießen. „Ich geh' nicht früher zurück," schreit er, „bis ich nicht einem Paar von den verd.... Russen einen Denkzettel gegeben." Spricht's und setzt seinem Gaul die Sporen an, aber nicht heimwärts, sondern dem Feinde zu. Die Kugeln umsausen ihn hageldicht, da bäumt das Pferd sich jählings auf, es hat einen Treffer abbekommen. Husar Marti, sonst kein übler Reiter, kugelt ins Gras; sein Tier jagt führerlos zurück, der eigenen Truppe zu. Husar Marti hat jetzt kein Pferd mehr, aber seine Rache will er haben. Finsteren Blickes faßt er seinen Karabiner und stapft auf den Feind zu, unbekümmert um die bleierne Botschaft, womit man ihn von drüben begrüßt. Endlich glaubt er nahe genug zu sein; er wirft sich zu Boden, wie es einem gerechten Plänkler zukommt, und beginnt nun ganz allein, auf eigene Rechnung sozusagen, ein wütiges Feuergefecht. Indessen ist sein Pferd ohne den Reiter bei den Seinen angelangt, der Führer des Detachements ist tief besorgt; was ist mit Husar Marti geschehen? Ist er verwundet, ist er tot? Ein Korporal wird vorgeschickt, um dem Vermißten nachzuspüren. Endlich, in einer Ackerfurche wohl verborgen, erspäht er ihn, wie er noch immer unverdrossen in die Russen hineinpfefsert. Der Korporal braucht einige Mühe, um Marti heimzubringen, am liebsten hätte dieser ganz allein einen Sturmangriff unternommen. Immerhin kann er zufrieden sein; er hat seine Rache gehabt und die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse, die er bald darauf aus der Hand seines Obersten empfängt, bleibt ihm als dauernde Erinnerung an sein einsames Gefecht.
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Giebenundzwanzlger Landwehr»
Wie schwierig es ist, aus der unerschöpflichen Fülle von heldenhaften Geschehnissen auch nur die würdigsten, die hervorstechendsten aufzuzeigen, beweist das Beispiel des Landwehr-Infanterieregimentes Nr. 27. In allen Chargen haben sich die Männer dieses Regimentes ausgezeichnet, vom Feldwebel bis zum Ersatzreserveinfanteristen wurden Tapferkeitsmedaillen verliehen.
Wie gefahrverachtend, wie todesmutig dieses Regiment sich benahm, das sei nur an einigen Momenten eines' Gefechtes festgehalten. Das Regiment fand sich einmal plötzlich einem heftigen Flankenangriff der Russen ausgesetzt und, um an einer besonders gefährdeten Stelle Hilfe zu leisten, schickte der Kompagniekommandant den Feldwebel Franz Jirak mit einem Zuge aus. Jirak sichtete bald einen halben Zug feindlicher Infanterie und drei Maschinengewehre, die in die Reihen der Unseren verheerendes Flankenfeuer sandten. Der Feldwebel übersah rasch die Situation, befahl seinen Leuten „Bajonett auf!" und stürmte gegen den Feind, der, vollkommen überrascht und erschreckt, seine Stellung im Stiche ließ und floh. Der energische Feldwebel hatte durch seine Entschlossenheit die eigenen Truppen vor schweren weiteren Verlusten bewahrt. Ein im Schlachtgetümmel von seiner Mannschaft vollständig isolierter Offizier befand sich hier auf dem rechten Flügel in Gefahr und nur durch das rasche Eingreifen des Feldwebels blieb das wertvollste Gut und Symbol des Regimentes in den Händen der Unseren. Seine Unerschrockenheit und Umsicht wurden durch Verleihung der silbernen Tapferkeitsmedaille erster Klasse belohnt.
Ein anderer Feldwebel, Martin Steharnik mit Namen, führte im dichtesten Kugelregen und trotz eines verderbenspeienden Kreuzfeuers seine Reserven bis in die vordersten Schwarmlinien und spornte gleichzeitig seine Leute zu solch wirkungsvoller Gegenwehr und Ausdauer an, daß seine Aktion auf den weiteren Gang des Gefechtes in starkem Maße einwirkte. Ihm wurde die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse an die Brust geheftet.
Im Sturm und Nahkampf gerieten der Zugsführer Josef Nastran und Korporal Josef Torkar mitten in ein Rudel Feinde. Sie schlugen aber so wütend um sich und verteidigten sich so
überaus geschickt, daß sie nicht nur mit heiler Haut davon kamen, sondern sogar neun Russen als Gefangene in die eigene Gefechtslinie zurückbrachten. Kugeln pfiffen ihnen nach, aber das Schicksal wollte diese Tapferen aufsparen. Jetzt tragen sie beide die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
Welches Lob soll dem Zugsführer Alois Fine gespendet werden, der, an einem Fuße marod, auf einen rasch aus einer Staude gebrochenen Stock gestützt, dennoch sämtliche Angriffe mitmachte? Welches Volkslied wird den Infanteristen Rafael Tomsic verherrlichen, der sich von keinem Vorgesetzten, durch kein Kommando zurückhalten ließ und immer, der Front weit voran, als Erster in die feindlichen Stellungen eindrang und durch sein waghalsiges Stürmen alle seine Kameraden unwiderstehlich mitriß? Und ist der Korporal Franz Lepnar kein Held, der, am Halse verwundet, sich nur rasch einen Notverband anlegte und sofort wiederum in die Schwarmlinie zurückkehrte, um weiterzukämpfen? Der Infanterist Franz Hudorovac, einer nur von vielen, die sonst ungenannt in Reih und Glied marschieren, war ein begeisterter Soldat; obwohl verwundet, dachte er nicht daran, den Sanitätsplatz aufzusuchen; er harrte aus, er feuerte seine Kameraden an und ging mit ihnen vor. — Eine Ortschaft sollte genommen werden. Gleich stürmte Feldwebel Franz Gostisa mit seinem Zuge voran. Wie in einem Taumel, der von Gefahr nichts wissen will, brachen die Tapferen in das Dorf ein und vertrieben die erschreckten Feinde. — Die Zugsführer (Gewehrvormeister) Johann Czerny, Franz Erenlje und Josef Largo waren verwundet worden und ruhten, durch Blutverlust stark geschwächt, in einer Deckung aus. Da bemerkten sie in einer Entfernung von ungefähr 1900 Schritten eine auffahrende russische Batterie. Ihre Schwäche war dahin, jeder Gedanke an Ruhe verflogen. Mit einer Anzahl versprengter Soldaten eröffneten sie auf die feindliche Batterie lebhaftes Feuer und brachten ihr namhafte Verluste bei. Ihre Kaltblütigkeit, eiserne Ruhe und heroische Schmerzverleugnung gaben der ihnen unterstehenden Mannschaft ein bewundernswertes Beispiel. Alle hier genannten Helden wurden durch Verleihung der silbernen Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse ausgezeichnet. — Aber nicht nur sie. Da war im Regiment ein einfacher Reserveinfanterist Anton Glogovsek, der als Trainsoldat seinen Dienst
Feldwache an den «Ufern der Save bei Gsrbifch-Mitrowica.
Lagerfeuer in den Maldungen von Dejsce an der «Nida ln Ausfifch-Polen.
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verrichtete. Als die Kosaken Überfälle versuchten und die wertvollen Munitions- und Proviantwagen bedrohten, da legte er ein solch unerschrockenes Benehmen an den Tag und verteidigte seine kleine Kolonne so wirkungsvoll, daß er die Kosaken zwang, zumindest einen Teil des bereits erbeuteten Gefechtstrains wieder freizugeben. Er darf heute die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse tragen ebenso wie ein Pionier-Unteroffizier desselben Regimentes, der Zugsführer Franz Zupancic. Dieser unerschrockene Mann sprang überall hinzu, wo es ein Handgemenge gab. Er hob im heftigsten Feuer Deckungen aus und eiferte durch seine Kaltblütigkeit seine Untergebenen und Kameraden zu gleichem Tun an. Er erhielt in einem Nahkampf einen Schuß durch den Fuß, leistete jedoch trotzdem solchen Widerstand, daß er nicht in Gefangenschaft geriet, sondern zu den Seinen zurückkehren konnte.
^(Errs
AVarasdmer wie einst
Im Gefechte von Novakova in Serbien wurde der Zugsführer Martin Trputac des Warasdiner Infanterieregimentes Nr. 16 mit zwei Mann als Nachrichtenpatrouille entsendet. Sorgsam suchen sic die ganze Gegend ab, endlich abends, bei Eintritt der Dämmerung, kommen sie an ein Gehöft, wo Lichtschein und Bewegung die Anwesenheit von Feinden vermuten läßt. Die Patrouille schleicht sich vorsichtig bis knapp an das Gebäude heran, sorgfältig wird es aus dem Dunkel umspäht. Und diese Vorsicht war sehr von nöten, denn zwei serbische Infanteristen standen als Vedette in der Nähe des Hauses, in diesem selbst hatte sichs die feindliche Feldwache bequem gemacht. Vorerst hieß es die Vedette überwältigen; wie die Katzen schleichen lautlos die drei Kroaten heran und ehe den Überfallenen ein Schrei der Warnung aus der Kehle kann, sind sie schon niedergemacht. Dann dringen die drei Teufelskerle mit
Unsere Soldaten. 4
schußbereitem Gewehre rasch in das Haus ein, stoßen mit drohendem „Gore ruke“ (Hände hoch!) auf den Trupp Serben, der dort gemächlich lagert und, waffenlos überrascht, sich sofort gefangen gibt. Zwölf serbische Soldaten des ersten Aufgebotes sind die Beute der drei tapferen Kroaten. Zugsführer Trputac, dieser hervorragend schneidige Unteroffizier, der sich bereits während des ganzen Verlaufes des Feldzuges durch seine Tapferkeit bemerkbar gemacht hatte, erhielt für dies besondere Meisterstück die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse.
Bei der Verteidigung der Kremnica-Höhe waren sich die Warasdiner und Serben schon sehr nahe gekommen. Die Waras-diner lagen in guten Deckungen, aber die Serben hatten den Vorteil der Überzahl. Um ihrem Sturme das Gelingen zu sichern, schleuderten sie Handgranate auf Handgranate in die Deckung, um den Mut der Verteidiger zu schwächen, denn nichts Entsetzlicheres gibt es ja, als die nervenerschütternde Wirkung dieser Bomben. Es war ein kritischer Augenblick, schon einige hatten verheerend eingeschlagen. Da springt aus den Deckungen der Sechzehner der Zugsführer Josef Markovic heraus, ihm ist diese Art des Kampfes unerträglich. Frei stellt er sich auf, ohne Deckung, ob auch jetzt die Kugeln schrill um ihn Pfeifen, faßt sein gutes Gewehr und beginnt auf die Serben, die mit ihren Handgranaten anschleichen, loszuschießen. Sein Beispiel wirkt wie elektrisierend auf die übrige Mannschaft. Alles stürzt aus dem deckenden Schützengraben hinaus und eröffnet ein heftiges Schnellfeuer auf den überraschten Gegner, der sich alsbald fluchtartig zurückziehen muß. Auch Zugsführer Markoviö erhielt die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse.
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Mit zweiundsechzig fahren.
Ein prachtvoller Zeuge des patriotischen Geistes, der inneren Willenskraft und der Hilfswilligkeit unserer Bevölkerung ist in diesem Kriege der Reserve-Rechnungsunteroffizier Karl Gübert im Infanterieregimente Nr. 14 gewesen. Zweiundsechzig Jahre ist er alt, längst jeder militärischen Verpflichtung ledig, aber er fühlt den inneren Drang, als er hört, daß sein Vaterland bedroht ist, und meldet sich am Mobilisierungstage freiwillig zum Dienst. Ausdrücklich ist es sein Wunsch, nicht im Etappenraume, sondern an der Front verwendet zu werden, und er beweist durch die Tat eine Entschlossenheit, die seine vorgerückten Jahre Lügen straft. Oft und oft brachte er persönlich den Verpflegsnachschub in die Feuerlinie vor und, als infolge eines feindlichen Granatentresfers ein Depot in Flammen aufging, stürzte er sich verwegen in das brennende Haus und rettete das ganze Schlachtvieh, 38 Rinder, mit Einsetzung seines Lebens. Das moralische Beispiel, das der betagte Kriegsfreiwillige Gübert durch seine Gegenwart und seine Leistungen dem Regimente bot, war außerordentlich wirksam und die große silberne Tapferkeitsmedaille ein nur wohlverdienter Lohn seines werktätigen Patriotismus.
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Husarenstücke.
Auch der moderne Krieg mit den „unsichtbaren Armeen auf den leeren Schlachtfeldern" gibt oft noch Gelegenheit, das trotzige Rittertum vergangener Jahrhunderte auf offenem Felde zu erneuern, wenn die Truppe zum Sturme vorgeht oder wenn sie den feindlichen Angriff mit der blanken Waffe abweist. Für die Kavallerie ist diese Gelegenheit immer da. Wenn sie nicht zum Feuergefechte abgesessen ist, sondern aus Versteck und Hinterhalt zur Attacke vorbricht, wenn ihre kleinen Abteilungen bei der Auf-
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klärung kühn bis in den Rücken des Feindes Vordringen, so geben sie sich einem oft vernichtenden Kugelregen Preis.
Von zahllosen Reiterstücken, die alle wahrlich Heldentaten sind, erlauben zwei einen Schluß auf die anderen.
Die Husaren Ferencz Geley und Lajos Kiss, beide vom Husarenregiment Nr. 2, erhielten den Befehl, Auslug zu halten auf etwa anrückende feindliche Truppen. Alsbald bemerkten sie, wie sechs Kosaken eine Schar von gefangenen eigenen Landsturmleuten eskortierten. Die Husaren faßten sofort den Beschluß, die Gefangenen zu befreien und womöglich die Kosaken gefangen zu nehmen. Sie ließen die Gruppe an sich herankommen und stürzten dann mit lautem Hurra auf die überraschten Russen los. Die Kosaken ergriffen die Flucht und ließen ihre Gefangenen im Stiche. Nun warfen die Husaren den Gefangenen ihre geladenen Karabiner zu, damit sie sich im Falle eines Überfalles verteidigen könnten, und verfolgten mit gezücktem Säbel die fliehenden Kosaken, bis plötzlich eine andere Kosakenpatrouille von neun Mann auftauchte, die ihren fliehenden Kameraden zu Hilfe kommen wollte. Die wackeren Husaren ließen sich durch die siebenfache Zahl nicht schrecken, sondern setzten ihre begonnene Attacke nunmehr gegen die fünfzehn Kosaken fort, worauf auch die neun neu Hinzn-gekommenen ausrissen.
Ein Honvedkorporal der befreiten Gefangenenabteilung schoß denen nach und traf das Pferd des kommandierenden russischen Offiziers, das seinen Reiter abwarf. Aber auch feindliche Infanterie bemerkte nun die wilde Jagd und eröffnete gegen die verfolgenden zwei Husaren das Feuer, so daß diese gezwungen waren, umzukehren. Husar Kiss wollte sich aber den feindlichen Offizier als Gefangenen mitnehmen. Er packte ihn am Arm, um ihn mitzuschleppen, da traf ihn eine Kugel in die Brust, so daß er den Kosakenoffizier seinem Kameraden überlassen mußte. Zwischen Geley und dem Offizier entspinnt sich nun ein kleines Handgemenge. Dem Russen gelingt es, seinen Revolver zu ziehen, er legt schon auf seinen Gegner an, aber der Husar vermag ihm noch rechtzeitig die Waffe zu entreißen. Schon hebt Geley seinen Säbel, um den Offizier niederzuschlagen, doch bittet dieser mit erhobenen Händen, ihn zu schonen. Der ritterliche Husar läßt die Waffe sinken, packt aber seinen Gefangenen um so fester und schleppt ihn trotz des
wütenden, auf ihn gerichteten Feuers vor den Augen der russischen Gegner fort.
Auch beim Überschreiten eines durch den Regen stark angeschwollenen Baches gab er den Versuch, seinen Gefangenen mitzunehmen, nicht auf; er zog ihn mit Aufgebot aller Kräfte mit sich durch das reißende Wasser, aber schließlich erlahmten trotz der Hilfe seines verwundeten Kameraden seine Arme. Das Feuer wurde immer heftiger und die beiden Husaren mußten nun bedacht sein, sich selbst in Sicherheit zu bringen.
Die zwei Braven gelangten glücklich bis zu ihrer Truppe, Husar Kiss durch den starken Blutverlust total erschöpft.
Kiss mußte ins Spital und erhielt ebenso wie Geley die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse, drängte aber, so bald als möglich zur Schwadron zurückzukommen, um sich auch die goldene zuholen.
Wachtmeister Samuel Grama des Husarenregimentes Nr. 2 steht mit seinen Leuten im Feuergefechte gegen feindliche Infanterie.
Es kommt zum Sturm. Wachtmeister Grama geht kühn mit seinem aus nur mehr vier Mann bestehenden Schwarm ohne Bajonett die dichteste Stelle der russischen Linie, zirka dreißig Mann stark, an. Die kleine Schar wird aber alsbald von allen Seiten umringt. Die Husaren wehren sich wie die Löwen. Grama schlug mit seinem Säbel allein vier feindliche Infanteristen nieder und sein heldenmütiges Verhalten riß auch seine vier Untergebenen mit; sie drehten die Gewehre um und schlugen mit den Kolben auf die Russen los. Der feindliche Kommandant, ein Oberleutnant, fällt, von zahllosen Hieben zu Tode getroffen. Was von den Russen nicht erschlagen oder todwund am Boden liegt, ergibt sich oder rennt in wilder Flucht davon.
Wachtmeister Grama, der bei diesem erbitterten Kampfe schwer verletzt wurde, erhielt die goldene Tapferkeitsmedaille.
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Goldaienheimweh-
Die Geschichte der Flucht des Kanoniers Peter Brytriuh des Feldkanonenregimentes Nr. 32 mag illustrieren, wie wenig Erfolg die Bemühungen der Russen hatten, die russophile Bewegung auch in die Reihen der in unserer Armee dienenden rnthenischen Soldaten zu tragen, und wie wenig die Lockungen und die verhältnismäßig gute Behandlung bei den in Kriegsgefangenschaft geratenen Ruthenen verfangen haben.
In einer Oktobernacht wurde in der Nähe von Stary Sambor die Abteilung des Kanoniers Brytriuh, eines Ruthenen, von Kosaken überfallen und gleichzeitig von Artillerie beschossen. Brytriuh, von zwei Schrapnellkugeln am Fuße verwundet, versuchte, sich in Sicherheit zu bringen, doch im Dunkel der Nacht verirrte er sich und war bald mitten unter den Kosaken, die ihn und zwanzig Mann gefangen nahmen. Die Kosaken äußerten sich, es wäre am besten, kurzen Prozeß zu machen und alle zu erschießen. Brytriuh, der russisch sprach, antwortete ihnen, daß sie alle ebenso Soldaten wären wie die Russen und daß es nicht Kriegsrecht sei, Gefangene zu erschießen. Die Kosaken führten den Transport nach Stary Sambor, wo der Kanonier sogleich von einem russischen Offizier einvernommen wurde. Der versprach Brytriuh 200 Gulden und die Erlaubnis, in seine Heimat zurückkehren zu dürfen, falls er in den erwarteten Aufschlüssen über die Österreicher die Wahrheit sage. Doch der brave Ruthene gab auf die üblichen Fragen nach -der Stärke der Truppen nur ausweichende Antworten. Der Offizier meinte nach Beendigung des Verhörs, die Russen würden im Frühjahr ohnehin schon in Wien sein. Die Gefangenen wurden dann in ein Haus eingesperrt und scharf bewacht. Während der vierzehn Tage, die Kanonier Brytriuh dort verbrachte, entfernte man ihm die zwei Füllkugeln aus dem Fuß und pflegte und behandelte ihn leidlich gut. Dann kamen sie nach Stryj, wo die Kriegsgefangenen beim Baue von Befestigungen mithelfen mußten. Diese Arbeit dauerte an drei Wochen. Dann mußten sie auf der Eisenbahnstrecke Stryj—Lemberg die Schienen auf die russische Spurweite legen und Herstellungsarbeiten auf dem Lemberger Hauptbahnhofe vornehmen. Die Gefangenen mußten dort auf der nackten Erde schlafen. Die Bewachung war nicht übermäßig strenge. Die
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Soldaten wurden zwar auf ihrem Wege zur und von der Arbeit von einer russischen Eskorte begleitet, doch ließ man es ruhig zu, wenn sich Brytriuh ab und zu auf eine Weile entfernte, denn alle anderen aus Galizien stammenden Kriegsgefangenen wurden auch in Lemberg sehr gut behandelt. Brytriuh mußte der Wachmannschaft immer vorsingen und vortanzen und man ließ ihn wenig arbeiten, damit er am Abend frisch genug sei, um die russischen Soldaten unterhalten zu können.
Die nachlässige Handhabung des Überwachungsdienstes ließ in ihm den Entschluß reifen, bei der nächsten günstigen Gelegenheit die Flucht zu ergreifen. Diese bot sich bald. Der Kanonier stahl sich beim Heimwege von den Abteilungen fort und lief die ganze Nacht hindurch, so rasch ihn seine Beine tragen konnten, bis er am nächsten Tage in Mikolajöw ankam. Dort gelang es ihm, Zivilkleider zu erhalten. Ein Ortsbewohner wies ihm einen Weg, aus dem er nicht Gefahr lief, von den Russen angehalten zu werden. Bis Stryj ging es glatt, von dort an wurde der Weg gefahrvoll. Brytriuh traf häufig auf russische Abteilungen und schwebte in steter Gefahr. Zum Glücke wurde er nur einmal scharf inquiriert. Man fragte ihn, warum er als junger Mensch nicht beim Militär sei. Der Kanonier redete sich auf seinen gebrochenen Fuß aus und man ließ ihn laufen. Endlich erreichte er ein Dorf, wo ihn eigene Truppen, Landsturmleute, anhielten und zum nächsten Truppenkörper transportierten, bei dem er als einer der Unseren mit Freuden begrüßt wurde.
Das wackere Verhalten des Kanoniers, der, treu seinem geschworenen Soldateneide, der Vorteile, die ihm von den Russen eingeräumt wurden, nicht achtete und die erste Gelegenheit dazu benützte, wieder zu seiner Fahne zu eilen, ist ein leuchtendes Tren-zeichen seines ganzen Volkes.
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HeldenwMe — Heldenwerk^
In den Oktoberkämpfen 1914 in Südostgalizien hielten Teile eines Bataillons des Debreczener Infanterieregimentes Freiherr von Conrad Nr. 39 die wichtige, das Tysowicatal beherrschende Pal-czynskihöhe besetzt, um den Russen, die mit überlegenen Kräften gegen das Tal vorrückten, den Durchbruch zu verwehren. Die Stellung um jeden Preis zu halten, dieser Wille beseelte alle. Der Gegner war bereits auf 700 Schritte herangekommen und man konnte gewahren, wie er seine Maschinengewehrabteilungen in eine so günstige Stellung vorschob, daß eine bedeutende Wirkung in unseren Reihen zu erwarten war, wodurch für den Feind sehr günstige Vorbedingungen für den Angriff auf die Höhe gegeben schienen. Der Kommandant des Bataillons hielt es daher für angezeigt, alles daran zu setzen, die Maschinengewehre unschädlich zu machen oder zu vertreiben, bevor der Gegner weitere Verstärkungen herangezogen hätte. Er entschloß sich zu einem kühnen Gegenzuge, zu einem direkten Angriff auf die Maschinengewehre. Vorher war es jedoch notwendig, zu wissen, wie die Verhältnisse in dem großen, feindwärts nach Osten sich ausbreitenden Walde stünden. Feldwebel Ladislaus Ragt), der mit seinem Zug in Reserve stand, hörte von dieser Absicht und erbat sich die Erlaubnis, mit seinem Zuge die gefährliche Aufklärung des Waldes durchführen zu dürfen. Voll Tatendrang ließ er hiebei noch die Bemerkung fallen, er werde nicht nur trachten, den Wald aufzuklären, sondern wolle die Absichten des Bataillanskommandanten noch dadurch fördern, daß er die Maschinengewehrabteilungen womöglich gleich selbst überraschen und gefangennehmen werde. Nagt) drang mit seinem Zug in den Wald ein, ihn mit Spähern und folgender Schwarmlinie durchstreifend. Schon war er ganz nahe an die feindliche Stellung gelangt, als er die Bedeckung der russischen Maschinengewehre wahrnahm. Und nicht weit davon, das konnte er deutlich sehen, befanden sich noch stärkere feindliche Kräfte. Doch der tapfere Feldwebel ließ sich hiedurch nicht beirren, er wollte um jeden Preis erst die verdammten Todratterer unschädlich machen, koste es, was es wolle. Indessen wurde er von beit Russen, die ihn gleichfalls entdeckt hatten, heftig beschossen, wobei sein Zug empfindliche Verluste erlitt. Nagt) aber
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eiferte seine Leute durch eigenes Beispiel und mit zündenden Worten an und führte sie unverweilt zum Sturme gegen die Bedeckung der Maschinengewehre vor. Es kam zu einem erbitterten Handgemenge, wobei die Ungarn unter den Russen gewaltig aufräumten; aber der Feind, so wollte es das Schicksal, erhielt unaufhörlich Verstärkung, von allen Seiten drangen die Russen auf das kleine Häuflein ein, so daß der kühne Feldwebel seine heroische Absicht, die Bedeckung gefangen zu nehmen, schließlich aufgeben mußte, um so mehr, als er selbst im Laufe des Kampfes schwer verwundet wurde. Mit dem Aufgebote seiner letzten Kräfte schleppte er sich durch den Wald zurück, nur von dem einen Willen durchdrungen, zu seiner Truppe zu gelangen und über das, was er wahrgenommen, rechtzeitig zu Berichten. Der Schwerverwundete gelangte auch bis zur Palezynskihöhe, wo sich der Bataillonskommandant befand; diesem meldete Ragt), daß sich im Walde gleich unmittelbar östlich der Höhe stärkere feindliche Kräfte befänden, was für die weiteren Dispositionen sehr wichtig war. Eine ganze feindliche Schützenbrigade war es gewesen, aus deren Mitte sich der heldenmütige Unteroffizier die Maschinengewehre hatte holen wollen. Konnte er seine heldenmütige Absicht auch nicht verwirklichen, sein Verhalten war nicht weniger rühmenswert. Er erhielt die goldene Tapferkeitsmedaille.
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Schwierige Aberschiffung-
Aus den Kämpfen unserer Truppen im Süden verdient folgende Tat zweier Leute des Infanterieregimentes Graf von Laey Nr. 22bekannt zu werden:
Die Infanteristen Iwan Megjaniö und Jakob Lendie waren mit der schwierigen Aufgabe betraut worden, ein vom Hauptmanne Stanislaus Turudija kommandiertes Detachement
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im heftigsten Infanterie- und Artilleriefeuer über die Drina zu schiffen. Die beiden braven Soldaten begannen tue Mannschaften im kleinen Partien an das andere Ufer zu rudern, aber es zeigte sich bald, daß das wütende Feuer des Feindes in kürzester Zeit nicht weniger als 130 Löcher in den Kahn gerissen hatte. Die beiden wackeren Fährleute verstopften die Löcher schlecht und recht mit Holzklötzchen und vermochten so ihr Fahrzeug trotz allem über Wasser zu erhalten und nicht weniger als fünfundvierzigmal den gefahrvollen Weg zurückzulegen, bis der letzte Mann des Detachements feindwärts gelandet war. Erschöpft von der anstrengenden Arbeit, gönnten sich aber Megjanic und Lendic noch immer keine Ruhe, sie schickten sich an, noch einmal zum linken Ufer zurückzurudern, um Proviant zu holen. Während der Fahrt traf den Kahn aber ein Artillerievolltreffer und zerschmetterte ihn. Megjanic, den ein Schrapnellstück den Brotsack vom Leibe riß,
versank in den Fluten und geriet in Gefahr, zu ertrinken. Sein
treuer Kamerad Lendic aber sprang ihm zu Hilfe und hielt ihn über Wasser. Und statt nun lediglich auf die eigene Rettung bedacht zu sein, mühten sich die beiden inmitten der reißenden Wellen aus allen Kräften ab, aus den Trümmern des Kahnes ihre unversehrt gebliebenen Gewehre herauszuholen, denn ohne Waffen wollten sie nicht zurückkehren. Als sie die Gewehre endlich hatten, durchschwammen sie die Drina und rückten wieder zum Detachement ein.
Einer dieser Tapferen, Infanterist Lendic, erlitt später den Heldentod im Gefecht am Vranji.
Die Tat dieser beiden fand in der goldenen Tapferkeits-
medaille ihr Dekorum nach außen.
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Nachträgen im Schloßpark von Lzarköw.
Die Brandruinen des Czarköwer Schlosses haben ihre Geschichte. Nicht als ob das unbeugsame Gemäuer noch den Stolz einstiger Herrenpracht an sich trüge, sein Adel ist ganz besonderer Art, erwuchs aus einer Heldennacht, da rings im winterlichen Parke frische, warme Blutquellen aufsprangen, Freundes- und Feindesblut. Es war die Nacht des 30. Dezembers 1914.
Das k. u. k. Infanterieregiment Nr. 72 hielt Schloß und Park besetzt. Zwischen den Baumreihen, längs der Parkumfriedung, rings in weitem Bogen hatten die rührigen Ungarn in aller Eile Verteidigungsstellungen angelegt, wo es anging, auch Stützpunkte ausgebaut. Aber kaum war es dunkel geworden, als schon die Russen mit der Beschießung einsetzten. Immer dichter schien die Nachtfinsternis zu werden, auch auf den Mond war nicht zu hoffen. Der stand im letzten Viertel und kam wohl erst um Mitternacht herauf. Leuchtpistolen? Von hier und dort flogen ja die grünen, knisternden Kugeln wie Sternschnuppen hinüber, im Lichtfelde zeigte sich aber nichts. Dafür kam prompt eine Ausfeuerlage von Schrapnells über die Aufstiegstellen der Leuchtbahnen zurück. Ganz langsames, schütteres, tief gezieltes Feuer war also vorläufig alles, was die Offiziere zu befehlen hatten. Vereinzelt bestreuten auch die Maschinengewehre das Vorfeld, von Zeit zu Zeit nur, jedesmal bloß etwa eine halbe Minute. Es hieß haushalten mit der Munition.
Inzwischen hatten die Russen ihr Feuer schon in weitem Kreis um die Stellungen der Ungarn getragen. Unerschöpflich mußten ihre Reserven sein, die immerfort die Einkreisungskette verlängerten. Jetzt setzte ihr Schießen schon mächtiger ein. Es schlug auch ordentlich in Stämme und Geäst der Parkbäume und mancher Ungar lag schon wundgeschossen darunter. Dazu urplötzlich ganze Lagen von Artilleriefeuer. Wucht und Weh ohnegleichen schoß vom Himmel nieder. Die Ungarn blieben an ihren Plätzen und schossen rasend. Alle fühlten es, daß dies die Vorbereitung zum Sturme war. Nun, es sollte den Russen nicht zu leicht werden, heranzukommen. Die aber warfen immer neue Massen vor, füllten immer wieder die breiten Lücken, die in ihrer ersten Sturmlinie klafften und, kaum ersetzt, schon wieder nieder-
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brachen. Wohl waren die Russen durch die ganze Tiefe des Sturmfeldes vorwärts gekommen, oft genug über todwunde Brüder stolpernd, einen Leichnam als Deckung vor sich herwälzend, dann wieder in einer schützenden Bodensenkung verschnaufend. Die Unseren konnten es aber nicht sehen, sich nicht an der verheerenden Wirkung des eigenen Feuers aufrichten. (Diese brachte erst die nächste Morgensonne an den Tag.) Ganz unvermittelt sahen sie, nur etwa 80 Schritte weit, dunkle Massen Stürmender anrennen, so urplötzlich tollte das Ungeheuerliche heran wie höllischer Spuk. Verblüfftes Erstaunen? Dazu nahm sich kein Ungarherz Zeit! Jetzt, jetzt galt es Mann gegen Mann. Die Ungarn aber hätten es auch mit dem Teufel persönlich aufgenommen, tasteten bloß mit steinharten Händen, ob auch die Bajonette fest an den Gewehrläufen saßen.
Weniger als eine Minute später; da war alle Strategie und Taktik zerstoben, da blieb nur der Kampf der Muskeln und des Willens wie in Urväterzeit.
In solchen Stunden werden Helden geboren. Sie erstanden auch in jener hochheiligen Blutnacht. Den Reigen begann der Reservefähnrich Johann Lichtneckert. Als die Russen so unvermutet nahe angestürmt kamen, sah er erst nur die dichten Schatten ihrer Massen. Er war aufgesprungen, stand aufrecht mit gespreizten Beinen, seine Augen lohten gegen den Feind. So wartete er mit Nerven von Draht, bis die Russen nur mehr gegen 25Schritte nahe waren. Dann brüllte sein Kommando:
„Handgranaten!" Es waren ihrer nicht allzu viele. Aber als die Büchschen den Russen zwischen den Beinen krepierten wie Feuerwerkfrösche, stutzten sie doch. Vielleicht war's nur ein Augenblick der Ratlosigkeit und wären sie im nächsten Momente schon wieder durch ihre Massen mit neuem Mut influenziert gewesen. Lichtneckert aber ließ ihnen hiezu nicht Zeit. Mit Hurra! sprang er an wie ein Raubtier im nächtigen Wald, in heiserer Wut fielen seine paar Ungarn ein und rannten Hurra! heulend mit ihm los. Verzerrt, mit stieren Augen grinsten ihnen die trotz der Kälte schweißschmutzigen Gesichter der Russen entgegen. Die Zeit des Gegenstoßes war vom Fähnrich gut erfaßt; von Panik fortgerissen, flutete die Sturmwelle vor der kleinen Schar zurück. Drei Tote und acht Verwundete waren die feindlichen Blutzeugen
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der Geistesgegenwart des Fähnrichs. Sein kaltblütiger Entschluß hat ihm die große silberne Tapferkeitsmedaille gemünzt.
Dies aber war nur eine Welle in der weiten Flut.
An der Südfront der Verteidigungsstelle waren die Russen durchgebrochen, schon schwärmten sie gegen Rücken und Flanke der elften Kompagnie aus. Es war gut ein halbes Bataillon, das zuerst gegen den Zug des Titular-Feldwebels Johann Simonics anprallte. Der hatte eben gute Stimmung; sein Hauptmann war bei ihm, da ließ sich zeigen, was man konnte. So wartete er nicht erst auf einen Befehl, ging einfach selber drauf und dran. Wahrhaftig, da stürmte der Hitzkopf mit einem Zuge gegen zwei Kompagnien. Der Hauptmann hielt ihn für wahnsinnig, aber er stürmte mit, wollte den braven Kerl nicht im Stiche lassen. Im Handgemenge dann hat's ihm der Feldwebel gelohnt, wo immer der Tod den Hauptmann fassen wollte, stieß er auf des Feldwebels Leib. Den aber mochte dieser nun einmal nicht. So schlüpfte er zwischen dessen Arm und Brust heimtückisch in das Herz des treuen Hauptmannes, daß er lautlos niedersank. Simonics und seine Ungarn tobten. Der tote Hauptmann war ihnen jetzt ein Wunderheiliger. Er strömte Kraft aus, führte und stählte ihre ermüdeten Arme immer von neuem zu wuchtigem Kolbenschlag. Er war in jedem Infanteristen lebendig und lag doch still und regungslos. Kurzum, der Feldwebel trieb die zwei feindlichen Kompagnien zurück und 200 gefangene Russen zwang er, seinenl toten Hauptmann, der kostbaren Last seiner Schultern, das Ehrengeleite zu geben. So war er mit dem Zug in die alte Stellung zurückgekommen.
Nun drohte vom Nachbarabschnitte der Flankenstoß. Aber noch steht Simonics auf beiden Beinen, noch hat er sein braves Gewehr. Ein Blick, ein Ruf: „Mir nach!" Und fünfzehn Entschlossene sind schon mit ihm. So stürmt Simonics dreimal gegen
die wohl zehnfach übermächtige, feindliche Gruppe. Die schoß ihm fünf aus dem Gefolge, ein Drittel seiner Kraft. Doch Handgranaten und Stöße mit dem Bajonett schaffen schon noch Respekt,
auch bei echt russischen Leuten. So trieb Simonics dennoch die Überzahl vor sich her, bis sich jählings das heilige Rußland, soweit es vor dem Feldwebel verkörpert stand, in den Kellern des Schlosses verkrochen hatte. Da gab es viel zu tun. Simonics
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schoß herum wie der Hecht im Karpfenteiche, verrammelte flugs alle Kelleröffnungen. Nun war die Klappe zu, nun wurde auch der Feldwebel sanftmütig, wischte mit dem Ärmel über die Stirn und dachte — ei, was er dachte, war aus dem Steingesichte nicht gut zu lesen. Ein Kerl von Samt und Seide war er nicht, darum hat er sich in jener Nacht die „Goldene" herausgehauen. Seine Kellergäste aber fielen alle in Gefangenschaft.
Inzwischen war bei der dritten Kompagnie an anderer Stelle des weitgedehnten Kampfplatzes große Besorgnis. Man hatte im Getümmel die Verbindung mit der Nachbarkompagnie verloren, es wußte keiner mehr, wo Freund und Feind. Also Patrouille! Die Wahl fiel auf Korporal Stephan Ribarik. Mit drei Mann zog er aus. Der Teufel, da war er auch schon auf einen Trupp Russen gestoßen. Übrigens schienen diese in gnädiger Siegerlaune zu sein. Sie schrieen wenigstens mit fuchtelnden Gesten; es war nicht miß-zuverstehen, sie forderten die Vier zur Waffenstreckung auf. Die Infanteristen schauten gespannt auf ihren Korporal, sie kannten ihn, der wußte immer noch einen Wunderzauber. Da stand er ja schon, schwang sein Gewehr wie ein Papua die Keule, sein Hals reckte sich in die Höhe, seine ganze Gestalt schien sich mächtig zu dehnen. Nun donnerte er befehlgewohnt zurück: „Kompagnie vorwärts, hurra!" So liefen die vier Sturm gegen wohl fünfzehn Russen. Die fühlten sich in ihrer humanen Anwandlung bitter getäuscht, glaubten sich eine ganze Kompagnie auf den Hals gehetzt. Reißaus! Dort ein schützendes Gebäude! Im Galopp drauf zu und hinein! Der Korporal und seine drei Treuen hinterher. Da hatten die Mauern Unerhörtes zu sehen. In wirrer Gegenwehr rannte ein russischer Oberleutnant mit zwei Mann gegen Ribarik. „Halt!" Umsonst. Zwei Schüsse in fabelhaft rascher Folge. Der Oberleutnant und einer seiner Knappen waren erledigt. Mit dessen Tod erlahmte auch der Wehrtrieb der anderen. Noch eine kurze Weile und, was von der fünffachen Übermacht nicht niedergeschlagen war, gab sich, Gebete murmelnd, gefangen. Solcherart hat sich der Korporal gleichfalls die goldene Tapferkeitsmedaille gewonnen.
Im Handgemenge bei der vierten Kompagnie war inzwischen der Feldwebel Rudolf Hasa schwer verwundet niedergebrochen. Mit dem Hauen war's nun vorbei, aber deshalb war Hasa nicht
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aus dem Kampf. In fliegender Hast verband er sich, es war notdürftig genug. Das Blut drang auch schon wieder durch die Binden. Er fühlte es nur an ihrer schlüpfrigen Feuchtigkeit. Seine Augen gehörten ja schon wieder dem wilden Gehaue um ihn. Verbluten? Bah, jetzt war nicht Zeit zum Sterben! Hasa vergaß nicht, daß feine Mannschaft erst am Vortage zur Front gekommen war, er ließ sie nicht im Stiche bei ihrem ersten Gefechte, das zudem schwer, so schwer war. Der junge, schmächtige Rekrut dort schien auch schon lahm zu werden. Hasa rief ihm zu, ein Russenriese wuchtete eben gegen den Knaben. Hatte Hasa solche Wunderkraft oder war es sein Eljenruf auf die Heimat? Dem Jungen zuckte es durch den ganzen Leib, blitzschnell raffte er alles in sich zusammen und jählings stürzte der Russenstier, des Knaben Gewehrkolben hätte auch einen Stärkeren gefällt. Der Feldwebel lachte hellauf vor wilder Freude. Es bekam ihm schlecht, ein gutes Maß Blut brach ihm dabei aus der Wunde. Aber jetzt war der Unbezähmbare doch wieder hinter einem anderen Rekruten her. Das hieß eben „Abrichten", da konnten die Rekruten von ihm lernen. Blutüberronnen, in Todesnot exerzierte Hasa die Seinen auf Russenschädel ein. Ihr Leben lang sollten seine Ungarn an seinen praktischen Meisterkurs denken, so zeigte er ihnen, was „braven Kriegsleuten zusteht". So tat er, kämpfte er mit den Händen der Seinen fort, bis ihm die Sinne schwanden.
So haben aber auch viele unter den Ungarn in dem weiten Parke ringsum gekämpft.
Sonst hätten sie nie und nimmer beim Morgenlicht als Sieger den Platz behauptet.
Längst sind sie nun ostwärts dem verjagten Feind auf den Fersen. In Czarköw aber ist jeder Baum, jeder Pfeiler der Mauerruinen ein Heldenmal.
köOLDENe. S Ä
'^eDAILLE
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Begegnung im Nebel.
Feldwebel Rudolf Mann vom Infanterieregimente Nr. 1 hatte seinen Zug im dichten Nebel auf serbischem Gebiete zu führen. Plötzlich sieht er sich Gestalten gegenüber, er meint, es seien unsere Truppen, aber serbische Zurufe belehren ihn bald, mit wem er es zu tun hat. Der Feind ist in der Überzahl, ein Kampf wäre Vernichtend: da faßt sich der Wackere blitzschnell und schreit die Serben an: „Hände hoch!" Die Serben, die nicht wissen, ob der Nebel nicht noch größere Abteilungen der Unseren deckt, werden nn-schlüssig, sie zögern und überlegen. Ein zweites Mal, noch drohender, ruft ihnen der Feldwebel die Aufforderung zu, sie Hingt wie ein Befehl. Jetzt werfen einige Serben das Gewehr fort, dann immer mehr, vom bösen Beispiele angesteckt. Schon scheint alles für uns gewonnen, da stürmt ein serbischer Oberleutnant her und wettert seine Leute an. Im Nu sind die Gewehre aufgenommen, im nächsten Augenblicke schon wären unsere Schlesier vernichtet gewesen, aber schon hat Feldwebel Mann den Störenfried mit dem Revolver weggeputzt und die Serben wieder kleinlaut gemacht. Jetzt sehen sie, daß mit solchen Soldaten nicht zu spaßen ist, und 94 geben sich gefangen. Feldwebel Mann erhielt die große silberne Tapferkeitsmedaille.
Dioskuren.
Wie ein Volkslied hört sich die Geschichte an von den tapferen Zwillingsbrüdern Török. Fähnriche beide, in dem gegen das vom Feind besetzte I. anrückenden 12. Infanterieregiment, marschieren sie mit ihrer Kompagnie voraus, auf die rechte Flanke des Feindes los. Erst noch unbemerkt. Alles schweigt drüben und ruhig, scheinbar im tiefsten Frieden, liegt das Land. Aus dem flachen Boden hebt sich eine niedere Kuppe; gelänge es, sie ungesehen zu erreichen,
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so fände man eine wertvolle Stütze zum Stoß gegen die Russen, die kaum 200 Schritte von dort liegen. Aber bis zu diesem Hügel sind noch tausend Schritte und jeder in dem nun dem Feinde offenen Gebiet droht tausendfach den Tod. Die Brüder winken sich zu; mehr können sie nicht, denn schon hat man die Kompagnie entdeckt und die Hölle bricht los. Schrapnells bersten über den Tapferen, spritzen fauchend, zischend, jaulend in Fleisch und Erde; Granaten beißen ins Feld und treiben Fontänen von Ackerschollen und Eisen auf und nun beginnen in satanischem Takte dazu die Maschinengewehre zu trommeln. Ein Kreuzfeuer ist es, in das die Kompagnie geriet; es währt durch dreieinhalb Stunden, so fürchterlich, daß von 130 Mann schließlich nur mehr 45 gefechtsfähig sind. Dennoch erreichen sie die ersehnte Kuppe, die Zwillingsbrüder Török immer voran. Das Regimentskommando, dem von dort eine bedeutende feindliche Übermacht gemeldet wird, beschließt haltmachend, Verstärkungen abzuwarten. Indes feuern die beiden Török vorne die Ihren zum Sturm auf die Russen an, die durch den jähen Stoß verwirrt ins Wanken kommen. Man gewahrt es beim Regiment, geht vor, greift ein. Vier Stunden währt das neue Gefecht, in dem fünf Kilometer gewonnen werden, und immer sind die zwei Török mit den Ihren voran. Da fällt der eine, Julius, durch mehrere Schüsse schwer an der Hüfte verwundet. Sein Bruder Heinrich kämpft kalten Blutes weiter; er hält mit nur mehr sechs Mann einen für die neue Gefechtsentwicklung des Regimentes entscheidenden Raum die ganze Nacht durch bis zum Vormittag und bleibt wie durch ein Wunder unverletzt. Der nächste Abend bringt die Ernte: Das Regiment steht mit reicher Gefangenenbeute in einer neuen wichtigen Stellung.
Tie Taten der Heldenbrüder, die diesen Kampf so prächtig begonnen und durchgehalten hatten, wurden mit der großen silbernen Tapferkeitsmedaille belohnt.
TAPFERKEITS
Unsere Soldaten.
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Als Letzter am ^etnb-
Am 18. August 1914, gegen 9 Uhr vormittags, erhielt ein Halbbataillon des Landwehr-Infanterieregimentes Nr. 6 und die Maschinengewehrabteilung des Landwehr-Infanterieregimentes Nr. 7 den Befehl, die Höhe Todervort zu erobern, welche, von angeblich schwächerem Feinde besetzt, unsere Jnfanterietruppen-division in der Flanke beunruhigte. Das Detachement nahm Marschdirektion auf die Höhe, bis es eines plötzlich eingetretenen Gewitters und der anbrechenden Dunkelheit wegen nächtigen mußte. Die Sicherungsvorsorgen wurden vom Detachementkommandanten in umsichtiger Weise getroffen. Vom Schlafen war natürlich keine Rede, da jeder Mann von der Gefahr und der Nähe des Feindes in Kenntnis war. Man ließ auch eine feindliche Kavalleriepatrouille, sechs Reiter stark, in kürzester Distanz passieren, um sich nicht zu verraten. Die Nacht verlief ganz ruhig. Mit Sonnenaufgang wurde der Marsch auf Todervort vorsichtig fortgesetzt. Knapp vor einer Abfallkuppe, die um 11 Uhr 30 Minuten vormittags erreicht wurde, ging man in die Angriffsformation über. Noch waren die Unseren nicht auf der Kuppe, die beiläufig fünfzig Meter unter den feindlichen Stellungen lag, als auch schon der Feind das Feuer eröffnete, worauf unsere Maschinengewehre, während die eigene Infanterie rasch vorrückte, die Antwort nicht schuldig blieben. Nun gab aber der Feind im Augenblick ein wahrhaft mörderisches Schnellfeuer ab, vor allem aus drei Maschinengewehren, von denen eines, an einem Baume postiert, von der eigenen Maschinengewehrabteilung sofort niedergekämpft wurde. Die feindlichen Geschütze, die sich gleichfalls gegen uns betätigten, richteten glücklicherweise unter unseren Leuten nicht viel Schaden an.
Inzwischen traten aber auch unsere Schwarmlinien ins Gefecht. Da der Feind ihnen an Zahl bedeutend überlegen war, gelang es ihm, sie von beiden Seiten zu überflügeln. Schon war die letzte Reserve eingesetzt, der Gegner aber bekam ununterbrochen Verstärkung; unser Detachement sah sich gezwungen, sich in den Flanken durch kleinere Abteilungen zu sichern und sich nach einem dreistündigen hartnäckigen Kampfe unter dem Schutze der Maschinengewehre zurückzuziehen. Hiebei hielt besonders Zugsführer
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Schotterl, mit dem letzten Maschinengewehr an einem Waldsaum postiert, auf nur fünfzig Schritte vom Feinde entfernt, den stark vordringenden Gegner so lange auf, bis der letzte Mann und alle Verwundeten des Detachements in Sicherheit gebracht waren.
Durch dieses todesmutige und aufopfernde Ausharren und fein gezieltes Schießen brachte Zugsführer Schottert dem Feinde enorme Verluste bei und ermöglichte dadurch den geordneten Rückzug des eigenen Detachements. Er selbst rückte später, das Maschinengewehrrohr, den Schutzschild und zwei Gurtenverschläge mit sich tragend, zum Detachement ein.
Der wackere Unteroffizier wurde mit der großen silbernen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet.
Schwieriger Gefangenentransport.
Ungefähr Mitte Dezember 1914 wurde Husar Johann Jllös des Husarenregimentes Nr. 5 zur Eskortierung von Gefangenen zurückgesendet. Bei der um diese Zeit rasch eintretenden Dunkelheit konnte er an diesem Abende den erhofften Anschluß an seine Eskadron nicht mehr finden. Nach einer Nacht vergeblichen Suchens endeckte er bei Morgengrauen eine eigene Patrouille, ritt auf dieselbe zu und meldete sich beim Kommandanten, der ihn mitnahm. Und bald konnte er da zeigen, daß ein wackerer Husar überall an der richtigen Stelle ist. Im Vereine mit einem einzigen Kameraden machte er vierzehn Gefangene und erbeutete noch dazu einen voll beladenen russischen Bagagewagen. Als nun die Unseren eben im Begriffe standen, ihre Beute in Sicherheit zu bringen, erschienen plötzlich acht oder neun Kosaken zu Pferde, welche die Patrouille überfielen. Rasch war die Arbeit verteilt. Während die Mannschaft die Handpferde in Sicherheit brachte, eröffnete Jlles mit seinem Kameraden Kovacs, also zwei Husaren
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allein und überdies behindert durch das Rudel der Gefangenen) ein so wohlgezieltes und wirksames Feuer gegen die feindlichen Reiter, daß sie wie Spreu nach allen Richtungen auseinanderstoben. Erst als diese Gefahr beseitigt, wurde die Beute gemächlich in Sicherheit gebracht und die Gefangenen vollzählig zur Eskadron eskortiert. Husar Jlle's erhielt die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
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Die Neunundneunziger-
Während eines äußerst hartnäckigen Gefechtes, da das brave Znaimer Regiment drei Linien von russischen Deckungen hintereinander nehmen mußte, gab der Gefreite Josef Patek ein rühmliches Beispiel von Kampflust und Todesverachtung. Er war stets seinem Kompagnie- und Bataillonskommandanten ans den Fersen. Als die vorgehende Schwarmlinie von einer verborgenen feindlichen Abteilung Flankenfeuer erhielt, entsandte der Kompagniekommandant eine Gefechtspatrouille, um die Stärke des Gegners zu erkunden. Patek meldete sich freiwillig zu diesem gefährlichen Dienst. Im weiteren Verlause des Gefechtes gelang es der Kompagnie, zahlreiche russische Gefangene zu machen. Patek erhielt nun den Befehl, als Kommandant des Gefangenentransportes diesen zurückzuführen. Aber diese Tätigkeit im Hinterfelde war nicht nach dem Sinne des kampfmutigen Gefreiten. Er bat seinen Kompagniekommandanten, ihn weiterhin in der Schwarmlinie zu belassen und jemand anderen mit der Führung des Gefangenentransportes zu betrauen. Diese Opferfreudigkeit wurde mit der silbernen Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse belohnt.
In demselben Gefechte zeichnete sich bei der Erstürmung der russischen Schützenlinien auch der Infanterist Rudolf Koller durch seine besondere Schuldigkeit aus. Beim Sturme auf die dritte Linie kam es zu einem erbitterten Handgemenge, wobei Koller von einem Russen einen Bajonettstich erhielt. Koller ließ sich not-
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dürftig verbinden und meldete sich, bei seiner Kompagnie wieder eingerückt, sofort freiwillig zu einem Patrouillengange.
In einem Nachtgefechte wieder war die Verbindung mit der benachbarten eigenen Gefechtsgruppe verloren gegangen. Infanterist Franz Kacer meldete sich freiwillig, die Stellung dieser Abteilung zu erkunden. Bei vollständiger Dunkelheit, in unmittelbarer Nähe des Feindes und in steter Gefahr, in die Hände der Russen zu fallen, machte er sich inmitten des heftigsten Infanterie- und Artilleriefeuers auf den Weg. Es gelang ihm, die Nachbargruppe aufzufinden und so die Verbindung mit der eigenen Abteilung herzustellen. Im Gefechte selbst erwies er sich als braver, verläßlicher Soldat und verband im dichtesten Regen der feindlichen Geschosse seinen schwer verwundeten Fähnrich.
Beide Infanteristen wurden mit der silbernen Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse ausgezeichnet.
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Llussensang-
Die Russen hatten ihre Stellungen geräumt und gingen zurück. Die Unseren brachten in Erfahrung, es halte sich noch eine russische Halbkompagnie im Vorgelände auf und versuche den Rückzug zu decken. Fähnrich Ladislaus Moor des Honved-infanterieregimentes Nr. 11 erhielt den Befehl, jene feindliche Halbkompagnie mit seinem Zuge, wenn möglich, aufzuspüren und gefangen zu nehmen. Fähnrich Moor rückte sogleich mit seinen 25 Mann ab. Mit sieben seiner Leute hielt er sich den anderen voraus, um die im Gelände irgendwo versteckten Russen zu erspähen. Anfangs schien die Mühe vergeblich, man sah vom Feinde nirgends eine Spur. Aber plötzlich wird das Häuflein der Unseren aus allernächster Nähe wahnsinnig beschossen. Fähnrich Moor war an den rechten Flügel des Feindes unentdeckt bis auf zehn Schritte herangekommen; allerdings auch, ohne den Feind selbst entdeckt zu haben. Im überraschenden Feuer, das die Unseren
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nun erhalten, wird jetzt fast die Hälfte verwundet; Fähnrich Moör aber mit den ihm noch gebliebenen vier HonvÄs denkt an kein Zurück. Vielmehr wird das Feuer aufs energischeste erwidert nnd das schüchtert nun die Russen so ein, daß sie nach wenigen Minuten über Aufforderung des Fähnrichs die Waffen strecken. Unsere fünf Leute nehmen solcherart einen Offizier und 37 Mann gefangen; nahezu 20 Gefallene liegen im Schützengraben.
Der Fähnrich erhielt für diese prächtige Tat die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse, Einjährig-Freiwilliger Zugsführer Johann Hödy, Korporal Stephan Sztraka, Gefreiter Karl Koväcs und vier Infanteristen wurden mit der silbernen Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse ausgezeichnet.
Bei einem Vormarsch in dunkler Nacht hatte eine Kompagnie der braven „Dunkelbraunen" des Infanterieregimentes Nr. 93 eine Zeitlang die Fühlung mit der Nachbargrnppe verloren. Mehrere Patrouillen, vom Kompagniekommandanten entsendet, um die Verbindung mit dem Flügel der links vorrückenden Kompagnie herzustellen, kehrten teils ohne Erfolg, teils gar nicht mehr zurück. Da meldete sich der Reservekorporal Emil Jarolim freiwillig zu diesem schwierigen Werke. Bei seinem Vorgehen glaubte er feindliche Truppenteile zn bemerken, die anscheinend gerade daran waren, sich einzugraben. Er schlich sich vorsichtig näher und spähte, so scharf er konnte, in die nächtliche Finsternis, doch konnte er nicht sicher feststellen, ob es Russen oder unsere eigenen Leute waren. Um sich zu vergewissern, begann er den jedem Dreiund-neunziger wohlbekannten Regimentsruf zu pfeifen. Nichts rührte sich. Jarolim tastete sich weiter, als er sich plötzlich von zwei Russen festgehalten fühlte, die ihn ungestüm nach vorwärts stießen; im Nu waren auch schon vier weitere Feinde um ihn, so daß
TAPFERKEITS
Me aus Mährerland.
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jedweder Widerstand nutzlos schien. Korporal Jarolim aber verzagte nicht. Einen günstigen Augenblick benützend, riß er sich plötzlich los, lief einige Schritte zurück und gab schnell einen Schuß ab, wobei er, um den Feind zu täuschen, nach rückwärts rief: „Lebhaft schießen!" In der Meinung, die Unseren seien schon ganz nahe, ließen die Russen von dem einzelnen Mann ab und begannen nun selbst in die Finsternis hinauszuschießen. Wohl umschwirrten die Kugeln den zurückeilenden Korporal, doch dieser entkam unversehrt zu seiner Kompagnie und konnte die wichtige Meldung erstatten, wo der Feind zu finden sei.
Titular-Zugsführer Alois Schrnid ging mit dem sich freiwillig meldenden Gefreiten Heinz und zwei Infanteristen als Patrouille in einen noch aufzuklärenden Wald und begann diesen zu durchstreifen. Plötzlich stößt er auf einen russischen Soldaten, der, vollkommen überrascht, das Gewehr zu Boden wirft und die Hände hoch hebt. Kaum hat unsere Patrouille den Gefangenen in die Mitte genommen, als auch schon vier weitere feindliche Schützen hinter den Bäumen entdeckt werden. Zugsführer Schmid schreit ihnen zu, die Waffen fortzuwerfen und sich gefangen zu geben. Drei von ihnen kommen seiner Aufforderung nach, der
vierte Russe aber setzt sich verzweifelt zur Wehr, stößt mit dem
Bajonett nach dem ihm zunächst befindlichen Infanteristen und benützt dessen Ausweichen, um zu entspringen. Hiebei ruft er warnend in den Wald, worauf es alsbald überall lebendig wird. Von allen Seiten eilen Russen herbei und gehen auf die Patrouille der Dreiundneunziger los. Zugsführer Schmid muß nun wohl vor der ungeheuren Übermacht das Feld räumen, läßt aber seine Gefangenen trotz des heftigen Nachdrängens des Feindes nicht
los. Er treibt sie mit dem Bajonett vor sich her und bringt sie
glücklich zur Kompagnie.
Beide Unteroffiziere erhielten die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
Leiter-Abenteuer,
Eine Nachrichtenpatrouille des Husarenregimentes Nr. 6 wird ans einem Erkundungsritt aus einem Ort angeschossen. Husar Samuel Krälik, der als Spitzenreiter seiner Abteilung weit voraus ist, gewahrt, daß sein Pferd getroffen wurde und heftig blutet. Doch es gilt vor allem zu erfahren, wieviel von den Feinden im Orte stecken, und der Husar, so sehr er sein Pferd liebt, so gern er das verletzte Tier schonte und pflegte, nun gibt er ihm die Sporen und sprengt bis an die Visiere heran. Tatsächlich gelingt es ihm, zuverlässig festzustellen, in welcher Stärke der Gegner den Ort besetzt hält, und schon will er sich auf den Rückweg machen und die Meldung heimzubringen, da bricht keuchend sein schwerverwundetes Pferd unter ihm zusammen; Krälik arbeitet sich mühsam unter dem gestürzten Tiere heraus, aber gerade in diesem gefährlichen Augenblicke stürmten acht feindliche Reiter auf ihn los. Mancher andere hätte in solch verzweifelter Situation sich gefangen gegeben, aber Husar Samuel Krälik hat noch seinen Karabiner und, solange er eine Waffe hat, darf kein Russe ihm nahe kommen. Rasch hat er angelegt und schießt zwei seiner Angreifer zusammen, worauf die übrigen in eiliger Flucht zurückjagen. Sein treues Pferd muß er verendend zurücklassen, aber rüstig macht er sich zu Fuß auf den Weg und bringt seine so gefahrvoll erkämpfte Meldung pflichtgetreu dem Kommandanten. Husar Krälik erhielt die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
Bei einem schwierigen Patrouillenritte hat der Zugsführer Lukas Stadnik des Ulanenregimentes Nr. 4 Proben seiner Tapferkeit und Geistesgegenwart abgelegt. Mit sechs Reitern als Nachrichtenpatrouille in die nördliche Flanke seines Regimentes entsendet, wurde ihm vorerst der Weg durch eine Kosakenabteilung von 24 Reitern verlegt. Aber das ist für Ulanen kein rechtes Hindernis. Die Sechs gehen schneidig die vierfache Übermacht an und jagen die Kosaken davon. Während die Patrouillenreiter so kühn operierten und unentwegt vorwärts drangen, hatten sich aber die Verhältnisse an der eigenen Front derart gestaltet, daß das Ulanenregiment seinen Weitermarsch aufgeben und zurück mußte. Es war nicht möglich, die schon weit draußen befindlichen Patrouillen rechtzeitig von der Änderung der Marschrichtung zu verständigen, so
daß ein Teil derselben von den herandrängenden feindlichen Reitern umgangen und von der eigenen Hanpttrnppe abgeschnitten wurde. Auch die kleine Abteilung des Zugsführers Stadnik erhielt plötzlich von drei Seiten Feuer und mußte in westlicher Richtung ausweichen. Aber bei diesen Bewegungen im breiten Raume floß ihr Verstärkung zu durch abgesprengte eigene Patrouillen, die in dieselbe Situation geraten waren und sich jetzt freudig den Kameraden anschlossen. Nach und nach kam auf diese Weise eine Abteilung von ungefähr neunzig Reitern zusammen, die Zugsführer Stadnik unter sein Kommando vereinte und mit großem Geschicke führte. Unter steten Kämpfen mit dem nachdrängenden und immerfort angreifenden Feinde schlug er sich glücklich durch und brachte die ganze Schar, die man längst verloren gegeben hatte, unversehrt zum Regimente zurück. Zugsführer Stadnik hatte sich auch vordem schon bei verschiedenen Gelegenheiten ausgezeichnet, besonders damals, als er bei einem Gefechte in einen Wald eindrang, dessen Rand durch Verhaue gesperrt und durch feindliche Infanterie besetzt war, und erkundete, was für feindliche Kräfte sich im Gehölze befanden. Ihm wurde denn auch die höchste Auszeichnung zugesprochen, die dem Mannschaftsstande verliehen werden kann, die goldene Tapferkeitsmedaille.
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Mit feinem Maschinengewehr»
In der Abenddämmerung setzte der Feind zum letzten entscheidenden Sturme gegen die auf einer Höhe bei Lepsin befindliche exponierte Stellung einer Halbkompagnie der Vieruudneun-ziger an. Bei der verzweifelten Abwehr der Unseren leisteten besonders die der Halbkompagnie beigegebenen Maschinengewehre ganz Außerordentliches. Aber einer nach dem anderen der tapferen Bedienungsleute wurde ein Opfer der feindlichen Kugeln. Schließlich ganz allein sein Maschinengewehr als Vormeister bedienend, harrte Infanterist Emil Richter auf seinem Posten aus und ließ
das todbringende Werkzeug mit so viel Geschick und Umsicht spielen, daß der Angriff des Gegners zusammenbrach und die Halbkompagnie die Höhe behaupten konnte. Zwei Tage später erfolgte in der Nacht abermals ein Sturm. Mit dem Aufgebot aller Kräfte brachte Richter, als letzter Vormeister, sein Gewehr im heftigsten feindlichen Frontal- und Flankenfeuer in günstige Stellung und eröffnete ein wohlgezieltes Feuer. Es war die höchste Zeit, denn der vom Feinde umfaßte rechte Flügel des Regimentes schwebte in höchster Gefahr. Aber dort, wo die Geschoßgarbe des Gewehres des Infanteristen Richter einschlug, dort türmten sich die Leichen des Gegners zu Bergen! Dieses vernichtende Feuer hatte eine derartige Wirkung beim Feinde, daß er in panikartiger Flucht seine Deckungen räumte. Diesen Moment benützte eine kleine Abteilung des Regimentes und drang — nur durch die Leichenhügel der durch das Maschinengewehr dahingemähten Feinde gehemmt — unter lauten Hoch-Rufen auf den Gewehrvormeister Richter in die feindliche Stellung ein. Die Reste des Gegners, ein Major, ein Leutnant und 51 Mann, die sich nicht rechtzeitig in Sicherheit bringen konnten, ergaben sich und wurden gefangen.
Infanterist Richter, der durch sein heldenmütiges Ausharren und entschlossenes Benehmen so viel zum Erfolge des Tages beigetragen hatte und dabei verwundet wurde, erhielt die goldene Tapferkeitsmedaille.
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Fähnriche fechten.
Fähnrich in der Reserve Wendelin Szajkovits des Infanterieregimentes Nr. 72 lag während eines Nachtkampfes im Schloßparke zu Czarköw und erhielt den Befehl, in der Richtung vorzurücken, aus der der Gefechtslärm herüberkam. Sofort drang der Fähnrich an der Spitze seiner Abteilung zwischen den abgebrannten Gebäuden vorwärts; im Dunkel der Nacht war jedoch die Orientierung äußerst schwierig, um so mehr als von allen
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Seiteil geschossen wurde und man gänzlich im unklaren blieb, wo der Feind und wo die eigenen Truppen steckten. Szajkovits zögerte trotzdem nicht eine Sekunde; er selbst stellte sich todesmutig an die Spitze seines Zuges und suchte nur den Kampf, ein Angriffsobjekt. Kaunl war er jedoch bei einem Wirtschaftsgebäude angelangt, als er von den Fenstern herab mit einem Hagel von Geschossen überschüttet wurde. Gleichzeitig ertönten Rufe, mit denen er aufgefordert wurde, sich zu ergeben. Dem Fähnrich kam es gar nicht in den Sinn, dieser Aufforderung Folge zu leisten; und ohne Zögern sprang er unter Hurra-Rufen in das Gebäude. Seine Leute brüllten mit und stürmten hinter ihm her. Drei der ersten Russen, die sich den Angreifern entgegenstellten, streckte der unerschrockene Fähnrich mit Pistolenschüssen nieder. Die Mannschaft, durch die Schneidigkeit ihres Führers fortgerissen, stürzte sich mit solcher Wucht auf die dunklen Massen der Besatzung, daß binnen kurzem ein Teil der Verteidiger sich, tödlich getroffen, auf dem Boden wälzte. Außerdem konnten 57 Russen nach heftiger Gegenwehr zu Gefangenen gemacht werden. Fähnrich Szajkovits trägt jetzt die goldene Tapferkeitsmedaille.
Start) Sambor war im Herbst 1914 von den Russen so stark befestigt worden, daß unsere braven Truppen sich an den Verschanzungen südlich des Städtchens wiederholt die Köpfe blutig rannten; alle Versuche, den damals an Artillerie und Menschenmaterial weit überlegenen Feind ins Wanken zu bringen, waren vergebens. In diesen schweren Kämpfen hatte der Fähnrich in der Reserve Ladislaus Szily des Infanterieregimentes Nr. 82 nicht nur Beweise großer persönlicher Tapferkeit, sondern auch seiner Begabung in der glücklichen Führung der Truppe gegeben. Das größte Verdienst, das sich Fähnrich Szily in jenen blutigen Herbsttagen des vorigen Jahres erwarb, bestand aber in der steten Ermunterung seiner Abteilung, die ihre eigene Stellung selbst unter den größten Schwierigkeiten festhielt und bei einer Gelegenheit nicht nur den Gegenangriff der Russen erfolgreich abwies, sondern auch 120 Gefangene machte. Daß sein Verhalten als Zngskommandant gewürdigt wurde, ist ihm durch Verleihung der silbernen Tapferkeitsmedaille erster Klasse bewiesen worden.
Fähnrich in der Reserve Julius Rumbold vom Infanterieregimente Nr. 6 erbot sich freiwillig, mit einer Patrouille der
7.6
eigenen Kompagnie die Bewegungen des Gegners beim linksseitigen Brückenkopf der Save zu erkunden. Von seinem Patrouillengange sandte er vorzügliche Meldungen, so daß nach einigen Stunden nicht nur der Brückenkopf, sondern auch die kleine „Zigeunerinsel" von eigenen Truppen besetzt werden konnte. Seine Entschlossenheit, von der er auch früher bei vielen Plänkeleien glänzende Proben abgelegt hatte, war bei dieser Gelegenheit um so mehr anzuerkennen, als sein Vorrücken nur längs einer Bahndammseite möglich war, die ihrer ganzen Länge nach vom feindlichen Feuer bestrichen wurde. Fähnrich Rumbold hat auch vom Kalimegdan die serbische Flagge persönlich eingeholt. Die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse ist heute sein.
Fähnrich in der Reserve Dr. Ladislaus Svaiczer des Feldkanonenregimentes Nr. 17 übte durch sein kaltblütiges Verhalten während eines Gefechtes, in dem die Batterie auf kleine Distanzen im Wirkungsbereiche des feindlichen Jnfanterieschnellfeuers stand, auf die Mannschaft vorzügliche Wirkung aus und veranlaßte sie, die durch den plötzlichen Feuerüberfall im ersten Momente bestürzt war, zur ruhigen Verrichtung ihrer Obliegenheiten. Bei einem Stellungswechsel kehrte der Fähnrich sofort zurück, um beim Fortschaffen der Fuhrwerke erfolgreich mitzuwirken. Ein Zeichen seiner Tat ist die große Silberne.
Als der Kadett in der Reserve August Selinger des Feldhaubitzregimentes Nr. 1 sich während eines Gefechtes als Aufklärer in der Schwarmlinie befand, ging er aus eigenem Antriebe im dichten Kugelregen zurück, um Munition für das Infanterieregiment Nr. 20 vorzuholen. Gleich darauf erbot er sich, dem Infanterieregimente Nr. 3 einen wichtigen Befehl zu überbringen und führte seine Aufgabe mit bewunderungswürdiger Todesverachtung durch, indem er im heftigsten Feuer von Abteilung zu Abteilung ritt. Auch diesen Unerschrockenen schmückt nun die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
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Kampf mit dem Flugzeug.
Als Patrouillenkommandant mit sechs Reitern zu einem Bahnhof entsendet, erblickte Korporal Simon Galyga des Ulanenregimentes Nr. 8 über sich einen russischen Aeroplan. Er sammelt rasch die auf dem Bahnhöfe befindliche Landsturmwache, läßt seine Ulanen absitzen und eröffnet mit dieser kleinen Abteilung das Feuer gegen das feindliche Flugzeug. Die Schüsse schienen Erfolg gehabt zu haben, denn aus dem unruhigen, schwankenden Fluge konnte man schließen, daß der Apparat zu landen beabsichtige. Der Zugsführer ließ seine Leute aufsitzen und im Galopp die Verfolgung aufnehmen. Vier Kilometer weit jagten die Reiter dem wundgeschossenen Fahrzeuge nach, bis dieses endlich landen mußte. Zwei russische Offiziere waren die Insassen. Der ältere, ein General, empfing den heraneilenden Korporal mit der Pistole in der Hand. Als er aber sah, daß auch Galyga mit schußbereitem Karabiner auf ihn losging, warf er die Waffe weg und ergab sich. Der jüngere der Offiziere verlangte von einem der herumstehenden Bauern ein Zündholz, offenbar in der Absicht, den Apparat anzuzünden. Galyga merkte es aber und verbot den Landleuten jede Annäherung. Er nahm dann die beiden Offiziere gefangen, ließ vor den Aeroplan vier aus dem nahen Meierhofe geholte Pferde spannen und transportierte alles in der Richtung gegen das Nächstliegende Dorf. Auf dem Wege dorthin begegnete er einer Eskadron der Siebener-Dragoner und übergab dieser die beiden gefangenen Offiziere und das Flugzeug. Solche Tat erwarb ihm die „große Silberne".
Treue um Treue.
Der 13. November 1914 war für das vierte Bataillon des zweiten Wiener Hausregimentes Freiherr von Bolfras Nr. 84, das an diesem Tag auch seinen Kommandanten Oberst Alfred Edlen von Langer verlor, ein besonders heißer gewesen. Als Vorhut
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der Brigade war es, in unwegsamem Terrain, auf den Gegner gestoßen, der stark befestigte Stellungen besetzt hielt. Es gelang zwar noch vor Einbruch der Dunkelheit diese Stellungen im Sturme zu nehmen, aber so mancher Brave blieb dort auf dem Felde der Ehre.
Besonders die dreizehnte Kompagnie hatte schwere Verluste zu verzeichnen. „Ich hatte dort früher ein Zugskommando geführt", erzählte ein Offizier des Bataillons, „und ging in der Dämmerung die Linie ab, um die Opfer des Tages zu sehen. Bald stand ich vor der Leiche eines mit der kleinen silbernen Tapferkeitsmedaille geschmückten Zugsführers und unwillkürlich mußte ich des Anlasses für diese wohlverdiente Auszeichnung gedenken, eines Beispieles heldenhafter Kameradschaft.
Es war am 19. August gewesen, als ich mit der Führung eines Nachrichtendetachements aus Freiwilligen betraut wurde, das die Aufgabe hatte, festzustellen, ob ein etwa sieben Kilometer vor uns am Horizont aufragender Höhenrücken vom Feinde besetzt sei. Unter den ersten, die sich gemeldet hatten, war auch Reservezugsführer Schneider. Endlich waren wir der Höhe auf etwa tausend Schritte nahe gekommen; es trennte uns nur noch eine tiefe Mulde von ihm. Trotz sorgfältigster Beobachtung konnten wir dort oben noch immer kein Lebenszeichen bemerken, weshalb ich mich entschloß, noch weiter vorzugehen. Nachdem wir die Mulde passiert hatten, kletterte die Spitze und die Haupttruppe unserer Abteilung eine steile Steinrinne bergan, rechts und links durch Patrouillen in der Höhe gesichert. Schon glaubten wir, die Höhe wäre wirklich unbesetzt, als uns plötzlich knapp vor dem Ziel ein mörderisches Feuer von vorn und aus beiden Flanken eines besseren belehrte.
Mit dieser Konstatierung des Feindes war unsere Aufgabe erfüllt, wir konnten uns wieder zurückziehen, wobei uns insbesondere daran gelegen war, die Mulde rasch zu passieren, ehe uns etwa der Rückzug abgeschnitten war. Während ich nun in Eile die nötigen Befehle gab, taumelte ein durch einen Bauchschuß schwer verwundeter Korporal den Hang herunter. „Laßt's mich nicht im Stich," bat er flehentlich. Während in mir noch der Mensch mit dem Soldaten kämpfte, denn wir durften keinen Augenblick verlieren, hatte Zugsführer Schneider den Kameraden bereits gefaßt und trug ihn förmlich den steinigen Weg herunter,
ungeachtet des fortwährenden heftigen feindlichen Feuers, dessen Wirkung noch durch die Splitter getroffener Steine verstärkt wurde. Erst auf der jenseitigen Höhe konnte aus Gewehren und Zeltblättern eine Bahre improvisiert werden, auf die der Schwerverletzte gebettet wurde, während ich mich bemühte, den vollständig erschöpften Retter zu laben. Die schier übermenschliche Anstrengung des Braven war nicht umsonst gewesen, denn ärztlicher Kunst gelang es, dem Verwundeten das Leben zu erhalten.
So hatte sich mein Zugsführer seine schöne Auszeichnung verdient. Mir wird diese Episode für immer unvergeßlich bleiben. Nun hat ihn selbst das harte und doch so ehrenvolle Los des Soldatentodes getroffen.
Wenn ich noch einmal eine Generaldecharge kommandieren sollte, dann will ich sie im Stillen meinem Zugsführer vermeinen, der in Feindeserde schläft".
Ein praktischer Diplomat»
Ein kühnes Soldatenstückchen führte der Infanterist Josef Borbely vom 48. Infanterieregiment aus, als er mit seinen Kameraden bei Stary Korczyn im Schützengraben lag. Es war am 28. Dezember 1914, während einer Feuerpause. Hüben und drüben begann das Schießen, wohl wegen beiderseitiger Ermüdung, an Heftigkeit immer mehr abzunehmen. Endlich trat wie in gegengegenseitigem Einverständnis allgemeine Stille ein. Aber dem aberteuerlustigen Borbely behagte diese Ruhe nicht. Unentwegt spähte er mit Luxaugen über das weite Schneefeld zu den Russen hinüber in der Hoffnung, irgend etwas zu sehen, was Anlaß zu neuerlicher Betätigung geben könnte. Und wirklich: plötzlich bemerkt er in einer von unserer Artillerie verlassenen Deckung, etwa 120 Schritte vor den feindlichen Schützenlinie, ein paar gegnerische Gewehr-
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Mündungen! Holla! Hat er da nicht schon sein Abenteuer? Es wird ja nicht gerade ein ganzes Regiment in dem Loche stecken und jeder Mann von unsern braven Achtundvierzigern weiß, daß es nur ein wenig Überredungskunst gilt, um die Russen zur Desertion zu verleiten, wenn ihrer wenige sind. Und Borbely, der sich bisher in jeder Lage als tüchtiger Soldat erwiesen, beschließt, sich nun auch als Diplomat zu versuchen. Warum auch nicht?. Ein bischen Russisch hat er ja während der langen Kriegsmonate gelernt. Es wird schon gehen!
Vor allem freilich muß er sich die Erlaubnis zu seinem Abenteuer einholen. Er sucht seinen Bataillonskommandanten, findet ihn endlich und trägt die Bitte vor, hinüber gehen zu dürfen. Hinüber? Auf die laufende Frage des Vorgesetzten, was er denn drüben wolle, kommt prompt die Antwort: „Die Zahl der feindlichen Soldaten auskundschaften und sie womöglich alle gefangen nehmen !" Die Kühnheit des braven Burschen gefällt dem Bataillonskommandanten und die Erlaubnis wird erteilt.
Wie ein Lauffeuer hat sichs inzwischen unter den Kameraden verbreitet, daß Borbely ausziehen wolle, Russen zu fangen. Und Hunderte von neugierigen Augen sind auf ihn gerichtet, als er nun nach einer kurzen scherzhaften Verabschiedung losgeht. Aber nicht etwa vorsichtig, geduckt, katzenartig-schleichend verläßt er die Deckung. Nein! Aufrecht und mit geschultertem Gewehr marschiert er strammen Schritts über die hartgefrorene Schneedecke den feindlichen Gewehrmündungen entgegen. Mit atemloser Spannung verfolgen die Unseren dieses tollkühne Wagnis. Jeden Augenblick kann drüben eine Büchse, können zehn Büchsen loskrachen und das Schicksal des Kameraden ist besiegelt. Aber Borbely kennt seine Russen. Mit weitaufgerissenen Mäulern glotzen sie das seltsame Schauspiel an und erst, als er auf etwa zwanzig Schritte an ihre Stellung herangekommen ist, fliegen ein paar Kolben zum Anschlag auf und jemand ruft ihm zu, sich zu ergeben.
Da erweist sich nun Borbely als tüchtiger Diplomat. Anscheinend zeigt er sich vollkommen einverstanden. Es geht bis an die Deckung vor und läßt sich ohne Widerrede das Gewehr abnehmen. Dabei erfaßt er mit einem Blick die ganze Situation: Zwei Offiziere und etwa siebzig Mann sind da.. Mit diesen kann er es ja allenfalls versuchen!
Ielfy Gyula.
Sattterwer^stätte dev Siebner Husaren in den Karpaten nächst Sztropbö«
Dielzerstörte Eisenbahnbrü<Le und die nebenan 5cIfl) 0,1l,usst’ gebaute (Hotbvü&e über den Pruth nächst Lzernowitz.
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Aber aus „Vorsicht" ruft er ein paar Kameraden zu Hilfe. Die Russen verstehen zwar nicht, was er da zu den Unseren hinüberbrüllt, aber als sich sieben Mann wie ein einziger aus dem Graben erheben und herüber eilen, mißverstehen sie die Absicht dieser Wackeren gründlich. Inzwischen erprobt Borbely seine Überredungskünste. Mit aller Überzeugungskraft, die 'er in seine Gebärden nnb sein Radebrechen zu legen vermag, das er „Russisch" nennt, sucht er den feindlichen Soldaten die Vorteile klar zu machen, deren sie durch die Desertion zu den Unseren teilhaftig würben. Aber kaum, daß er endlich verstanden wird, muß er an den drohenden Gebärden der Russen merken, daß die Muschiks gerade diesmal leider nichts von Ergebung wissen wollen. Doch zum Glück sind die wackeren Sieben schon ganz in der Nähe. Was im Guten nicht geht, wird eben durch Gewalt erreicht werden! Kurz entschlossen gibt Borbely seinen Kameraden den Besehl zum Sturm, erfaßt selbst blitzartig sein ihm abgenommenes Gewehr und schlägt damit den ersten besten Russen nieder. Seinem Beispiel folgen die eben heranstürzenden Helfer und diese Sprache verfehlt nicht ihre Wirkung. Denn von solchen Proben an Energie und Entschlossenheit haben die Russen bald genug und die ganze Schar mitsamt den beiden Offizieren ergibt sich!
Jetzt erst hat man in den weiter zurück liegenden feindlichen Schützengräben etwas von dem Vorfall gemerkt und unter heftigem, aber wirkungslosem Gewehrfeuer eskortiert Infanterist BorMh mit den Seinen den reichen Fang zu unseren Stellungen, wo er mit endlosem Jubel empfangen wird.
Der brave Soldat erhielt für seine kühne Tat die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse, seine wackeren Genossen wurden mit jener zweiter Klasse ausgezeichnet.
Unsere Soldaten.
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*Me man den Gegner täuscht.
Bei einem Stellungswechsel der Unseren am Sanufer wurde Korporal Wenzel Zestak des Infanterieregimentes Nr. 36 mit vier Mann betraut, am Legbach bei Adamowka den Feind zu beunruhigen und möglichst lang aufzuhalten. Seine Aufgabe war zugleich, vorrückende Patrouillen zu verscheuchen und den Feind zur Entfaltung größerer Kräfte zu zwingen. Aber die Russen hatten dort eine Kriegsbrücke geschlagen und rückten gleich mit mehr als dreihundert Mann vor, einer fast hundertfachen Übermacht. Sie waren schon sechzig Schritte nahe, außerdem bestrichen von rückwärts Maschinengewehre das ganze Vorfeld, jeder Widerstand schien Widersinn. Der tapfere Korporal Zestak war anderer Meinung. Er sagte sich, fünf Österreicher könnten fünf Schock Russen aufhalten, wenn sie nur geschickt wären. Glücklicherweise herrschte Nebel, so daß man ihrer Minderzahl nicht gewahr werden konnte, und so beschloß er, den Kamps zu wagen. Er postiert seine vier Leute in Zwischenräumen, läßt sie rasch feuern und bei jedem Schuß schreien sie wacker „Hurra", bald dieser, bald jener, bald alle fünf zusammen, so stark ihre Lungen es vermögen. Die Russen drüben glauben sich starken Kräften gegenüber. Sie gehen zurück, beginnen erst ein Kleingewehrfeuer und bereiten dann umständlich einen gewaltigen Angriff vor. Solange warten aber wieder die fünf Mann nicht — sie haben eine halbe Stunde die hundertfache Überzahl aufgehalten und damit das Menschenmöglichste getan — lachend und übermütig, ohne eine Schramme kehren sie zur Abteilung zurück, wo der Korporal Sestal sofort für den verwundeten Zugskommandanten das Kommando übernimmt und nun mit neuen Kräften den Feind angeht. Korporal Wenzel Zestak erhielt die große silberne Tapferkeitsmedaille und hat sich ihrer noch oft — bis zu seiner schweren Verwundung — als würdig erwiesen.
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Sechser Infanterie-
Vieles wird man nach dem Kriege von den Taten des ungarischen Infanterieregimentes Nr. 6 in diesem Feldzug erzählen können, heute sind aus der Fülle seiner heroischen und mannhaften Leistungen noch die wenigsten überliefert, aber schon diese bezeugen, daß das Regiment seinem alten Ruf nicht untreu geworden ist. In Ungarn haben die Türken sie noch gekannt, hießen sie doch das siebenbürgische zweite Szekler Grenzinfanterieregiment. Dieses ergänzte sich aus dem Bezirk des Häromszeker und Udvar-helyer Stuhles. Schon 1788 haben diese wackeren Grenzer die Pässe ihres schönen Landes gegen die besten Janitscharentruppen verteidigt und seitdem gab es keinen Feldzug, wo sie nicht mitgekämpft hatten. 1851 als Linieninfanterieregiment neu konstituiert, ergänzen sie heute ihre Mannschaft aus dem Ergänzungsbezirk Ujvidek. Doch in allen Wandlungen des Namens und der Zeit ist bei ihnen eines gleich geblieben: der Todesmut und die unbeugsame Verwegenheit.
Ein paar Episoden aus den Kämpfen dieses Krieges können heute schon erzählt werden. Da ist die des Fähnrichs Matthias Bischofs. Bei einem Nachtangriff führt er als Zugskommandant seine Leute gegen den Feind. Wie die Indianer anschleichend, brechen sie in der Dunkelheit in die feindliche Stellung ein und wüten darin mit Kolben und Bajonett, bis die Russen Verstärkungen bekommen. Fähnrich Bischofs, der vorn in erster Reihe kämpft, will gerade seinen Zug neu ralliieren, da plötzlich wirds ihm schwarz vor den Augen. Ein feindlicher Kolben hat ihn niedergeschlagen, in tiefer Ohnmacht bricht er zusammen. Wie er nach Stunden erwacht, sieht er sich inmitten der russischen Stellung. Die Russen hatten ihn für tot gehalten, ihm eiligst die Waffe und vielleicht noch eiliger — sein ganzes Bargeld abgenommen. Mit der Bestattung der „Leiche" schienen sie sich Zeit zu lassen und das nützte Fähnrich Bischofs, der mit dem wiedergekehrten Bewußtsein auch rasch wieder alle seine Sinne beisammen hatte, glücklich aus. Da er unter keinen Umständen den Russen, die ganz nahe lagerten, sich ergeben wollte, beschloß er, sich weiter tot zu stellen, und blieb so bis zur Nacht unbeweglich und unbehelligt liegen. Dann machte er sich auf, schlich durch die russischen
Reihen wieder zu den Unseren zurück, die den Totgeglaubten mit Jubel begrüßten . Fähnrich Bischofs erhielt die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
Dieselbe Auszeichnung dankt der standhafte Feldwebel Andreas Kuhn seinem verwegenen Ausharren bei überlegenem Angriffe. Trotzdem das Maschinengewehr, das er bediente, vom Feinde Hunderte wegraffte, sie kamen doch vor bis in unsere Stellung. Zwanzig Schritte waren sie bereits vor ihm, da visiert er ihnen die Waffe entgegen und läßt sie furchtbare Mahd halten. Seiner Unerschrockenheit war wesentlich, die Rettung der Stellung zu danken.
Fabelhaftes im Sturm haben die Fähnriche Karl Petrrch und Eugen Siminski geleistet, die immer ihrer wackeren Mannschaft voraus waren und sich die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse redlich verdienten. Aber auch die nicht kombattante Mannschaft schloß sich in leidenschaftlichem Kampfeswillen den anderen freiwillig an. So läßt es sich Rechnungsunterosfizier erster Klasse Stephan Kulundzic nicht nehmen, trotz des schärfsten feindlichen Jnfanteriefeuers die Fahrküchen bis ganz vorn in die Schwarmlinie vorzubringen. Er weiß, wie prächtig die Kameraden dort standhalten, und will sie wenigstens mit guter Kost und feldmäßigen Witzen aufmuntern. Auch den Verwundeten wendet er seine Sorgfalt zu und bringt sie ohne Rücksicht auf sich selbst aus der Feuerlinie. Seine außerordentliche Tätigkeit wird durch die große silberne Tapferkeitsmedaille belohnt.
TAPFERKEITS
Versprengt int V)albc-
Während eines Gefechtes war der Gefreite Ferdinand Deabis des Infanterieregimentes Rr. 100 im unübersichtlichen Gelände von seiner Truppe abgekommen und konnte den Anschluß an diese — es war Nacht — nicht finden. Als-er im Walde herumirrte, bemerkte
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er bei Morgengrauen eine Kosakenpatrouille und der Gefreite beschloß, den Reitern, welche offenbar zur Haupttruppe der Russen zurückritten, zu folgen, um möglicherweise die feindliche Stellung zu erforschen. Vorsichtig schlich er im Jungwalde den Kosaken bis an den Waldsaum nach. Als er dort weiter ausspähte, gewahrte er ungefähr fünfzig Schritte vor sich die russische Jnfanteriestellung. Von seinem gedeckten Standpunkte aus konnte er bequem beobachten; er vermochte die Richtung der Schützengräben, dann auch die beiläufige Stärke der darin befindlichen Russen zu konstatieren. Unterdessen war eine eigene kleine Patrouille herangenaht, welche Deabis zu sich winkte. Die paar Leute eröffneten nun ein überraschendes Feuer auf den Feind und konnten in ihrer verdeckten Stellung die Täuschung über ihre Zahl lange aufrecht erhalten. Bald mengte sich auch unsere Artillerie in das von der Patrouille kühn begonnene Gefecht, doch schlugen deren Geschosse fast 300 Schritte seitwärts von der feindlichen Schwarmlinie ein. Deabis zog sich nun in der Schußrichtung der eigenen Artillerie zurück, bis er die Batteriestellung erreichte. Dort meldete er seine Wahrnehmungen über die Lage der russischen Schützengräben, so daß die Beschießung mit Erfolg neu eingesetzt werden konnte.
Deabis erhielt die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
Ern krregsechter Feldwebel-
Die Kompagnie, zu welcher der Feldwebel Adreas Hock des Infanterieregimentes Nr. 52gehörte, stand in hartem Kampfe an einer Felswand. Hock half seinem Kompagniekommandanten in der Leitung des Gefechtes, die in dem unübersichtlichen und zerklüfteten Terrain sehr schwierig war, und überbrachte dessen Befehle im heftigsten Kreuzfeuer an die gefährdetsten und entlegensten Teile der Aufstellung. Dort, wo es an Munition mangelte, brachte sie der todesmutige Unteroffizier persönlich hin und
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ermunterte dabei durch Worte und persönliches Verhalten die durch langwährende Kämpfe erschöpften Soldaten. Auch sorgte er mit Selbstaufopferung für den Abschub der Verwundeten, was bei der steilen Höhe, in dem teils nassen, teils mit hohem Schnee bedeckten Gestein oft nur nach Überwindung der unsäglichsten Schwierigkeiten und nur bei Aufbietung aller Energie möglich war. Trotzdem ihn der Kompagniekommandant wiederholt ermahnte, sich dieser Samaritertätigkeit erst dann zu widmen, wenn eine Feuerpause eingetreten sei, ließ sich Feldwebel Hock nicht abhalten, seine verwundeten Leute so rasch als möglich, ungeachtet der dicht herumschwirrenden Geschosse, zu bergen. Aber bei einem anderen Gefechte überbot er sich selber. Die Kompagnie lag auf ungefähr 100 bis 150 Schritte vom Feind entfernt im heftigsten Feuer. Ein frontales Vorgehen schien vollkommen ausgeschlossen. Feldwebel Hock erbot sich, mit einigen Leuten bis zu einem Höhenzug heranzuschleichen, der die feindliche Stellung flankierte, um von dort den Gegner überraschend anzugreifen. Das kühne Unternehmen gelang. Unbemerkt vom Feinde gelangte er bis zu diesem Höhenrücken und stürmte seinen Leuten voran, auf die überraschten Serben los. Ungeachtet der auf ihn gerichteten Schüsse forderte er mit vorgehaltener Pistole die feindliche Abteilung auf, sich zu ergeben. Solch beispiellose, an Verwegenheit grenzende Kühnheit mag die Serben derart verblüfft haben, daß sie, dreißig an der Zahl, die Waffen streckten. Kurze Zeit danach führte er seinen Zug als Erster zum Sturme gegen eine von Serben besetzte Höhe vor, ohne sich erst darum zu kümmern, wie stark der Feind dort oben sei. Als er ein andermal eine Patrouille freiwillig auf eine vom Feinde besetzte Anhöhe führte, fand er einen am vorhergegangenen Gefechtstage schwer verletzten und gefangen geglaubten Hauptmann des Infanterieregimentes Nr. 37 in einem Hause und rettete ihn. Als Lohn für seine heldenhaften Taten erhielt Feldwebel Andreas Hock die goldene Tapferkeitsmedaille.
3n die F^alle gegangen»
Das bosnisch-hercegovinische Infanterieregiment Nr. 2 tag eingegraben in der Gefechtslinie. Ungefähr 200 Schritte vor der Schwarmlinie befand sich eine Ortschaft. Dort schien es tagsüber nicht recht geheuer zu sein; allerlei verdächtige Bewegungen ließen auf Ansammlung feindlicher Truppen schließen. Es mochten ungefähr zwei Bataillone russischer Infanterie sein, welche offenbar im Dorfe bereitgestellt wurden, um in der kommenden Nacht zum Angriff auf die Stellungen der Unseren vorzugehen. Da hieß es also, sich zu einem entsprechenden Empfange des Gegners vorbereiten. Neben dem Orte zog sich eine Mulde hin, die in der Richtung gegen die feindliche Stellung lief. Konnten die Russen nicht direkt aus der Lisiere des Ortes Vorbrechen, so mußten sie mit ihrer Hauptkraft durch diese Mulde vorgehen. Eigene, günstig angelegte Flankierungsstellungen machten aber für sie einen Angriff aus dieser Richtung zu einem recht aussichtslosen und verlustreichen Unternehmen. Es war daher durchaus in unserem Plane gelegen, die Russen zu zwingen, in diesem Geländeabschnitte vorzugehen, und so beschloß der Kommandant, das vor der eigenen Front gelegene Dorf anzünden zu lassen, um die feindlichen Bataillone zu veranlassen, dasselbe zu räumen und eine andere Gruppierung anzunehmen. Auch hoffte er, die Russen würden dann sicherlich nicht über das durch den Feuerschein beleuchtete Vorfeld, sondern durch die im tiefen Schatten liegende Mulde vorrücken. Jetzt hieß es also, einige findige und kühne Leute aussuchen, die den Ort in Flammen setzen sollten. Vier Infanteristen meldeten sich freiwillig zu dem gefährlichen Unternehmen. Infanterist Mile Stojkovic, ein als unerschrocken bekannter Mann, wurde zum Führer der kleinen Schar ernannt. Stojkovic versicherte dem Kommandanten, er werde seine Absicht entweder ausführen oder nicht mehr lebend zurückkommen. Mit einigen Kerzchen und ein paar Zündhölzchen versehen, machten sich nun die fünf verwegenen Bosnier an die Tat.
Es gelang ihnen, sich unbemerkt durch die Sicherungsposten der Russen zu schleichen, hierauf durchwateten sie einen Bach und kamen endlich glücklich an den Ortsrand. Dort fertigten sie sich bei einem Strohschober Fackeln an und begannen die einzelnen
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Häuser anzuzünden. In kaum einer halben Stunde brannte der nördliche Teil des Ortes lichterloh und beleuchtete grell und weit die ganze Gegend. Nur die tiefgelegene Mulde blieb in Finsternis. Und jetzt bestätigte sich die Annahme der Unseren. Die Russen setzten tatsächlich durch die Mulde zum Angriffe gegen die Stellung der Bosnier an, kamen in das verheerende Feuer der Flankierungsanlagen und mußten nach einem kaum halbstündigen Gefecht unter schweren Verlusten zurück.
Die an dem kühnen Werke beteiligten Infanteristen Mile Stoj-kovic, Marian Todic, Avdija Brikic, Hassan Okic und Petar Branjes erhielten die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse.
TAPFERKEITS
Hilfreich und kühn.
In einem Gefechte am 27. Oktober 1914 war ein einzelnes Haus, welches zwischen unseren Linien und jenen des Gegners lag, unserem Angriff besonders hinderlich, weil es einerseits den Russen gute Deckung für ihre Maschinengewehre bot, andrerseits unserer Infanterie das Schußfeld verlegte. Artillerie war keine zur Stelle, um es niederzulegen, ein Sturm hätte, da er über ungedecktes Feld gehen mußte, furchtbare Verluste gefordert. Da melden sich zwei Ersatzreserveinfanteristen vom 98. Infanterieregiment, Karl Schuldes und Wenzel Hübler, und bieten sich an, es anzuzünden. Auf dem Bauche kriechend, schleichen sie sich, sobald die Dämmerung angebrochen ist, heran, ganz, ganz langsam, um dem Feind nicht ihre Absicht zu verraten. Schritt für Schritt kriechen sie vor. Die Waffen haben sie zurückgelassen, nur Brandmaterial und Zündstoff mitgenommen. Nach langwierigem vorsichtigen Anschleichen erreichen sie das Haus, im Nu ist die Zündung angelegt, ein, zwei Minuten noch und das Holz wird bis zu den Schindeln empor eine einzige Fackel sein. Da hören
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TAPFERKEITS
die beiden Wackeren von innen ein leises Wimmern und Stöhnen, Verwundete müssen im Hause sein, die elend verbrennen müßten. Ohne zu zögern dringen sie rasch in das Haus ein, finden dort zwei Verwundete, die sie noch rechtzeitig zurückbringen. Hinter ihnen flammt das Haus auf. Die kühne Tat ist vollbracht und wird beiden mit der silbernen Tapferkeitsmedaille erster Klasse belohnt.
3tgetmeimml
Zigeuner sind heimatlos. Fürs große Vaterland aber schlugen sich alle mit heilig verwegenem Opfermut. Da war zum Beispiel der Infanterist Alexander Dimitrow des Infanterieregimentes Nr. 6; ein armer Teufel und Familienvater, aber er meldete sich jedesmal freiwillig, wenn es galt, eine besonders schwierige Patrouille zusammenzustellen oder eine nächtliche Meldung zu überbringen. Seine Pürschinstinkte, seine Nomadeneigenschaften kamen ihm hiebei sehr gut zustatten und er konnte sich oft bis auf Hörweite an die gegnerischen Stellungen heranschleichen, von wo er stets wertvolle Angaben mitbrachte. Seine Jndianertaktik verwickelte ihn oft in die widrigsten Umstände, aber er zog sich immer mit besonderer Schlauheit aus allen Schwierigkeiten. Einmal machte er auf zwei Russen einen Bajonettangriff und nahm sie beide gefangen. Im Nahkampf war er ein unwiderstehlicher Gegner, den keine Übermacht erschreckte. In einem solchen Gefecht aber fand eine Zufallskugel den Weg zu seinem starken Herzen. Noch nach seinem Tode wurde sein Andenken durch Verleihung der silbernen Tapferkeitsmedaille erster Klasse geehrt.
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Kaiser Uranz-Dragoner.
Korporal Josef Hoffmann des Dragonerregimentes Kaiser Franz Nr. 1, ein Mann, der sich auf Erkundungsritten schon vielfach bewährt hatte, wurde als Kommandant einer Aufklärungspatrouille gegen eine vom Feinde befehle Waldlisiere geschickt, in der Absicht, womöglich die Stärke des Gegners zu erfahren, um danach die Chancen eines Angriffes abzuschätzen. Hoffmann mußte hiebei einen Wald durchqueren und, um nur ja recht vorsichtig zu Werke zu gehen, saß er ab und ging, sein Pferd am Zügel führend, seinen Leuten voran. Er hatte eben eine kleine Anhöhe erstiegen, als er sich unerwartet einer feindlichen Patrouille gegenüber sah. Ein leiser Pfiff und seine Reiter waren mit einigen Sprüngen in seiner Nähe. Die Russen leisteten Widerstand, gerieten jedoch sehr bald in Unordnung und, da sie sich nicht ergeben wollten, blieb ihnen nichts übrig als davon zu lausen. Bei einem späteren Gefechte vor einer Brücke ritt Hossmann seinem Schwarme so kühn voraus, daß der am gegenüberliegenden Waldrande beobachtende und natürlich heftig schießende Feind irregeführt wurde und glaubte, daß es nur die Vorhut einer unmittelbar nachfolgenden stärkeren Abteilung sei. Die Täuschung gelang vollständig.
Ein anderer Korporal, Josef Hausdorf, nahm mit einem Schwarm eine Aufklärung in der Flanke vor und ritt direkt in den Ausstellungsraum der Kosaken hinein, als ob starke eigene Truppen hinter ihm zur Verstärkung herankämen. Er wurde mit einem Kugelregen bedacht, galoppierte jedoch unbekümmert um die gefährlichen Stahlvögel, die die Luft schwirrend dnrchflogen, so lange herum, bis er genügend orientiert war, um die benötigte Meldung an sein Kommando zurückbringen zu können.
Ein hübsches Reiterstückchen gelang dem Dragoner Alois Wilim. Er wurde gelegentlich eines Patrouillenrittes in einem Walde von zwei feindlichen Infanteristen überrascht. Sie faßten ihn von beiden Seiten an und er geriet in Gefahr, vom Pferde gezogen zu werden. Wilim riß sich jedoch los und versetzte dem rechts stehenden Mann einen solchen Hieb, daß er bewußtlos zusammenstürzte. Jetzt hatte er leichteres Spiel. Den Karabiner in Anschlag nehmen und schießen, war nur ein Moment — und schon lag auch der zweite Gegner schwer getroffen am Boden.
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In solchen Episoden der Aufklärung erwiesen sich auch die Dragoner Jaroslaus Prusa, Wenzel Wondra und Karl Perner als unerschrockene Meldereiter. Aber als tüchtige und unermüdliche Soldaten griffen sie alle, die schon so wichtige Vorarbeit geleistet hatten, stets in den nun sich entwickelnden Kämpfen und Zusammenstößen der aufmarschierenden Kräfte mit bravouröser Kampfessreude ein.
Einen Zug dieser tapferen Leitmeritzer Dragoner führte der Reservefähnrich Siegfried Sechnet, ein Muster an Kaltblütigkeit und Geistesgegenwart in den grimmigsten Gemetzeln. Selbst ein heftiger Schmerz auf dem Kopf, der sich als ein Streifschuß erwies, vermochte nicht, ihn zu bewegen, das Schlachtfeld zu verlassen, und erst als er einen Rittmeister verwundet vom Pferde sinken sah, nahm er sich des Hilflosen an und rettete ihn und sich aus dem Getümmel. — Ein anderer schwer verletzter Rittmeister, Baron Friedrich Salis, war in Gefahr, von den Russen weggeschleppt oder getötet zu werden. Dragoner Eduard Zajic bemerkte die Not seines Vorgesetzten, sprengte hinzu, stieß und hieb um sich, bis die Kerle von ihrer Beute abließen. Mit Hilfe einiger Kameraden gelang es dem treuen Dragoner, Baron Salis in Sicherheit zu bringen. — Einer ähnlichen Tat darf sich der Kadett in der Reserve Friedrich Trautzel rühmen; nur war seine Lage dadurch bedeutend erschwert, daß er sich ganz allein befand und die Bergung seines schwer verletzten Offiziers unter fortwährendem Feuer vor sich ging. Er trotzte der Lebensgefahr und schleppte den Sterbenden glücklich aus der gefährlichen Zone. — Als aufopfernder Sanitätsgehilfe muß der Dragoner Franz Bretschneider genannt werden. Während des Gefechtes bei Mazury wurde insbesondere die erste Eskadron vom Feinde aufs Korn genommen. Aber dieser Unerschrockene ging freiwillig über offenes Terrain und es schien, als ob die Kugeln ihm auswichen. Er verband fünf österreichische und zehn deutsche Soldaten, bevor er daran dachte, eine Deckung aufzusuchen. Solcher Heldenstückchen gab es in diesem Regiment unzählige. Korporal Ladislaus Hanousek und Dragoner Mastalka bewerkstelligten die Besetzung einer Furt über die Wartha bei Antonin und schossen und hieben so wirksam drein, daß sie an dieser Stelle vierzig Kosaken vertrieben. Auch die Patrouilleführer Karl Grünberger und Robert Goldmanu
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machten ihrem Regiment Ehre und erwiesen als ©etoehrbortneifler und Beobachter wiederholt ihren soldatischen Geist.
Als das brabe Reiterregiment einmal spät am Nachmittag sich sammelte, um der wohlberdienten Ruhe zu pflegen, herrschte in den Reihen der Kameraden Trauer um den Korporal Josef Kucera, der sich während der Kämpfe des Tages in herborragen-dem Maße ausgezeichnet hatte, aber nachher bei der Vergatterung fehlte; man mußte also leider annehmen, daß er gefallen sei. Aber bei einbrechender Dunkelheit ritt ein einzelner Dragoner zu seiner Eskadron ein: der Korporal Kucera. Er wurde natürlich mit großem Jubel empfangen und mit Fragen bestürmt. Man erfuhr, daß er mit Absicht zurückgeblieben war. Er hatte sich, unerklärlicherweise born Feind unbemerkt, mitten unter den Kosaken aufgehalten, ihre weiteren Bewegungen beobachtet und erst, als er mit seiner Aufklärungsarbeit zu Ende war, war er ruhigen Gewissens zu seinem Regimente zurückgeritten. — An Kühnheit wurde sein Verhalten nur noch born Zugsführer Josef Pazont übertroffen, der zum Erstaunen seiner Eskadron erst anderthalb Tage nach einem Gefechte östlich bon Lebrotka wieder bei seinem Regiment auftauchte. Er war freiwillig auf den Höhen des Operationsterrains geblieben, um auszukundschaften, was der Feind als nächste Aktion plane; er war wiederholt in Gefahr gewesen, bollständig bon unseren Linien abgeschnitten zu werden, aber er harrte auf seinem Posten aus und nicht, ehe er seine selbstgestellte Aufgabe gelöst hatte, kehrte er zu seinem Regimente zurück.
Von diesen tapferen Reitern erhielten Josef Hoffmann, Josef Kucera, Alois Wilim, Josef Pazont, Friedrich Trautzel und Siegfried Lechner die silberne Tapferkeitsmedaille erster, Josef Hausdorf, Karl Grünberger, Robert Goldmann, Eduard Zajic, Jaroslaus Prusa, Wenzel Wondra, Karl Perner, Franz Bretschneider, Mastalfa und Ladislaus Hanousek jene zweiter Klasse.
Wachtmeister Franz Wanka stürmte einmal mit seinem Zug auf eine Waldparzelle los und bertrieb den dort befindlichen überlegenen Gegner, trotzdem er auch bon beiden Flanken Feuer bekam. Ein anderes kühnes Stück bottbrachte er anläßlich der Erkundung einer Ortschaft. Er hatte sich freiwillig für die gefährliche Aufgabe gemeldet, ritt mit drei Reitern in der Nacht ab,
TAPFERWEITS
gelangte glücklich durch die feindlichen Vorposten und hatte dann noch einen dichten Wald zu durchstreifen. Vor der Ortschaft endlich angelangt, stieg er vom Pferd und schlich sich behutsam an. Er wurde aber von nicht weniger als fünfzehn russischen Infanteristen dabei entdeckt und wütend angeschossen. Der unverdrossene Wachtmeister hielt sich die Feinde aber mit Pistolenschüssen vom Leib und verschwand dann in der Dunkelheit. Seine Patrouille war inzwischen zurück und trotz des lebhaften feindlichen Feuers unversehrt durch den Wald gekommen. Der Wachtmeister, nun ganz auf sich gestellt, gab seinen Plan nicht auf und schlich sich abermals an den Ort heran, erkundete die feindliche Signalstation sowie die Batteriestellungen und kam glücklich durch die feindlichen Vorposten wieder zu seiner Abteilung zurück, wo er die überaus wichtigen Meldungen erstatten konnte.
Der Dragoner Richard Feigl desselben Regimentes hatte seit Kriegsbeginn stets hervorragende Tapferkeit bewiesen und sich zu den gefährlichsten Patrouillenritten und Unternehmungen jederzeit freiwillig gemeldet. Einmal war er bei einer Patrouille eingeteilt, welche drei Ortschaften hintereinander aufzuklären hatte. Gleich bei der ersten Ortschaft wurden die Reiter angeschossen, ihr Kommandant stürzte verwundet vom Pferde. Feigl übernimmt das Kommando, schickt eine Meldung zu einem nahen Infanterie-bataillon und erbittet einen Zug Infanterie, mit dem er die Russen schleunigst aus dem Orte treibt. Hierauf sucht er nach seinem verwundeten Patrouillenkommandanten, den die Russen inzwischen fortgetragen haben. Er findet ihn in einem Hause vollkommen ausgeraubt und miserabel verbunden. Feigl requiriert einen Wagen, wartet die Dunkelheit ab, da er bei Tageshelle aus dem heftigen russischen Artilleriefeuer kaum herausgekommen wäre, und bringt über Nacht seinen verwundeten Kommandanten auf den Verbandplatz der Unseren zurück.
Ein prächtiger Sugssührer-
Im Nachtgefechte von Szczytniki war es -den Russen durch Ansetzen einer erdrückenden Übermacht gelungen, das Infanterieregiment Nr. 71, das den Ort verteidigte, zur Räumung desselben zu zwingen. Der Feind drängte heftig nach und war schon bis auf zwanzig Schritte an einzelne Abteilungen herangelangt. In diesem Augenblicke höchster Gefahr war es die mit kaltblütiger Besonnenheit gepaarte Tapferkeit des Zugsführers Adam Svabik, die den rückgehenden eigenen Truppen die Möglichkeit gab, sich mit Erfolg wieder sammeln zu können. Er ließ die Russen in der Dunkelheit bis auf die unerhört nahe Distanz von fünf Schritten heran, kommandierte eine Salve und stürmte hierauf an der Spitze seines Zuges mit gefälltem Bajonett auf den vielfach überlegenen Gegner los. Dieser war durch den unerwarteten Vorstoß derart verblüfft, daß er teils zurückwich, teils die Waffen streckte, so daß Svabik mit zahlreichen Gefangenen seinem Regimente zu folgen vermochte. — Als an einem anderen Tage die Einundsiebziger einen Stellungswechsel vornahmen, war es wieder Zugsführer Svabik, der mit einem Halbzuge zwei Stunden lang die Russen durch sein standhaftes Ausharren fest hielt, so daß diese die Verschiebung des Regimentes nicht stören konnten. Vom Feinde heftig beschossen, führte er nach Vollzug seiner Aufgabe die Abteilung so geschickt zu seinem Truppenkörper, daß er hiebei nicht einen einzigen Mann verlor. Der prächtige Zugsführer, der Stolz seiner Kompagnie, erhielt die goldene Tapferkeitsmedaille.
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Ein Geelenarzi-
Erinnernswert ist die Geschichte des Reservefähnrichs Leopold Linka vom 22.Feldkanonenregiment.
Der Fähnrich stand bei seiner Batterie, als sie der Feind aufspürte und unter ein furchtbares Feuer nahm. Rings um die Stellung schlugen Geschosse ein, krepierten heulend, zerfetzten die Deckung und schienen einen flammenden Kreis um die Geschütze zu schmieden, der knapper und knapper wurde. Die Batterie hatte eine geraume Zeit rastlos das Feuer erwidert; wie behende Fechter waren die Geschütze nach jedem Schlag zurückgeschnellt, doch immer präziser schoß man sich drüben ein und schon begannen auch Jn-fanteriekugeln an die verbeulten Schutzschilde zu gellern. Fähnrich Linka erkannte, daß es jetzt rasch eine neue Deckung suchen Hieß, sollte nicht alles verloren gehen, und schrie den Seinen die nötigen Befehle zu. Doch das unaufhörlich hämmernde Bombardement hatte die Mannschaft in eine seltsame Betäubung versetzt. Sie standen, kauerten, lagen mit zermürbten Nerven, überzeugt, daß nun jede Rettung vergeblich sei, und warteten in fatalistischer Ergebenheit auf das unausbleibliche Ende. Aber der Fähnrich stand unter ihnen, ließ mit überlegenem Verzicht auf sein Befehlsrecht in klaren, ruhigen, aber bestimmten Worten über die Lage jedem einzelnen Hoffnung und Vertrauen ins Herz rinnen und löste so mitten im ärgsten feindlichen Feuer wie ein kluger Arzt diese müden todesbereiten Seelen aus ihrer Lethargie. Der Erfolg lohnte den beherzten Mahner. Es gelang ihm, seine Leute aus ihrer gefährlichen Gleichgültigkeit zu reißen und zum schleunigen Platzwechsel zu bringen, der auch völlig glückte. Die Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse wurde dem Wackeren zuteil, der es durch die Wirkung seiner Persönlichkeit verstanden hatte, seine Untergebenen von der Notwendigkeit treuester Pflichterfüllung, auch in den scheinbar verzweifeltesten Lagen zu überzeugen.
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Feuerprobe»
Eine Feuerprobe ihres Pflichtgefühles im gefährlichsten Sinne des Wortes haben ein Feldwebel und ein Korporal des Telegraphenregimentes, Johann Schabatka und Richard Reisser, prachtvoll bestanden. Die Russen hatten ein Dorf scharf beschossen und einige Häuser in Brand gesetzt. Das Feuer griff rapid um sich, die Schindeldächer flammten wie Zünder und in der ungeheuren Hitze schmolzen die Telephonleitungen, die das Kommando des sechsten Feldkanonenregimentes mit der feuernden Batterie verbanden. Trotz des schwelenden augenbeizenden Rauches und ohne auf die immer wieder zerkrachenden Schrapnells zu achten, kletterten Feldwebel Schabatka und Korporal Reisser, unterstützt von dem gleichfalls freiwillig sich zu diesem lebensgefährlichen Beginnen meldenden Korporal Schanski aus die Dächer, schnitten den noch brauchbaren Draht ab, lösten ihn oft von schon brennenden Häusern los und reparierten in dieser feurigen Hölle die Leitungen, bis sie wieder funktionierten. Sie retteten dann noch aus einem brennenden Haus ein vergessenes Kind und bargen zwei Leichen unserer Soldaten.
Als zwei Tage später die Telephonleitung abermals unterbrochen wurde und mangels Materials keine Möglichkeit war, sie wiederherzustellen, boten sich die beiden Helden wiederum freiwillig an, die Telegramme selbst zum Kommando zu bringen. Das Feld, durch das sie laufen müssen, liegt unter schärfstem feindlichen Feuer, aber sie achten nicht darauf, im Gegenteil, statt hinter Deckungen sich weiter rückwärts zum Ziel zu schleichen, wählt Feldwebel Schabatka den kürzesten Weg quer durch das offene Schußfeld. Korporal Reisser wiederum wartet gar nicht die Zustimmung für seinen Botenlauf ab, sondern stürmt blitzschnell mit seinem Telegramm fort, das wichtige Nachricht über Verschiebungen enthält und die Gefechtslage wesentlich verbessert. Die beiden Helden wurden mit der silbernen Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse ausgezeichnet.
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--Es gibt kein 3iinidLu
Stark befestigte feindliche Stellungen sollten von unseren Truppen genommen werden. Die allgemeine Vorrückung war für die ersten Morgenstunden anbefohlen. In einer der Angriffsgruppen befand sich auch der Zugsführer Christoph Hendel des Egerländer Infanterieregimentes Nr. 73, und zwar als Kommandant eines Zuges. Noch in tiefster Dunkelheit, gegen 2 Uhr 30 Minuten früh, wird plötzlich zum Sturm angesetzt und vorwärts gehts gegen die Tod und Verderben speienden feindlichen Schützengräben. Bis auf ungefähr 150 Schritte kann sich der tapfere Zugsführer mit seinen Leuten heranarbeiten, weiter aber geht es trotz allem Mut und aller Todesverachtung nicht, denn das Artillerie-, Maschinengewehr-und Gewehrfeuer des Gegners hat zu große Ernte unter den Unseren gehalten. Da also ein direktes weiteres Vordringen nicht möglich ist, befiehlt Zugsführer Hendel die Eröffnung des Feuers und unsere Leute graben sich emsig ein. In dieser Stellung gilt es, sich nun zu behaupten. Die Leute wissen, es gibt keine Nahrung, kein Wasser, keinen Schlaf, nur unausgesetzten Feuerkampf, aber sie lassen nicht locker. Stunde um Stunde verrinnt, schon bricht der zweite Tag des Kampfes herein, die Dreiund-siebziger liegen noch immer und feuern. Eine Meldung nach der anderen sendet Hendel nach rückwärts, um über die furchtbare Situation des Zuges zu berichten, aber keine seiner Ordonnanzen erreicht ihr Ziel; von feindlichen Kugeln getroffen bleiben alle auf dem Botenwege liegen. Während des zweiten Tages macht sich bereits Munitionsmangel fühlbar. Um einem Verschießen der letzten Patronen, die fürs äußerste aufgehoben bleiben sollen, vorzubeugen, befiehlt Zugsführer Hendel das Einstellen des Feuers und die Leute müssen nun den unablässigen Schauer der feindlichen Eisensaat wehrlos über sich ergehen lassen, ohne Vergeltung üben zu können.
Der Befehl „Es gibt kein zurück" läßt aber die braven Egerländer auch diese furchtbare Nervenprobe sieghaft überstehen. Von Mann zu Mann gehend, muntert Hendel seine Mannschaft auf, die unter den Qualen des Hungers und überwältigt von den physischen Strapazen zusammenzubrechen droht, und spricht ihr unentwegt Mut zu. Noch eine ganze Nacht harrt der Zug ans feinem verlorenen Posten aus, dann versagen die durch das un-
Unsere Soldaten. 7
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unterbrochene Erdarbeiten und Schießen und den Nahrungsmangel vollkommen erschöpften Körper.
Nicht durch den Feind, nur durch den Hunger bezwungen, befiehlt Zugsführer Hendel das Zurückgehen in die frühere Stellung. So hielten die braven Egerländer zweieinhalb Tage als wirkliche Helden auf verlorenem Posten aus.
Zugsführer Hendel erhielt die goldene Tapferkeitsmedaille.
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Gendarmen in Bosnien und der Hercegovina.
In den Berichten der auf dem südlichen Kriegsschauplätze dislozierten Abteilungen begegnen wir sehr häufig den trotz aller Knappheit ergreifenden Schilderungen todesmutiger Leistungen unserer Gendarmen für Bosnien und die Hercegovina. In wenigen Zeilen, oft auch nur in ein paar Worten, wird über eine glänzende Waffentat eines Angehörigen dieses Korps berichtet, das seinen Ruf als hervorragende Elitetruppe jetzt vollauf rechtfertigt. Das soldatische Vorleben der Grenzschutztruppe hat sie allerdings für die Anforderungen des Ernstfalles ganz besonders geeignet gemacht. In dem schweren Sicherungsdienste, der höchste Tüchtigkeit und Kaltblütigkeit verlangt, haben sie sich schon in den Friedensjahren hundertfach in Gefahr erprobt, haben gelernt, schwierigen Situationen, nur auf sich selbst gestellt, kühn entgegenzutreten. Diese ernste, richtige Schulung für Willen und Kraft führt zu einer idealen Durchbildung jedes einzelnen Mannes und läßt naturgemäß Außerordentliches erwarten. Der Krieg hat nun erfüllt, was im Frieden zu erhoffen war, und es wird eines der schönsten Blätter des goldenen Buches der Armee sein, auf dem die ruhmreichen Taten unserer braven Gendarmen Bosniens und der Hercegovina aufgezeichnet sind, wie die nachstehenden Beispiele beweisen:
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Der Titular-Patrouilleführer Michael Milan geriet als Führer und Wegweiser eines Jnfanterie-Nachrichtendetachements in einen serbischen Hinterhalt. Das Detachement mußte sich unter Zurücklassung eines schwerverletzten Reserveinfanteristen auf das linke Flußufer zurückziehen. Milan aber ging nicht mit; er harrte kaltblütig bei dem Verwundeten aus, hielt ganz allein dem heftigen feindlichen Gewehrfeuer stand und vermochte schließlich den Schwerverletzten in Sicherheit zu bringen.
Ein anderer, Titular-Wachtmeister Joso Megjugorac, zersprengte als Kommandant einer aus 65 Gendarmen und Schutzkorpsmännern bestehenden Abteilung eine 100 Mann starke serbische Bande durch einen schneidigen Rücken- und Flankenangriff. Es gelang ihm ferner, überlegene serbische Abteilungen bei ihrem Versuche, die Drina zu überschreiten, unter namhaften Verlusten des Feindes tapfer zurückzuschlagen.
Nicht minder zeichneten sich die Schutzkorpsführer Jbro Dolovac und Nailbeg Tvrtkovic als Kommandanten zweier Schutzkorpsabteilungen in der Stärke von zusammen 30 Mann aus. Dieses Häuflein hatte den Befehl erhalten, den Übergang über die Drina zu bewachen und wehrte todesmutig mehrfache Uberschiffungsversuche überlegener serbischer Abteilungen ab, ohne des überaus heftigen feindlichen Gewehr- und Maschinengewehr-und Geschützfeuers zu achten. Erst als die letzte Patrone verschossen war, kehrten die Braven in ihre Station zurück.
Als Kommandant einer nur vier Mann zählenden Gendarmeriepatrouille griff der Titular-Wachtmeister Mileta Pocuca in einen heftigen Kamps ein und kam dem von Montenegrinern hart bedrängten eigenen Flügel wirksam zu Hilfe. Sein kühnes, energisches Auftreten war für den errungenen Erfolg geradezu entscheidend.
Der Titular-Patrouilleführer Johann Michelid vereitelte als Befehlshaber einer achtzehn Mann starken Gendarmeriepatrouille, die sich mit einer sechzig Mann zählenden montenegrinischen Abteilung im Kampfe befand, einen von etwa zwanzig Montenegrinern beabsichtigten Rückenangriff durch einen mit nur vier Mann durchgeführten glänzenden Gegenstoß. Schon nach den ersten feindlichen Schüssen fielen drei seiner Leute und nun jagte er mit Hilfe des ihm noch verbleibenden einen Gendarmen den Gegner
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in die Flucht, der zwei Tote und fünf Verwundete zurückließ. Im September war Michelic als Führer bei der Spitze eines Landsturmbataillons eingeteilt und erkundete unerschrocken eine feindliche Maschinengewehrstellung, die er zum großen Vorteil der eigenen Truppen dem Bataillonskommandanten rechtzeitig melden konnte. Bei diesem Erkundungsgang wurde er schwer verletzt.
Mit 50 Mann warf Titular-Wachtmeister Josef Skrepl eine vierfach überlegene montenegrinische Abteilung durch einen überraschenden Angriff, den er mit unwiderstehlicher Wucht ausführte, zurück. Der Gegner ließ siebzehn Tote auf dem Kampfplatze.
Als ein wahrhaft todesmutiger Kämpfer erwies sich Titular-Patrouilleführer Anton Vyroubal. Er war im Laufe eines Gefechtes am linken Oberschenkel schwer verletzt worden, hielt aber trotz des großen Blutverlustes bis zum Schluffe des Kampfes in der Gefechtsfront aus. Dabei wurde ihm der Gewehrkolben zertrümmert. Schließlich erhielt der Tapfere noch zwei weitere Schüsse.
Alle bisher Genannten wurden für ihr bravouröses Verhalten mit der silbernen Tapferkeitsmedaille erster Klasse ausgezeichnet.
Die gleiche schöne Dekoration erhielten Titular-Wachtmeister Mile Sertic und Titular-Postenführer Tomo Prsa für die Kühnheit und Todesverachtung, die sie im Kampfe gegen überlegene montenegrinische Abteilungen beim Vorrücken gegen eine Ortschaft bezeigten. Die beiden Gendarmen waren der Infanterie-mannschaft mutig vorausgeeilt, rissen sie mit und drangen schließlich, einen Fluß durchwatend, in die Ortschaft ein, wo sie den noch in den Gassen drängenden Gegner schneidig vertrieben und so den Weg für die Kompagnie frei machten.
Auch Titular-Patrouilleführer Johann Szumarowski erhielt die „große Silberne", da er in einem Gefechte gegen stark überlegene serbische Kräfte trotz der Verwundungen, die er durch vier Schüsse erhalten hatte, tapfer aushielt, und, ohne seiner Verletzungen zu achten, noch etwa vierzig Schüsse gegen den Feind abfeuerte, worauf er sich erst nach dem Stellungswechsel der eigenen Feuerlinie als letzter allein zurückzog.
Titular-Wachtmeister Peter Bahniuk wies bei Bewachung der Drinafurten elf Tage hindurch die beabsichtigte Überschiffung der
Montenegriner stets erfolgreich zurück und zeigte bei den zahl-'"" reichen Zusammenstößen mit dem Feind ein so wagemutiges Verhalten, daß seine Kameraden ihm begeistert nacheiferten. Beim Eindringen der Unseren in einen vom Gegner besetzten Ort kämpfte er todesmutig in der vordersten Reihe und machte sich um die sachgemäße Durchsuchung der Objekte und die Säuberung des Ortes sehr verdient. Auch er erhielt die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse.
Desgleichen Titular-Wachtmeister Jure Novacic, der mit nur vierzehn Mann des Gendarmeriepostens den Rückzug eines Grenzjägerzuges nach einem Gefechte gegen eine große, feindliche Übermacht von etwa 500 Mann deckte und mit seiner Mannschaft so lange heldenmütig standhielt, bis der Zug sich vier Kilometer weit zurückgezogen hatte. Erst dann trat der opfermütige Unteroffizier, unablässig kämpfend, den Rückzug an.
Noch viele ähnliche Taten dieser prächtigen, pflichtbewußten und pflichtstolzen Männer wären zu melden. Und nicht nur als entschlossene, todesmutige Kämpfer bewährten sie sich. Auch als Führer, Wegweiser, als Überbringer wichtiger Nachrichten in dem überaus schwierigen Gelände Bosniens und der Hercegovina erwiesen sie sich als geradezu unentbehrlich. Ein ehrendes Andenken ist ihren Taten für immer sicher!
Durch Hochwasser und
Im winterlichen Morgendunkel hatte das Korpstrain-Gruppen-kommando Nr. 7 durch einen ihm beigestellten Ordonnanzreiter den auf „sofort" lautenden Abmarschbefehl an das mobile Pferdedepot Lomna geschickt. Bald aber kehrte die Ordonnanz unverrichteter Dinge zurück und meldete, die Zustellung des Befehles sei unmöglich, weil ein Hochwasser die Brücke über die Ondawa weggerissen habe und an eine Übersetzung des hochangeschwollenen
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Flusses nicht zu denken sei. Pioniere waren keine zur Stelle, um den Flußübergang irgendwie zu ermöglichen, auch war der Befehl dringend und keine Zeit zu verlieren. Da erteilt das Gruppenkommando dem Zugsführer Peter Vagasi von der Trainbegleiteskadron Nr. 3, einem der bewährtesten Soldaten, den Auftrag, dennoch mit allen Mitteln die Befehlszustellung zu versuchen. Zugsführer Vägasi zögert nicht. Er macht eine Furt ausfindig, wo sonst die Ondawa zu überschreiten war, jetzt aber ist dort in der furchtbaren Strömung kein Halt zu finden und der Kühne wird vom Pferde gerissen. Schwimmend trachtet er nun ans andere Ufer zu gelangen. Das Wasser ist eiskalt in diesen Dezembertagen, die Strömung zieht ihn und das schwimmende Pferd immer wieder ab, aber nach langen Minuten verzweifelten Ringens gelingt es ihm endlich, am anderen User mit erlahmender Kraft Fuß zu fassen. Doch er hält sich nicht auf, sondern eilt, den Befehl zu überbringen, aber er muß noch einmal zurück, nimmt noch einmal und dann noch ein drittes Mal — weil inzwischen eine Abänderung des Befehles nötig war — durch das kalte Wasser denselben gefährlichen Weg. Durchnäßt und schlotternd im eisigen Dezembermorgen führt er mit immer wieder erneuter Lebensgefahr dreimal sein Heldenstück durch, macht noch, ohne die Kleider gewechselt zu haben, einen Marsch von 25 Kilometern mit und darf erst dann, zu Tod erschöpft, an Ruhe denken. Seiner beispiellosen Aufopferung allein ist es zu danken, daß jener Befehl übermittelt und durchgeführt wurde, und das silberne Verdienstkreuz mit der Krone ehrt heute seine heroische Gesinnung.
Mit einer Kanons.
Im Sommer 1914 standen auch die Ausmusterungen aus den Militär-Bildungsanstalten im Zeichen des Krieges: Es waren Ausmusterungen in Hechtgrau. Für den jungen Offizier oder Offiziersaspiranten ist diese schöne Feier in Friedenszeiten das ernste Prä-
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ludium eines meist sehr heiteren und sorglosen Lebensabschnittes, der in der Erfüllung zärtlich gehegter Kinderhoffnungen allgemach aus frohen Jünglingsjahren in den Ernst des Lebens hinüber leitet. Diesmal ging es aus der Schule — über eine kurze angestrengte Arbeitszeit bei irgend einer Ersatzformation — direkt auf das Schlachtfeld. Und wenn diesmal die gezogenen Säbel aneinanderklirrten, so war der Schwur: „Treue bis in den Tod" von allen Schauern der großen Stunde umweht, in der er geleistet wurde.
Zu denen, welche diese Ausmusterung miterlebt haben, zählt .auch Fähnrich Josef Fischer vom Feldkanonenregiment Nr. 30. Und er hätte sich's gar nicht schöner träumen können als gerade so. Denn Mut, Tatendrang, Abenteuerlust waren die Eigenschaften, die Lehrer und Kameraden von jeher an ihm liebten. Keinem war
bange um ihn. Jeder wußte: Der wird schon seinen Weg finden.
Und wirklich: Er fand seinen Weg, so schnell, daß selbst die ihn kannten, erstaunt waren. Er drängte aber auch förmlich hinaus. Er konnte es gar nicht recht erwarten, seine Stunde kommen zu sehen. Denn er hatte vor, etwas Besonderes zu leisten, etwas ganz Großes. Und als die Stunde kam, erwies sich der blutjunge Fähnrich, der aussah wie ein halber Knabe, wirklich als ganzer Mann, als bewundernswerter Soldat.
Es war am 1. November 1914. Die Unseren rangen mit den Russen hart und erbittert bei Jagnin in der Nähe von Opatöw. Da kommt an die vierte Batterie des Regimentes, in der Fischer Dienst machte, der Befehl, einen Zug zur Unterstützung der vordersten Jnfanterielinien ganz nahe an diese heranzuführen. Das hören und sich freiwillig als Zugskommandant melden, ist für den braven Fähnrich eins. Und kaum, daß seine Bitte gewährt ist, eilt er auch schon vor, um eine Stellung für die Geschütze zu ermitteln. Rings um ihn hagelt es feindliche Kugeln. Und was für eine
Musik das macht! Aber daß irgend eine von den vielen auch für
ihn bestimmt sein könnte, das fällt ihm gar nicht ein. Er hat gar keine Zeit, daran zu denken. Dann aber heißt es gleich zurück und mit dem Zuge vorfahren, wieder mitten durch das höllische Geprassel und Gepfeife! Und alles geht gut. Kaum daß die Stellung etwa zweihundert Schritte hinter unserer vordersten Schwarmlienie bezogen ist, eilt Fischer zu unseren Plänklern in
den Schützengraben. Von da aus leitet er das Feuer. Immer gerade auf Opatüw schießt er hinüber und mit so großer Geschicklichkeit und Umsicht, daß jeder Treffer dort einschlägt, wo es für die Russen am unangenehmsten fühlbar ist. Stundenlang geht das so, bis die Nacht kommt. Alles: Feld, Stadt, Graben hüllt sie diesmal in ihr finsteres Kleid und wirbt so um ein paar Stunden Frieden bei Freund und Feind. Nun erst stellt der brave Fähnrich das Feuer ein. Aber nicht um auszuruhen. Nein. Es geht ihm etwas durch den Kopf: Ein Bild aus einem der letzten Gefechtstage. „Sind da nicht in der Nähe ein Geschütz und zwei Munitions-wagen von einer anderen Batterie liegen gelassen worden?" „Ja!" sagt ein Unteroffizier und deutet in die Richtung. Da geht es auch schon mit den eigenen Protzen los. Fischer und die Seinen rasten nicht, ehe das kostbare Kriegsgut wirklich geborgen ist!
Dann kommt mit dem Morgengrauen des November ein großes Unglück. Schwere russische Artillerie bestreicht unsere Stellungen und schon der zweite Schuß ist ein Volltreffer in eines von den beiden Geschützen Fischers. Die Wirkung ist fürchterlich. Schutzschild und Verschluß sind zertrümmert; um das Wrack herum Tot, Blut, Stöhnen. Der Geschützführer und der Telephonkorporal sind sofort still. Ein Bedienungskanonier der mehrere Spreng-stücke der Aufschlaggranate im Leibe hat, windet sich vor Schmerzen!
Die Unglücksbotschaft erreicht den Fähnrich auf seiner Beobachtungsstelle im Schützengraben. Es gibt ihm einen Stich ins Herz. Er hat all seine Leute gern, beinahe als wären es seine Brüder. Und diese drei armen Kerle nun . . . ! Aber zum Teufel! Jetzt gibt es doch keine Sentimentalitäten! In diesem Augenblicke muß doch für ihn die Hauptsache sein, daß eines von seinen beiden Geschützen unbrauchbar geworden ist. Überdies geht gerade jetzt starke russische Infanterie zum Angriff los. Was ist zu tun? „Zurückgehen!" ruft ihm der Kommandant unserer Schwarmlinie zu. Freilich. Gegen die ungeheure russische Übermacht, die da anstürmt, können sich ja unsere braven Schützen nicht lange halten! Also in Gottesnamen zurück! Aber einige hundert Schritt bloß!
Fähnrich Fischer eilt zur Geschützstellung. Gerade als er sie erreicht, taucht bereits russische Infanterie in der rechten Fanke auf. Sie erblickt die Geschütze, ein Teil nimmt Direktion daraus und setzt zum Sturm an. Plötzlich sind nun ein paar Möglichkeiten
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bet, die das Soldatenherz des wackeren Fähnrichs schmerzlich zusammenschnüren: Verlust der Geschütze, Gefangennahme, die endlose Reise in das innerste Rußland, entsetzliche Monate der Ungewißheit und Untätigkeit! Nein! Alles andere lieber, bloß das nicht! Und noch ist ja nichts verloren. Ruhig Blut bewahren, das ist jetzt die Hauptsache.
Rasch läßt er das Geschütz gegen den heranstürmenden Feind wenden, richtet es selbst und gibt in unglaublicher Geschwindigkeit und bei der Bedienung eigenhändig tätig, zehn, zwanzig fünfundzwanzig Schuß ab: Erst vortempierte Schrapnells, dann Kartätschen.
Die Wirkung dieses raschen Nahfeuers ist unbeschreiblich. Der größte Teil der Angreifer fällt; oft liegen ihre Leichen übereinander! Was noch rechtzeitig aus dieser Hölle flüchten kann, tuts, so schnell die Beine tragen. Und die Verwirrung greift auch auf die stürmenden Nachbarabteilungen über, auch diese gehen Hals über Kopf zurück und unsere brave Infanterie verfolgt die fliehenden Russen mit Hurra! Erst als sie wieder ihre ursprünglichen Deckungen inne hat, gibt Fähnrich Fischer den Befehl zum Aufprotzen und verläßt dann in größter Ordnung seine Stellung um zur Batterie einzurücken. Die bravouröse Tat mit der einen Kanone fand die lebhafteste Anerkennung aller Vorgesetzten des wackeren jungen Soldaten. Die goldene Tapserkeitsmedaille war sein sichtbarer Lohn dafür, außerdem wurde er zur außertourlichen Beförderung zum Leutnant vorgeschlagen.
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3ti>ci von den Fnnfundsechzigern-
Einen wackeren Regimentshornisten hatte das Infanterieregiment Nr. 65 in dem Feldwebel Josef Pohubi. Dem schlug allzeit das Herz höher, wenn es galt, zum Sturm zu blasen. Dann brach er mit der Sturmlinie selber vor, gab seinem Trompetenton erst noch mit Pistole und sausendem Säbel den rechten Kontrapunkt. Einmal nun hatte der tapfere Hornist gerade keinen anderen
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Befehl, das Gefecht war in vollem Gang, aber untätig wollte er auch nicht sein, so schlich er sich an den Feind heran und rekognoszierte aus eigener Initiative die Stellung in der Nähe eines Schlosses. Er kam eben zurecht, um zu sehen, daß die Russen dort von dem Flankenfeuer eines eigenen Halbbataillons so scharf aufgelockert wurden, daß sie ihren Angriff nicht nur aufgaben, sondern panikartig zurückwichen. Das war gute Meldung und der Feldwebel Pohubi machte lange Beine, um sie möglichst rasch seinem Regimentskommando zu überbringen. Als Beleg für die Richtigkeit seiner Aussage schleppte er einen Russen mit, den er bei der Flucht selber abgefangen hatte. Sofort wurde die Verfolgung aufgenommen und der wackere Hornist — den die große silberne Tapserkeitsmedaille belohnte — konnte bald den Siegern Vergatterung blasen.
Im gleichen Regimente hat der Einjährig-Freiwillige Korporal Barnabas Makai eine schöne Tat vollbracht. Sein Fuß war verstaucht, so konnte er nicht mitstürmen, aber er ließ sich es darum nicht nehmen, in der Schwarmlinie zu bleiben, und, als er seinen Hauptmann schwer verwundet hinstürzen sah, verband er ihn im feindlichen Feuer und schleppte ihn — obwohl selbst ungelenk — auf den Hilfsplatz. Dann hinkte er wieder in die Schwarmlinie zurück und fand am selben Tage noch eine zweite Gelegenheit, sich auszuzeichnen, dadurch, daß er aus dem Stabstrain inmitten des feindlichen Feuers die Kasse mit viertausend Kronen rettete. Auch ihn schmückt heute die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse.
Allem auf sich gestellt.
Der Train des Ulanenregimentes Nr. 2 rastete bei dem Meierhofe Prusinvwice, um dann zu dem weiter vorne befindlichen Regimente Zu fahren. Da erfuhr der in Sikuczin befindliche Proviantoffizier, daß sich in der Nähe der Marschlinie, welche
die Trainkolonne einschlagen mußte, russische Abteilungen Horum trieben, so daß für den ahnungslos daherfahrenden Regimentstrain die Gefahr bestand, abgefangen p werden. Es galt datier, ihn rechtzeitig zu warnen, Zu diesem Zwecke entsandte der Proviant-offizier den bei ihm kommandierten Ulanen Anton Kopera nach dem Meierhofe Prusinowice. Im scharfen Trabe ritt Kopera seinem Ziele zu. Der Abend brach herein, es herrschte schon vollkommene Dunkelheit, als er gegen 11 Uhr das Geräusch einer herannahenden Kolonne hörte. Bielleicht war es der gesuchte Regi--mentstrain, aber es konnte auch der Feind jetu. Da es stockfinster war, mußte Kopera ganz nahe an die Truppe heran, um sich zu vergewissern, mit wem er es zu tun habe. Aus die Gefahr hin', abgefangen zu werden, rief er die Kolonne an, die ihm sofort mit einem lebhaften Feuer antwortete, Eines der Geschosse drang in eine Packtasche seines Pferdes, eines durchbohrte ihm den Mantel, ein anderes blieb in der Patronentasche stecken; wie durch ein Wunder blieb Kopera unverletzt, der jetzt schleimigst über beit Straßengraben setzte und in den Wald galoppierte. Dort band er sein Pferd an einen Baum und schlich sich vorsichtig abermals an die dunkle Kolonne heran, denn er wollte es um jeden Preis wissen: war das Freund oder Feind? Sein Kommen wurde aber wieder gehört und Kopera erhielt abermals Feuer. Endlich erkannte er aus dem Stimmengewirr dort drüben, daß er es mit einer eigenen Trainabteilung zu tun habe und gab sich schleunigst als österreichisch-ungarischer Ulan zu erkennen. Jetzt konnte er ungehindert passieren und nun verfolgte er unverdrossen seinen Weg, um seinen Auftrag auszuführen. Es gelang ihm auch, trotz Finsternis und Wegbeschwerden, den gesuchten Regimentstrain auszuspüren und ihn rechtzeitig in eine andere Marschrichtung zu dirigieren, so daß die kostbare Ladung, vom Feinde unbelästigt, rechtzeitig beim Regiment anlangte. Ulan Kopera erhielt für feine Kaltblütigkeit und seinen Diensteifer die silberne Tapferkeits-medaillc zweiter Klasse.
Dange machen gilt nichL
Maschinengewehre sind stets das gesuchteste Ziel; wo das Verderben verkündende Geknatter aus dem Rollen des Gewehrfeuers heraustönt, dorthin richtet sich auch alsbald ein Schauer von Infanterie- und Artilleriegeschossen. Inmitten des heftigsten Ungewitters feindlicher Granaten beschoß der Korporal Johann Mnntean vom siebenbürgischen Infanterieregimente Nr. 31 ruhig und sicher seine Ziele. Da schlug eine Granate dicht neben ihm ein, hob ihn durch die Wucht der Explosion samt seinem Maschinengewehr hoch empor und überschüttete ihn und die Bedienungsmannschaft mit Erdmassen. Mnntean arbeitete sich heraus, stellte kaltblütig das unversehrt gebliebene Gewehr wieder auf und schoß, da die beiden Bedienungsleute verwundet liegen geblieben waren, ganz allein weiter. Der brave Korporal, der sich auch bei anderen Gelegenheiten durch besondere Tapferkeit ausgezeichnet hatte, erhielt die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
Eln treuer Diener seines Herrn.
Das Heldentum, das auf den Schlachtfeldern aus dem Gemüte der Soldaten erwächst, die vor kurzem noch friedsame harmlose Bürger waren, ist vielartig. Aber über den tausend Nuancen der angreifenden, persönlichen Tat, die Muskelkraft, Entschlossenheit und Grimmigkeit erfordert und erweist, übersieht man oft das stille, bescheidene Geschehnis, das nicht auf die brutale Vernichtung des Feindes zielt, sondern auf die Hilfeleistung dem Kampfunfähigen, dem Verwundeten und Sterbenden gegenüber. Dem Heroismus des Kriegers steht der Heldenmut des Samariters nicht nach. Bewunderung verdienen beide, Rührung weckt die Hingabe des Helfers vielleicht in stärkerem Maße als die Tapferkeit des notgedrungen Zerstörenden.
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Ein kleines „Lied vom braven Mann". Ein Offiziersdiener. Wie sieht in Friedenszeiten der „Lokodiener" in gutmütigem Spotte auf ihn herab. „Pfeifendeckel" nennt ihn der harmlose Witz des Volkes. Und doch, wie oft bewährt er sich als vollwertiger Soldat? Ein ganzer Mann, ein treuer Mensch ist der Offiziersdiener Johann Zellen vom Landwehr-Infanterieregimente Nr. 4.
Während eines Gefechtes war sein Offizier durch eine Kugel in den Unterschenkel niedergeworfen worden. Das Geschoß hatte den Knochen zersplittert und der Getroffene lag regungslos, hilflos da. Das Feld wurde unaufhörlich beschossen; die russischen Projektile sausten in flachem Bogen in die weiche Erde, schlugen Loch auf Loch, so dicht, daß es Selbstmord schien, sich in den Bereich des Eisenhagels zu wagen. Der „Pfeifendeckel" wagte es. Er wollte bei seinem Herrn sein und wollte ihn retten. Aber so lange es schwirrte und pfiff und die bleiernen Tropfen gierig Opfer suchten, war eine Bergung ein Ding der Unmöglichkeit. Da kniete Zellen bei seinem Offizier nieder und grub, allen Kugeln zum Trotz, eine Deckung aus, um zumindest zu verhüten, daß sein Herr nochmals getroffen werde. Das gelang ihm auch. Aber mitten in seiner Samariterarbeit traf ihn plötzlich selbst ein Geschoß und nun lag er selber hilflos, regungslos neben seinem Offizier und beide warteten auf den Tod.
Es war spät am Abend, als der Kampf sich verzogen hatte und die feindlichen Gewehre eine andere Richtung bestrichen. Da fand eine Sanitätsabteilung die beiden Schwerverletzten und trug sie auf Tragbahren zum nächsten Hilfsplatz. In seinen Delirien rief der treue Diener seines Herrn immer wieder: „Mein Oberleutnant! Mein Oberleutnant!" — und es gab keinen Arzt und keinen Soldaten, der so abgehärtet gewesen wäre, daß ihm dieses Jammern nicht ins Herz gegriffen hätte. Der treue Offiziersdiener bekam nach seiner Genesung die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
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Das vergrabene Derfchlußstück»
In den Karpathen hatte die dritte Batterie des Feldkanonenregimentes Nr. 21 einen wichtigen Paß zu halten. Eines der Geschütze war besonders mühevoll auf eine Anhöhe gebracht worden, von wo aus die Paßstraße gut zu bestreichen war. Die Lage war vorteilhaft, aber auch gefährlich. Sollte es dem Feinde einfallen, im Tale rasch vorzustoßen, so konnte das Geschütz auf dem überaus steilen Hange kaum noch rechtzeitig geborgen werden. Für diesen Fall war an die Mannschaft der Befehl ergangen, die Kanone unter allen Umständen unbrauchbar zu machen und dann erst in die neue Stellung zurückzugehen.
Der schlimme Fall trat auch leider ein. Den Russen war es gelungen, mit überlegenen Kräften vorzustoßen, unsere Front mußte ausweichen, um nicht umgangen zu werden, das einsame Geschütz droben auf der Höhe konnte nicht mit. Für die braven Kanoniere kam nun der bittere Augenblick, da sie von der getreuen Waffe Abschied nehmen mußten. Dem Sinne des Befehles gemäß, lösten sie das Verschlußstück aus der Kanone und gruben es seitab tief in die Erde ein, damit die Russen es nicht finden sollten. Dann packten sie die Richtmittel und, was sonst noch irgend zu schleppen war, und zogen sich über die Berge zu den Unseren zurück. Unterdessen brachte man aber in Erfahrung, daß die Russen zwar die Herren des verlassenen Geländes seien, die Paßstraße aber nur sehr ungenügend bewachten und von der Existenz des verlassenen Geschützes kaum eine Ahnung hätten. Sofort brachen unsere Kanoniere wieder auf und holten sich im Schutze der inzwischen angebrochenen Dämmerung unter stundenlangen, unsäglichen Mühen und Gefahren das Geschütz vom Berg herunter. Die zwei Leute aber, die früher das Verschlußstück vergraben hatten, waren nicht mit bei der Expedition und so konnte dieser unentbehrlichste Teil des Geschützes nicht hereingebracht werden. Als der eine von ihnen, der Kanonier Johann Grema, dies später hörte, erklärte er sich sofort bereit, ganz allein in das unwirtliche Gebirge zurückzukehren und den vergrabenen Schatz zu holen. Inzwischen — es war im Jänner — war ein mächtiger Schneesturm losgebrochen, es war stockfinstere Nacht, für eine Wanderschaft ins Bergland das denkbar ungünstigste Wetter. Der brave Kanonier aber ließ
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nicht locker. Im knietiefen Schnee keuchte er sieben Stunden lang hin und zurück und brachte das Verschlußstück wirklich wieder. Zu den mannigfachen Abenteuern mit den Berg- und Wettergeistern, die der einsame Kämpe auf seinem fünfzehn Kilometer weiten Weg zu bestehen hatte, kommt als verwegenstes, daß er sich zweimal, hin und zurück, durch die feindlichen Vorposten durchschleichen mußte.
Er hatte damit ein Geschütz wieder brauchbar gemacht und man lohnte ihm das mit der goldenen Tapferkeitsmedaille.
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Ein Melsterkundschafier.
Das Wort „Spionieren" hat im allgemeinen einen bösen Klang, man denkt dabei zumeist an das niedrige und schleicherische Geschäft um einen Judaslohn, an den heimtückischen Verrat, der an dem offenen, todesmutigen Kämpfer durch die feige, lichtscheue Tätigkeit des Spähers geübt wird. Aber es gibt auch eine Spionage, die mehr Mut erfordert als der Vorsturm mit der Waffe gegen den Feind, einen Kundschafterdienst, zu dem nicht Geld verlockt, sondern einzig der edle Wunsch, seinem Vaterlande zu dienen. Die sich freiwillig aus der Armee zu solchem Unternehmen melden und den Soldatenrock für Stunden oder Tage abstreifen, um näher an den Gegner heranzukommen, ihn inmitten seiner Tätigkeit beobachten zu können, sehen nicht nur wie ihre Kameraden dem Tod entgegen, sondern dem Tod in seiner schimpflichsten Form, dem Tode durch den Strang. Als Helden müssen darum die Soldaten gerühmt werden, die sich freiwillig bei ihrem Kommando für solchen Dienst melden.
Ein Meisterstück solch verwegenen, tollkühnen Kundschaftens hat der Gendarmerie-Vizewachtmeister Miezislaus Gotoniewski
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in den Novembertagen vollbracht, als Mittelgalizien von den Russen besetzt war und wir schon damals alle Maßnahmen für seine endgültige Befreiung trafen. Der Landessprachen kundig, mit dem Terrain vertraut, ein selten kühner, verläßlicher Mann mit trefflicher Konduite in seinem jahrelangen Dienste, war er der Rechte, um sich verkleidet hinter die russischen Reihen zu schleichen. Er selbst bietet sich an, zieht statt seiner schmucken Uniform den weißen Schafpelz eines Huzulen über und macht sich auf den Weg.
Nach Stanislau möchte er zuerst. Dort ist eine Etappenstation der Russen, da gibt es sicherlich viel zu erkunden. Er hat dort vertraute Freunde und kennt jedes Haus. Aber schon auf dem Weg erreicht ihn das Mißgeschick. Zwei Kosaken sprengen gegen den verdächtigen Bauersmann an und nötigen ihn mit vorgehaltener Lanze, vor ihnen her bis zum nächsten Kommando zu traben. Dort scheint der stramme, martialische Bauer gleich verdächtig. Man durchsucht ihn, 140 Kronen, die man im Rockfutter eingenäht findet, werden sofort beschlagnahmt, man flucht und tobt, weil er nichts verraten will, und schließlich kommt ein wichtiger Punkt zur Diskussion zwischen dem Wachoffizier und dem Major, ob man nämlich den Verdächtigen hängen oder nur erschießen solle. Der wackere Scheinhuzule, der jedes Wort der russischen Unterhaltung versteht, macht ein einfältiges Gesicht und beteuert seine Unschuld, jedesfalls wird er zunächst im Steueramtsgebäude eingesperrt, wo er Gesellschaft findet: einen Sanitätssoldaten und ein paar andere Verdächtige.
Der Häftling, der schon mit seinem Leben abgeschlossen hatte, als er jene Diskussion anhören mußte, beginnt sich jetzt sorglich umzusehen. Ein Wachtposten ist da, leider sogar ein wachsamer. Die ganze Nacht kommt er immer wieder herein, nachzusehen, ob seine Pfleglinge noch im Neste sind, und bis zum Morgengrauen muß der treffliche Gendarm — der fühlt sich gar nicht behaglich — warten, bis ein günstiger Moment gekommen scheint. Endlich ist am warmen Sparherd der eifrige Wächter eingeschlafen, ein dumpfes Schnarchen kündet sein argloses Gemüt. Nun schleicht sich der Gefangene weg, aber — o Schreck! — gerade jetzt muß der Schläfer aufwachen und sein erstes ist, den Entweichenden zu fassen. Doch der stellt sich demütig, bittet nur um etwas Wasser,
Heldengräber an der Mda.
Ielfy Gyula.
Feldßurat erteilt Lholeraßranßen die Absolution in Drostowice (nächst Przemysl).
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aber im Augenblicke, wo der Posten sich wendet — ohne seinen Rockkragen deshalb loszulassen —, gibt ihm der Wachtmeister einen Faustschlag, reißt sich los und stürmt davon.
Hinter ihm kracht das Gewehr des wieder aufgesprungenen Russen, im Nu ist alles alarmiert. Drei Kosaken schwingen sich auf die Pferde und galoppieren dem kühnen Flüchtling nach. Doch der hat sich inzwischen in einem Gebüsche verkrochen und läßt ruhig die tatarischen Reiter an seinem Verstecke vorbeistürmen, geht dann — ortskundig, wie er ist — auf Schleichwegen nach Majdamgory und gelangt schließlich nach manchen Fährnissen bis nach Stanislau.
Stanislau lag damals weit hinter der russischen Front, auch ist es schon eine stattliche Stadt, in der ein einzelner Huzule nicht gleich beobachtet wird; so kann Vizewachtmeister Gotoniewski dort gemächlich herumschlendern und seine Beobachtungen machen. Er kaust den russischen Soldaten Tabak ab und erfährt im Gespräch, daß 80.000 Russen aus dem Kaukasus zur Verstärkung herbeigerufen und unterwegs seien, er sieht sich die Schützengräben an, die die Russen auf dem Exerzierplatz errichtet haben, besucht unter Vorwänden die Wohnungen der österreichisch-ungarischen Offiziere und besieht sich den Schaden, den die Russen angerichtet, er zählt die Geschütze, die von Halicz gegen die Front abgehen — kurz, er kundschaftet gleich gründlich, nimmt überall Witterung, ein menschlicher Spürhund mit feinstem soldatischen Instinkt. Sehr interessiert er sich für gewisse Kanäle, die die Russen — die sonst nicht so reinlichen — graben lassen, und bald weiß er, daß sie zur Unterminierung dienen, auch die Werkstätten und Eisenbahnen besichtigt er sorglichst und erfährt vielerlei.
Aber alle diese kostbaren Erkundigungen haben nur Wert, wenn unser Kommando sie erfährt. So beschließt er, wieder den Weg zurückzuwandern, nicht ganz ungehindert freilich. In De-latyn hält man ihn an und ein russischer Major fragt den dummen Huzulen nach den österreichischen Stellungen aus. Gotoniewski lügt ihm Sonne, Mond und Sterne vom Himmel herunter, erzählt, es stünden bei Miculisczyn vier Divisionen und 36 Geschütze, ferner bei Ostaw wieder vier Divisionen mit vielen Geschützen, mehr aber wisse er nicht, denn er verstünde vom Militär nichts und habe, Gott sei Dank, nie bei den Österreichern gedient. Diese
Unsere Soldaten. 8
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Mitteilung scheint den Major höchlichst zu befriedigen, denn er schenkt ihm ein paar Rubel und läßt den Huzulen ziehen, der sich glücklich zu den Unseren durchschleicht, sich eilig wieder in den österreichischen Gendarmerie-Vizewachtmeister verwandelt, nur daß jetzt auch noch die neu und wahrhaftig mit Fug und Recht erworbene silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse auf seinem bunten Ehrenkleide blinkt.
TAPFERKEITS
Mtt auf Leben und Tod.
Auf der Anhöhe in einer Waldlichtung stand eine Eskadron des Husarenregimentes Nr. 5 und blickte auf das weite, offene Terrain hinunter, wo, nur vier Kilometer entfernt, die Schwarmlinie lag, der sie eine wichtige Meldung zukommen lassen mußte. Der Rittmeister überlegte, was wohl am besten zu tun wäre; denn mit allen Reitern, ja nur mit einer kleinen Patrouille das Feld durchqueren zu wollen, über das ein Strichregen von Geschossen flog, wäre Wahnsinn gewesen, weil im dichten Hagel kein einziger an die Schwarmlinie gelangt wäre. Da meldete sich der Husar Wilhelm Raffay und übernahm es, den Ritt allein zu wagen. „Es sind nur vier Kilometer," sagte er, „vielleicht hab' ich Glück." Der Rittmeister händigte ihm die schriftliche Meldung ein, die er in die Brusttasche steckte, dann — ein Schenkeldruck und das Pferd fiel in leichten Trab. Es ging sofort bergab und die übrigen Husaren hörten noch ein paarmal das vertraute lederne Geräusch „jupp jp jupp jp", wie er im Sattel aufflog. Alle blickten ihm gespannt nach und die Offiziere lenkten ihre Pferde gegen die Waldlisiere zu, um, von Bäumen gedeckt, mit ihren Feldstechern den abenteuerlichen Ritt zu verfolgen.
Raffay war bald in der Ebene angelangt und ritt jetzt scharf. Unter den Husen seines schmächtigen Pferdes flog die Ackererde rechts und links auf — da platzte schon in seiner Nähe ein
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Schrapnell. Ein ekelhaftes Pfauchen — Pflpfff... — Raffay fühlte, wie der Luftdruck ihn und sein Pferd zur Seite bog — wußte jedoch sofort, daß er nicht getroffen war. Das Pferd bäumte sich zwar hoch, sprang mit den Vorderbeinen auf, aber der Radetzkyhusar hatte es schon wieder versammelt — ein Sprung — und es sauste weiter, diesmal im Galopp. Vom blauen Himmel summte und pfiff und surrte und donnerte es. Wahrlich ein Ritt auf Leben und Tod. Wollte er der tausendfältigen Gefahr im Galopp entrinnen? Die Gewehrkugeln bohrten sich unsichtbar durch die Luft und sangen ihr stählernes Lied. Sie stürzten sich gierig in die trockene Erde, schwirrten mit drohendem Schraubensausen am Ohr des Reiters vorbei. Und immer wieder wuchs ein weißes, kleines Wölkchen im Blau des Himmels auf und zerstob; und jedesmal streute es heimtückisch die tödliche, eiserne Saat über Acker und Furche, denn der kühne Reiter war vom Feinde, der gegenüber eine mäßige Höhe besetzt hielt, längst bemerkt worden. Es war, als suchten die Kugeln den einsamen Mann, der galoppierte und galoppierte. Immer näher lag die Schwarmlinie vor ihm, immer deutlicher sah er sein Ziel vor sich, — da krachte es, da schlug es ein, da pfiff es wütend, da wirbelte es im Boden ein großes Loch auf — der Husar ritt weiter, noch immer ruhig und nur den einen Gedanken im Hirn: dort liegt die Schwarmlinie. — — Unweit platzte ein Schrapnell und noch eines und noch eines — das Pferd flog mit einem weiten Satz zur Seite — dann nach rechts, dann ein Sprung nach vorn, es stutzte, bäumte sich, riß nach links aus, ganz wirr und rasend. Die Luft zitterte und surrte metallisch wie eine gespannte Saite. Jetzt ahnte der Husar, daß er die letzten paar Minuten nicht heil aus diesem Hagel kommen könnte. Hoch zu Roß gab seine Silhouette dem Feind ein allzu günstiges Ziel. Eine Sekunde Überlegung — dann riß er das Pferd zurück und glitt vom Sattel. Ein Griff und die Satteltasche war abgeschnallt — dann liberließ er das bockende Pferd dem eigenen Schicksal — und schon lief er über die Felder weiter. Er hörte das Pferd wiehern, schnauben und sah es mit tief gesenktem Kopfe seitwärts stürmen. Er selbst stolperte in seinen hohen Stiefeln über die Äcker, fiel hin, raffte sich auf und lief wieder weiter. Die Kugeln schwirrten immer näher, sie suchten ihn nicht mehr, sie hatten ihn gefunden
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und hatten ihn in ihrer Macht; was sie jetzt noch trieben, schien grausames Spiel, Galgenfrist, denn sie hatten ihn umringt, die nächste, die allernächste schon konnte mit bleierner Wucht und
Schwere sich in seinen Leib bohren und dort, zum Greifen
nahe, die Schwarmlinie, die von seinem Kommen nicht das Geringste ahnte.
Da hatte der Husar einen Gedanken. In einer Ackerfurche fiel er hin — erschöpft war er ohnedies — und zog aus seiner Satteltasche ein Zeltblatt. Er hängte sich das braune Stück Leinen um den Kopf und den Leib, band es fest, so gut es ging, und nun versuchte er, aus allen Vieren kriechend, weiter zu gelangen. Die dummen Kugeln stutzten; sie sahen ihr Opfer nicht mehr. War es schon getroffen? Lag es tot im Felde? Sie fanden es nicht mehr. Wohl suchten sie noch immer, aber sie suchten einen aufrechten Mann und nicht eine braune Schildkröte, die langsam, aber beharrlich, vom Ackerton kaum unterscheidbar, weiter kroch und immer weiter, bis sie endlich in der Schwarmlinie anlangte: „Herr Hauptmann, ich melde gehorsamst —"
Als der Husar schweißtriefend, schmutzkrustig in den Graben kollerte und dann wieder aufrecht stand und die Glieder reckte, da lachte er; ein seltsames, aber doch lustiges Lachen der Befreiung, der Erlösung. — —
Wir haben viele tapfere Kerle in unserer Armee und wir haben Husaren, die uns keiner nachmacht! Und um einer glücklich überbrachten Meldung halber braucht bei uns kein groß Triumphgeschrei erhoben zu werden. Eine silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse wird dem Reiter an die Brust geheftet — und der hat sein Heldenstücklein bald vergessen. Geht nächstens an ein anderes, noch verwegeneres!
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Mit nackten Ränften»
Der Offiziersdiener Achammer des Landesschützenregimentes Nr. I hat in der Taufe den seltenen Vornahmen Fidelis, zu deutsch „der Getreue", erhalten und wirklich, der Name hat in ihm den rechten Träger gefunden. Mit Leib und Seele hängt er an seinen Vorgesetzten und an seinem Regimente. Als er in einem Gefechte den Oberleutnant und einen Leutnant seiner Kompagnie fallen sieht, faßt ihn ein heiliger Grimm. „Wer ein echter Österreicher ist, folgt mir!" ruft er und wirft sich mit unbeschreiblichem Elan gegen den Feind. Rache will er nehmen für seine Offiziere, für das edle kostbare Blut und so wild, so leidenschaftlich ist seine Empfindung, daß er vergißt, eine Waffe zu nehmen. Mit nackten Fäusten rennt er gegen den Feind, aber er hämmert wie mit Eisenblöcken auf ihn nieder, faßt einen Russen an der Gurgel und seine beispiellose Wut verwirrt den Feind. Neben ihm, hinter ihm dringen die Unseren vor, trotz seiner zehnfachen Übermacht wird der Feind geworfen. Der wackere Fidelis Achammer hat mit seinen eisernen Händen mehrere Gefangene gemacht und hätte noch mehr heimgeschleppt, wenn ihn nicht ein Schuß in die Hüfte schmerzhaft getroffen hätte. Auf den Verbandplatz wollte er zwar nicht zurück, aber nachlaufen konnte- er jetzt den Russen nicht mehr und in der Nähe war keiner übrig, mit dem er hätte ringen können. So brachte er hinkend seine Beute zum Kommando und empfing dort begeisterte Anerkennung für seine unerhörte Leistung. Die goldene Tapferkeitsmedaille blieb nicht aus.
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Der Verführer.
Es ist wirklich merkwürdig, was für Fähigkeiten unsere braven Soldaten im Felde mit sich herum tragen, die erst im richtigen Augenblicke zur Reife kommen. Wurde da einmal ein kleiner Kompagniehornist des Feldjägerbataillons Nr. 29 namens Johann Kubej während eines abendlichen Gefechtes von den Russen umzingelt und gefangen genommen. Sie schleppten ihn in ihren Schützengraben und ließen ihn dort unter guter Bewachung die ganze Nacht und auch den folgenden Tag über sitzen. Der wackere Spielmann, der einige Brocken russisch radebrechte, war aber unterdessen nicht faul; er verstand es, seinen aufhorchenden Feinden, die kaum noch etwas zu beißen und noch weniger zu schlucken hatten, das Leben in unserem Schützengraben als ein wahres Schlaraffenland darzustellen. Das Resultat seiner Überredungskunst war abenteuerlich genug. Am nächsten Abend bemerkten nämlich die Unseren, wie die Russen plötzlich das weißeste Fähnlein aus ihrer Leinwandhabe zu schwenken begannen, das sie noch aufzutreiben vermochten, zum Zeichen, daß sie sich ergeben wollten. Die Unseren zeigten sich einverstanden und schon sprang drüben eine Anzahl Russen aus dem Schützengraben und begann, ihre Waffen zurücklassend, zu uns herüberzulaufen, so schnell sie nur konnten. Allen voran stürmte als Führer und „Arrangeur" unser Kompagniehornist Kubej. So erreichten sie atemlos den Schützengraben der Jäger, ein Ansturm, den diese sich wohl gefallen lassen konnten. Zwar hatte man aus den anderen russischen Stellungen den Ausreißern wütend nachgeschossen, es war aber schon zu dunkel, als daß man jemanden hätte treffen können. Unser redekundiger Spielmann erhielt für die sechzig Russen, die er eingebracht hatte, die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse.
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Drei Tage eines Infanteristen.
Was ein verwegener Infanterist in drei Tagen zu leisten vermag, hat in den Kämpfen bei Augustow Ludwig Kuza vom Landwehr-Infanterieregimente Nr. 32 gezeigt. Am 23. Oktober bietet er sich freiwillig zu einem Patrouillengang an. Er schleicht bis nahe an den Feind, späht dessen Stellungen aufs gründlichste aus und will eben zurückkehren, als ein paar Kosaken gegen ihn mit gefällten Lanzen ansprengen. Aber schon hat der gute Schütze sein Gewehr an die Schulter gerissen, ein Schuß und der erste Kosak fliegt vom Pferde, die anderen stieben davon. Statt jedoch jetzt eiligst zurückzukehren, läuft Infanterist Kuza dem ledigen Pferde nach, das erschreckt fortgaloppiert war, und bekommt es schließlich am Halfter zu fassen. Als Kavallerist kehrt er nun mit seiner Siegesbeute zu den Unseren zurück und erstattet die Meldung vom Anmarsche der Russen. Denn die sind unterwegs mit übermächtigen Kräften. Rasch wird, ehe ihre Linien entwickelt sind, Sturm befohlen und wieder ist Infanterist Kuza unter den ersten, die gegen eine Maschinengewehrabteilung stürmen und glücklich zwei Kugelspritzen erobern. Aber dennoch, die Stellung ist nicht zu halten, immer neue russische Nachschübe kommen heran und am nächsten Tage — ein paar Stunden Schlaf waren den Wackeren kaum gegönnt, denn mit drohenden Schlägen hämmert die Artillerie gegen unsere Positionen — muß das Regiment zurück, aber mit ungelockerten Verbänden. Wieder ist Infanterist Kuza an gefährlichster Stelle, bei der Nachhut. War er beim Sturme der erste, so will er bei der Nachhut der letzte sein, Stirn an Stirn gegen den Feind. Er sieht seinen Obersten Richter, der die Chaussee möglichst lange zu decken gesucht hatte, in Gefahr, von den anstürmenden Russen gefangen genommen zu werden, eilig rafft er ein paar Mann zusammen, läuft hin und eröffnet, im Straßengraben gedeckt, ein mörderisches Feuer gegen den Feind. Lieber will er sich gefangen nehmen lassen, als daß sein Oberst umzingelt würde. Mit wohlgezielten Schüssen scheucht er die Russen immer fort, schon sind sein Oberst und dessen Leute in Sicherheit, aber er selbst, der sich so verwegen vorwagte, wird umzingelt. Rechts und links tauchen Schwärme von Russen auf, vergeblich wehrt sich die kleine Schar. Seine Nachbarmänner sind
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gefallen, die Patronen beginnen ihm auszugehen — ein, zwei scharfe Schüsse noch gegen die anstürmenden Russen, ein Handgemenge, wo einer noch den Kolben gegen den Schädel bekommt, dann aber haben sie den wackeren Infanteristen.
Er ist gefangen, seine Heldenkarriere zu Ende. Drei Mann werden aufgeboten, ihn zu den russischen Etappen zu bringen,
denn man hat Respekt bekommen vor seinem Mut. Trübsinnig trottet er zwischen den Dreien auf der Chaussee — anders hatte er sich sein Ende gedacht. Vor ihm keucht ein russischer Infanterist, er muß zu seinem eigenen Gewehr noch das des Österreichers schleppen. Ächzend und unwillig trabt er voran. Da
bietet sich Infanterist Kuza an, selbst sein Gewehr zu tragen — gutmütig gibt es ihm der Russe, dem nie der Gedanke kam, man könnte Gefangenschaft als peinlich empfinden. Für den ist es ja das ersehnte Ziel, endliche Ruhe von den Strapazeit und der Gefahr. Friedlich trotten die vier Mann jetzt dahin, der Infanterist mit seinen drei Wächtern. Er spricht mit ihnen, sie radebrechen polnisch und russisch zusammen. Aber während er spricht, fingert der wackere Infanterist an seinem Gewehr herum. Er fühlt die Patronen nach — ja, drei Schüsse stecken noch im Magazin. Und plötzlich hat er die Waffe hoch geschwungen, ein Schuß, ein zweiter — zwei seiner Wächter sinken verwundet zusammen, der dritte wirft erschreckt sein Gewehr weg und gibt sich gefangen.
Nun wird umgekehrt. Infanterist Kuza hat jetzt einen Gefangenen, aber er weiß nicht, wohin er ihn einbringen soll. Er horcht. Es knattert vom Waldrande her, dort ist ein Gefecht im
Gange, folglich müssen dort auch die Unseren sein. Er eilt hin,
was seinem Gefangenen wenig erfreulich ist, denn der Weg geht quer durch das Kreuzfeuer. Aber im raschen Laufe geht es hinüber und da ist das Landwehr-Infanterieregiment Nr. 36. Dort liefert der Brave seinen Wächter ab, läßt sich dessen Übernahme bestätigen und kämpft den ganzen restlichen Tag noch mit. Am nächsten Morgen geht er dann auf die Suche nach seinem Regiment. Aber er findet es nicht. Da er aber sieht, daß das 20. Infanterieregiment in hartem Kampfe steht, reiht er sich dort unaufgefordert ein, meldet sich auch zu einer Patrouille und überfällt einen russischen Stabsoffizier, den er verwundet und nach erbitterter Gegenwehr mit sich schleppt. Nun ist er zufrieden ■—
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ant ersten Tage war es bloß ein Kosakenpferd, am zweiten schon ein Infanterist, am dritten gar ein Stabsoffizier — jetzt gönnt er sich endlich zum ersten Mal ein paar Stunden wohlverdienter Ruhe, ehe er die schwierige Suche nach seinem Regimente wieder aufnimmt. Dort hatte man ihn längst tot geglaubt, um so größer war die Freude der Kameraden, die ihm von Herzen und neidlos die goldene Tapferkeitsmedaille gönnten, die bald die Brust des sofort zum Korporal beförderten Infanteristen Kuza schmückte.
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Der 'ffeind im "LOächierhaus^
Im Verlauf eines Gefechtes wurde der Zugsführer Netti Had-bavni des Honved-Jnfanterieregimentes Nr. 9 mit einer Patrouille zur Aufklärung des Vorterrains abgesendet. Er orientierte sich vorher in dem unmittelbar vor der Gefechtsfront befindlichen Gelände, meldete das Ergebnis den beiden zunächst kämpfenden Nachbargruppen und setzte seine Aufklärungstätigkeit fort, indem er einen geeigneten Beobachtungsposten bezog. Von dort aus sah er, wie zwei russische Offiziere, ein Leutnant und ein Oberleutnant, mit ungefähr dreißig Mattn in ein Bahnwächterhaus traten, das in unmittelbarer Nähe lag. Hadbavni schlich ihnen vorsichtig nach und versperrte die Tür, ohne daß die Russen es bemerkten. Kaum war dies geschehen und der Zugsführer zu seinem Posten zurückgekehrt, da wurde seine aus drei Mann bestehende Patrouille von einer starken russischen Abteilung angegriffen. Hadbavni mit seinen Leuten wehrte sich verzweifelt. Er allein schoß fünf Feinde nieder. Die übrigen warfen ihre Gewehre weg und ergaben sich. Hadbavni sorgte vorerst für den Abschub seiner Gefangenen und schlich sich dann abermals zum Wächterhaus, um nun auch dieses Nest auszuheben. Durchs Fenster rufend, forderte er die überraschte feindliche Abteilung auf, sich zu ergeben. Als nun die Russen Miene machten, Widerstand zu leisten, schoß der Zugsführer durchs Fenster und
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durch die Tür so lange in den dichtgedrängten Feindeshaufen hinein, bis sich keiner mehr regte. So hatte ein einzelner nahezu einen ganzen feindlichen Zug vernichtet. Die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse war der Lohn für seine Kühnheit.
Im k. k. Landsturm-Infanterieregimente Nr. 15 dient ein Zugsführer, dessen Name im Gedächtnis seiner Kameraden nicht erlöschen wird. Er heißt Franz Nather und an seiner Brust glänzt die seltene Ehrung der goldenen Tapferkeitsmedaille. Er hat sich diese an der Nida erworben. Dort war an einer Stelle ein Steg errichtet, über welchen er seinen Zug vor den in Massen nachrückenden Russen in Sicherheit bringen sollte. Der Steg war ein Zielpunkt der feindlichen Artillerie und vor den Schlag aus Schlag platzenden Schrapnells, die in weitem Umkreis ihre grausige Arbeit verrichteten, kam selbst der schon oft erprobte Mut der kleinen Abteilung ins Stocken. Da war es das Beispiel des Zugsführers, seine Besonnenheit und Todesvergessenheit, die nicht nur eine Panik verhüteten, sondern auch Resultate von folgenschwerer Wirkung zeitigten. Zuerst ließ er seine Leute Kehrt machen und gegen den andrängenden Feind losschlagen. Die Soldaten, vom Tode umdroht, in einem Fieber verzweiflungsvollen Mutes, warfen sich mit grimmiger Wucht auf ihre Bedränger und richteten jetzt schreckliche Verheerungen in ihren Reihen an, so daß bloß wenige von ihnen diesen Ansturm überlebten. Nur dieser erfolgreichen Abwehr war es zuzuschreiben, daß beträchtliche Teile anderer eigener Regimenter nunmehr den Übergang über den Fluß vollführen konnten.
TAPFERKEITS
Ein Tausendsasa.
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Ms zum letzten Atemzug»
Durch einen Akt wahrhaft heroischer Pflichttreue bis in den Tod hat sich Reservehusar Johann Pereez des Husarenregimentes Nr. 5 einen Ehrenplatz in der Geschichte seines Regimentes gesichert. Ein höherer Offizier entsandte den Husaren mit einem dringenden schriftlichen Befehl zu dem in der Feuerlinie befindlichen Kommandanten eines Infanterieregimentes. Die Jnfanterielinie wie auch der engere Raum hinter dieser wurde vom Feinde unter heftigem Infanterie- und Artilleriesener gehalten. Pereez ritt unbekümmert um die ihn umzischenden Geschosse auf dem kürzesten Wege durch den bestrichenen Raum, um seine Meldung abzuliefern. Schon war er bis auf ungefähr sechzig Schritte an die Schwarmlinie herangelangt, als Roß und Reiter von mehreren Kugeln getroffen zu Boden stürzten. Aber schon hatte der Kommandant des Infanterieregimentes, zu welchem der Meldereiter entsendet war, das Unglück des Helden gesehen und schickte eine Ordonnanz zu ihm, um zu helfen und zu retten. Es war zu spät. Als sich der Infanterist dem Gefallenen näherte, erhob sich der Husar mit letzter Kraft vom Boden, reckte die Rechte mit der schriftlichen Meldung hoch empor, deutete nach vorne und rief, noch im Todeskampfe auf. die Erfüllung seines Auftrages bedacht: „Ezredes ürnak. !“ („Dem Herrn Obersten. !") Dann brach er zusammen.
Das Andenken des Husaren Pereez, der, getreu bis in den Tod, seinen Kameraden ein leuchtendes Beispiel soldatischer Pflichterfüllung gab, wurde durch die Verleihung der silbernen Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse geehrt.
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Mitten aus dem feinde geholte
In heftigem Kampfe hatten die Unseren, als Nachhut die Truppe auf das glücklichste deckend, den Feind bei Odrzechowa hingehalten, nun rückten die Tapferen vom Infanterieregiment Nr. 45 gegen Bukowsko in gesicherte Stellung. Da wird Fähnrich Kosina
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vermißt. Seine Kameraden fragen die Mannschaft aus, man hat ihn immer im heißesten Kampfe gesehen, schließlich wird festgestellt, daß er verwundet im geräumten Ort Odrzechowa zurückgeblieben ist. Man schickt sogleich eine Sanitätspatrouille, um ihn zu holen, aber sie kehrt nicht zurück. Offenbar haben die Russen den Ort schon besetzt und auch die Hilfsmannschaft festgehalten. Aber in guter Kameradschaft denken die Unseren nicht daran, das Kreuz über die Zurückgelassenen zu machen und ohne Versuch zur Rettung sie nach Sibirien reisen zu lassen — wissen sie doch, daß Fähnrich Kosina in gleicher Lage ihrer gleich tätig gedacht hätte. Die Mannschaft wird gerufen und gefragt, wer bereit wäre, mit einer Patrouille sich in die Ortschaft zu wagen und die verwundeten oder gefangenen Kameraden herauszuhauen. Sofort meldet sich der Zugsführer Johann Holderban und von dem weiß man, daß er kein Flunkerer ist und kein Mauldrescher; die große silberne Tapferkeitsmedaille auf seiner Brust zeigt, daß es nichts gibt, das ihm zu schwer wäre. Er wartet nur die Dämmerung ab, dann geht er mit seiner Patrouille auf Odrzechowa los. In der Nähe des Ortes werfen sie sich zu Boden, wie die Indianer schleichen sie heran, damit die Russen nicht gewahr würden, wie wenige ihrer seien. Und plötzlich stürmen sie lautrufend vor: eine starke feindliche Patrouille stiebt vor den ersten Schüssen auseinander, sie glaubt an einen Überfall und räumt in Minuten, in Sekunden das Dorf. Nun werden flink die Häuser durchstöbert und glücklich wird Fähnrich Kosina mit der gefangenen Sanitätspatrouille gefunden, ein Wagen mobil gemacht und wohlbehalten der so schmerzlich Vermißte zum Regiment zurückgebracht. Die Freude war allgemein, nur die große silberne Tapferkeitsmedaille aus der Brust des Zugsführers Holderban war betrübt, denn seit kurzem blinkt neben ihr, sie überstrahlend, die noch begehrtere Auszeichnung: die „Goldene".
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Kühne Soldaten von Neunundsechzig.
Es war zu Beginn des Feldzuges, als das erste Bataillon des Infanterieregimentes Nr. 69 an der Save scharfe Grenzwacht hielt.
Die Feststellung, daß die Serben Wasserminen im Fluß ausgesetzt hatten, veranlaßte den Kommandanten der vierten Kompagnie, den Versuch zu wagen, eine der am serbischen Ufer befindlichen Wassermühlen loszulassen, damit diese, stromabwärts treibend, die Minen zur Explosion bringe.
Da eine Überschiffung mit einem Kahne nicht recht möglich war, denn die serbische Uferwache war sehr auf der Hut, meldete sich nach einigem Hin- und Herraten Infanterist Kapronczay der vierten Kompagnie und erbot sich, da er ein hervorragender Schwimmer und außerdem Fachmann im Bau der Wassermühlen sei, bei Einbruch der Dunkelheit ans serbische Ufer zu schwimmen und die Mühle loszumachen. Gesagt, getan!
Nach Einbruch der Dunkelheit, der Mond schien nur ganz schwach, entkleidete sich Kapronczay, ließ sich geräuschlos ins Wasser und begann seine äußerst gefahrvolle Tour. Der Kompagniekommandant nahm unterdessen mit einigen Scharfschützen auf einer der kleinen Saveinseln Stellung, um Kapronczay nach Möglichkeit beizustehen.
Ein silberheller Streifen, der sich gegen das serbische Ufer zog, bezeichnete den Weg des kühnen Schwimmers. So konnte man sehen, daß er zwar tüchtig vorwärts kam, leider aber von der starken Strömung abwärts getrieben wurde. Es war ihm offensichtlich unmöglich, des reißenden Wassers Herr zu werdett.
Eine geraume Zeit verging, die am Ufer sahen und hörten nichts. Da plötzlich prasselte in die Stille der Nacht höllisches Feuer von der serbischen Seite aus. Und nun sahen die Unseren in der Mitte des Stromes den Kopf Kapronczays auftauchen, rings um ihn schlugen die Geschosse ein, daß das Wasser nur so aufzischte.
Unsere Scharfschützen eröffneten nun gleichfalls das Feuer gegen die Serben. Es gelang Kapronczay, der, so oft es ihm möglich war, unter Wasser schwamm, glücklich auf der Saveinsel zu landen.
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Wurde der Zweck auch nicht erreicht, die kühne Tat dieses braven Soldaten ist deshalb nicht geringer einzuschätzen. In edler Selbstaufopferung hatte er sein Leben den reißenden Wellen anvertraut und sich den zahllosen feindlichen Kugeln ausgesetzt, um ganz allein eine im Interesse aller gelegene Aufgabe zu vollbringen.
Ein prachtvolles neues Schleppschiff, mit großen Rudern versehen, mit einem Fassungsraum für ungefähr 250 Personen, wiegte sich stolz am serbischen Ufer. Die Mannschaft der 4./69. Kompagnie sehnte sich sehr nach diesem Schiff, welches bei einem eventuellen Flußübergang wertvolle Dienste leisten konnte.
Das schöne Fahrzeug mit den serbischen Nationalfarben sollte bald bei uns herüben sein!
Bei V. war ein heftiges Demonstrationsgefecht entbrannt.
Da auch unsere brave Artillerie höllisch unter den Feinden aufräumte, sah sich die serbische Grenzsicherung gezwungen, das Ufer zu verlassen und ihr Heil in einem mehr rückwärts gelegenen
Gelände zu suchen. Auch am nächsten Tage wagten sich die Serben nicht wieder ans Ufer.
Die Gelegenheit war günstig!
Feldwebel Fesüs ruderte mit einem halben Zug an das
serbische Ufer und vertrieb mit einem Bajonettangriff die dort im
Kukuruz zurückgebliebenen Komitatschis.
Das Schiff wurde hurtig losgemacht — und ehe die Serben zum Bewußtsein des Geschehenen kamen, landete der schöne Schlepper unter jubelnden „Eljen"-Rufen der Mannschaft des Bataillons an unserem Ufer.---------------
Zugsführer Josef Virag, Infanterist Josef Link und Infanterist Stephan Szabö waren der zweiten Eskadron des Dragonerregimentes Nr. 3 unterstellt. Den ganzen Tag und die darauffolgende Nacht hatte ein erbitterter Kampf in der Nähe einer Mühle und in dem 200 bis 300 Schritte entfernten Walde stattgefunden. Gegen 11 Uhr nachts erhielt das Detachement den Befehl, in den Kampf am Flußufer einzugreifen. Zur Orientierung war es notwendig, den rechten Flügel des im Walde kämpfenden Gegners festzustellen. Die Situation war derartig, daß eine Patrouille, die über das Wasser setzte, im besten Falle mit der Gefangennahme rechnen mußte. Trotzdem meldeten sich die Genannten und zwei Dragoner freiwillig zu diesem Patrouillen-
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gange. Sie übersetzten auf einem Balken den Fluß, drangen in den Wald ein und standen plötzlich am rechten Flügel einer feindlichen Schwarmlinie, welche sie sofort angriffen. Die feindliche Abteilung ließ sich verblüffen und zog sich zurück. Unsere Patrouille kehrte — nachdem sie ihre Aufgabe gelöst und den gegnerischen Flügel konstatiert hatte — mit zwei Gefangenen in die Mühle zurück. (Zugsführer Virctg erhielt die silberne Tapserkeits-medaille erster, die Infanteristen Link und Szabo jene zweiter Klasse.)
Ein anderes gelungenes Terzett bildeten der Infanterist Rudolf Faust, der Tambour Wilhelm Boroß und der Offiziersdiener Johann Mittler, die sich während einer Rast ein bischen in der Umgebung umsehen wollten und dabei von ihrer Truppe weiter abseits kamen als sie beabsichtigt hatten. Plötzlich fanden sie sich einem russischen Vorposten von zwei Mann gegenüber. Unsere drei harmlosen Spaziergänger waren unbewaffnet, aber sie kannten keine Furcht. Wie auf Kommando stürzten sie sich auf die zwei bewaffneten Feinde, rissen den Verblüfften die Gewehre aus den Händen, warfen sie zu Boden, battden ihnen mit ihren Hosenriemen die Arme und brachten sie unter dem Jubel und Gelächter ihrer Kameraden als Gefangene ins Lager. Alle drei schmückt jetzt die silberne Tapserkeitsmedaille zweiter Klasse.
Ein wahrhaft tapferer Kerl ist der Infanterist Max Som. Sein Kommandant, der seine Unerschrockenheit kannte, wählte ihn stets aus, wenn er einen Verbindungsmann zwischen Bataillonskommando und Schwarmlinie brauchte. Als Som einmal eine Meldung zu überbringen hatte, stieß er auf dem Hinweg und auf der Rückkehr auf feindliche Patrouillen. An ein Davonlaufen dachte der beherzte Ungar niemals; Feiglinge wachsen in der Gegend von Szekesfehervar nicht. Er griff also immer sofort an, was sich ihm in den Weg stellte. Er schoß, er hieb mit dem Kolben drein und es gab keine Patrouille, die ihm widerstehen konnte oder die ganz mit heiler Haut davon kam. Was er nicht niedermachte, rannte davon; und einmal brachte der einzelne Mann noch zwei Gefangene nach Hause. Er trägt die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse mit vollstem Recht.
Einen anderen wackeren ungarischen Soldaten lernt man in dem Feldwebel Anton Pälhäzy kennen. Bei jeder Gelegenheit, im Angriff oder in Verteidigung, stellte er sich in die vorderste
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Reihe und mit einer bewundernswerten Aufopferung gab er der
Mannschaft Beispiele von Heldensinn, die als moralische Unter-
stützung von unschätzbarem Werte waren. Bei einem Angriffe seines Regimentes war Feldwebel Palhazy mit seiner Abteilung als einer der ersten in den feindlichen Deckungen und seiner
Tapferkeit war es zum großen Teil zu danken, daß ein in der
Nacht von den Russen unternommener Gegenangriff abgeschlagen wurde. Die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse drückte die Anerkennung seiner Vorgesetzten aus.
Wie sehr die Unteroffiziere durch ein richtiges, kräftiges Wort, durch Anfeuerung und insbesondere durch Beispiel das Letzte aus der ihnen ergebenen Mannschaft herausholen können, beweist der Fall der Zugsführer Johann Varga, Michael Schnepp, Johann Arany und des Korporals Josef Czeczei. Bei einem Stellungswechsel der Kompagnie hatte die Mannschaft unter einem überlegenen russischen Angriffe stark zu leiden. Da schworen es sich die vier genannten Chargen mit lauter Stimme inmitten ihrer Kameraden zu, nicht eher zurückzuweichen, bis nicht jeder von ihnen fünf Feinde niedergestreckt hätte. Die Soldaten rund um sie horchten auf und hielten stand. Die vier Vorgesetzten ließen sofort dem Worte die Tat folgen. Sie rührten sich trotz Kugelregen, trotz drohendem Sturm auf ihre schüttere Stellung nicht vom Fleck und warteten mit der größten Kaltblütigkeit, bis der Gegner auf zwanzig Schritte herangerannt kam. Dann gaben sie jeder in raschester Folge zehn wohlgezielte Schüsse ab. Was sie erreichten, war, daß der Sturm gänzlich abgeschlagen wurde. Die Russen mußten vorerst Verstärkungen abwarten, bis sie zu weiteren Angriffen zu schreiten wagten, und damit war der Zweck des Widerstandes erreicht und der Stellungswechsel der eigenen Truppen konnte unbehelligt von statten gehen. Erst als die vier Chargen mit ihren wackeren Leuten dem Gegner neuerdings Verluste beigebracht hatten, kehrten sie zu ihrer Kompagnie zurück, wo sie alle vier mit der silbernen Tapferkeitsmedaille erster Klasse bedacht wurden.
Auch Zugsführer Kaspar Keil und Infanterist Franz Tokos zeichneten sich gelegentlich eines Angriffes durch besondere Tapferkeit und Opferwilligkeit aus. Als der Gegner das Feuer auf den vorrückenden Zug eröffnete und sie den Zugskommandanten
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weit vor der Front sahen, liefen sie vor, um ihn zu begleiten und zu schützen. Als der Zugskommandant zirka fünfzig Schritte vor dem Gegner durch eine Kugel getroffen zu Boden stürzte, schossen sie die vor der Front befindlichen, zunächst stehenden drei Russen nieder und verbanden dann im heftigsten feindlichen Feuer ihren Kommandanten. Beide erhielten die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
Zugsführer Josef Laszlö hat sich auf verschiedenen Patrouillengängen durch Geschicklichkeit und besonderen Mut hervorgetan. Speziell gelegentlich eines feindlichen Angriffes gelang es ihm, durch stark flankierendes Feuer dem Feinde nicht nur Verluste beizubringen, sondern dessen Vorgehen auch zu verzögern. (Silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.)
Infanterist Josef Leineman hatte einst, als die Kompagnie von einer Höhe herab die befestigten Stellungen des Feindes anzugreifen hatte, als Ordonnanz des Kompagniekommandanten Befehle zur Reserve zu überbringen. Trotz des intensivsten feindlichen Feuers führte er seine Aufgabe nicht nur pünktlich durch, sondern schloß sich auch immer auf kurze Zeit dem Angriff an. Auf dem Rückwege schlich er sich an zwei seitwärts vorgehende feindliche Infanteristen heran, überwältigte sie nach kurzer Gegenwehr und machte sie zu Gefangenen. Die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse ist sein Lohn.
Korporal Franz Genk, Korporal Josef Fornady und Gefreiter Stephan Kolosvary hatten sich mit einer Patrouille der feindlichen Vorpostenlinie auf zwanzig Schritte genähert. Dadurch aber hatten sie den Hauptposten alarmiert und als von diesem eine stärkere Erkundungspatrouille vorging, überwältigten sie tue ganze Abteilung und brachten sie gefangen zum Detachement zurück. Durch die Aussagen der Gefangenen war es möglich, eine genaue Meldung über die Stellung des Gegners zu erlangen. Alle drei erhielten die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
Nächtlicher Drand im russischen Guartier.
Zur Aufklärung der feindlichen Stellung wurde vom Infanterieregimente Nr. 93 eine Patrouille vor die Front entsendet. Diese postierte sich auf dem Kirchturme des nächstgelegenen Dorfes und konnte von dort, wo der Ausblick weit über das Gelände reichte, wichtige Beobachtungen machen. Doch die Russen erhielten von ihrem Aufenthaltsorte irgendwie, wahrscheinlich durch Verrat, Kenntnis, überfielen die Patrouille, so daß diese Mühe hatte, sich zu retten, und nur unter Verlust sich zum Regimente durchschlagen konnte. Nun hatten die Russen den guten Beobachtungspunkt in Händen und das durfte nicht sein. Erobern konnte man die Ortschaft nicht, dazu waren unsere Kräfte zu schwach, so blieb ein verwegenes Mittel, nämlich den Ort in Brand zu stecken. Zur Durchführung dieses gefährlichen Unternehmens meldeten sich freiwillig der Gefreite Eduard Kristen und die Infanteristen Alois Ritsche und Franz Walter. Mit Einbruch der Dämmerung traten die drei waghalsigen Soldaten ihren Weg an. Es gelang ihnen, sich durch die russische Feldwachenlinie durchzuschleichen und bis an den Ortsrand zu gelangen. Dort verbargen sie sich und warteten, bis int Orte völlige Ruhe eingetreten war.
Dann erst trennten sie sich und gingen jeder einzeln ans Werk, um das Dorf an verschiedenen Punkten in Brand zu stecken. Einige Minuten furchtbarer Spannung vergingen. Dann aber zeigten die von drei Stellen und bald von allen Richtungen hervor^ züngelnden. Flammen, daß allen dreien ihr Vorhaben gelungen war. Als die im Orte befindlichen Russen den Brand bemerkten, war es schon zu spät, um zu löschen, und kaum noch Zeit, sich ^ zu retten, denn das ganze Dorf stand in hellen Flammen. Fürchterlich war die Panik, die unter ihnen ausbrach. Wie die Rasenden stürmten sie nach allen Seiten, ohne an ihre Pferde zu denken, die in den Scheunen und Ställen elend verbrannten wie vieles von dem mitgeführten Kriegsmaterial.
Der Flammenschein, der weit auflohte, beleuchtete aber auch das Feld, aus dem die drei verwegenen Soldaten nun nach vollbrachter Tat flüchteten, und kaum hatten die Russen sie erspäht, als sie ihnen ein wütendes Schnellfeuer nachsandten. Aber das Glück war den drei Verwegenen hold. Ohne eine Schramme kehrten
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sie heil und frohgemut zum Standort ihres Regiments zurück, von wo man das Dorf noch bis zum Morgengrauen brennen sah. Das kühne Unternehmen war so vollkommen gelungen, als es nur zu erwarten war, und bald erhielt von dem wackern Trifolium ein jeder die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse.
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Infanterie Nr. 86.
Es war der Befehl erteilt worden, den Übergang über die Cerna zu forcieren. Der Gegner lag auf etwa zweihundert Schritte Entfernung eingegraben und war auf den Übergang bereits eingeschossen. Die Flanke der Forcierungstruppe führte Kadett in der Reserve Rudolf Braun, der sofort, als er auf offenes Terrain hinausrückte, mit Artillerie-, Gewehr- und Maschinengewehrfeuer überschüttet wurde. Dennoch gelang es ihm, seinen Zug auf das jenseitige Ufer zu bringen. Unter dem Hagel der Geschosse begannen er und seine Leute sich einzugraben und dem Feinde endlich das Feuer wirksam zu erwidern. In dieser exponierten und schwierigen Stellung hielt er volle zwanzig Stunden aus, bis Teile seines Bataillons als Verstärkung nachrückten. Er erhielt die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse. — Dieselbe Auszeichnung holte sich der Zugsführer Franz Tüto, der während eines Waldgefechtes seinen Schwarm so geschickt vorwärts riß, daß er früher als alle anderen die feindlichen Stellungen entdeckte. Aus eigener Initiative ging er sofort zum Sturm vor und vertrieb den Gegner aus seinen Verschanzungen, gerade als dieser daranging, Maschinengewehre in Aktion zu setzen. — Ein noch kühneres Stück vollführte der Gefreite Elias Krivakutya. Während eines Sturmangriffes war er seinen Vorgesetzten durch besondere Tapferkeit bereits aufgefallen, aber er setzte den Taten dieses Tages die Krone auf, als er als Erster eine feindliche Deckung anging und noch mit keuchendem Atem die dort befindlichen Russen auf-
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forderte, sich zu ergeben. Er wurde sofort zum Korporal befördert und darf sich rühmen, die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse redlich verdient zu haben. — Ein anderer Held derselben Auszeichnung ist leider gefallen. Es war der Titularkorporal Otto Birö, der während eines Waldgefechtes siebenmal zum Sturmangriff vorging. Die feindlichen Deckungen waren hintereinander angelegt und kaum war eine genommen, standen unweit dahinter die Russen wie eine neue Mauer auf. Aber immer wieder feuerte Birö seine Mannschaft an, immer wieder riß er sie durch seinen Elan nach vorne und immer wieder mußten die Russen Terrain aufgeben. Da traf ihn beim siebenten Sturme die tödliche Kugel. — Noch mancher erwarb sich die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse. Da ist Titularkorporal Andreas Magosi, als vortrefflicher Zugskommandant seinen Vorgesetzten längst bekannt. Der legte einmal über einen Fluß zwei notdürftig zusammengestellte Brücken und ging mit seiner Mannschaft hinüber. Der Feind war auf die Stelle eingeschossen und jagte ein Schrapnell nach dem anderen gegen die Brücke. Magosi brachte den größten Teil seiner Leute dennoch ans andere Ufer. Er rannte mit ihnen durch den Kugelregen und drang bis in die erste Verteidigungslinie vor. — Eine rühmenswerte Tat vollbrachte ein einfacher Infanterist, Michael Hegyi. Uber die schwankenden Bretter, die über das Wasser führten und die vom Feinde ununterbrochen unter Feuer gehalten wurden, ging er mehrmals freiwillig hin und her und brachte in unsere Schwarmlinien arg benötigte Munition. Hiefür ziert seine Brust jetzt die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
Korporal Michael Balogh übernahm aus eigener Initiative die Führung eines Zuges, der schwere Verluste erlitten und seinen Kommandanten verloren hatte. Die ganze Nacht hindurch ließ er Deckungen ausheben, wodurch er die Mannschaft vor jedem weiteren Verluste bewahrte und wieder voll ermutigte. Sein gutes Schießen brachte schließlich die feindliche Abteilung zum Schweigen. Er erhielt die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse.
Und schließlich sei dem Infanteristen Julius Sarnyai hier ein Denkstein gesetzt. Er bediente ein hart bedrängtes Maschinengewehr, das am linken Flügel der Verteidigungsfront 150 Schritte vor dem Feinde eingesetzt war. Der Feind hatte einen Ortsrand besetzt und beschoß das Maschinengewehr ununterbrochen. Sarnyai
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harrte aber aus, bis ein Projektil ihn zu Boden riß und tötete. Das ist stilles Heldentum, vor dem wir uns beugen müssen, das ist Treue, die uns erhebt und zuversichtlich macht für alle Zukunft. Das Andenken des braven Mannes wurde durch die Verleihung der silbernen Tapferkeitsmedaille erster Klasse geehrt.
Nasche Deute-
Am Ostbeskid hatten die Russen versucht, gegen eine Stellung anzurennen, die von der 13. Feldkompagnie des Infanterieregimentes Nr. 27 verteidigt war und zwar so tapfer, daß die Stürmenden in voller Auflösung flohen. Unsere wackeren Steirer konnten der Versuchung nicht widerstreben, einen kleinen Wettlauf mit ihnen zu machen und stürmten hinterdrein, um möglichst viele abzufangen und ihnen die Stellungen von innen zu zeigen, die sie mit der Waffe nicht hatten erstürmen können. Der Feind hielt nirgends stand und so war diese Jagd fast ohne Gefahr, sie sahen nur russische Rücken vor sich und kaum einen Widerstand — da tauchte plötzlich in der rechten Flanke eine neue Abteilung auf, zwanzig Meter weit, und rüstete ein Maschinengewehr. Schon war die teuflische Feuerspritze schußbereit, im nächsten Augenblick hätte sie in die Unseren hinein gemäht, aber, ehe die Patronengurte eingezogen ist, in der letzten Sekunde hat einer der Unseren, Korporal August Stuhlpfarrer die Gefahr erkannt. Blitzschnell pariert er den Feuerüberfall durch Angehen. Mit einem einzigen Soldaten, dem Infanteristen Großegger, stürmt er auf die Bedienungsmannschaft des Maschinengewehrs los, die erschreckt auseinander fährt, als sie die zwei Berserker mit dem Kolben auf sich einstürmen sieht, und die Waffe in Stich läßt. Nun ist Korporal Stuhlpfarrer sehr erfreut über das, was er vor zwei Minuten so sehr gefürchtet hatte, nämlich daß das Maschinengewehr fix
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und fertig zum Schuß bereitsteht, denn nun pfeffert er den Russen damit nach, solange sie sichtbar sind. Dann schleppt er mit seinem Kameraden die eroberte Waffe zum Kommando zurück, wo man sie freudig empfängt und dem tapferen Korporal gegen die goldene Tapferkeitsmedaille abtauscht.
Am 17. November 1914 wird der Korporal Stephan Pav-lica des Ulanenregimentes Nr. 12 als Meldereiter zu einem Detachement geschickt, einen schriftlichen, überaus wichtigen Befehl zu überbringen. Unterwegs hört er plötzlich von allen Seiten drohende Rufe, fünfzehn Kosaken sprengen mit eingelegten Lanzen gegen den Einen los. Im Nu hat er die Situation begriffen. Widerstand wäre Wahnsinn und bei seiner Leiche würde man den wichtigen Befehl finden. So knüllt er den Zettel zusammen, steckt ihn in den Mund und würgt, ehe die Kosaken ihn hindern können, das anvertraute Papier hinunter. Dann erst gibt er sich gefangen. Die Kosaken durchsuchen ihn, nichts von Belang ist bei ihm zn finden — außer einer silbernen Uhr, die sie als Andenken behalten. Aber eine Meldung mußte er doch haben, sonst wäre er nicht allein vorgeschickt worden. So wird der wackere Ulan zum Oberkommando, das damals noch in Tarnow stand —- nicht für lange freilich! — geführt, dort verhört ihn ein General in kroatischer Sprache. Der listige Ulan ist zu klug, um eine Aussage zu verweigern, er gibt lieber eine falsche und lügt den Generalen österreichisch-ungarische Truppen vor, daß ihnen angst und bange wird. Dann wird er mit anderen Gefangenen abgeschoben. Aber bei Dtzbica ist er der rohen Behandlung satt. Wie es Abend wird, kriecht er ganz leise durch die russischen Feldwachen, die gerade die polnischen Schnäpse mit denen ihrer Heimat eifrig verglichen haben, und findet nach langem Suchen ein Bauernhaus, wo er
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Der verschluckte Defehl.
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Zivilkleider nimmt, die er sich über seine Ulanemmisorm anzieht. Schlecht und recht schlägt er sich jetzt weiter in der Richtnng nach der österreichisch-nngarischen Armee durch. Oft halten ihn Posten an, meist schwindelt er sich los, einmal muß er sich mit den Fäusten, einmal durch Flucht befreien. Einen Monat fast vegetiert er so als Gefangener und Bauersmann in den russischen Reihen, dann findet er endlich, was ihn wieder zum Ulanen macht: ein Pferd. Es gehört zwar einem Kosaken, der es sorglos in einen Stall gestellt hat, aber sobald der wackere Korporal darauf sitzt, hat der erschreckte Russe nur das Nachsehen und, wie er sich endlich vom Staunen über die Verwegenheit dieses Bauernkerls erholt hat, erkennt er an dessen schneidigem Reiten sofort den Kavalleristen und schießt ihm hitzig nach. Doch ist es schon zu spät und die Kugeln pfeifen höhnisch in der leeren Luft. Nun wirft Pavlica seine Zivilkleider ab, zu Pferde fühlt er sich wieder frei und Soldat. Bald gelingt es ihm, wieder zu den Unseren zu stoßen, die ihn längst hinter Moskau glaubten, und die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse lohnt seine Waffentreue.
Dom Scheinwerfer erspähte
Ein Geschützzug des Feldkanonenregiments Nr. sollte bei Einbruch der Dämmerung an den Dnnajec-Damm gebracht werden, weil bei Tag der Aufmarsch in einer Linie von etwa drei Kilometern vom Feinde aus leicht einzusehen war. Um etwa 8 Uhr abends wurde der Befehl ausgeführt und die Geschütze bis hundert Meter hinter den Damm gebracht, worauf die Kanoniere abprotzten und sich vorbereiteten, sie über das letzte kleine Stück unbemerkt vorzubringen. Es war dunkel, die Arbeit ging rasch vonstatten, obwohl jedes Geräusch auf das sorgfältigste vermieden werden mußte, um die Russen nicht aufmerksam zu machen. Da plötzlich — sie taumeln zurück, so grell stößt ihnen das Licht in die Augen
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zuckt geisterhaft der Strahl eines feindlichen Scheinwerfers herüber, die ganze Gegend ist taghell, jede Linie, jede Kontur scharf umrissen, während drüben bei den Russen undurchdringlich das Dunkel liegt, nur durchblitzt jetzt von den aufsprühenden Geschützen. Geblendet, behindert durch das Bewußtsein, den russischen Kanonieren blanke Zielscheibe zu sein, stutzt unsere Mannschaft einen Augenblick. Aber schon muntern sie die beiden Zugsführer Einjahrig-Freiwilliger Anton Falk und Jaroslav Coufal auf und schleppen selbst, um den anderen ein Beispiel zu bieten, die Geschütze vorwärts. Das ist harte Arbeit, denn nur Schritt für Schritt lassen sie sich vorzerren und, wenn die Russen auch so freundlich sind, das Terrain taghell zu erleuchten, so spicken sie auch den Weg mit Geschossen. Manchmal war der Kugelregen so dicht, daß sich die Mannschaft, um Atem zu holen und sich auszuruhen, flach auf den Boden hinter die Laffetten legen mußte, bis das Schießen etwas nachließ. Dann schoben sie wieder weiter, ruhten aus, immer im Feuer, stets ermuntert von den beiden tapferen Zugsführern. Nach fünf heißen Stunden, um ein Uhr nachts, ist der Geschützzug endlich an seiner Stelle am Uferrand — im ganzen dreihundert Schritte von den feindlichen Schützengräben. Und was unsere Artillerie auch in solch exponierter Lage leisten kann, bekommen die Russen dann gleich als Morgengruß zu spüren. Die beiden Zugsführer erhielten die silberne Tapserkeitsmedaille zweiter Klasse.
Das Telegraphenregiment.
Es gibt Truppenkörper, die außerhalb der allgemeinen Glorifizierung stehen, deren Wirken jedoch um nichts weniger wichtig ist als das der übrigen Kräfte des Krieges und die oft zum Gelingen der Operation erst die Vorbedingungen, ohne welche kaum etwas erreicht werden könnte, schaffen. Zu diesen Truppenkörpern gehören unter anderen die Telegraphenabteilungen. Der Telegraphist leistet
seinen Dienst unter den schwierigsten Umständen. Ohne Telegraph ist die moderne Schlacht nicht zu denken, nicht zu führen. Die Befehle gehen von höchster Stelle zur zunächst unterstehenden, von dort an die einzelnen Kommandos und schließlich bis in die Schützengräben selbst. Jede Unterbrechung, jede Lücke kann von unheilvollster Wirkung sein. Mitten im wütendsten Feuer, unter Verwirrung und Tumult muß oft der Telegraphist seines Dienstes walten; jeder Stellungswechsel gibt ihm alle Hände voll zu tun. Er ist allem Feuer exponiert und kann sich meist nicht wehren; er muß arbeiten, bis ihn die Kugel trifft. Über solche stille Helden wissen die Berichte vom Felde viel Schönes zu erzählen und> wenn Mannschaften des Telegraphenregimentes mit Tapferkeitsmedaillen ausgezeichnet werden, so müssen sie, da besondere Tapferkeit ihr tägliches Brot ist, schon Gewaltiges geleistet haben. Kleine Jllustrationsproben:
Feldwebel Rudolf Klug schlich sich, während größere feindliche Infanterie- und Kavalleriekräfte einen Überfall auf die Divisions-Telegraphenabteilung vorbereiteten, aus eigenem Antriebe so weit vor, daß es ihm möglich wurde, das Heranrücken dieser Truppen zu konstatieren und zu melden. Seine Meldungen ermöglichten es, die Divisions-Telegraphenabteilung und die anschließenden Trains rechtzeitig in Sicherheit zu bringen.
Dafür prunkt die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse an seiner Brust.
Ebenso kaltblütig benahmen sich Titular-Zugsführer Johann Ehn und Korporal Max Buchta, die ihren Dienst als Telegraphisten unter heftigstem feindlichen Artilleriefeuer versahen, bis sie vom Abteilungskommandanten den Befehl erhielten, die Station abzubrechen und das Divisionskommando zu verständigen. Die Meldung gelang. Nachher konnten sie noch im Verein mit Feldwebel Klug das gesamte Stationsmaterial wegschaffen und die gefährdete Leitung in einen gedeckten Raum verlegen.
Beiden kam als Dank die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
Titular-Zugsführer Anton Erdelec fuhr während eines Gefechtes auf seinem Rad im heftigsten Artilleriefeuer in eine vom Feind in Brand gesteckte Ortschaft, um das Kommando seiner Jn-fanterietruppendivision zu suchen. Bei einem anderen Gefechte
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hielt er mit dem Korporal Leopold Straßberger in wütendstem Geschützfeuer todesmutig Stationsdienst, trug mit vier Mann die Leitung ab und brachte das gesamte ausgelegte Material in Sicherheit. Erdelec erhielt die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter, Korporal Straßberger jene erster Klasse.
Kaum mindere Anerkennung holte sich Korporal Wilhelm Schlesinger, der mit größter Unerschrockenheit in Gemeinschaft mit drei Pionieren in starkem feindlichen Geschützfeuer eine anbefohlene Strecke ausgebaut und sie dann in mustergültiger Weise trotz aller Gefahren wieder abgetragen hat. Und desgleichen Korporal Johann Telek, Pionier Josef Mihalik und Adalbert Kovacs, die beim Bau der vom Korporal Schlesinger trassierten Linie mitgeholfen und dadurch wesentlich zu der glänzenden Leistung beigetragen haben. Allen diesen blitzt jetzt die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse auf der Brust.
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TAPFERKE1TS
tSOacßere Säger,
Eine Kompagnie des Feldjägerbataillons Nr. 19 mußte aus taktischen Rücksichten zurückgenommen werden. Oberjäger Johann Jvancsics deckte mit 30 Jägern diesen vom Feinde nicht bemerkten Stellungswechsel. Gegen eine zehnfache Übermacht hielt er standhaft an einer Waldlisiere aus. Einmal sah er einen Russen, der sich mit einer Handgranate an die Stellung heranschleichen wollte; der Oberjäger ließ den Mann bis auf zehn Schritte herankommen und streckte ihn dann durch einen wohlgezielten Kopfschuß nieder. Später wurde der unermüdlich Tapfere erheblich verwundet, blieb aber trotzdem in der Front und nahm auch an allen weiteren Gefechten des Bataillons als unerschrockener Kämpfer teil. Auch bei der Führung wichtiger Nachrichtendetachements zeichnete er sich mehrfach aus. Er wurde mit der silbernen Tapferkeitsmedaille erster Klasse ausgezeichnet.
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Als Pionierunteroffizier führte Unterjäger Jakob Truppe des Feldjägerbataillons Nr. 8 wiederholt schwierige Arbeiten aus, bei denen er große persönliche Tapferkeit und viel Geschick bewies. Im Verlaufe eines heftigen Kampfes arbeitete der unermüdliche Unterjäger schließlich ganz allein, nachdem alle übrigen Pioniere teils verwundet, teils völlig erschöpft waren; er baute an den Verhauen und Deckungen weiter und hieb sogar im heftigsten Artilleriefeuer einige einzelnstehende Pappelbäume um, die der feindlichen Artillerie als günstige Hilfszielpunkte gedient hatten. Mit dem Niederlegen der hohen Bäume hörte auch tatsächlich die Wirkung der feindlichen Artillerie vollkommen auf. Während eines anderen Gefechtes legte er mit großer Unerschrockenheit im heftigsten feindlichen Feuer Minen unmittelbar vor der gegnerischen Stellung. Er erhielt die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
Patrouilleführer Johann Ulrich des Feldjägerbataillons Nr. 11 sah, während er bei der Maschinengewehrabteilung an einem Gefechte teilnahm, seinen Zwillingsbruder tödlich getroffen niederstürzen. Ohne einen Augenblick zu zögern, eilte er sofort zu dessen Ersatz in die Feuerstellung vor und verblieb in der vordersten Linie, selbst als er durch einen Brustschuß schwer verwundet wurde. Der wackere Soldat erhielt die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
6sTAPFERWEITS
Deckung im Dache»
Zwei Tage schon war es im Gefechte von Mlny unmöglich gewesen, unserem tapferen Infanterieregiment Nr. 36 Verpflegung nachzubringen. Die Russen hielten die ganze Zone unter schärfstem Artillerie- und Jnfanteriefeuer und es schien unmöglich, ohne Sappen sich bis an unsere Schützengräben heranzuarbeiten. Aber der Rechnungsunteroffizier erster Klasse Wenzel Seis wollte dennoch das Unmögliche wagen, denn ohne Auffrischung hätten trotz
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ihres Todesmutes die wackeren Infanteristen zurückweichen müssen. Freiwillig bietet er sich an, die Verpflegung bis in die Schwarmlinie zu bringen. Er rückt vor, aber wie er auf einer Brücke den angeschwollenen Bach passieren will, senden die Russen, die sich aus jenen Punkt längst eingeschossen haben und auf das Erscheinen der Unseren lauern, ein vernichtendes Schrapnellfeuer herüber. Es hagelt von allen Seiten, ein Mann des kleinen Detachements stürzt tot, ein anderer schwerverwundet zusammen. Deckung ist keine zu finden und, um die Verpflegsvorräte zu retten, springt Rechnungsunteroffizier Seis mit den Seinen in die Bachrinne. Hier haben die Geschosse der Russen kein Ziel mehr, bis zum Hals bergen sich die wackeren Soldaten im Wasser, was freilich eine harte Probe ist, denn der Oktober ist kalt und mehr als eine Stunde müssen sie ausharren, bis der Feind seiner unsinnigen Munitionsverschwendung müde geworden ist. Dann schleichen sie weiter vor, erklimmen die Böschung und bringen — triefend und schlotternd vor Kälte — die Verpflegung zu den Kämpfern, die sie begeistert begrüßen und nun neugestärkt mit doppeltem Elan den Russen Trotz bieten. Rechnungsunteroffizier Seis erhielt die kleine silberne Tapferkeitsmedaille.
Ein braver Samariter-
Als Blessiertenträger hat sich der Gefreite Anton Hehn vom Infanterieregimente Nr. 6 schöne Verdienste erworben. Kein noch so dichtes Feuer konnte ihn abhalten, seine Pflicht zu tun, den Verwundeten in den Schwarmlinien und Schützengräben Hilfe zu schaffen oder Verletzte in Sicherheit zu bringen. Er war oft durch ununterbrochene Arbeit derart erschöpft, daß er seine hilflosen Kameraden weder führen noch tragen, sondern bloß schleppen konnte; aber stets arbeitete er mit einer Art verbissener Entschlossenheit, dem Feind und dem Tode so viel als möglich Opfer zu entreißen
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und den Unseren so viel als möglich Soldaten zu erhalten. Einmal mußte er infolge von Entkräftung sich niederlegen und ausrasten. Die unmittelbare Folge war eine erstaunliche: das feindliche Feuer hörte sofort auf. Das war ein Beweis, daß in diesem Teile des Feldes seine Samaritersilhouette das einzige Ziel abgegeben hatte. Kaum jedoch erhob sich der Unermüdliche, um sein Werk der Menschenliebe fortzusetzen, als das Schießen wieder einsetzte. Sausend bohrte sich der Stahl durch die Luft, bei jedem Schritt begleitete ihn die feindliche Melodie, die nach seinem Leben rief. Trotzdem gelang es Hehn damals, noch einen letzten Verwundeten vom Kampfplatze weg und in ein Haus zu schleppen. Da wollte es die Tücke des Zufalls, daß er an der Hand verletzt wurde, während er eben dem Schwerverwundeten einen Verband anlegen wollte. Jetzt allerdings war es vorläufig mit seiner Hilfeleistung zu Ende; aber im Gefühl, sich die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse redlich erworben zu haben, lag auch ein Grund seiner raschen Gesundung.
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Am Aeldtelephom
Korporal Leopold Wandl des Feldkanonenregimentes Nr. 6 war bei einer Zwischenstation des Batterietelephons beschäftigt. Auf einmal bricht das Gespräch ab und gerade in einem Augenblicke, der wichtige Meldungen von der Schwarmlinie zur Batterie bringen sollte. Korporal Wandl beschließt sofort, selbst Nachschau zu halten, und geht zu der etwa 200 Schritte vor der feindlichen Stellung liegenden Endstation des Feldtelephons vor, wo er den Meldegeber schwer verwundet findet. Er verbindet ihn, übernimmt dann sofort seinen Dienst und telephoniert kaltblütig mehr als zwei Stunden im ärgsten Feuer Situationsmeldungen. In den Zwischenpausen der Gespräche gräbt er für den Schwerverwundeten eine Deckung gegen die unablässig einschlagenden Geschosse, schützt
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so den Kameraden und versieht zugleich seinen Dienst. Wie dann abends die Dunkelheit weitere Meldungen unmöglich macht, trägt er selbst den Verwundeten zum Hilfsplatz zurück und rettet ihm so das Leben. Das aufopferungsvolle Verhalten des trefflichen Korporals erhielt seine Anerkennung durch die große silberne Tapferkeitsmedaille.
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Der gute Kamerad»
Eine zu Fuß kämpfende Eskadron des Ulanenregimentes Nr. 3 hatte, im Verein mit einem Feldjägerbataillon die russische Stellung nächst Mala Wies anzugreifen. Der Feind lag in festungsartig ausgebauten Deckungen und brachte den mit außerordentlicher Schneid vorrückenden Ulanen, die sich bis auf 600 Schritte an die Schützengräben herangearbeitet hatten, empfindliche Verluste bei. Bis zum Einbrüche der Dunkelheit dauerte das hartnäckige Gefecht. Unter den ersten Verwundeten war hiebei einer der Schwarmkommandanten, der schwer getroffen aus der Feuerlinie zurückkroch und dabei in einen tiefen, ganz mit Wasser gefüllten Graben fiel. Durch seine Wunde geschwächt, konnte er sich nicht mehr herausarbeiten. Der vorn im Kampfe liegende Korporal Proko-peko vernahm durch den Lärm des Gefechtes hindurch die Hilferufe seines Schwarmführers, eilte ungeachtet des heftigen feindlichen Artillerie- und Jnfanteriefeuers zurück bis zu dem Wassergraben, zog jenen heraus, brachte ihn nach rückwärts in Sicherheit und eilte dann wieder in die Reihen der Kämpfer zurück. — Im weiteren Verlaufe wurde auch ein Zugsführer so schwer verwundet, daß er sich nicht mehr aus der Feuerlinie schleppen konnte. Ohne weitere Aufforderung eilte Korporal Prokopeko auch diesmal dem hilflos daliegenden Kameraden zu Hilfe und trug ihn, ungeachtet der eigenen Gefahr, dreihundert Schritte weit im
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deckungslosen, hageldicht von Kugeln bestrichenen Gelände hinter ein Haus, wo der Verwundete sicher geborgen war.
Der edelmütige Prokopeko erhielt für seine hilfreiche, kameradschaftliche Gesinnung die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse.
TAPFERKEITS
3>ict? gegen dreißig.
Im Walde östlich Kurima wars, am Abend des 8. Dezember 1914. Das Landwehr-Infanterieregiment Nr. 26 marschierte gegen Smigrod-Jaslo, dort im Walde aber hatte die Telephonabteilung des Regimentes Posten gefaßt und die Sanitätsmannschaft einen mächtigen Hilfsplatz hergerichtet. Tief in der harten Wintererde staken die Pflöcke und hielten Zeltwand und -dach sicher gegen alle Attacken des Nordwindes. Am Operationstische walteten der Chefarzt und seine ärztlichen Gehilfen ihres nervenzerrüttenden Amtes, der Feldkurat ging von Tragbahre zu Tragbahre und sprach tapfere, muntere, tröstende Worte zu den in Schmerzen Liegenden. Über dem ganzen Lager aber flatterte die Fahne, schaukelte die Laterne mit dem rotem Kreuz auf weißem Grunde, Freund und Feind verkündend: hier werden Wunden geheilt, nicht geschlagen. Auch die russische Patrouille, 30 Mann stark, die sich an den Platz heran gepürscht hatte, sah das schützende Zeichen sehr gut; das hinderte sie aber nicht, etwa hundert Schritte vor dem Lager angelangt, die Gewehre an die Backen zu reißen und in das Asyl für Verwundete hineinzupfeffern. Und schon, ehe noch die erste Verwirrung auf dem Hilfsplatz einem klaren Erfassen der Situation gewichen war, stand die ganze Horde, „Ergebt euch!" brüllend, zehn Schritte vor dem unverteidigten Hilfsplatz, schickte sich an, die Faust auf die sichere Beute zu legen. In diesem Augenblicke sprang von der Pionierabteilung der Feldwebel Alois Popelar — seine große silberne Tapferkeitsmedaille blitzte im Laternenschein — vor, grad-
aus auf die feindliche Schar zu. „Pioniere zu mir!" gellte sein Ruf über das Lager, mit einem Satze waren der Zugsführer Johann Weiß, der Zugsführer Alois Lah und der Infanterist Kardmar neben ihm und, ehe noch die verblüfften Russen recht wußten, wie ihnen geschah, purzelten schon die ersten von ihnen kopfüber auf die gefrorene Walderde hin. Der unverteidigte Hilfsplatz verteidigte sich! Nur mit vier Gewehren zwar, aber diese Gewehre lagen in Händen, die das Zittern nicht kannten; und das Auge der Schützen zielte, wie das Herz der Schützen schlug: so ruhig, langsam, sicher. An der Energie der vier wackeren Männer stürmte sich die feindliche Übermacht zuschanden und, als die Russen es noch einmal mit dem „Ergebt euch!" versuchten, wurde ihnen eine Antwort zuteil, die, wären sie der deutschen Sprache kundig gewesen, sie wahrscheinlich gekränkt hätte. Stundenlang hielten Feldwebel Popelar und seine drei Kameraden die Gegner in Schach, taten solcherart, was eben Pioniere zu tun pflegen: sie bauten eine Brücke. Eine unsichtbare, aber tragfeste Brücke für den Hilfsplatz aus der Gefahr in die Sicherheit. Der Regimentschefarzt Dr. Plaschke, der Oberarzt Dr. Osterlin, der Feldkurat I. Kociper, die Sanitätsmannschaft, das gesamte Telephon- und Hilfsplatzmaterial, fünf Reitpferde, sechs beladene Telephon-Tragtiere und drei beladene Hilfsplatz-Tragtiere entgingen über diese Brücke der russischen Gefangenschaft; eine Rettung, die — nach dem vorliegenden Belohnungsantrag — „einzig und allein dem unerschrockenen, geistesgegenwärtigen Vorgehen der genannten Pioniere zuzuschreiben" ist. Neben der großen silbernen zeugt jetzt ihre stolze goldene Schwester an des Stabsfeldwebels, nicht mehr Feldwebels, Popelar Brust für das tapfere Herz, das in ihr schlägt.
Telephonabteilung einer Honved-Drigade während 3eIft) der Schlacht bei ^aroslau»
Unterkünfte des 14- Hufarenregiments in SUsö-Glcsva»3eIfl) @l)Ula'
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$tus ihn- so hast du ihn»
Als vortrefflicher Patrouillenführer hatte sich Reservefähnrich Gabriel Balogh vom 86. Infanterieregiment schon dutzende Male erwiesen, sein Meisterstück aber vollendete er am 21. Jänner 1915. Mit fünf Mann war er zwischen zwei russischen Feldwachen tief hinter die feindlichen Stellungen vorgedrungen und hatte alles auf das gründlichste rekognosziert. Am Rückwege nun meinte er den Feldwachen nicht mehr ausweichen zu müssen, jetzt ist ihr Alarm ihm ganz gleichgiltig. Er schleicht sich mit den Seinen leise heran, überfällt die eine und nimmt die Vedetten gefangen. Aber schließlich, was sind ein paar russische Infanteristen, wir haben ja Hunderttausende davon in unseren Lagern, doch die Offiziere sind rar, die immer hinter der Front stecken und sich beim Angriffe retten. Fähnrich Balogh möchte auch einen russischen Offizier von seinem Ausfluge mitbringen. Er nimmt den Revolver und bedroht die erschreckten Gefangenen. Entweder sollten sie laut den Kommandanten anrufen oder . . . Einer der Russen fürchtet das nur angedrohte „Oder" und schreit nach dem Kommandanten. Kaum zeigt der sich, ist er auch schon gefaßt und wird mitgenommen, die anderen Feldwachen, die jetzt Alarm geben, werden überfallen und niedergeschossen, so daß Fähnrich Balogh mit seiner unversehrten Patrouille alle Gefangenen beim Regiment einbringen kann. Die goldene Tapferkeitsmedaille ist die Belohnung seiner schneidigen Tat.
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Unsere Soldaten.
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Schlesische Infanterie-
Schöne, mit ganz besonderem Erfolge belohnte Taten vollbrachten zwei wackere Unteroffiziere vom 100. Infanterieregimente, die nun als sichtbare Anerkennung die goldene Tapferkeitsmedaille tragen.
Am 24. Oktober 1914 geriet die Pionierabteilung dieses Regimentes bei Augustöw in eine sehr mißliche Lage: russischer Übermacht war es gelungen, sie von den Unseren vollständig abzuschneiden. Der Ernst dieser Situation wurde noch dadurch gesteigert, daß an diesem Tage gerade der Pionierabteilung die Regimentsfahne anvertraut war. Und nun schwebte sie, das Heiligtum des Regimentes, in der größten Gefahr! Jeder einzelne hatte freilich den festen Willen, sie mit seinem Blute zu verteidigen, aber au Rettung glaubte doch kaum einer mehr, denn bloß noch ein tollkühner Durchbruchversuch konnte die feindliche Umklammerung sprengen. Und dazu schien es zu spät; Verwirrung und Ratlosigkeit hatten bereits bei den Unseren Platz gegriffen.
Glücklicherweise aber war Titular-Feldwebel Emanuel Se-wiora mit dabei. Der ist ein Soldat, der auch in solch verzweifelten Lagen nicht den Kopf verliert. Einige im Regimente wollen sogar wissen, daß gerade die gefährlichsten Situationen seine Lieblingsträume sind! Aus Egoismus beinahe. Denn nur in ganz kritischen Fällen darf ja der bescheidene, brave Unteroffizier seinen Posten verlassen und, über sich selbst hinauswachsend, zu dem Helden werden, der er in Wirklichkeit ist. Und als ganz großer Held zeigte er sich auch wieder jetzt, in diesem Augenblicke höchster Not. Rasch ruft er den nächstbefindlichen Leuten etwas zu: Ein paar
aufmunternde Worte, nichtssagende Worte vielleicht Aber
es kommt nicht daraus an, was er sagt. Die Leute hören ihn ja gar nicht an, sie horchen bloß auf den Ton. In dem Klange seiner Stimme ist alles, was ihnen eben verloren geht: Überzeugtheit, Kraft, Mut, Entschlossenheit. Und ehe sie wissen, durch welche Hexerei sie dahin gebracht werden, rennen sie mit „Bajonett aus hinter dem kühnen Feldwebel her, brüllen „Hurra!" und werfen sich den Gewehrmündungen entgegen, die ihnen wie gierige Augen aus einem Straßengraben entgegenlauern. Das ist Wahnsinn, aber gerade, weil es Wahnsinn ist, gelingt das Unterfangen. Denn so
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rasende Infanteristen, deren sich einer im freien Ansturme gegen die schutzbietende Deckung auf zehn Russen wirft, müssen den Teufel im Leibe haben! Und schließlich haben die Muschiks ja bloß geschworen, gegen Menschen tapfer zu kämpfen. Vor diesen Tollwütigen weichen sie auf alle Fälle lieber aus. Nicht einmal ihre paar Gefangenen nehmen sie mit: zwei Offiziere und etliche Infanteristen, die ihre neu gewonnene Freiheit mit Jubel begrüßen! Im Gegenteil! Dreißig Russen ziehen es sogar vor, anstatt den atemraubenden Rückzug anzutreten, ihre Gewehre wegzuwerfen und sich — wie es scheint, nicht ungern — der beschaulichen Gefangenschaft zu übergeben.
Dieser glänzende Erfolg des Feldwebels Sewiora und der Seinen gibt den übrigen Eingeschlossenen Mut und Tatkraft zurück. Ein allgemeiner Angriff setzt ein. Der Durchbruch gelingt. Die Fahne ist gerettet!
Nicht weniger bravourös ist die Tat des Korporals Josef Ozana. Zwei Tage vor dem eben geschilderten Ereignis erhielt der Kommandant einer Halbkompagnie den Befehl, bei Jedlina eine Patrouille bis in die feindliche Stellung vorzusenden, welche die Stärke des Gegners auskundschaften sollte. Wie immer, wenn es ein gefahrvolles, verantwortungsreiches Unternehmen galt, hieß es: „Wo ist Korporal Ozana?" Und wie immer, wenn er was witterte, wobei man ihn brauchen konnte, war der brave Unteroffizier gleich zur Stelle!
Das ist nun wieder so recht etwas für ihn! Im feindlichen Kugelregen vorgehen! Den eigenen Körper gewissermaßen als Zielscheibe aufstellen und damit erst recht beweisen, daß nicht jede Kugel trifft, daß die Russen überhaupt nicht allzu meisterlich schießen. Ja, sv war es auch diesmal wieder! Und das Terrain um Jedlina ist noch dazu flach wie ein Brett. Kein Hügel, keine Mulde, kaum ein Graben! Aber Ozana und die paar Leute, die er mitgenommen hat, lieben es, aufrecht zu gehen: Man kommt so viel schneller vorwärts! Bloß hin und wieder decken sie sich hinter ein paar beieinander stehenden Bäumen. Nur auf ein paar Sekunden. Dann geht es wieder vorwärts, lachend und scherzend, als wäre es das größte Vergnügen. Wenn man Menschen so fröhlich in die Gefahr rennen sieht, muß man mit! Vorgeschobene Schwarmlinien schließen sich freiwillig der kleinen Heldenschar an
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und mit diesen dringt Ozana bis vor die feindliche Stellung. Ein Blick sagt ihm alles, was er wissen muß. Er schickt einen Mann mit der Meldung an seinen Hauptmann zurück, daß der Russen gar nicht mehr so viele seien; dann geht er sofort zum Angriff über. Und als das Halbbataillon stürmend zu Hilfe kam, hatte der brave Korporal mit den Seinen schon wacker vorgearbeitet: 372 Gefangene und drei russische Maschinengewehre waren bereits als Beute in seiner Hand!
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Verwegene Bursche.
Im Aufklärungsdienste ragten der Feldwebel Josef Egger und der Gefreite Johann Mrak vom Landwehr-Infanterieregimente Nr. 4 hervor. Feldwebel Egger hatte als Patrouillekommandant den Auftrag, zu Rekognoszierungszwecken gegen eine Stadt zu marschieren. Auf seinem Wege traf er Flüchtlinge an, die ihm dringend rieten, nicht weiter vorzudringen, da in nächster Nähe, außerhalb der Stadt, Russen lägen. Egger schenkte diesen Mahnungen kein Gehör und setzte entschlossen seinen Marsch fort in der Absicht, sich selbst ein Bild von der Situation zu verschaffen, das zu Gunsten der eigenen militärischen Maßnahmen verwertet werden sollte. Als er sich auf ungefähr dreiviertel Wegstunden der Stadt genähert hatte, beobachtete er eine starke Kosakenpatrouille, der eine ganze Sotnie folgte. Der Feldwebel bezog sofort kaltblütig mit seiner Patrouille eine geeignete Stellung ans einer Anhöhe und eröffnete von dort aus ein so vehementes Feuer, daß sich der Feind zurückzog. Nach erfolgreich angestellten Beobachtungen wurde Egger schließlich durch Schrapnellfeuer gezwungen, seine Stellung zu räumen. Er rückte zu seiner Kompagnie ein, ohne Verluste bei seiner Mannschaft beklagen zu müssen.
Gefreiter Mrak erhielt eine schwierige Erkundungsaufgabe, bei der es sich darum handelte, festzustellen, ob sich vor der Kom-
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pagnie noch eine Linie von eigenen Truppen oder aber der Feind befinde. Vorsichtig schlich er sich unter großen Gefahren an die Deckungen heran, wo er mit den Worten „Ne pucajte Bosnjaci!“ („Nicht schießen, Bosniaken!") angerufen wurde. Der Gefreite antwortete, man möge einen Offizier herbeiholen, worauf der Ruf zurückkam: „Kommen Sie her!" Die deutschen Worte veranlaßten Mrak tatsächlich, sich weiter zu nähern, als er sich plötzlich einem Russen gegenüber sah, der ihm einen Bajonettstich in die linke Hand versetzte. Mit größter Geistesgegenwart aber wendete sich Mrak gegen den tückischen Feind, stach ihn nieder und lief zur Patrouille zurück, wo er die anbefohlene Aufklärung überbrachte. Das Verdienst des braven Unteroffiziers war es, daß die Kompagnie das Feuergefecht mit der Gewißheit aufnehmen konnte, nicht etwa im nächtlichen Dunkel auf eigene Truppen zu schießen. Mrak wurde mit der silberenen Tapferkeitsmedaille erster Klasse, Feldwebel Egger mit der gleichen edlen Auszeichnung zweiter Klasse bedacht.
Weitung eines Mumilonswagens-
Als im Gefechte von Bukowa am 21. Dezember 1914 eine Batterie des 8. Feldkanonenregimentes ihre Stellung wechseln mußte, weil ihr Standort von Aeroplanen ausgekundschaftet worden war, schlug ein Volltreffer verhängnisvoll vor einem der Munitionswagen ein. Fünf Pferde und ein Fahrkanonier wurden zermalmt, hilflos mußte der Munitionswagen auf der Straße bleiben, während die Batterie sich in Sicherheit brachte. Aber der Kommandant wollte auch diesen einen Wagen nicht im Stich lassen und rief die Mannschaft auf, wer sich freiwillig melde, trotz allem den Wagen zurückzubringen. Als erster sprang, kaum daß die Frage ausgesprochen war, der Korporal Franz Stozier vor, dem sich sofort Korporal Johann Bolkovic anschloß. Sie
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wußten zwar beide, daß sich inzwischen russische Infanterie oberhalb des Hügels eingenistet hatte und jeden Nahenden mit Zielfeuer bedrohte, aber sie nahmen ein paar Pferde, schwangen sich darauf und ritten scharf auf den verlassenen Wagen zu. Dort gab es harte Arbeit. Zuerst mußten die verendeten Pferde weggeschafft werden; sie hoben, zerrten, schoben mit ungeheuerster Anstrengung die Kadaver fort, während die eigenen Pferde, durch die fortwährend herumpfeifenden Geschosse unruhig gemacht, kaum zu halten waren. Aber die beiden ließen nicht nach, bis die Bespannung glücklich vorgekoppelt war, und nun ging's im sausenden Galopp mit dem geretteten Munitionswagen durch das wütende Feuer der Russen zur Batterie zurück, wo sie unversehrt anlangten, von Offizieren und Mannschaft für ihren Mut beglückwünscht. Bald wurde auch beiden Korporalen die große silberne Tapferkeitsmedaille verliehen.
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Ein mutiger pafrouillefü^rer-
Nach Forcierung der Save bei Jarak wurde das k. u. k. Feldjägerbataillon Nr. 23 als Vorhut ausgesendet. Da sich die zurückgetriebenen und versprengten Serben erfahrungsgemäß immer im mannshohen Kukuruz zu verstecken pflegten, ließ der Kommandant vorerst zahlreiche Patrouillen ausschwärmen. Gleich das Saveufer entlang stieß eine kleine Abteilung auf sieben im Schilfe verborgene Serben, die sich nicht ergeben wollten. Da wurden drei von ihnen sofort niedergemacht, die übrigen warfen ihre Gewehre in den Fluß und sprangen nach, fanden aber alle in den Wellen den Tod.
Eine andere Jägerpatrouille bahnte sich vorsichtig den Weg durch die hohen Kukuruzstauden und spähte überall nach Feinden. Das Feld war so dicht, daß der Kommandant, Patrouilleführer Stephan Jacko, immer in Gefahr war, seine Mannschaft aus dem
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Auge zu verlieren. An einer Stelle konnte er seine Leute tat« sächtich nicht mehr sehen, hörte aber plötzlich rechterhand Lärm und Getümmel und, in rumänischen Lauten, den Aufschrei eines Verwundeten. Er eilte, so rasch es der dichtgepflanzte Mais gestattete, dem Lärm entgegen und bemerkte jetzt einen seiner Jäger, der verwundet am Boden lag und von vier Komitatschis umringt war. Blitzschnell überlegte Jacko, wie er seinen Kameraden retten könnte. Er durfte nicht schießen, weil er sonst das Leben des Verwundeten gefährdet hätte — da blieb ihm nichts übrig als das Bajonett. Er lies geradewegs auf die Feinde zu und stach zwei nieder, bevor sie noch recht zum Bewußtsein gekommen waren, daß dem Überfallenen jetzt ein Retter erschienen war. Jacko sprang nun zurück und legte sein Gewehr an — ein dritter L>erbe lag tödlich getroffen im Felde. Der Vierte sah mit Grausen, was dieser einzelne Mann verrichtet hatte, und rannte, so schnell er nur konnte, davon, um der Wut des Tapferen zu entgehen. Der verwundete Jäger, der sein Leben nur der Beherztheit seines Kameraden verdankte, konnte nun unbehelligt in Sicherheit gebracht werden und stand bald wiederum an der Front. Jacko wurde durch Verleihung der silbernen Tapferkeitsmedaille erster Klasse ausgezeichnet.
Ein opfermuiiger Solbal
In einem Gefechte des Znaimer Infanterieregimentes Nr. 99 machte sich ein feindliches Maschinengewehr, das auf die eigene Schwarmlinie gut eingeschossen war, sehr unangenehm bemerkbar. Die Verluste der Unseren mehrten sich bedrohlich und man konnte das geschickt maskierte Gewehr mit bestem Willen nicht entdecken. Zugsführer Franz Horak, bei der Maschinengewehrabteilung des Regimentes als Gewehrvormeister eingeteilt, entschloß sich hierauf zu einer wahrhaft selbstaufopfernden Tat. Kühn
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sprang er aus dem Schützengraben heraus und stellte sich, das feindliche Artillerie- und Jnfanteriefeuer nicht beachtend, aufrecht, gleich einer Scheibe, vor die Deckung hin, um abzuwarten, ob das feindliche Maschinengewehr das Feuer auf ihn eröffnen würde. Alsbald ertönte auch richtig das verräterische, bösartige Rattern, worauf jetzt Horak die ungefähre Stellung des russischen Gewehres ermitteln und seine eigene Waffe auf die richtige Stelle dirigieren konnte. — Bei einer anderen Gelegenheit kam Horak mit seinem Maschinengewehre gerade in dem Augenblick in die Schwarmlinie, da die Russen zum allgemeinen Angriff auf unsere Stellungen vorgingen. Kein Augenblick war zu verlieren, wenn das Maschinengewehr noch mitwirken sollte. Im dichtesten Kugelregen sprang der heldenmütige Zugsführer auf die hohe Brustwehr, riß dort mit seinem Spaten ein breites Loch in die Erde, warf kurz entschlossen seinen Massentöter hinein und eröffnete, gerade noch rechtzeitig, ein wütendes Feuer auf die Russen, die eben zum Bajonettsturm ansetzten. Sein wohlgezieltes Schnellfeuer riß ganze Lücken in die Reihen der heranstürmenden Feinde und brachte ihre Flut zum Stehen. So wurde der bedrohliche Angriff in diesem Raume, dank der raschen Entschlossenheit des tapferen Gewehrvormeisters, endgültig abgeschlagen.
Zugsführer Horak erhielt die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse.
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Guck im Loch.
Es war am 9. Februar 1915 in den schweren Karpathenkämpfen, als die k. u. k. 16. Jnfanterie-Truppendivision unter Feld-marschalleutnant Georg Schariczer von Reny in guter Waffenbrüderschaft mit der anschließenden deutschen Truppendivision des Generalleutnants von Schmettau den ungezählten Moskowiterstürmen nicht nur ein ehernes Halt geboten hatte, sondern bereits
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zum zweiten Male ansetzte, um den Gegner mit zwar an Zahl geringerer, aber innerlich überlegener Wucht aus den Bergen hinabzudrängen. Um nach vorne Raum zu gewinnen, war es vor allem notwendig, den westlich Falkov vorgeschobenen, außerordentlich starken Stützpunkt der Russen zu nehmen. Wiederholte Vorstöße der Unseren gegen diese mit Hindernissen gespickte feindliche Stellung waren bisher trotz schwerer Opfer gescheitert. Deshalb entschloß sich Feldmarschalleutnant Schariczer im engsten Einvernehmen mit den deutschen Kampfgefährten, die befestigte Stellung erst durch Granaten mürbe zu machen.
Am 9. Februar nachmittags eröffnete die eigene schwere Artillerie nebst deutschen schweren Minenwerfern gegen jenen Stützpunkt ein heftiges Feuer und setzte dieses mit sichtlichem Erfolge bis gegen 4 Uhr fort. Nun galt es, durch Patrouillen den Erfolg der Beschießung festzustellen sowie die technische Ausgestaltung des Platzes und die Stärke der noch vorhandenen Besatzung zu erkunden. Eine derartige Rekognoszierung angesichts des wachsamen Gegners hatte erst vor einigen Tagen einen Offizier und fünf Mann gekostet. Trotz der jedem bewußten Gefahr meldeten sich über Aufforderung des Kommandanten des zweiten Bataillons vom Infanterieregimente Nr. 82 sechzig Mann zu dieser ehrenvollen Aufgabe. Aus diesen wählte der Bataillonskommandant den Zugsführer Stephan Keresztes, die Korporale Stephan Urkon, Michael Läszlö, Emmerich Albert sowie die sich ebenfalls freiwillig meldenden Sappeure der 5./12. Sappeurkompagnie, die Korporale Albert Baläzs und Nikolaus Sintye, aus. Um 4Uhr 30 Minuten nachmittags stand das kleine Häuflein am feindwärtigen Ende der gegen den russischen Stützpunkt vorgetriebenen Sappe und harrte gelassen des Augenblicks, wo das Einstellen unseres Feuers das Signal für ihr Vorwärtsgehen geben sollte. Vor ihnen lag zirka 120 Meter völlig deckungsloses Terrain, dann erst begann die Hinderniszone vor der Feindesstellung. Auch diese mußte durchkrochen werden, um Einblick in den Raum des Gegners zu gewinnen.
Endlich schwieg unser Feuer. Im nächsten Augenblicke sprangen behend unsere Tapferen aus dem Sappenende und stürzten auf die feindlichen Befestigungen los. Jeder für sich, den gegebenen Direktionspunkt im Auge, das Gewehr schußbereit, liefen sie geschickt
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und ohne Zögern, jede Deckung benützend, auf die Hindernis-zone los.
Generalleutnant von Schmettan gab an der Seite des Divisionskommandanten Feldmarschalleutnants von Schariczer, der jeden Schritt der Unseren verfolgte, wiederholt in begeisterten Worten seiner Anerkennung über das äußerst geschickte und geschlossene Verhalten dieser prächtigen Leute Ausdruck.
Zum Glück für die Unseren waren die Russen durch die Beschießung eingeschüchtert und hatten sich in ihre Deckungen verkrochen, so daß die ersten 100 Meter ohne feindliche Gegenwirkung überschritten werden konnten. Bei Betreten der Hinderniszone benützten die Leute äußerst geschickt die durch unsere Artillerie sowie durch die schweren Minenwerfer erzeugten Gruben und Löcher als Deckung und gelangten so fast gleichzeitig auf die feindliche Kammlinie, von wo sie erst Einblick in die besetzte feindliche Stellung gewannen.
Hier sahen sie mehrere russische Deckungen, besonders den linken Flügel derselben, durch die Sprengwirkung der Granaten und Schleuderminen vollkommen zerstört; sie sahen auch, wie der Feind in Erwartung weiterer Beschießung sich angstvoll an die Deckungen preßte sowie daß zahlreiche Tote und Verwundete die Gräben füllten. Zugsführer Keresztes, der den Zweck der Rekognoszierung erfüllt sah, gab nun das Zeichen zum Rückzüge, denn ein weiteres Vordringen in diese Stellung wäre gleichbedeutend mit dem sicheren Tode oder der Gefangennahme gewesen.
Es war auch keinen Augenblick zu früh, denn schon hatten die Russen, durch das Einstellen des Feuers aufmerksam geworden, die kühnen Eindringlinge entdeckt und ein Hagel von Geschossen wetterte von allen Seiten gegen sie. In raschen Sätzen eilten die Unseren den Todesweg zurück, um das Wahrgenommene ihrem Kommandanten zu melden.
Die zurückgebliebene Mannschaft des Infanterieregimentes Nr. 82, welche mit Jubel und begründetem Stolze das rasche, schneidige Vordringen ihrer Kameraden verfolgt hatten, sahen in höchster Aufregung, wie ihre Kameraden unter dem Kugelhagel des Feindes über den von Geschossen zerwühlten Boden mühsam kletterten, stürzten, sich wieder erhoben und schließlich nach endlos scheinenden Minuten wie durch ein Wunder unversehrt mit zwei
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erbeuteten russischen Gewehren in den eigenen schützenden Sappen-graben sprangen, wo sie mit stürmischer Freude begrüßt wurden.
Generalleutnant von Schmettau ersuchte unseren Kommandanten um die Vorstellung dieser braven Leute, sprach jedem einzelnen seine Anerkennung und Bewunderung über diese schneidige Waffentat aus und versprach ihnen, Sr. Majestät dem deutschen Kaiser hierüber Meldung zu erstatten und sie zu einer sichtbaren allerhöchsten Auszeichnung einzugeben.
Für die erschöpfenden, klaren und äußerst wichtigen Meldungen, welche die kühnen Männer zurückbrachten, wurden diese von ihrem Kommandanten zur großen silbernen Tapferkeitsmedaille vorgeschlagen, welche auch kurz darauf die Brust der Tapferen zierte.
Ein Mißverständnis-
Bei dem Gefechte östlich Debiany sollte dem zweiten Bataillon des 1. Infanterieregimentes befohlen werden, die Stellung zu räumen, da der Feind übermächtig mit Umfassung drohte. Doch der Befehl traf nicht rechtzeitig ein. Dem Meldereiter wurde das Pferd unter dem Leib erschossen, so konnte der Auftrag nur von Mund zu Mund bis in die vorderste Schwarmlinie vorgegeben werden. Aber das Verhängnis wollte, daß ein Zug des Bataillons mit der Maschinengewehrabteilung von der Hauptgruppe abgesondert stand und von dem Befehle nichts erfuhr. Daß die Russen in Überzahl nahe waren, merkten sie erst, als plötzlich auf dreißig Schritt ein furchtbares Feuer auf sie eröffnet wurde.
Dort steht der tapfere Feldwebel Alfred Grunke und hütet mit ein paar Mann die Maschinengewehre. Er sieht die Russen vor sich auftauchen, dreißig Schritte weit, sie haben das Feuer eingestellt und winken herüber. Feldwebel Grunke, der keine Ahnung hat, wie isoliert er ist, mißversteht die Gesten des Gewehrnieder-
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legens und meint, die Russen wollen sich ergeben — er war ja schon oft in der Situation, daß die Russen die Hände flehend hoch hoben, und kann sich gar nicht denken, daß man von ihm Ähnliches verlange. Er nimmt also zwei Leute mit sich und geht dem Wald zu in der Hoffnung, Gefangene dort einzusammeln. Einen Augenblick sind die Russen ganz starr über die Kühnheit dieser drei Leute, die aufrecht ohne Deckung und ohne Eile heranstapfen, dann aber prasseln sie ihnen auf den Pelz. Jetzt erkennt Feldwebel Grunke seinen Irrtum. Aber er denkt nicht daran zu fliehen. Rasch entreißt er einem seiner beiden Begleiter das Gewehr und feuert gleichzeitig mit dem anderen Infanteristen zurück, indes ihm der Waffenlose Munition reicht. Und so trefflich zielt er, daß den Russen unbehaglich wird und sie sich — obwohl fünfzig gegen drei — außer Schußweite zurückziehen. Diese paar Minuten des Kampfes haben jedoch genügt, um die beiden Maschinengewehre, die sonst sichere Beute der Russen geworden wären, zu retten, und, wie der Feind jetzt von einem Offizier, der das Wahnwitzige des Rückzuges bei zwauzigfacher Übermacht nicht fassen kann, neuerlich vorgetrieben wird, ist es zu spät. Feldwebel Grunke muß zwar den Rückzug antreten, aber die Maschinengewehre sind geborgen, ebenso der Distanzmesser und alles, was die Russen finden, sind die leeren Patronenhülsen. Der wackere Feldwebel erhielt die goldene Tapferkeitsmedaille.
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Gestörte Mahlzeit.
Korporal Eduard Kunath vom 15. Landsturm-Infanterieregimente war als Kommandant einer Aufklärungspatrouille nach D^browa mit wenigen Leuten entsendet worden. Unterwegs treffen sie Bauern und fragen sie aus. Diese meinen es ihnen gut und warnen sie, weiter vorzugehen, die ganze Ortschaft stecke voll Kosaken. Korporal Kunath aber kennt schon die Kosaken und weiß,
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daß man sie, wenn man geschickt vorgeht, leicht überrumpeln kann, besonders aber in Ortschaften, wo es Wein und Schnaps gibt. Er schleicht sich mit den Seinen heran und sein kriegs-geschärster Instinkt leitet ihn richtig: vor dem Wirtshause stehen sechs Kosakenpferde, bewacht von einem einzigen Mann, der anscheinend auch nur von den guten Dingen träumt, mit denen sich's die anderen drin wohl sein lassen. Korporal Knnath arbeitet rasch den Feldzugsplan für seine paar Leute aus. Die Pferde müssen abgeschossen werden, damit die Kosaken nicht entwischen, ebenso der Wächter. Aber zum Gelingen ist eines nötig: Fixigkeit, jeder Schuß muß sitzen. Sie zielen genau, Korporal Kunath befiehlt leise — eine Salve kracht und sofort eine zweite und schon liegen vier Pferde da und der Wächter zwischen ihnen. Aufgeschreckt stürmen jetzt die Kosaken heraus, aber noch im Türrahmen fällt der erste, der zweite beim Fenster, das er neugierig aufgerissen und, wie jetzt aus anderen Häusern die Kosaken zu Hilfe eilen wollen, ist es schon zu spät, denn die Überzahl ist weggepulvert und den Rest wirft die wackere Landsturmmannschaft schnell aus dem Orte heraus. Korporal Kunath erhielt die goldene Tapferkeitsmedaille, seine beiden wackeren Begleiter auf diesem erfolgreichen Patrouillengange, die Reservedragoner Alois Teimer und Methot) Stibora des Dragoner-regimentes Nr. 12 die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
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Husaren aus dem Dusche
Wachtmeister Johann Orosz des Husarenregimentes Nr. 8 befand sich mit zehn Reitern auf einem Aufklärungsritt. Als er an der Spitze seines kleinen Zuges eben vorsichtig aus einem Walde vorreiten wollte, bemerkte er auf der Landstraße, wie eine Sotnie Kosaken drei eigene, augenscheinlich von ihrer Kolonne versprengte Blessiertenwagen umringte und mit sich führte. Diese Gefangennahme wehrloser, verwundeter Kameraden konnte der
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Husar nicht ruhigen Blutes dulden. Er gab, rasch entschlossen, seinen Leuten ein Kommando; elf Husaren sprangen aus dem Sattel und eröffneten sofort ein heftiges Feuer gegen den Feind. Die überraschten Russen mußten den Verwundetentransport im Stiche lassen und sich gegen die Angreifer wenden. Ms sie entdeckten, daß es sich nur um ein ganz kleines Häuflein Husaren handelte, stürmten sie dem Waldrand zu. Orosz aber ließ sich durch die Attacke nicht beirren. Ihm war es nur darum zu tun, den Blessiertenwagen Zeit zu schaffen, sich zu flüchten und zu retten, und so empfing er die heranstürmenden Kosaken mit einer wohlgezielten Salve. Neun feindliche Reiter lagen binnen wenigen Sekunden auf dem Boden, die übrigen stutzten und rissen ihre Pferde zurück. Inzwischen war es den Sanitätswagen gelungen, weitere zwei Verwundete, die am Wege gelegen waren, aufzunehmen und sich ziemlich weit vom Kampforte zu entfernen. Jetzt erst wollte der umsichtige Wachtmeister daran denken, sich und die Seinen in Sicherheit zu bringen. Er ließ aufsitzen und jagte mit seinen Reitern wie ein Sturmwind durch die feindliche Eskadron. Mit dem Säbel in der Faust schlugen sich die tollkühnen Husaren unwiderstehlich eine Gasse und ließen die verdutzten Feinde bald weit hinter sich. Als ob nichts geschehen wäre, setzte hierauf Orosz seinen Aufklärungsritt fort und rückte erst spät am Nachmittag wieder zu seiner Eskadron ein.
Noch am selben Abend vollbrachte der Unermüdliche ein weiteres Husarenstückchen. Im Verein mit dem Husaren Georg Szivacski wurde er in ein Dorf geschickt, um dort nach etwa versteckten russischen Nachzüglern zu forschen. Tatsächlich erfuhr er von einem Bauern, daß in einem Häuschen am Ende des Ortes fünf feindliche Infanteristen versteckt seien. Das unerschrockene Paar saß ab, drang ohne Zögern mit dem Karabiner in der Hand in das bezeichnete Haus ein und Orosz forderte die verblüffte Abteilung auf, sich zu ergeben. Tatsächlich ließen sich die Russen durch sein entschiedenes Auftreten einschüchtern, da fiefc er Meinung waren, daß das Haus von einer stark überlegenen Truppe umzingelt sei. Sie übergaben ihre Waffen und der Wachtmeister führte sie als Gefangene mit sich. Er erhielt für diese Arbeit eines Tages die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse, sein Husar Szivacski dieselbe Auszeichnung zweiter Klasse.
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Bei einer anderen zur Aufklärung vorgeschickten Reiter-abteilung befanden sich auch der Patrouilleführer Josef Meleg sowie die Husaren Josef Meszäros und Andreas Emedö des Husarenregimentes Nr. 8. In unübersichtlichem Terrain wurde das Detachement plötzlich von einer größeren feindlichen Truppe beschossen. Bald lagen fünf Pferde getroffen am Boden und ein Husar wurde verwundet. Um dem heftigen Feuer zu entgehen, mußte die Abteilung wieder zurück, ohne daß es möglich gewesen wäre, die Kameraden, deren Pferde erschossen waren, mitzunehmen. Da bemerkte im Zurückreiten ein Husar, wie drei reiterlose Pferde dem Detachement nach galoppierten. Er bat den Kommandanten, einen Augenblick haltzumachen, die herankommenden Pferde einfangen zu lassen und dann mit ihnen an die Stelle zurückzureiten, wo die gestürzten und pferdelosen Husaren bereits in der größten Gefahr schwebten, erschossen oder gefangen zu werden. Es war kein geringes Unterfangen, im heftigsten feindlichen Feuer zurückzugaloppieren, um die bedrängten Kameraden zu retten; ja, es schien dem Kommandanten so gefahrvoll und todessicher, daß er seine Leute vorerst fragte, wer sich hiezu freiwillig melde. Ohne zu zögern, erklärten sich Patrouilleführer Meleg und die Husaren Meszäros und Emedö zu diesem Wagestücke bereit. Sie jagten mit den drei Handpferden wieder zurück, mitten in den Kugelregen hinein, gelangten aber gerade noch zurecht, um dreien von den zurückgebliebenen Kameraden aufs Pferd zu helfen und sie vor der sonst sicheren Gefangenschaft zu erretten. Als Anerkennung für diese brave Tat schmückt jetzt die Brust der drei Husaren die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
Wachtmeister Gabriel Horvath des Husarenregimentes Nr. 16 kommandierte beim Aufklärungsritt eines Nachrichtendetachements die Vorpatrouille. In der Nähe eines Dorfes erfuhr er, daß der Ort gänzlich von feindlichen Patrouillen und kleineren Abteilungen besetzt sei, so daß ein unbemerktes Passieren ein Ding der Unmöglichkeit gewesen wäre. Da brachte ein eben vorbeifahrender Bauernwagen Horväth auf eine kühne Idee. Er setzte sich in das Fuhrwerk, ließ sich mit Heu und Pferdekotzen bedecken und befahl dem Bauern, ihn langsam durch das Dorf zu fahren. In der Mitte des Ortes angelangt, stieß er auf eine ungefähr
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zwanzig Reiter starke Abteilung und schoß sofort hinein. Einen Schuß nach dem anderen gab er ab und gönnte den überraschten Russen keine Zeit, sich zu vergewissern, woher das Feuer kam. Drei von ihnen fielen tödlich getroffen zu Boden, die übrigen ergriffen die Flucht. Horvath schoß weiter und erzeugte dadurch im Dorf eine Panik, die sich auf alle anderen Patrouillen fortpflanzte. In kürzester Zeit war der ganze Ort vom Feinde gesäubert und Wachtmeister Horväth konnte mit vier Beutepferden zu seinem Detachement zurückreiten. Die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse war seine Belohnung.
Zugsführer Stephan Magöcsi des Husarenregimentes Nr. 4 stieß mit seiner aus zehn Reitern bestehenden Patrouille auf eine dreißig Mann starke Kosakenabteilung. Ohne zu zaudern, mit der Pistole in der Hand, stürmte Magöcsi mit seinen Kameraden auf die dreifache Übermacht der Kosaken los und jagte sie in die Flucht. Dann sprangen die Reiter rasch von ihren Pferden und beschossen den weichenden Feind, welcher sieben Tote zurückließ. Der kühne Zugssührer erhielt die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
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Als der Akienmann ins Ueld ßcmu
Der Wachtmeister und Stabsführer im Landwehr-Ulanen-regimente Nr. 2Johann Rin ctg l hat nicht nur bei seinen Leuten und unmittelbaren Vorgesetzten den Ruf eines ganz besonders unerschrockenen Mannes, der sein Leben, wenn's gilt, so gleichmütig und gelassen aufs Spiel setzt, als hätte er deren mehrere zur Verfügung. Das ganze Regiment kennt die Geschichte, wie er den Husaren Franz Szallay in Telepocs vom sicheren Tode rettete, als das plötzlich daherschäumende Hochwasser den Soldaten samt Pferd und Wagen ergriff und fortschwemmte. Der Wachtmeister
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war schneller und stärker als die Flut und, ob ihm gleich im Kampfe mit ihr das Wasser bald bis „daher" ging, hatte er doch noch, selbst kaum mehr eine Unze Luft in der Lunge, Energie genug, den halb erstickten Husaren ans Land zu bringen. Als ob das feuchte Element es aus den Ulanenwachtmeister abgesehen hätte, passierte diesem kurz darauf ein ganz ähnliches Abenteuer. Diesmal war es ein Zivilkutscher, der im Strudel des Hochwassers um sein Leben kämpfte. Ohne Bedenken sprang Rinagl in den Strom und machte so lange die äußersten Anstrengungen, ihm sein Opfer zu entreißen, bis er selbst, ganz und gar erschöpft, der schleunigen Rettung bedurfte. Über die Donau, dort, wo sie als Grenzband zwischen Semlin und Belgrad aufgerollt ist, ging der Wachtmeister und Stabsführer einige Male, zwar trockenen Fußes, aber unter sehr eigenartigen und ungemütlichen Verhältnissen. Es war nach dem Rückzug aus Serbien Mann und Material längst ans heimische Ufer zurückgebracht und die große Semliner Brücke sprengfertig. Nur ein paar Bündel und Kistchen mit Kanzleiakten und etliche Bagagestücke des Regimentes waren noch in Belgrad, vor dessen Toren schon die feindlichen Bataillone standen. Wachtmeister Rinagl, als Stabsführer ein besonders eifriger Hüter aller inventarisierten Bestände, wollte auch diese bescheidene Beute nicht in Feindeshänden wissen. Deshalb ging er gemeinschaftlich mit dem Leutnant-Rechnungsführer Franz Hartmann und zwei muskulösen Ulanen — im letzten Augenblick, der noch einige Chancen auf Entrinnen aus der Gefahr des Gefangenwerdens ließ — über die zum Abbruche bereite Semliner Brücke nach Belgrad zurück, wollt' dem Regimentsstabe „wied'rum kriegen" die zurückgelassenen Kanzleiverschläge und Bagagestücke. Mit größter Seelenruhe, trotzdem in jeder Sekunde das Unheil über ihre Köpfe hereinbrechen konnte, methodisch und sorgfältig, packten die vier Männer den heiligen ürarischen Besitz und schafften ihn nach Semlin herüber. Da aber die Last zu schwer war, um auf einmal getragen zu werden, gingen die vier noch ein zweites Mal, Unwillen und Ungeduld der sprengbereiten österreichisch-ungarischen Pioniere herausfordernd, nach Belgrad hinein und, als die Serben endlich in ihre Hauptstadt kamen, waren Reste von Packpapier und Spagatschnüren das einzige, was sie an zurückgelassenem Regimentsgut erbeuteten. Der Wachtmeister und Stabsführer Johann Rinagl hat das sil-
Unsere Soldaten. 11
berne Verdienstkreuz am Bande der Tapferkeitsmedaille bekommen; die Belohnung jedoch, die er selbst sich erbat, mußten ihm die Vorgesetzten abschlagen. Er petierte nämlich, wiederholt und dringendst, um Dienstesverwendung in der Kampflinie; ein Wunsch, dem, wie der Belohnungsantrag sagt, nicht willfahrt werden konnte, weil der Wachtmeister Johann Rinagl auf seinem derzeitigen Posten als Stabsführer unersetzlich ist.
Ein Teufelskerle
Eine der gründlichsten Enttäuschungen, die unsere Feinde in dem Kriege erlitten haben, fand ihre Hoffnung auf das Verhalten unserer Serben und Kroaten. Man hatte der Welt vergeblich aus Belgrad vorgespiegelt, die Bevölkerung Kroatiens, Bosniens und des Banates „seufze unter dem fremden Joch" und werde die erste Gelegenheit benützen, dieses „Joch" abzuschütteln. Aber wie es zum Kämpfen kam, sahen sie bald, daß diese Kroaten und Bosniaken ihre Heimat wie der Teufel verteidigten, und unzählbar sind die Heldentaten, die gerade diese Truppen vollbrachten. Da war zum Beispiel im 53. Infanterieregiment ein Korporal Pavao Posavec, den sich jeder gemerkt hat, der ihm einmal in Waffen gegenüber gestanden ist. Einmal, als die Serben stürmten und schon ganz nahe heran waren, ohne aber gegen die Unseren, die, gut gedeckt, ein mörderisches Feuer gegen sie eröffneten, etwas ausrichten zu können, sahen sie plötzlich einen Mann allein aus der Deckung springen. Es ist Pavao Posavec, der sich hoch aufrichtet, als wären Kugeln nicht aus Blei, und ihnen frei die Stirn bietet. „Ergebt euch, Serben, ehe wir euch ganz zusammenschießen," ruft er ihnen zu und diese maßlose Kühnheit des einzelnen, ungedeckten Menschen, der ihnen in ihrer Sprache den innersten Wunsch ihres Herzens entgegenschreit, bricht ihren An-
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sturm. Zehn, zwanzig heben die Hände hoch und nach und nach ergeben sich nicht weniger als 250 Mann mit ihrem Hauptmann. Die Leute werden abgeführt, die Waffen ihnen weggenommen und da findet Korporal Posavec bei einigen die berüchtigten Handgranaten aus dem Arsenal von Kragujevac. Er hat's zwar nie
gelernt, mit ihnen umzugehen, aber er möchte sie gar zu gern
ausprobieren. Kouragiert nimmt er zwei mit sich, schleicht in der Nacht bis an die Schwarmlinie des Feindes, ganz, ganz nahe heran. Jetzt fein die Messingkapsel abgeschraubt, den Zündstift an den Gewehrkolben geschlagen, so sagte doch der Leutnant, und dann — ein Schwung und noch einer. Die Granaten sausen mitten hinein in die Deckungen. Ihre Detonation erschüttert die Luft und gleich darauf hört man die Schreie der Verwundeten, das Angstrufen der Erschreckten — Korporal Posavec hat gut getroffen und unsere Mannschaft, die von fern nur auf das Ge-
lingen seines Überfalles gewartet, hat jetzt leichtes Spiel. In einem Sturm überrennen sie die Deckungen, wo der Feind in höchster Verwirrung Gewehre und Munition läßt und auch die Opfer des Granatenwurfes. Wenige Tage später kann Korporal Posavec mit seiner Verwegenheit einen neuen, wichtigen Dienst der Abteilung leisten, er späht eine feindliche Artilleriestellung so trefflich aus, daß telephonische Nachricht an unsere Batterie gegeben werden kann und der erste Schuß gleich mitten zwischen die serbischen Geschütze fährt, die dann gerade noch Zeit haben, aufzuprotzen und nach Verlust von einigen Leuten Reißaus zu nehmen. Korporal Posavec erhielt für sein famoses Verhalten die höchste Auszeichnung, die im Mannschaftsstande verliehen werden kann, die goldene Tapferkeitsmedaille.
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Tapfere Nsitsr vom Alansnrsgimsnt $tr. 11.
Der Zugsführer Malek wurde während eines Gefechtes in einen nahen Ort entsendet, um festzustellen, ob dieser vom Feinde besetzt sei. „Nun", dachte Malek, „um zu konstatieren, bleibt wohl nichts übrig, als ins Dorf hineinzureiten". Und schon trabte er davon. Er suchte so lange wie möglich in der Deckung einer Böschung vorwärts zu gelangen, endlich aber mußte er, knapp vor dem Dorf, auf die Landstraße Hinausreiten und geraden Weges auf die ersten armseligen Hütten lossteuern. Aber kaum war er bemerkt worden, wurde er auch schon angeschossen. .Fetzt wußte er natürlich: im Dorf gabs keinen freundlichen Empfang; und er hätte sein Pferd wenden und in gestrecktem Galopp zurücksausen können, da ja seine Aufgabe gelöst war. Aber unserem Ulanen war das nicht genug; er wollte auch erfahren, ob das ganze Dorf besetzt und wie stark der Feind sei. Deshalb gab er sich ruhigen Blutes als Zielscheibe hin, um aus der Menge der Kugeln seine Schlüsse ziehen zu können. Er gab seinem Pferde die Sporen und raste mitten durch den Ort. Rechts und links pfiff es um ihn — die aufgeschreckten Russen griffen zu den Gewehren, aber Malek ritt darauf los und gab ihnen keine Zeit, viel nachzudenken. Er galoppierte den langgestreckten Ort durch und da die Häuser in diesen ruthenischen Dörfern sehr schütter gestellt sind, hatte er das Glück, unversehrt durch die Kugeln hindurchzufliegen. Aber am Ende des Ortes erwartete ihn eine Überraschung. Dort lag nämlich feindliche Infanterie eingegraben und arbeitete eben noch an Verschanzungen. Und jetzt erst ahnte Malek, wie wichtig sein Patrouilleritt dem Regiments geworden war. Er riß sein Pferd zurück und wendete es mit einem jähen Ruck — sein geübtes Auge hatte genug bemerkt. Wieder überrumpelte er die in den Häuschen einquartierten Russen, denn mit einem Rückritt des Verwegenen hatten sie gar nicht gerechnet. Wie der Teufel sprengte Malek durch den Ort und wiederum traf ihn kein Geschoß. In Schweiß gebadet, mit Staub bedeckt und keuchend langte er bei seinem Regimente an. Er gab so richtige Angaben über die Stellung der russischen Infanterie, daß unsere Artillerie sich sofort einzuschießen wußte und bald das ganze Nest durch einige Volltreffer
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ausgehoben hatte. „Solche Meldereiter kann ich brauchen", meinte der Kommandant und beantragte den Zugsführer für die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
Kaum minder waghalsig war Wachtmeister Preiß, der mit sechs Reitern zur Sicherung der Flanke entsendet wurde. Die Patrouille konnte bald das Heranrücken feindlicher Artillerie und Infanterie wahrnehmen, so daß Preiß seinem vorgesetzten Kavallerietruppendivisionskommando eine wichtige Meldung zurückzusenden vermochte. Als er seine weitere Aufklärung wieder fortsetzen wollte, bemerkte er, wie sich eine Kosakensotnie anschickte, die Handpferde einer zum Feuergefechte abgesessenen eigenen Eskadron abzuschneiden. Der Wachtmeister ließ seine Reiter absitzen und eröffnete auf die heranrückenden Kosaken ein derart wirksames Schnellfeuer, daß diese von ihrem Vorhaben abließen und in wilder Flucht davonjagten.
Dieser auf eigene Faust glücklich durchgeführte Angriff trug auch ihm die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse ein.
Wachtmeister Johann Turecsek erwarb sich dieselbe Auszeichnung dadurch, daß er bei einem feindlichen Überfalle durch sein mutiges und entschlossenes Auftreten gleich zwölf Reiter rettete und in das eigene Lager in Sicherheit brachte.
Artillerie vom Feldhaubitzregiment Nr. 4 ist in einem verlassenen Gehöft etabliert. Sie erhält Befehl, das Feuer zu eröffnen, um die Stellung der feindlichen Geschütze festzustellen. Den Beobachterposten im ersten Stockwerk hat der Reservefähnrich Titus Kunz inne. Nach den ersten Treffern drüben erwidert der Feind mit Schrapnells. Just auf den Standort des Fähnrichs richten sie sich und, wenn sie auch noch vorzeitig krepieren, sie rücken doch
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immer näher. Schon prasseln Füllkugeln in die Fenster, setzen Holz aus oder splittern Mörtel ab. Doch der Fähnrich kann nicht darauf achten; er muß es der Mannschaft im Erdgeschoß überlassen, sich darum zu mühen. Diese Braven finden kaum Zeit zum Atemholen, denn außer der Geschützbedienung gilt es noch nach jedem Schuß von drüben möglichen Bränden oder Munitionsgefährdungen vorzubeugen. Plötzlich gellt ein betäubender Krach, dann Jammergeschrei und Röcheln. Der Fähnrich reißt die Tür auf. Ziegelstaub mit Rauch vermengt, wirbelt vom Flur hoch. Ein Blick dorthin überzeugt ihn, daß eine feindliche Granate mit voller Wucht das Haus traf. Fünf Mann winden sich in dem giftigen Qualm; zwei, kaum noch als Menschen kenntlich, liegen ganz rot und still. Nun kehrt der Fähnrich wieder auf seinen Platz zurück; die Hand um das Binokel gekrampft, starrt er brennenden Auges nach dem Waldsaum, wo die feindlichen Geschütze bellen. Denn der Feind läßt nicht locker. Seine Geschosse jagen einander, hängen im Platzen eine Sekunde lang in der Luft wie stoßbereite Geier und zischen dann nieder. Ein Höllenlärm beginnt, in dem man kaum mehr entscheiden kann, woher er kommt, von hier oder drüben. Und es wird Nachmittag und Abend wird es und der Fähnrich steht unbewegt in dem Eisen- und Feuerregen wie in den Boden vernietet. Erst als in der Dunkelheit die eigenen Geschütze schweigen, kann er herabklettern und dieses Tages Grauen zu vergessen suchen im Schlaf.
Für sein unerschrockenes und unbeirrtes Ausharren wurde dem Fähnrich Titus Kunz die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse zuteil.
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Acht von den „Großen Silbernen" des änfanterieregimenis Graf Khevenhüller
Nr. L
Wenn ein Athlet, ein Fechtlehrer oder Jäger im Kriege Hervorstechendes leistet, so wird sich keiner eben wundern, wenn aber ein Volksschullehrer und Ersatzreservist sich gleich von seinem Kathederlein weg in den ersten Kämpfen die große silberne Tapserkeitsmedaille holt, indem er bravouröse Taten mit dem Bajonett verübt, so gibt sein Fall Anlaß zu besonderer Würdigung.
Johann Schiestl ist Volksschullehrer und hat beim Infanterieregimente Graf Khevenhüller Nr. 7 als Ersatzreservist gedient. Schon während des Eisenbahntransportes auf den Kriegsschauplatz fiel er seinen Vorgesetzten durch die intelligent und enthusiastisch vorgebrachten Reden auf, die er an seine Kameraden hielt. Ungefähr 35 Mann fahren bei solch einem Transport stunden- und tagelang in einem Waggon; fünf- und zehnmal stärkere Gruppen vereinigen sich bei größeren Rasten, beim Abkochen und bei nächtlichen Lagerungen; da hat eine über das Durchschnittsmaß herausragende Persönlichkeit viel Gelegenheit, auf empfängliche Gemüter Einfluß zu üben. — Was Schiestl über Pflicht und Zucht, Verfechtung der gerechten Sache, Liebe zur Scholle und Entschlossenheit zum Festhalten aller heiligen Ideen den Leuten zu erzählen wußte, das ergibt eine zweite neue Seite seines Berufes, die ihm den Titel eines Volkslehrers im weiteren Sinne sichert. Und was er predigte, übte er auch selbst. „Wir sind Soldaten jetzt und unsere Taten müssen soldatisch sein," war der Grundsatz, dem sein weiteres Verhalten entsprach. Der Wald, das Feld wurden sein Revier, der Pürschgang auf den Feind sein Ziel. Mit einer Kriegsfreudigkeit, die auf Erkenntnis des Notwendigen aufgebaut war, überließ er sich den neu erwachten, neu entdeckten, kraftvollen Instinkten. Mit nie erlahmendem Mute ging er auf festverschanzte Deckungen des Gegners los und stellte im Nahkampfe seinen Mann wie keiner. Daß er für seine Überzeugung zu kämpfen weiß, hat er redlich bewiesen, und die zahlreichen Bajonettstiche, die er selbst an seinem Körper trägt, können davon erzählen.
Der Einjährig-Freiwillige Mediziner Bohuslav Tichy trägt noch nicht den Titel Doktor. Sein Platz ist daher nicht die Ver-
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bandstelle, nicht das Spital hinter der Front, sondern dort, wo die Kugeln sausen, in der Front. Und ganz vorn, in der kämpfenden Schwarmlinie, ist auch Bohuslav Tichy stets zu finden, um — dies ist das bemerkenswerte Moment — doppelt Dienst zu leisten, um sich in doppelter Eigenschaft auszuzeichnen. Jeden Angriff macht er nämlich in der tapfersten Weise bis auf dreihundert Schritte vom Gegner mit; dann gibt es ja leider immer Tote, Schwer- und Leichtverletzte genug. Und jetzt wird plötzlich aus dem Krieger der Samariter, der Arzt. Unmittelbar an Ort und Stelle kniet er nieder und kaum ist der Kamerad, vom feindlichen Blei getroffen, zusammengestürzt, ist schon die helfende Hand bereit, die Wunde zu stillen. Was dieser sofortige Beistand bedeutet, ist leicht auszudenken. Gefäßverletzungen zum Beispiel führen zu Verblutungen, Verunreinigung der Wunde zu den schwersten Komplikationen und zum sicheren Tod. Tichy ist es gelungen, in einem Gefechte dreißig Leicht- und sechs Schwer-verwundete zu verbinden und dadurch den Unseren zu erhalten, und das Bewußtsein, immer einen Arzt, einen geschickten „Wundver-pflasterer" in ihrer Mitte zu haben, wirkte beruhigend und befeuernd auf seine Kameraden. Auf solch echten, bluterprobten Feldscher darf das Regiment wahrlich stolz sein.
In großen Massen zu kämpfen, im stählenden Banne der Zahlsuggestion, vom Enthusiasmus fortgerissen, den tausend Willen immer und jederzeit triebhaft ausüben, ist Alltagswerk des Soldaten. Aber es gibt andere, bedeutend schwierigere Situationen, wo man mit einer ganz kleinen Abteilung allein steht, der Gefahr trotzen und kämpfen, angreifen, sich verteidigen muß. Da zehrt der Mut bloß vom real vorhandenen Pflichtgefühl, von sicher verankerter Entschlossenheit, die nur im Innern eines jeden einzelnen geborgen liegt. Solch ein auf sich selbst Gestellter und innerlich Starker war der Korporal Titular-Zugsführer Klement Schilcher. Der war anläßlich eines Stellungswechsels von seinem Bataillonskommandanten ausgeschickt worden, feindwärts gegen einen Ort zurückzugehen, um auszuforschen, ob und wie weit der Gegner nachfolge. Der Feind sandte den in Bewegung befindlichen eigenen Truppen natürlich Schrapnells in Fülle nach, aber der Zugsführer ging mit seinen paar Leuten gleichmütig dem Feuer entgegen, wich allerdings der Richtung der Geschosse 'so ge-
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schickt aus, daß er bis an den Rand des Dorfes gelangen und von einem Bauern erfahren konnte, daß der Gegner eben den Angriff einstelle und sich an der Ortslisiere verschanze. Ein ähnlich unerschrockenes Benehmen legte Schilcher an den Tag, als es galt, die Stellungen des Gegners zu erkunden und festzustellen, ob der Feind Vorbereitungen zu einem Angriffe treffe. Er konstatierte hiebei, daß die ganze Gefechtslinie schlief und bloß die Vorposten wachten. Bevor er zu seinem Bataillon einrücken konnte, wurde er heftig beschossen, ohne daß ihn dies abhalten konnte, erst seinen Befehl vollinhaltlich auszuführen.
Diese Anpassung der Soldaten an das Kriegshandwerk, diese erstaunliche Tüchtigkeit, die sie in ganz kurzer Zeit entwickeln, gehört mit zu den beachtenswerten Erscheinungen des Krieges. Was alle diese Leute an Heldenstücken vollbracht, wie sie in allen Momenten der Gefahr Bescheid wußten, wie sie Indianern gleich Schleichwege erdachten und Kampfarten der neuesten und der ältesten Zeit vermengten, um ihre Resultate zu erzielen, ist interessant und erstaunlich zugleich. Ein Gefreiter, Felix Muhlfellner, kämpft neben seinem Kompagniekommandanten im Handgemenge und erhält hiebei fünf Bajonettstiche und drei Schußverletzungen; aber er läßt seine Wunden den Feind schwer büßen, solange er noch seiner Sinne mächtig ist. Ein anderer Gefreiter, Franz Woschitz, verkleidet sich als ruthenischer Bauer, um eine Rekognoszierung in der Sangegend durchzuführen. Der Infanterist Titular-Ge-freite Gregor Branlitsch geht als Patrouillenkommandant mit einer wundervollen Beherztheit durch die russischen Kavallerie-vorposten, sticht die ihn umzingelnden Reiter nieder und kommt mit wertvollen Meldungen zur eigenen Linie zurück. Kadett in der Reserve Alois Mayer zeichnet sich durch hervorragende Intelligenz und Tapferkeit als Zugskommandant aus, ebenso auch der Gefreite Titular-Korporal Alois Unterainer, dessen Patrouilleur-fähigkeiten seiner Abteilung wichtige Dienste leisteten. Und damit neben diesem tapferen Oktett des edlen Klagenfurter Regimentes alle Gattungen vertreten seien, möge noch der Offiziersdiener Florian Galle erwähnt werden, als letzter, aber nicht als Schlechtester. Er ist nur einer von den Tausenden treuer „Burschen", die, wie aus so vielen Berichten ersichtlich ist, nicht von der Seite des kämpfenden Herrn weichen. Aber daß Galle seinen Offizier aus
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heftigstem Feuer auf den Verbandplatz schleppte, um ihn dann in der Divisionssanitätsanstalt bis zum Tode pflegen zu können, durfte nicht ohne Anerkennung bleiben. So trägt er denn die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
D!e Leitung der Kahne.
Das tapfere Honvedregiment Nr. 11 hat Bangen und Zagen nie gekannt. Die schärfsten Kämpfe hatte es zu bestehen, besonders in erbitterten Nachtangriffen waren die Russen hart bis an die Stellung vorgedrungen, nie aber sank ihnen auch nur für einen Augenblick der Mut. Nur ein einziges Mal schlugen ihre Herzen laut in Erregung und Besorgnis, ein einziges Mal: mitten im Gefechte war plötzlich ihre Fahne, die kühn vorausflatternde, gesunken. Der Einjährig-Freiwillige Szehely hatte die Ehre gehabt, sie tragen zu dürfen, doch eine Kugel mußte ihn getroffen haben, die Fahne flatterte nicht mehr voran. Von allen Seiten wetterten Schrappnells und Kugeln auf die Honveds nieder, aber sie wollten und mußten ihre Fahne wieder bei sich haben, das war ihre einzige Sorge. Feldwebel Franz Sasky und Korporal Michael Pasko erbieten sich, das Heiligtum zu suchen, sie formieren eine Patrouille, verlassen die Deckung und spüren das Kampffeld ab, bis sie es endlich finden, vom Blute des verwundeten Trägers besprengt. Eiligst bringen sie es wieder zum Regimente, das mit Jubel das heilige Wahrzeichen grüßt. Die beiden pflichttreuen Unteroffiziere wurden mit der silbernen Tapferkeitsmedaille erster Klasse bedacht.
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Ein Grenadier des Genfer Zeichens.
Denselben Gefahren wie der Kämpfer ausgesetzt und immer wehrlos, waffenlos gegenüber dem Todesdrohen, versehen die Sanitätssoldaten unermüdlich ihre schweren, heiligen Retterpflichten. Aus der Unzahl von Fällen stillen Heldentums, die sich Tag für Tag ereignen, sei als Beispiel die Tätigkeit des Zugsführers (Sanitätsunteroffiziers) Anton Sollar des Infanterieregimentes Nr. 47 kurz erwähnt. Im heftigsten feindlichen Infanterie- und Artilleriefeuer schaffte er die Schwerverwundeten aus der Gefechtslinie, brachte sie in Sicherheit und leistete ihnen die erste Hilfe. Eines Tages schleppte er zwei durch Granatsprengstücke schwer verwundete Soldaten aus der Schwarmlinie zurück, nachdem einer der für diesen Transport bestimmten Blessiertenträger im Kugelregen zusammengebrochen war. Aber das russische Feuer an jenem Tage war furchtbar. Kaum waren sie beim Hilfsplatz angelangt, als auch dort eine Granate nach der anderen einschlug. Und plötzlich riß auch eine, Feuer, Rauch und giftige Gase sprühend, das Haus, in dem die Verwundeten lagen, in Trümmer. Aber der wackere Sanitätssoldat ließ die erschreckten Verwundeten nicht im Stiche. Mit Aufgebot aller Kräfte machte er sich daran, die bedrohten Schwerverwundeten unter eigener Lebensgefahr zu retten. Mit todesverachtender Kühnheit drang er immer wieder in das bedrohte Haus und schaffte seine Schutzbefohlenen fort bis rückwärts zu einem Waldrande, wo sie endlich vor dem mörderischen Feuer in Sicherheit waren. Auch außerhalb des Gefechtes bewährte er sich als treuer Pfleger; mit voller Hingebung und seines eigenen Lebens nicht achtend, pflegte er die Cholerakranken.
Zugsführer Sollar erhielt die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse.
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Ein treuer Kamerad-
Ein Beispiel von Zähigkeit, Todesmut und Kameradentreue bietet die Geschichte des Patrouillenganges eines einfachen Soldaten, der diesem die höchste Auszeichnung eintrug, die einer Mannschaftsperson verliehen werden kann, die goldene Tapferkeitsmedaille. Das Siebenbürgische Infanterieregiment Nr. 31 stand im Kampfe mit den Russen und lag eingegraben den feindlichen Stellungen gegenüber. Eines Tages galt es zu erkunden, ob der Gegner seine Schützengräben noch besetzt halte und, wenn dies der Fall, in welcher Stärke. Ein gefährliches, schwieriges Unternehmen, denn die Patrouille hatte bis hart an die feindliche Stellung heranzugehen, um ihren Zweck zu erreichen. Bei der Wachsamkeit der Russen, die auf jeden sich irgendwo zeigenden Kopf wie besessen schossen, war solches Beginnen ein wahrer Todesgang! Der Kompagniekommandant stellte seinen Leuten vorerst die Gefährlichkeit dieses Unternehmens dar und forderte dann hiezu Freiwillige auf. Ruhig, ja freudig meldeten sich alle. Unter dem Kommando des Korporals Schuster wurde nun aus besonders findigen Leuten eine Patrouille zusammengestellt. In der kleinen Schar befand sich auch der Infanterist Vasile Ban, ein schlichter, aber kühner Mann, der sich bei allen Gelegenheiten, wo es galt, das Leben in die Schanze zu schlagen, als erster gemeldet hatte. Der schwere Gang wurde angetreten. Bis auf 300 Schritte kam die Patrouille unbehelligt an der Gegner heran. Dann wurde Halt gemacht und Infanterist Ban schlich sich ganz allein bis an die Drahthindernisse der Rüssen heran. Nun aber wurde das kleine Häuflein bemerkt und von allen Seiten unter ein mörderisches Feuer genommen. Infanterist Ban, der dem Gegner am nächsten stand, war den Geschossen am meisten ausgesetzt. Vorerst zerschlitzt ihm eine Kugel den Leibriemen, Ban macht ihn seelenruhig gänzlich los und versorgt ihn samt den Patronentaschen mit dem kostbaren Inhalt in seinem Brotsacke. Auch Hemd und Hosen werden von Geschossen gänzlich zerrissen. Der brave Infanterist tut nun, was in seiner Lage das richtigste ist: er gräbt sich mit seinem Spaten ein, so gut es eben in dem hartgefrorenen Boden gehen mag. In dieser Situation verharrt er dann volle sechs Stunden lang, bis die Dunkelheit hereinbricht. Dann erst entschließt er sich zum Zurückgehen, wobei er von vier
Russen, die auf ihn gelauert haben, heftig beschossen und verfolgt wird. Auf seinem gefährlichen Rückwege stößt er alsbald auf die Leiche eines Kameraden, der auch zu der Patrouille gehörte. Die Waffen des Toten will Ban den Russen nicht gönnen; er nimmt dem Gefallenen das Gewehr sowie den Leibriemen samt dem Bajonett ab und setzt mit dieser Last den Weg fort, bis er abermals einen von der Patrouille, den Infanteristen Lazask, findet, der schwer verwundet am Boden liegt. Der muß, denkt Infanterist Ban, um jeden Preis gerettet werden, nimmt rasch auch die schwere Last des Kameraden auf seine Schultern und nun geht es keuchend den Hang hinauf bis zu den Deckungen der Einunddreißiger. Gänzlich erschöpft erreicht er glücklich den sicheren Graben. Der Kamerad ist gerettet, die Waffen des' Gefallenen sind geborgen.
Nun aber liegen noch vier Brave von der Patrouille tot auf 300 Schritte Schritte vor den russischen Deckungen. Das läßt den heldenhaften Ban nicht ruhen; er geht zu seinem Zugskommaw-danten und bittet um Mannschaft, damit er die Gefallenen bergen könne. Bald sind drei mutige Leute zur Stelle und nun geht es neuerdings aus der schützenden Deckung heraus der toddräuenden feindlichen Stellung entgegen. Zuerst stoßen sie auf die Leiche des Kommandanten der Patrouille, des Korporals Schuster. Die Russen sind aber schon früher dort gewesen, denn der Tote ist vollständig ausgeraubt. Man schafft ihn zurück in die Stellung der Unseren. Ta sich der Rücktransport sehr schwierig gestaltet, wird für das Fortschaffen der drei übrig gebliebenen Toten die Sanitätspatrouille mit den Tragbahren entsendet. Doch Ban läßt es sich nicht nehmen, auch diese selbst zu führen. Zum dritten Mal macht er den gefährlichen Weg und es gelingt ihm auch diesmal, mit der traurigen Last die eigene Deckung zu erreichen. Und jetzt erst, da der einfache Mann mit dem treuen heldenkühnen Herzen alle seine Patrouillengefährten, die mit ihm auf den Todesweg auszogen, geborgen weiß, jetzt erst gönnt er seinen völlig erschöpften Körper die nötige Ruhe.
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3tDci Landwehrulanen^
Beim Landwehr-Ulanenregiment Nr. war eine Offizierspatrouille in mißliche Lage geraten. Kühn wie unsere Kavalleristen sind, waren sie scharf gegen den Feind gesprengt und plötzlich von allen Seiten umringt. Auf ihren kleinen, flinken Pferden, die langen Lanzen vorgestreckt, stürmen von allen Seiten Kosaken an, nach rechts und links muß der Säbel zugleich schlagen, um sich ihrer zu erwehren. Dreimal reiten sie an gegen die Unseren, dreimal werden sie abgeschlagen, aber beim vierten Male wird es gefährlich. Ein Kosak, schwarzbärtig und verwegen, ein Tatar offenbar, peitscht die anderen an und galoppiert ihnen voraus, seine Lanze, geschickt gehandhabt, zielt gegen die Brust des Patrouillenkommandanten. Zwei Zoll weit ist sie nur mehr entfernt, nicht mehr von ihm zu parieren, da schmettert sie ein Säbelhieb des Ulanen Josef Bros weg, der Säbel fliegt wieder auf und klirrt wieder auf den Kosaken nieder, der blutend vom Pferde stürzt, so daß die anderen jetzt in panischem Schrecken davonjagen.
Inzwischen hat der Ulan Wenzel Hefner einen Kameraden verwundet vom Pferde stürzen gesehen. Es sieht bös aus, in zwei Minuten muß er von den Hufen zertreten sein. Und treu selbst in solcher Gefahr, springt der Ulan Hefner mitten im Feuer vom Pferde, hilft dem Verwundeten auf das seine, stürmt dann einem ledigen Handpferd nach, faßt es am Halfter und schwingt sich hinauf. Dann galoppiert er seiner Patrouille nach und kämpft weiter, als wäre nichts geschehen.
Die beiden famosen Ulanen wurden mit der kleinen silbernen Tapferkeitsmedaille dekoriert.
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Ein Unermüdlicher»
Alexander Jakubcsö, Zugsführer der 12. Kompagnie des 30. Honvedinfanterieregimentes, hat sich bereits im September 1914 die „große Silberne" geholt und auch an schweren Wunden für seinen König gelitten, doch kaum hergestellt, drängt er, wieder zur Front zu kommen. Die Auszeichnung hat diesem braven Baka Appetit auf mehr gemacht. So meldet er sich denn am 9. Februar 1915 freiwillig zu einem mehrtägigen Patrouillengang. Er sucht seine Leute aus: einen Korporal und zwölf Honveds, durchwegs verwegene Kerle, tollkühn wie die berühmten historischen „armen Burschen" des Bakonyerwaldes, die großen Räuberkönige, die noch heute in den Gesängen der Pußta leben. Nachdem Jakubcsö die Weisungen des Regimentskommandos erhalten hat, zieht er, mit Proviant ausreichend versehen, in die schneeweiße Morgendämmerung. Ein dichtes Flockengestöber, das schon seit dem vorigen Tag andauert, hat den Schnee stellenweise zu halber Manneshöhe aufgehäuft, so daß die Patrouille, anfangs bis an die Hüften dahinwatend, kaum vorwärts kommt. Durch das Dorf Szokoliki sind sie aber wacker gestampft und haben die nach Westen weiterführende Straße erreicht, als plötzlich von allen Seiten Schüsse auf sie knallen. Und nun ist auch der Feind da, gar arg angreifend mit dreifacher Übermacht. Zugsführer Jakubcsö hat Bismarcks Spruch: „Die beste Parade ist der Hieb!" wohl kaum gekannt, doch er handelt instinktiv danach. Mit einen: schneidigen „Hurra!" begegnet er den Feinden. Zwei Tote kostet das drüben, sechs Verwundete schleppen sie eilig weg und lassen acht Gefangene der tapferen Patrouille. Die ist noch nicht viel weiter marschiert, als der Feind verstärkt wiederkehrt und sie einkreist. Der Zugsführer haut sich durch; zwei Mann, die er dabei verwundet zurücklassen mußte, holt er sich mit einem kühnen Handstreich wieder, ehe er dem übermächtigen Gegner den Platz läßt. Er labt diese Tapferen und sendet sie auf rasch requirierten Schlitten nach dem Hilfsplatze. Dem Regimentskommando schickt er gleichzeitig einen genauen Bericht über seine Beobachtungen; dann macht er sich mit den Seinen rastlos auf zu neuen Abenteuern. Sie wandern herum, bis es Abend wird; in der Dämmerung erreichen sie den Bahntunnel bei der Höhe 876. Hier ist überall erbittert gekämpft worden.
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Das fahle Schneefeld gibt in der Nacht eine eigentümlich tote Helle, ein Licht, in dem die zahlreichen Feindesleichen noch verfallener und die streifenden Bakas wie Gespenster aussehen. Und so lautlos wie Geister schieben sie sich unter Jaknbcsös Führung an die Höhe heran, von der ein dumpfes Rumpeln, metallisches Schüttern und Huftritt immer stärker hörbar werden. Kein Zweifel; feindliche Artillerie fährt dort aus. Sofort läßt Jaknbcsö darüber Meldung an sein Kommando abgehen und setzt seine verwegene Pirsch fort. Die Kälte beißt den wackeren Honveds durch Fleisch und Knochen, denn des nahen Feindes wegen dürfen sie bei ihrem nächtlichen Kampieren kein Feuer entzünden. Aber am 12. Februar haben sie eine herrliche Genugtuung; die Frucht ihrer Bemühung beginnt zu reifen, denn die feindliche Stellung ans der Höhe 876 wird unter vernichtendes eigenes Geschützfeuer genommen. Die Situation für Jaknbcsö und die Seinen ist freilich nicht ungefährlich. In seinem Quartier beim Tunnel, wo er aushält, um noch mehr zu erkunden, befindet er sich im wirksamen Feuerbereiche unserer
Kanonen und hat außerdem Einzelangriffe versprengter Truppen
abzuweisen. Doch er läßt es sich nicht anfechten und spürt unverdrossen weiter. Zweitausend Schritte vom Tunnel entdeckt er eine neue feindliche Artilleriestellung, die er sofort seinem Kommando bekannt gibt. Indessen ist es Nacht geworden und Jaknbcsö, der sich nun kriechend von seinem Platz entfernt, gewahrt in der
Richtung Jablnnka W.— eine lange Kette von kleinen Feuern.
Ein feindliches Lager ist es, das, seiner Ausdehnung nach, starke Kräfte beherbergen dürfte. Um Näheres darüber zu erfahren, wartet Jaknbcsö das Morgengrauen ab. Da bietet sich ihm ein überraschendes Bild. Feindliche Artillerie, die er schon vorher auf-tostellt hörte, wird eben hastig maskiert und nun kommen auch Kavalleriekräfte drüben in Sicht, die gleichfalls schleunigst eine Deckung suchen. Es ist gegen 10 Uhr vormittags, als in diese Herrlichkeit dort, die der Zugsführer selbstverständlich sofort seinem Kommando berichtet hatte, der erste Schuß unserer auf der Höhe 656 nächst dem Mlaki patak postierten Geschütze schlägt. Und nun folgt ein Treffer dem anderen. Wie aus einem zerstörten Termitenbau wimmelt es beim Gegner hervor, feuert in zielloser Verschwendung zurück, bespannt dann hastig die Geschütze und sucht sein Heil in der Flucht. Der tapfere Zugsführer, dergestalt wieder
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Ems Batterie mit Schneedecken in den Karpaten Sc,fl) ®w,°' nächst Mszölaborcz.
Ielfy Gyula.
ijÄäfci*
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zwischen zwei kämpfende Fronten gepreßt, beobachtet, notiert, kro-quiert alles mit rastlosem Eifer. Endlich wird es Nacht, so daß er nach fünf Tagen der Todesgefahr und schärfsten Anspannung aller physischen und geistigen Kräfte wieder zu seinem Regiment einrücken kann, das nun aus seinen kostbaren Daten die wertvollsten Ergebnisse erzielt.
Zugsführer Alexander Jakubcso aber bekam zu seiner großen Silbernen „die Goldene".
Schneid — und gerade in dem Augenblicke, wo der bürgerliche Durchschnittsmensch den Kopf verliert —, das ist eine eigene Tugend unserer braven Fähnriche. Bedrohliche Situationen wandeln sie sich mit einem Schlag in günstige um und besonders in den beiden hier genannten Fällen entbehrt die Raschheit, mit der dies geschah, nicht einer gewissen, für den Gegner freilich wenig schmeichelhaften Komik.
Dem Helden Simson vergleichbar, der mit einem Eselskinnbacken die Tausendschaft auflauernder Philister schlug, half sich der Reservefähnrich Alfred Förster, der bei einem nächtlichen Patrouillengang unversehens in einen vollbesetzten russischen Schützengraben geriet. Zwar war der Fähnrich nicht allein, doch sein ganzer Schutz bestand aus fünf Mann, einem Gefreiten und vier Infanteristen — alle vom Infanterieregimente Nr. 99 —, und Held Simson hatte seinerzeit nicht gegen bajonettbewehrte Feuerwaffen zu streiten. Der Fähnrich Förster bedenkt sich keine Sekunde lang und greift die feindliche Überzahl an wie ein Satan. Die Russen, verblüfft durch den unvermuteten, wütenden Stoß, wähnen sich zumindest einer Kompagnie gegenüber; 26 heben die Hände, der Rest entwischt; die Gefangenen freilich mögen wohl finster drein geschaut haben, als sie merkten, daß ihre Eskorte weniger als ein Viertel der eigenen Zahl betrug. Desto heller
Unsere Soldaten. 12
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Uähnrichstreiche-
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muß aber des Fähnrichs Antlitz gewesen sein, als die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse seinen kühnen Handstreich krönte.
Ein ähnliches Beispiel verwegenster Entschlossenheit, das auch denselben Lohn fand, gab der Reservefähnrich Heinrich Johann Walther vom Gebirgsartillerieregiment Nr. 3. Ein russischer Überfall, durch mehr als zehnfache Übermacht ausgeführt, bedrohte seine Batterie aufs ärgste. Fähnrich Walther, der gleichfalls nur fünf Mann Infanterie besaß, stieß mit ihnen dem Feinde wütend entgegen. Er hatte einen Karabiner an sich gerissen, warf sich immer voran in das dichteste Handgemenge und kämpfte dort, von einer so bravourösen Todesverachtung erfüllt, im Wetteifer mit seinen fünf Mann wider die Russen, daß er nicht nur seine Batterie rettete, sondern obendrein vierzig Feinde gefangen nahm.
Fähnrichstreiche sind das, die in nichts jenem legendären Schwabenstreich aus Barbarossas Tagen nachstehen.
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TAPFERKEITS
Verbandplatz-
Hier ist der Hafen der Schmerzen. Hier werden sie zuerst aufgestapelt, die aus dem Blutmeere der Schlacht landen, hier werden sie vorläufig besehen, behandelt, geordnet nach Art und Grad, uni dann weiter eingeteilt zu werden, wohin es eben nottut. Denn schwere Eingriffe können noch nicht geschehen hier unter freiem Himmel, in der Brandung des Kampfes, der oft genug seinen eisernen Gischt nach dem heldenhaften Hilssstab herüberspritzt. Auf Bahren kommen die Opfer, in den Armen ihrer treuen Burschen oder humpelnd zwischen zwei Kameraden, die sie stützen. Sie gleichen Erdschollen, so braun und verkrustet von Kot und Staub sind sie. Da und dort ist bei den Wimmernden auf den Bahren ein dunklerer Fleck, vertrocknetes Blut oder Blut, das rauchend bei jedem Herzstoß spritzt. Für diese, die Schwerverletzten, stehen Wagen bereit, in die sie nun vorsichtig auf Stroh,
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das ewige Lager der Siechen und Armen, gebettet werden. Auch die Kutscher schwingen sich auf ihre Sitze. Denn schon ist es Zeit, den Platz zu verlassen; der Oberarzt schaut bereits besorgt gegen den Himmel, wo in stets abnehmender Entfernung Wölkchen entstehen und pfeifend in die Luft verströmen. Zelte, Pflegepersonal und Leichtverletzte bringt er im äußersten Fall selbst in Sicherheit; doch erst müssen die Schwerwunden abgeschoben werden, nach dem Notspital, wo man auch einen viel geeigneteren Apparat von Instrumenten und Medizinen für ihren stöhnenden und zerfleischten Körper hat. Aber der Weg hin ist gefährlich und lang, auch darf er seinen Platz nicht verlassen. Da erklärt sich der Einjährig-Freiwillige Feldwebel Alfred Szekely des Honved-Jn-fanterieregimentes Nr. 29 bereit, den Zug zu führen. Ein warmer Händedruck des Arztes an diesen opfermutigen Sanitätsgehilfen und die Kolonne rumpelt ab mit ihrer Leidenslast.
Hell und grausam schön ist der Tag; bis zum Horizont hebt sich jedes Ding scharf und hart aus der Ebene. Es gilt also, größte Vorsicht zu üben, denn die gegnerische Artillerie läßt, wenn es ihr wichtig scheint, auch die Fahne mit dem roten Kreuz, obwohl sie unausgesetzt geschwungen wird, nicht ungeschont. Schwer schleicht der Zug über die von Geschossen zerwühlte Landschaft. Jeder seiner Wagen ist voll von leisem Gejammer, vom Ächzen und Bitten. Wenn er wenigstens Brot oder Milch für die Armen fände, denkt der Feldwebel, denn der Verbandplatz konnte nichts davon abgeben. Nun passiert die Kolonne eine zerschossene Ortschaft. Neben Brandruinen ragen einzelne Höfe noch unversehrt; doch ihre Bewohner weichen allen Fragen mit dem stereotypen: „Der Feind hat alles genommen!" aus. Mit solchen Ausflüchten läßt sich aber unser Feldwebel nicht abspeisen. Die kostbare Fracht, die er führt, will er vollzählig retten. So zwingt er den störrischen Bauern das Wichtigste ab, zahlt und fährt weiter. Nun beginnt von drüben wieder das dumpfe Stampfen der Artillerie. Die
Pferde wiehern in den Strängen und bäumen sich, da jetzt
Schrapnells niederhageln. Plötzlich kommt der ganze Zug ins Stocken: Ein Gaul ist flankenwund zusammengebrochen. Ein wüster Trubel entsteht um das schmerzwiehernde Tier, das die ganze
Kolonne verwirrt. Rasch läßt es der Feldwebel von der Stange lösen und eilt den Zug entlang, die Kranken beruhigend und
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tröstend. Denn der Höllenlärm der Schlacht, dem sie erst entronnen sind und der nun neuerlich nach ihnen brüllt, hat sie in fieberhafte Erregung versetzt. Es ist ihnen entsetzlich, so wehrlos daliegen zu müssen, ohne Waffen, ohne Schutz, und ober sich diese kleinen Wölkchen auspuffen zu sehen und zu warten, wann .... wann . . . .? Der Feldwebel mahnt jeden zur Besonnenheit; gleich komme man aus der Feuerzone. Er bringt Medizin, Labung, erneuert die Verbände. Und er bewegt sich so frei, so ungezwungen zwischen ihnen, als sei in dieser sonnigen Landschaft kein Kampf und seien die jäh entstehenden weißen Fleckchen am Himmel nur jene friedlichen Wolkenschäfchen, die abends und morgens dort hoch oben stehen. Solch geistesgegenwärtige Ruhe macht auf die Kranken Eindruck; ihre Klagen werden leiser und manche welke Hand faßt dankbar die Rechte des Helfers. Der treibt jetzt wieder den Zug an, dessen ärgste Stauung nun überwunden ist. Langsam knarren die Gespanne weiter, denn schnellere Fahrt erlaubt der Boden so wenig wie der Zustand der Siechen. Schon sind sie aus dem ärgsten Feuer und für Proviant, der nun rasch an die Hungernden verteilt wird, hat des Feldwebels Vorsicht prächtig gesorgt. Alle können gelabt werden und aller Blicke werden heller, als nun, immer deutlicher, die Fahnen des Notspitals sichtbar werden.
Nachdem Szekely seine Kranken dort abgeladen, rückt er unverzüglich wieder zu seiner Abteilung ein. Die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse belohnt seine Aufopferung und Entschlossenheit, durch die er seine Schutzbefohlenen vor einer Panik und dem dann unausbleiblichen Zugrundegehen bewahrt hatte.
3m Mcken des Hemdes.
Vierzehn Mann sind eine lächerliche Zahl in diesem Kriege der Millionen, ein Tropfen im ungeheuren Meere des Geschehens. Man sollte meinen, daß er spurlos in der feurigen Glut dieser bewegten Tage verdampfe. Aber wenn solche vierzehn Mann
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entschlossene, todesmutige Soldaten sind und zu ihren Führern Unteroffiziere haben wie den Feldwebel Koloman Juhasz oder den Korporal Matthias Szauer von Honvedinfanterie Nr. 30, dann können sie allein Unordnung und Verwirrung in große feindliche Gruppen tragen und entscheidend für den Gefechtsverlauf wirken. Freilich, im Frontalangriff vermögen sie nichts, aber wenn sie das Gefährlichere wagen, sich durch die Reihen des Feindes zu schleichen und rückwärts das Adernetz der aufgebauten Front, die tausend Nerven und Fäden, die erst die Zehntausende zu einem Organismus verbinden, zu zerreißen und zu zerschneiden, dann können Taten geschehen, die zur Zahl ihrer Helden in gigantischem Verhältnis stehen. Was haben diese beiden Patrouillen unter Feldwebel Juhäsz und Korporal Szauer am 9. Februar 1915 und den folgenden Tagen alles geleistet! Ausgeschickt waren sie, um den Feind im Rücken zu alarmieren und seine Stellungen aufzuklären, aber das sind zu passive Tätigkeiten für unsere draufgängerischen Soldaten, die Gewehr und Bajonett nicht nur zum Schutz tragen wollen, sondern auch zum Angriff. Feldwebel Juhäsz kommt mit seinen Leuten bis tief in die feindliche Stellung und kann dort Augenzeuge von der mörderischen Kraft unserer schweren Artillerie sein. Unsere Infanterie kennt ihre Wirkung nur aus dem Erfolg, wenn sie stürmend die Schanzwerke zersprengt, ganze Kompagnien zerschmettert, Geschütze und Protzen in tausend Trümmern findet. Feldwebel Juhasz aber sieht mitten aus den russischen Reihen, wie heulend und pfeifend unsere vielpfündigen Geschosse hersausen, unheilbringende Meteore, und dann mit gewaltigem Krachen Vulkane aus dem flachen Boden brechen, er sieht die Russen angstgepeitscht, verstört, wahnsinnig aus den Deckungen fliehen. Und wie er aus gutem Versteck nach einer solchen Explosion wieder die Russen tödlich erschreckt auseinandersprengen sieht, da stürmt er mit den Seinen auf und überfällt die zwanzigfache Überzahl, die freilich ihrer Sinne nicht mächtig ist. Urplötzlich sehen die Russen, mitten in ihrer Geborgenheit, Feinde auftauchen, die ihnen wie vom Himmel gefallen scheinen — oder eher, wie aus der Hölle aufgestiegen —, sie fliehen in wilder Panik nach allen Richtungen, soweit die Unseren sie entkommen lassen. Dann freilich wird Alarm geblasen, von allen Seiten kommen Verstärkungen, Kompagnien, Bataillone und nun scheinen die vierzehn Mann
verloren. Aber Feldwebel Juhäsz hält sich die Feinde mit allen Mitteln vom Leibe, er setzt Scheunen in Brand, wirft zischende Raketen gegen sie und, wer ganz nahe herankommt, der stößt auf die blanken Bajonette der Unseren. In der Verwirrung rettet er seine Mannschaft in eine verlassene russische Stellung — wie in den Boden scheinen sie ihren Verfolgern versunken, unheimlich, wie sie gekommen waren — und dort erst verbindet Feldwebel Juhäsz sich und den Seinen die Wunden. Bis zur Dunkelheit wird Rast gehalten, wohlverdiente Rast, dann bringt er seine Vierzehn wieder glücklich zurück.
Korporal Szauer ist inzwischen seinem Kameraden an Verwegenheit nichts schuldig geblieben. Er überfällt mit seiner Patrouille auf der Straße Turka einen ganzen feindlichen Munitionszug. Zuerst werden die Offiziere aus dem Hinterhalt abgeschossen, wie dann Verwirrung entsteht, die Pferde in den Strängen sich verwickeln, springen die Unseren vor und schleudern Handgranaten. Fast die ganze Bedeckung wird niedergemacht, der Zug vernichtet und vom nächsten Tage an muß der Feind seine Straße mit Soldaten spicken. Korporal Szauer ist freilich selbst zweifach verwundet, einmal auch durch ein Explosivgeschoß, aber er verbirgt sich, zerstört noch dem Feind gründlich seine Telephonleitungen und kehrt erst nach sieben Tagen hinter der feindlichen Front — längst verloren geglaubt und darum mit doppeltem Jubel begrüßt — zu beit Seinen zurück. Die beiden todesmutigen Unteroffiziere erhielten die goldene Tapferkeitsmedaille.
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Der tCOille besiegt alles.
Todmüde kommt der Gefreite Johann Pucnikl der 26. Landwehrinfanterie abends von einem Patrouillengange zurück. Seine Füße sind geschwollen vom vielen Marschieren durch das Dickicht, den ganzen Tag hat er, abgesondert von der Truppe, nicht einen
Bissen zu sich genommen, immer, die Hand am Züngel des Gewehres, von einem Verstecke zum anderen sich durchgearbeitet. Nun freut er sich auf die Menage und die gute Schlafrast. Aber da hört er gerade den Aufruf zu freiwilliger Meldung, wer die eben eingelangten Strohfuhren nach vorn zur Schwarmlinie bringen wolle. Dort liegen unsere braven Infanteristen auf der nackten, nassen Erde und harren sehnlichst auf die weiche, warme Liegestatt. Plötzlich ist die Müdigkeit von dem Gefreiten Pncnikl wie abgefallen, er tritt vor und bittet, die Strohfuhren nach vorn bringen zu dürfen. Die ganze Nacht ist er an der Arbeit, dringt mit den Wagen bis ins Lichtfeld der gegnerischen Scheinwerfer vor, obwohl sofort Schüsse herüberknallen. Erst frühmorgens kehrt er nach 24 Stunden schwerster Anstrengung wieder zum Regiment zurück, wo er nun endlich die wohlverdiente Rast halten darf. Die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse lohnt seine hervorragende Opferwilligkeit.
Ein wahrer Soldat gibt sich auch in den kritischesten Lagen nicht auf; selbst in den verzweifeltesten Situationen kann ihm verwegenes, mutiges Handeln noch Rettung bringen. Zugsführer Demeter Melnyk des Infanterieregimentes Nr. 58, ein Mann, der sich seit Beginn des Feldzuges stets durch seine kaltblütige Tapferkeit ausgezeichnet, stieß bei einem Sturme seines Regimentes auf eine feindliche Maschinengewehrabteilung. Eine der mörderischen Waffen überschüttete seine Abteilung ans nächster Nähe mit einem so furchtbaren Geschoßhagel, daß die gänzliche Vernichtung der Unseren unausbleiblich schien. Niemand wußte mehr einen Ausweg, nur Zugsführer Melnyk, seine Geistesgegenwart auch im Angesichte des fast sicheren Todes nicht verlierend, sprang wütend auf eines der Maschinengewehre zu, packte das Griffstück
Geistesgegenwart
mit der Faust und versuchte, den Verschluß herauszureißen. Begünstigt durch die augenblickliche Verwirrung, in welche die Bedienungsmannschaft durch den plötzlichen Überfall geriet, gelang es dem Zugsführer tatsächlich, sein verwegenes Vorhaben auszuführen und das Maschinengewehr gebrauchsunfähig zu machen. Indessen waren seine Leute auch nicht müßig geblieben. Rasch überfielen sie die Leute der Maschinengewehre und entwaffneten sie. Melnyk wandte sich nun gegen einen in der Nähe befindlichen russischen Obersten, schlug ihn mit dem Gewehrkolben zu Boden und machte ihn zu seinem Gefangenen.
Die goldene Tapferkeitsmedaille schmückt jetzt die Brust des kühnen Soldaten.
Große Bravour liegt in der Tagesarbeit, die dem wackeren Kadetten Oskar Mayer, der beim ungarischen Landsturm-regimente Nr. 13 eingeteilt war, die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse eintrug. — Er bediente ein Maschinengewehr und die Russen vor ihm knickten um, als ginge ein unsichtbarer Gigant, die Riesensense schwingend, durch das Feld. Aber bei den Russen wird mit Menschen arge Verschwendung getrieben: immer neue Schwärme wurden ins Feuer geführt, immer neue Haufen quollen aus den Deckungen hervor; und so gelang es doch einigen Gruppen, sich dem einsamen, unerbittlichen Todesbringer zu nähern. Der war schon ganz allein, denn seine wenigen Kameraden lagen, von den Salven der vorrückenden Russen getroffen, im Grase. Da fürchtete er, daß seine gute Waffe in die Hände der Feinde fallen könnte, und kurz entschlossen packte er die Maschine und ging zurück. Bald aber rückten Verstärkungen auf unserer Seite heran, neue Schwarmlinien sprangen vor und er, der kurz vorher erst im wütendsten Feuer gestanden, rückte neuerdings vor. Wiederum
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Zweierlei Helden»
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knatterte seine Maschine dem Feinde Todesgrüße entgegen — und daß den Russen an jenem Tag ihr Überfall mißlang, war sein Verdienst.
Aber große, persönliche Tapferkeit ist im Gesamtrahmen kriegerischer Operationen keineswegs die allein schätzenswerte Eigenschaft des Kommandanten; fast ebenso wichtig ist es, sich durch Klugheit und Besonnenheit das Vertrauen der Leute zu erwerben, so daß in entscheidenden Momenten blindlings auf sie gezählt werden kann. Fähnrich Franz Willwert des Infanterieregimentes Nr. 5 nun besaß wieder diese Eigenschaft in hohem Maße. Er ließ sich während eines Gefechtes einfach durch nichts verwirren; er dirigierte seine Soldaten mit kühlem Kopf und setzte sie niemals unnötigen Gefahren aus. Er wachte wie ein Schutzengel über die Mannschaft, die in der Hitze des Kampfes naturgemäß jeden Überblick verliert; er lenkte sie derart, daß sie fühlte, welchen Schutz sie an ihm hatte, welche Sorgfalt er unter allen Umständen übte, um Opfer zu vermeiden, die keinen sicheren Erfolg versprachen. Wenn aber der Augenblick erschien, da er seine Leute brauchte, wenn er sein Phlegma mit Kühnheit tauschte, dann wußten die: es gilt, das Letzte herzugeben. Und mit solch einem Zuge vollbrachte er dann Wunderdinge. Seine silberne Tapferkeits-medaillc erster Klasse gibt Zeugenschaft, wie hoch auch solche Soldatentugend gewertet wird.
Weidwund verbellt.
Eine Patrouille der Unseren war an der montenegrinischen Grenze in der Nähe der Gendarmeriekaserne Kasanci vorgerückt. Ganz leise mußten sie schleichen, denn aus jedem Gebüsch konnten die Schüsse des heimtückischen Feindes fallen. Da gibt plötzlich der eine ein Zeichen. Sofort drücken sich alle nieder und atmen kaum. Es ist ganz still. „Was gibts denn?" fragt leise der Führer.
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„Ich habe etwas gehört, einen Menschen oder ein Tier." Wieder harren sie eingezogenen Atems. Da tönt etwas ganz, ganz leise ans der Nähe, ein Stöhnen oder Lispeln, der Saut eines sterbenden Wesens. Sie fassen die Waffen und kriechen vorsichtig heran. Hart an der Straße blinkt etwas Weißes und lallt kraftlos Worte. „Sanität" meinen sie zu verstehen.
Sie eilen hin. Dort liegt ein Mensch oder ein menschenähnliches Wesen, verwildert, zum Skelett abgemagert, im eigenen Blute. Er ist nur mit einem Hemd bekleidet, alles andere ist ihm geraubt. Wie er jetzt Soldaten um sich sieht, macht er schwach eine Geste: Wasser! Sie bringen ihm zu trinken, laben vorsichtig den halb Verhungerten, dann bringen sie ihn ans einer improvisierten Tragbahre zurück zum Bataillon.
Alle Soldaten strömen zusammen und umstehen den zu Tod Erschöpften, der kaum mehr einem Menschen ähnlich sieht. Und plötzlich schreit einer erschreckt: „Seemann, der Max Seemann!" Der Verwundete schlägt die Augen auf und starrt irr um sich. Es ist wirklich der Infanterist Max Seemann vom Infanterieregiment Nr. 4, der vor drei Tagen auf Kundschaft geschickt und seitdem verschwunden war. Mit Aufopferung Pflegen ihn die Ärzte, mit wenig Hoffnung allerdings. Aber die starke Natur überwindet die Gefahr und nach Wochen kann er endlich sein Schicksal erzählen, das unglaubhaft schiene, wäre es nicht bezeugt durch den von Kugeln geradezu durchsiebten Körper und die tragische Auffindung dieses Helden.
Infanterist Max Seemann war als Verbindung am 17. August vorgegangen, um einen Befehl der benachbarten Abteilung zu überbringen. Auf dem Rückwege wurde er plötzlich beschossen und von drei Kugeln getroffen. Blutend stürzt er zu Boden, aber er sieht seine Kameraden im Kampfe und unterstützt sie, den Wnndschmerz verbeißend, noch mit Gewehrfeuer gegen die Übermacht. Und während die Seinen sich zurückziehen müssen, erhält er nicht weniger als sechs neue Treffer, darunter einen int Handgelenk, der ihm das Gewehr aus der Hand schlägt. Aus neun Wunden strömt sein Blut nun auf die Erde, ohnmächtig bleibt er liegen. In der Nacht erwacht er wieder, aber seine zerschossenen Gelenke erlauben ihm keine Bewegung, er muß liegen bleiben, hilflos und wehrlos. Seine Leiden sind jedoch noch nicht zu Ende. Die Montenegriner,
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die ihn für tot halten, fallen über ihn her. Mit Messern schneiden sie ihm die Tasche, in der sich sein Geld befindet, auf dem geschwollenen Leibe auf, tief dringt die Schneide in sein Fleisch, aber er darf kein Lebenszeichen geben, damit sie ihn nicht töten. Dann ziehen sie ihm Kleider und Schuhe aus, nackt, nur in fernem Hemde, lassen sie den Unglücklichen liegen. Nun rafft der Wackere die letzte Kraft zusammen. Blutend schleppt er sich, Schritt für Schritt wie ein Wurm kriechend, in der Richtung gegen die Straße, immer wieder vor Hunger, Durst, Entkräftung und Blutverlust in Ohnmacht sinkend. Zweimal vierundzwanzig Stunden dauert dies Martyrium, das nur die glühende Augustsonne sieht und die finstere mitleidlose Nacht, dann kann er nicht mehr weiter und nur der Glücksfall der vorbeistreifenden Patrouille rettet sein Leben.
Der heroische Dulder erhielt die goldene Tapserkeitsmedaille.
Der *8>alb in stammen,
In den Kämpfen von Mostalowice war das 32. Honved-infanterieregiment in nachteiliger Situation. Die Schwarmlinie lag frei gegen den Wald, wo sich Russen eingenistet hatten. Aus dem Laubgewirr der Bäume, in die ihre Scharfschützen geklettert waren, von den dicken Stämmen gedeckt, konnte der Feind sein Feuer gegen die Unseren leichter lenken, auch barg der unsichtige Wald seine Truppenverschiebungen vor jeder Beobachtung. Aus dem freien Feld gegen den grünen Verhau anzustürmen und ihn von beit Russen zu säubern, wäre mit entsetzlichen Verlusten verbunden gewesen, aber freigelegt mußte er werden, denn dieses Beschossenwerden aus dem Unsichtbaren erregte unsere Mannschaft. Nichts ist furchtbarer auch für den wackersten Soldaten als wehrloses Ziel zu sein. In diesem Falle wurde die Gefahr für das oft bewährte Honvedregiment immer ernstlicher, weil die Russen jetzt
gewaltige Jnfanteriemassen hinter dem grünen Vorhang zu sammeln begannen. Da entschließt sich der Gefreite Andreas Katona zu einer führten Tat. Die Feinde im Walde müssen weg und, da sie nicht allein zu vertreiben sind, der Wald mit ihnen. Er rafft Brandmaterial zusammen, springt sühn auf und läuft zweihundert Meter über freies Feld gegen den Waldrand vor. Um ihn hageln die Geschosse, aber er ist flink und, ehe ihn eines erreicht, hat er den Zünder schon angestammt und in das Dickicht geschleudert. Ein paar Minuten, dann züngelt eine kleine gelbe Flamme den Baum empor, faßt den zweiten, den dritten und bald wälzt sich eine gewaltige rote Lohe rauchend über die Gipfel. Der Wald brennt! — erschreckt schreien sichs die Russen zu, die hastig zu flüchten beginnen, und bald steht eine ungeheure Feuerwand zwischen ihnen und dem gefährdeten Bataillon, das nun ohne Verluste die wichtige Stellung ehern behaupten kann. Der kühne Honved-gefreite erhielt die silberne Tapserkeitsmedaille erster Klasse.
TAPFERKEITS
E!n Heros der Selbstaufopferung-
Was die größten Dichter als Heldentaten der Vergangenheit, gleichsam als mythisch Fernes geschildert haben, ist in unseren Tagen tausendfach erneut worden und ohne Überhebung können wir heute für die Namen jener alten Helden die unserer eigenen Landsleute setzen, für die Thermopylen die Karpaten, für Winkelried die noch unbekannten, zahllosen Namen unserer tapferen Infanteristen, die gleich jenem sich selbst freiwillig für das Gelingen des Ganzen geopfert haben. Auch für die Heldentat Frobens bei Fehrbellin, die Kleist im „Prinzen von Homburg" für alle Zeiten verherrlicht, für diese Opfertat des schlichten Menschen, der, um den Fürsten zu retten, die Stelle mit ihm tauscht, haben wir nun ein Gegenbeispiel in unserer vaterländischen Geschichte in der Heldentat des Stabsfeldwebels Krste Stipcevic vom Infanterie-
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regimente Nr. 22. Zahllose Male hatte sich dieser Wackere schon hervorgetan, bei Angriff und Abwehr, bei Patrouillengängen und Erkundungen, immer anfeuernd und als erster anspringend, immer ein Held. Aber seine schönste Tat, in der sein Leben heroisch verklingt, hat er bei Razana vollbracht und sie ist es wert, nicht vergessen zu werden in den Annalen der österreichisch-ungarischen Armee.
Unsere Infanterie stand dort in guten Deckungen, aber von gegenüber wütete ein furchtbares Granatenfeuer gegen sie. Stundenlang hämmerte es von drüben auf die eherne Kampfgruppe ein, die Serben wollten durch das Rastlose, Ruhelose ihrer Beschießung die Nerven unserer Mannschaft abstumpfen, ehe sie zum entscheidenden Angriffe sich vorwagten. Es war eine schwere Prüfung für unsere Infanteristen. Seit vielen Stunden hingekauert auf der feuchten Erde, schlaflos durch das entsetzliche Getöse der um sie einkrachenden Geschosse, Verwundete und Ermattete in ihren aufgelockerten Reihen, wußten sie, daß jede Stunde an sie die entscheidende Probe stellen könnte. Der Stabsfeldwebel Stip-cevic empfand es als seine Pflicht, die wackeren Infanteristen durch Zuspruch zu festigen und sie der Bedeutung der Stunde gewiß zu machen. Unentwegt ging er im schärfsten Streufeuer von einer Deckung zur anderen, selbst ungedeckt, munterte auf, gab Scherzworte und Zuruf, überprüfte von allen Stellungen aus die Lage, um dem Kommando genaue Meldung über die Gesamtsituation überbringen zu können. Bei einem dieser Gänge merkte er nun, daß die Richtung des feindlichen Artilleriefeuers sich geändert habe und den Beobachtungsstand seines Kommandanten in die Gabel nehme. Sofort eilte er hin, um diesen zu warnen, und acht Grw-naten, die etwa zehn Meter entfernt von dem Beobachtungsstand einschlugen, gaben seiner Meldung Recht. Stabsfeldwebel Stip-cevic beschwor den Kommandanten, die Beobachtungsstelle mit einer günstigeren zu vertauschen, die nächste Feuerlage müsse schon mitten in die Stellung einschlagen. Der Kommandant folgte seiner dringenden Mahnung. Aber obwohl er eben selbst erläutert hatte, wie gefährlich der Posten sei und daß, wer ihn innehabe, ihn mit dem Leben bezahlen müsse, nahm unaufgefordert Stabsfeldwebel Stipcevic unverzüglich die geräumte Stellung des Kommandanten ein und gab die Beobachtungen an ihn weiter, bis sich
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seine Voraussage nur als zu richtig erfüllte und eine Granate krachend einschlug, wo fünf Minuten früher der Kommandant und jetzt sein wahrhaft verehrungswürdiger Stabsfeldwebel ausgeharrt hatte. Furchtbar verstümmelt wurde der Unglückliche fortgeschafft, aber alle Mühe war vergeblich, der Heldenmütige hatte die Rettung seines Kommandanten und sein heroisches Pflichtgefühl mit dem Leben bezahlt.
Dem Gedächtnisse dieses schlichten Helden wurde die goldene Tapferkeitsmedaille gewidmet und das Regimentskommando gab die Anregung, aufs wärmste vom Divisionär unterstützt, den materiellen Ertrag, der dieser Auszeichnung anhängt, für eine Stip-cevicstiftung anzulegen, die für alle Zeiten im Regimente das hingebungsvolle Verhalten dieses Helden lebendig erhalten und seinen Namen dem Gedächtnisse späterer Generationen überliefern möge.
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3tDcimal verschüttet-
Der Bataillonshornist Sofrvn Bortin vom Infanterieregiment Nr. 31 saß ruhig in einer Ortschaft und putzte eben seine Trompete blank, als plötzlich ein Donnerschlag das Haus niederriß. Eine Granate hat eingeschlagen, polternd prasselt die Decke nieder, die Grundfesten wanken und unter den Trümmern eingekeilt stöhnt der verletzte Hornist. Die Kameraden greifen tüchtig zu mit Schaufel, und Spaten, endlich gelingt es, den Verschütteten zu befreien. -Seine Trompete hat er verloren, nicht aber seinen guten Mut. Und wie jetzt neuerlich eine Granate die Scheune, in welcher die Pferde des Bataillonsstabes eingestellt sind, in Flammen setzt, stürmt er, obwohl ihm das Schicksal winkt, innerhalb einer Stunde zum zweiten Male verschüttet zu werden, in die Flammen verwegen hinein, um die Rosse zu retten. Es gelingt ihm, nur ein Teil des Sattelzeuges ist zurückgeblieben. Aber obwohl die bren-
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nenben Balken schon bedenklich knistern und dichter Qualm die Augen beizt, stürzt sich der kühne Hornist noch einmal in die feurige Traufe. Die Verwegenheit bekommt ihm übel, denn über ihm prasselt das Dach zusammen, nur mit Mühe kann er sich retten, das Haar und die Wimpern versengt und vielfach von Brandwunden versehrt. Der tapfere Hornist wurde mit der silbernen Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse ausgezeichnet.
Bei den vielen kleinen Gefechten zur Zeit, als unsere Armee zum erstenmal aus den Karpaten vorstieß, hatten die Patrouillen schweren Dienst. Bei eisiger Kälte, über gefronenen Boden mußten sie von Dorf zu Dorf weiter, jeden Weiler durchsuchen und jedes Haus, denn überall hatten sich Russen versteckt. Der Titular-Wacht-meister Hugo Czernicki vom 5. Dragonerregimente hatte nur ein paar Reiter mit sich, aber was ihm an Mannschaft fehlte, ersetzte er durch Verwegenheit. Drei Russen sind so unvorsichtig, seine Patrouille anzuschießen und sich damit zu verraten; denn statt sich wegscheuchen zu lassen, geht er sie an, nimmt sie alle drei gefangen und forscht sie gründlich aus. Da erfährt er, daß hinter einem Hause drei Wagen mit Telephonmaterial stehen, und „solche Beute könnte", denkt er sich, „das Regiment gut brauchen". Er reitet hin, fängt sie ab, treibt aus der Nähe Pferde zusammen und schleppt die willkommene Beute heim. Aber eines ist ihm verdächtig. Sollten wirklich die Russen ihr Telephonmaterial so stehen lassen ohne Kommando? Muß da nicht ein Offizier in der Nähe sein? Der Gedanke gibt ihm keine Ruhe. Er dringt in die Gefangenen mit Lockungen und Drohungen, schließlich preßt er einem die Mitteilung ab, der Hauptmann mit einem Wagen befinde sich auf der Anhöhe im Walde. Der ehrgeizige Wachtmeister will nun noch den vierten Wagen haben und vor allem den Offizier, er
Ein guter Uang.
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läßt seine Leute bei der Beute, nimmt sich einen Dragoner mit und sucht so lange, bis er den Offizier und den Wagen findet. Der gespannte Karabiner läßt den Offizier schleunigst absitzen, glücklich wird er mit dem Wagen zu den drei anderen gebracht und nun der ganze Zug zur Eskadron geleitet. Die Russen schießen zwar aus der Ferne wie toll, aber an unsere Dragoner wagen sie sich doch nicht heran und so glückt's, die ganze Beute heimzubringen. Wachtmeister Czernicki erhielt die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse.
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Die richtige Antwort-
Eines der Regimenter, die viel Ehre in diesem Krieg erfochten haben, ist das 59. Infanterieregiment, die wackeren Salzburger. Seit dem ersten Tage immer in den heißesten Kämpfen, immer bravourös und draufgängerisch, erneuten sie den alten Ruhm ihrer bergharten Väter und es wird einmal einen stattlichen Band geben, wenn man all ihrer einzelnen Heldenleistungen in diesem Feldzuge gedenken wird. Hier nur ein einzelnes Beispiel aus einer unübersehbaren Menge, wie dort jeder einzelne Infanterist die Ehre seines Regimentes hochzuhalten wußte. Infanterist Rupert Brücker hatte sich im Gefecht von Potuczyn zu weit vorgewagt, als er den fliehenden Russen mit dem Bajonett nachstürmte, er vergaß Raum und Zeit, sah nur den Gegner laufen und wollte ihn weiter treiben, am liebsten ins Endlose hinein, weit hinter Moskau und Petersburg zurück. Da mit einemmal sieht er sich umringt. Ein ganzer Trupp feindlicher Soldaten ist um ihn herum und ein russischer Offizier, den Revolver in der Hand, fordert ihn auf, sich zu ergeben. Seine Antwort ist klar: Ein Schuß aus dem Gewehr. Aber sie genügt, der russische Offizier bricht tot zusammen; einen zweiten, der die erschrockene Mannschaft antreiben will, den wie rasend um sich
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Feuernden zu fassen, erledigt er mit dem Bajonett und benützt die entstandene Panik, um auf flinken Beinen zu entwischen. Das verwegene Verhalten dieses wackeren Neunundfünfzigers wurde mit der goldenen Tapferkeitsmedaille belohnt.
Der große Tag des Stabsfeldwebels.
Von den wackeren Soldaten des Landwehr-Infanterieregimentes Nr. 15 hatte sich schon mancher durch zähe Tapferkeit ausgezeichnet, seitdem des Herrschers Ruf an die Wehrmacht Österreich-Ungarns ergangen war. Und als der Tapfersten einer hatte sich bei allen Gefechten, an denen die braven Fünfzehner beteiligt waren, der Stabsfeldwebel Anton Libiger erwiesen. Nicht wenige Russen waren von seinem Zuge getötet und gefangen genommen worden und stets war Libiger dort auf seinem Platze, wo eine schwierige Aufgabe zu lösen war, die den Einsatz des ganzen Mannes erforderte. Aber seinen großen Tag feierte der mutige Stabsfeldwebel, als sein Regiment nördlich von Laski die Russen angriff. Unaufhaltsam drang der von ihm befehligte Zug gegen die Feinde vor, stürmte einen russischen Schützengraben, und verzweifelt erhoben bald zwölf Russen die Hände und wurden rasch nach rückwärts gebracht, um die große Anzahl der Gefangenen zu vermehren, die während der heißen Kämpfe des Tages schon gemacht worden war. Freilich war die Widerstandskraft des Gegners noch immer nicht gebrochen. Er feuerte aus den weiter hinten gelegenen Schützengräben gegen die kleine eherne Schar, die sich durch das Pfeifen der Kugeln, durch das Knattern der Maschinengewehre, durch das Brüllen der Geschütze nicht abhalten ließ, ihre Ehrenpflicht zu erfüllen. Doch war die Übermacht zu groß und bald blieben von dem Zuge des Stabsfeldwebels nur mehr zwölf übrig. Alle anderen lagen tot oder schwerverwundet auf dem Felde des Ruhmes. Aber trotzdem gab das kleine Häuflein
Unsere Soldaten. 13
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den Angriff nicht auf und stürmte, ohne auf die ungeheure Überlegenheit des Feindes zu achten, mit ungebrochenem Mute vor. Endlich waren nur mehr der Stabsfeldwebel und zwei Soldaten am Leben und in einem furchtbaren Augenblicke wurde dieses Heldenkleeblatt von den Russen umzingelt und gefangengenommen. Aber da rückten gerade zur rechten Zeit Soldaten des 15. Regimentes gegen den Feind vor, der sich in wildem Kampfesgetümmel des unvermuteten Ansturmes erwehren mußte. In dieser Verwirrung gelang es dem eisernen Unteroffizier, sich zu befreien, und schneller, als es sich beschreiben läßt, stand er wieder an der Spitze seiner Regimentsgenossen, befahl ihnen, mit Hurra stürmend vorzugehen, und so wurde der letzte Widerstand der Russen gebrochen, die unter schweren Verlusten ihre Stellung räumen mußten. Dem Stabsfeldwebel aber mit dem Herzen von lauterem Stahl wurde in der goldenen Tapferkeitsmedaille der wohlverdiente Lohn auf die Heldenbrust geheftet, die schönste Erinnerung an seinen großen Tag von Laski.
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SL Barbara und ihre fünf Getreuen-
Die 13. Reserve-Kanonenbatterie, eingeteilt bei der 35. Land-sturm-Jnfanteriebrigade, hat sich mit der Tat ihrer Fähnriche Peter Frimmel von Traisenau, Theodor Seedoch, der Feuerwerker Franz Böröndi, Franz Baumgartner und des Zugsführers Franz Lifka ein unvergängliches Ruhmesblatt erstritten. Bei Brody wars. Die Batterie stand 600 Schritte vor der feindlichen Schwarmlinie und sollte gegen Grabic wirken. Der Gegner nahm sie aber derart unter flankierendes Feuer, daß, um schwere Verluste zu vermeiden, an die Zurückziehung der Bedienungsmannschaft gedacht werden mußte. Mit dem größten Heldenmute blieben jedoch die genannten Fünf freiwillig bei den Geschützen und bedienten sie kaltblütig allein. Das ununterbrochene
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Schießen brachte nicht nur dem Feinde große Verluste bei, es desorientierte ihn auch über die Tatsache, daß er selbst gut eingeschossen war. Dort konnte doch keiner mehr mit atmender Lunge sein, wo das stählerne Höllengewitter so sichtbar niederging. Und dennoch — war es zu fassen? — immer wieder kam eiserne Antwort. Das war grimmiges Echo und Russenblut rann. So mußte der Gegner glauben, daß sein Feuer unwirksam sei, und verlegte es darum weiter nach rückwärts. Das rettete die Batterie. Das Feuer des Feindes wurde wirkungslos und es wurde uns möglich, die eigene Mannschaft wieder an die Geschütze zu bringen. Für diese Tat hervorragender Tapferkeit wurden Fähnrich Frimmel von Traisenau mit der goldenen Tapserkeitsmedaille, die Übrigen, die mit ihm ausgeharrt hatten, mit der silbernen Tapferkeitsmedaille erster Klasse ausgezeichnet.
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Den Aussen keine Deute.
Stundenlang hatten die Russen mit einer Munitionsverschwendung — die sie im späteren Verlauf des Feldzuges reichlich zu bereuen hatten — sich im Gefechte bei Wereszczyce am 12. September 1914 auf unsere Artillerie eingeschossen und endlich war es ihnen gelungen, die zwei Haubitzen, die ihnen lange scharfe Antwort gegeben hatten, zuzudecken. Die Bedienungsmannschaft war bis zur letzten Sekunde treu auf ihrem Posten geblieben; selbst als schon die Hälfte von ihnen tot oder von Granatsplittern verstümmelt zu Boden lag, hielten die anderen noch aus, bis schließlich seht einziger Unverwundeter mehr zur Stelle war — eine Batterie der Toten. Nun machten sich die Russen daran, die beiden wehrlosen Geschütze, die ohne Mann und Pferd hilflos im Felde standen, heimzuholen, damit am nächsten Tag ihr Heeresbericht eine gewaltige Leistung zu vermelden habe. Schon waren die beiden Haubitzen in ihren Händen, als der tapfere Feldwebel Alois Srekala von
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unseren Vierundachtzigern ein Dutzend Leute zusammenraffte und im schärfsten Schrapnellfeuer über freies Feld dem ganzen Detachement entgegenstürmte, um ihm die Geschütze wieder zu entreißen. Die Russen kämpften zäh um die schon sicher gemeinte Beute, aber der Feldwebel mit seinen paar Leuten drang mit Kolben und Bajonett auf sie ein und die paar Mann richteten mit ihren Fäusten mehr Verwüstungen an, als es jene mit ihrem vereinten Feuer von Artillerie und Maschinengewehren vermochten. Nach einem erbitterten Kampf wichen die Russen zurück, die beiden Geschütze blieben für uns gerettet. Feldwebel Srekala, der schon vordem für tapferes Verhalten zur Auszeichnung beantragt war, erhielt die goldene Tapferkeitsmedaille und alle seine Helfer bei diesem verwegenen Sturm wurden mit silbernen Tapferkeitsmedaillen erster oder zweiter Klasse bedacht.
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Pionier und Held-
Anderer Art als der Mut, den die gegen den Feind anstürmenden oder ausdauernd im Schützengraben liegenden Infanteristen bewähren müssen, ist das Heldentum der Pioniere, die im stärksten feindlichen Feuer arbeiten, ohne sich wehren zu können, die ihre Brücke zu bauen haben, während die Granaten neben ihnen und gar zu häufig auch zwischen ihnen einschlagen. Da bedarf es der stärksten Nerven, um trotz alledem auszuharren und das begonnene Werk zu Ende zu führen. Aber nicht nur diejenigen, die durch ihrer Hände Arbeit den Flußübergang zimmern, müssen diesen bewunderungswürdigen passiven Mut beweisen, sondern auch ihr Befehlshaber, der alles anordnet und leitet. Einer von den vielen, die diesen schweren Anforderungen restlos gerecht wurden, sei wegen seiner besonderen Tapferkeit und herrlichen Pflichttreue genannt: der Reservefähnrich Josef von Jstvanffy vom fünften Pionierbataillon. Er hatte die Aufgabe, eine Überschiffung mit
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Pontons zu leiten. Der Gegner hatte das jenseitige Ufer des ziemlich breiten Flusses besetzt und war auch durch das lebhafteste Feuer nicht zum Räumen des Ufers zu bewegen. So mußte also die Überschiffung trotz des Hagels der Geschosse durchgeführt werden. So ruhig wie bei einer Manöverübung gab der Fähnrich seine Befehle, spornte durch seine unerschrockene Haltung die Mannschaft an und es gelang ihm, einen ansehnlichen Teil der wackeren Truppen an das andere Ufer des Flusses zu bringen. Erst als der größte Teil seiner Mannschaft tot oder schwer verwundet war, mußte er die Überschiffung einstellen und hatte nun die Aufgabe, das ihm anvertraute Material in Sicherheit zu bringen. Drei Nächte hatte er mit dieser Arbeit zu tun und war hiebei stets dem feindlichen Feuer ausgesetzt. Endlich waren Pontons und Brückenmaterial auf einen Platz geschafft worden, wo sie ungefährdet bleiben konnten, bis ein neuer Befehl ihre Verwendung anordnete. Aber auch für seine verwundete Mannschaft bekundete der Fähnrich die größte Fürsorge und trug sogar einen Schwerverletzten auf seinen eigenen Schultern zum Hilfsplatz. Die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse glänzt nunmehr über seinem tapferen Herzen.
Mannsblüte von diesseits und jenseits der Leitha»
In einem der erbitterten Kämpfe um die Höhen von Janowcie wurde der Flügel einer Gruppe unserer Truppen eingedrückt. Noch ein erfolgreicher Vorstoß und die Russen hätten den Höhenkamm erreicht, welcher das Tal der Wetlina beherrscht. Damit wären die bei Janowcie aufgefahrene Artillerie wie auch die höheren Kommanden abgeschnitten worden, das feindliche Feuer hätte die ganze Niederung wirksam bestreichen können. Da zog der Kommandant seine letzte Reserve heran, die Pionierabteilung des Landwehr-Infanterieregimentes Nr. 21, welche mit dem Bau einer
Brücke über die hochgehende Wetlina beschäftigt war. Die Pioniere legten das Werkzeug weg und ergriffen die Waffen. Ihr Kommandant, Titular-Feldwebel Karl Pfaffinger, führte sie mit ungestümer Schneid auf die bereits vom Feinde besetzten Höhen zum Sturm wider den verdutzten Gegner, brachte seinen Angriff zum Stehen und hielt sich, bis Verstärkungen vom Infanterieregiment Nr. 91 herankamen. So rettete der kühne Feldwebel mit seinen Pionieren die Situation.
Sein ungarischer Waffenbruder, Stabsfeldwebel Michael Elekes, des Infanterieregimentes Nr. 39 hat beim Angriffe auf die russische Stellung bei Blozew grn. einen Sturm gewagt, an den die Russen, Die dort in überlegenen, auch technisch verstärkten Stellungen lagen, immer mit Grauen denken werden. In ihrer Not schossen sie rasend, flochten einen stählernen Schild aus den sausenden Geschossen. Da gabs kein „Durch". Elekes war mit den Seinen zurückgeschlagen. Aber ganz wenig rückwärts sah der Kampfver-bissenc eine Erdmulde. Hinein, nieder. Da lagen nun die Ungarn festgebissen im Pelz des moskalischen Bären. Doch holla, wars Trug, kam es wirklich? Von rückwärts tauchten Schatten im dicken Nebel auf. Wahrhaftig, die ganze Gruppenreserve kam vor! Elekes wußte, was im Gefechte nottut. Und schon war deren Kommandant, ein Hauptmann, über die feindliche Stellung vollkommen orientiert. Der Feldwebel übernahm mit dem übrig gebliebenen Häuflein seines Zuges selber die Direktion und führte so die Gruppe des Hauptmannes zu einem glänzenden Flankenstoße gegen die Feindesstellung. Der Erfolg war über alle Erwartung. Mehr als 300 Gefangene, darunter vier Offiziere, und vier Maschinengewehre fielen den Ungarn als Beute in die Hände. So hatte es Elekes stets gehalten. Schon im Dezember 1914 hatte er für seine Unerschrockenheit im Gefechte bei Mezölaborcz eine silberne Tapferkeitsmedaille auf die Brust geheftet bekommen. Diesmal aber war die „Goldene" sein Ehrenpreis.
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Hauptmanns Leichnam.
Im Walde bei Popielany tobt ein Gefecht. Granaten knicken die alten Bäume; Schrapnells fetzen die Äste aus und da und dort prasselt schon gierig das Feuer auf. Kompagniekommandant Hauptmann Gärtner vom 36. Landwehr-Infanterieregiment hält sich hartnäckig gegen die feindliche Übermacht. Endlich ist er zum Rückzüge genötigt, der ihm doppelt schwer und verantwortungsvoll wird, weil ihm ärarische Gelder anvertraut sind, die es vor dem Feinde zu retten gilt. Schon hat der Hanptmann die ganze Summe in seiner Blusentasche rasch nachgefühlt, denn immer näher und heftiger drängen die Russen; da ereilt ihn das Geschick. Eine Kugel wirft ihn hin; er schreit den Seinen zu, seine Leiche zu bergen, dann haucht er die Heldenseele aus. Im Sterben noch krampst er die Faust an der Brusttasche, die das kostbare Gut versteckt. Das wahnwitzige Feuer des Feindes vereitelt jeden Versuch, zu ihm zu gelangen. Endlich wagen sich zwei Infanteristen hin; kaum haben sie aber die Leiche erreicht, stürzen auch sie tödlich getroffen nieder. Die Reste der Kompagnie sammeln sich zum Rückzug, denn immer gefahrvoller wird ihre Lage. Schon scheint es, als müßten sie ihren toten Führer in Feindeshand lassen. Da wagt der Stabsfeldwebel Edmund Pohribniak noch einmal das scheinbar Unmögliche: die Leiche des Hauptmannes zu retten. Im entsetzlichsten Kugelregen geht er auf die Todesstatt zurück. Warnend liegen die blutigen Körper der beiden braven Infanteristen über seinem Weg. Sie schrecken ihn nicht; vorwärts drängt er, bis er seinen toten Kommandanten erreicht und aufgenommen hat. Dann kehrt er mit ihm zurück, umsurrt von hundert Kugeln, doch von keiner getroffen. Die große Silberne ward sein Lohn.
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Granatlöcher als Deckung-
Die Russen hatten sich wieder einmal vortrefflich verschanzt und vor ihren stacheldrahtumzäunten, starkarmierten Deckungen lag freies Feld. Die Unseren aber wollten sie aus dieser guten Schanze draußen haben. Also Schützenfeuer! War das wieder ein Spaß für die Tiroler herüben, diese Meisterschützen, die im Felde tote am heimatlichen Schießplätze mit jeder Kugel ins Schwarze treffen; aber nirgends war ein gedeckter Ausschuß möglich. Da entdeckt einer etwa zwanzig Schritt vor der russischen Deckung ein paar Granatlöcher, die unsere Batterien mit den ersten Ladungen, die noch knapp zu kurz gingen, gerissen hatte. Und die österreichischen Granaten sind keine Blindgänger, wo die einschlagen, gibts mannshohe Löcher, in die bequem ein paar Leute unterkriechen können. Die Artillerie hatte so unbewußt und unbeabsichtigt für Schützenstände gesorgt, statt der Spaten hatten diesmal die Granaten gearbeitet. Bloß die Bemannung fehlte noch; sie war bei uns nicht schwer zu bekommen. Der Kommandant brauchte sich nur umzuwenden und zu sagen „Einige schneidige Burschen vor!" und schon liefen vie.r, der Patrouilleführer Johann Wieset, der Unterjäger Ignaz Schwarz, die Jäger Vinzenz Misek und Giuseppe Dallago, alle vom Tiroler Kaiserjägerregiment Nr. 2, blitzschnell vor, um im Nu in die Granatlöcher hineinzuhuschen. Die Russen begannen jetzt wie rasend drauf loszuschießen, aber die vier Wackeren waren schon in der Erde verschwunden, nur manchmal zuckte ein blinkender Lauf aus der Grube empor, ein Schuß knallte, drüben fiel einer zusammen und sofort war das mörderische Gewehr wieder unsichtbar. Das ging so einige Zeit, bis die Russen trotz ihrer Schanzen und Maschin-gewehre und Stacheldrähte sich unbehaglich zu fühlen begannen und dieser Augenblick wurde dann von der ganzen Kompagnie zum erfolgreichen Angriff benützt. Alle erhielten die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
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Der Silch ins Wespennest
In einer Ortschaft hatte sich der Feind derartig verschanzt und so gut gedeckt, daß alle Versuche unserer Patrouillen, seine Stärke und die Art seiner Sicherungsanlagen zu erforschen, scheiterten. Der Gegner war wachsam und vermochte jedwede Annäherung unserer Schleichpatrouillen rechtzeitig zu bemerken und ihr Vordringen stets zu verhindern. „Einmal muß es aber doch gelingen", sagte sich Wachtmeister Johann Jgnacz des Husarenregimentes Nr. 12, wählte einige Freiwillige für sein Vorhaben aus und schlich sich vorsichtig bis gegen den Südausgang des Dorfes vor. Kaum in des Feindes nächste Nähe gelangt, wurde seine Patrouille mit starkem Feuer überschüttet. Doch der brave Wachtmeister hielt mit seinen Leuten aus, erwiderte selbst mit wohlgezieltem Feuer und erzwang sich damit den Eintritt in den Ort. Der Feind hatte den Widerstand aufgegeben und sich zurückgezogen. In kurzem Abstande behutsam folgend, gelangte die Patrouille bis in die Mitte des Dorfes, als sie wieder zum Schießen gezwungen wurde. Doch diesmal war es ernster. Jgnacz stand einem mehrfach überlegenen Feinde gegenüber und schon waren drei Leute unserer Patrouille schwer verwundet. Es drohte die Gefangennahme, wenn der Führer nicht rechtzeitig und besonnen den Rückzug antrat. Langsam ließ der Wachtmeister das Feuer einstellen, die Verwundeten gut gedeckt nach rückwärts schaffen, und erst, als alle Gefahr vorüber war, verließ er als letzter den Ort, noch bemüht, die Leiche eines bei einer früheren Unternehmung gefallenen Husaren mit sich zu nehmen. Infolge der übermäßigen Anstrengung vermochte jedoch der Erschöpfte dies nicht mehr, sondern mußte die Leiche an der Ortslisiere liegen lassen. Die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse war die Auszeichnung für seine Tat und für die wertvollen Aufschlüsse, die er seinem Kommando über den Feind gebracht.
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Der Ulorian und der Franz-
Beim Grazer Landwehr-Infanterieregiment Nr. 3 waren die beiden Brüder Thaller, der Florian und der Franz, eingerückt, der erste als Korporal, der zweite als Gefreiter und sie hatten sichs geschworen, einer dem anderen an Mut und Tapferkeit nicht nachzustehen. Immer kämpften sie zusammen und zusammen wurden sie auch am 3. Februar 1915 als Patrouille nach Alsöpagony geschickt, um dort die Gegend auszukundschaften, aber der Auftrag war ihnen zu gering. Echte Steirer, wollten sie sich den Feind nicht nur anschauen, sondern ihm auch wirklich nahe kommen, damit er einmal gründlich wisse, wie die Älpler schießen können und wie sie den Kolben mit den Fäusten handhaben. Wirklich gelingt es ihnen, statt an den Feind nur anzuschleichen und ihn zu bespähen, mit der Meldung über seine Absichten auch ein paar lebendige Exemplare mitzubringen und zwar nicht weniger als 24, die sie mit drohendem Bajonett aus der Übermacht herausgearbeitet haben. Als dann am nächsten Tag die Russen kommen und den nach dieser Meldung wohl erwarteten Sturmangriff ausführen, kämpfen die beiden Brüder wieder Schulter an Schulter, jeder drischt kräftigst auf den Gegner ein, als ständen sie nebeneinander in der Tenne und säuberten mit Dreschflegeln Korn und Spreu. Und beide, der Florian und der Franz, bekamen am selben Tage die große silberne Tapferkeitsmedaille.
tapferkeits
Er will schießen-
Karl Mischkulnig des Landwehr-Infanterieregimentes Nr. 13 war bei seinem Regimente als Rechnungsunteroffizier eingeteilt und tat seinen Dienst.
Doch er sah, wie seine Kameraden in der vordersten Front wie Helden starben und da duldete es ihn nicht mehr länger bei
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seinen Ziffern und Zetteln. Er bat um Einteilung zur Kompagnie und seiner Bitte wurde entsprochen. Nicht lange dauerte es und Mischkulnig wurde wegen seiner Tapferkeit, Unerschrockenheit und Energie zum Stabsfeldwebel befördert. Doch noch mehr sollte ihm aus dem männermordenden Kampfe erblühen. Lange wartete er schon daraus, seine Kaltblütigkeit auch als Unterführer beweisen zu können. Am 22. Oktober war er mit seinem Zuge als rechte Seitenhut seines Bataillons im Vormärsche mit der Aufgabe betraut, feindliche Einwirkungen und Störungen von dieser Seite aus rechtzeitig zu verhindern. Kaum war er bei einer kleinen Waldlichtung angelangt, als er beobachtete, wie eine russische Halbkompagnie gegen sein Regiment lebhaftes Flankenfeuer abgab. Rasch entschlossen, diesen Gegner unschädlich zu machen, verschob er sich, im Walde gedeckt, noch weiter nach rechts, so daß es ihm schließlich gelang, den Russen in den Rücken zu kommen. Immer näher schob er sich an diese heran und nach einem kurzen Feueranfall griff er sie überraschend mit dem Bajonette an. Mit achtzehn Gefangenen mußten sich die Russen den Rückzug erkaufen. Im Verlaufe des weiteren Vorgehens kam Mischkulnig aber selbst in die Gefahr, umgangen zu werden. Der geschickte Führer verstand es jedoch auch diesmal, seine Kaltblütigkeit zu bewahren. Rasch besetzte er eine etwas weiter rück- und abseits gelegene Höhe und eröffnete, wohl gedeckt, ein gut gezieltes Feuer auf den Gegner, der sich nicht näher heranwagte. Doch immer mehr und mehr Verstärkungen zog der Russe an sich, so daß schließlich unser „Ziffernspion" in harte Bedrängnis kam. Zwei Stunden hielt er dennoch in dem mörderischen Feuer seine Stellung, bis er durch das Eingreifen des Regimentes Unterstützung erhielt. Für diese ausgezeichneten Leistungen ziert nun die erste Klasse der silbernen Tapferkeitsmedaille die Brust des Braven.
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Ein scharfer Avachtmeister.
Die Vervollkommnung der modernen Feuerwaffen hat die Aufgabe der Reiterei in den Kriegen unserer Zeit gründlich geändert. Die reinen Frontalangriffe tapferer Schwadronen gegen Jnsanteriestellungen haben aufgehört, würden sie doch ein nutzloses Opfer bedeuten. Dagegen sind schnelle Verschiebungen und jähe Feuerüberfälle auf den überraschten Gegner immer noch ein wirksames Mittel der Reitertruppen, die bei solchen Gelegenheiten ihre Geistesgegenwart glänzend beweisen können. Ein prächtiges Beispiel hiefür bietet die mutige Entschlossenheit, mit der Wachtmeister Edmund Dienes vom Husarenregiment Nr. 2 seine 18 Reiter befehligte und zu einem schönen Erfolge führte. Die kleine Schar war als Vorpatrouille gegen ein Dorf entsendet worden, wurde aber plötzlich von rechts und links beschossen. Sofort ließ der Wachtmeister seine Husaren in ein nahegelegenes Wäldchen reiten und sie dort zum Feuergefecht absitzen. Vier Reitern befahl er im Galopp nach links zu reiten, um so die Aufmerksamkeit des Feindes auf diese zu lenken. Indessen drang er mit seinen Leuten von Deckung zu Deckung vorwärts, um einer Eskadron Kosaken und einer Kompagnie feindlicher Infanterie in den Rücken zu fallen. In der hiebei entstandenen Verwirrung hatte der Feind nicht mehr zur ruhigen Überlegung Zeit und konnte daher nicht feststellen, daß es sich nur um den kühn verwegenen Angriff einiger Husaren handle. Er ergriff die Flucht und die unseren Reitern folgende Jnfanterieabteilung konnte sich gegen die Ortschaft ohne Verluste entwickeln. Dem schneidigen Wachtmeister, der sich auch früher schon mehrere Male sehr gut bewährt hatte, wurde die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse zuteil.
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Der Landsturm voran.
Korporal Alois Klein des Landsturm-Infanterieregimentes Nr. 1 war stets freiwillig zu den schwierigsten Patrouillen bereit, oft genug ein Ansporn für die Mannschaft. So drang er mit nur vier Mann in eine russische Vorstellung ein, deren schwache Besatzung er festgestellt hatte. Er stieß auf acht Russen und nahm zwei gefangen. Die übrigen — eine Feldwache — alarmierten den Feind, welcher heftig zu schießen begann. Der Korporal ließ seine Gefangenen jedoch nicht mehr los und brachte sie nebst wertvollen Meldungen zum Regimentskommando. Ein anderes Mal schleppte der Korporal mit Hilfe des Gefreiten Vyhledal den schwerverwundeten Zugsführer Falk über die Nida zurück und rettete diesen so vor der Gefangenschaft. Klein bekam für seine Leistungen die silberne Tapferkeitsmedaille erster Klasse.
Der Zugsführer Titular-Feldwebel Johann Veitschegger, Zugsführer Josef Braun, Gefreiter Josef Gundolf und Infanterist Titular-Gefreiter Josef Dabo rer, alle vier des Landsturm-Infanterieregimentes Nr. 2, meldeten sich freiwillig zu einer gefährlichen Gefechtspatrouille, um die russischen Stellungen am Westrande von Grabie auszuforschen. Sie hatten über völlig ungedecktes Gelände vorzugehen, das überdies noch vom verräterischen Mondlicht hell beschienen war. Trotzdem rückten sie geschickt bis dicht an die feindlichen Schützengräben heran, wurden hier entdeckt und heftig beschossen, hatten jedoch bereits wertvolle Anhaltspunkte über Stellung und Stärke des Feindes gewonnen, die zu entscheidenden Maßnahmen führten. Alle vier wurden mit der silbernen Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse belohnt.
Der Infanterist Gottfried Weran des Landsturm-Infanterieregimentes Nr. 2 meldete sich freiwillig wiederholt, wenn man unerschrockene und geschickte Patrouilleure brauchte. Seine Kompagnie wurde als erste zur Vorrückung gegen den Feind im Nida-Weichselwinkel und zur Besitznahme wichtiger Punkte befohlen. Weran marschierte als Spitze allein vorne in der Tiefe des Tales beim Herrenhause von Viviary und ging ohne Befehl zur Rekognoszierung auf die Höhe. Als er sich oben zeigte, wurde er heftig beschossen, ging jedoch ruhig weiter vor, entdeckte einen wichtigen befestigten Stützpunkt des Feindes und brachte einen
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zutreffenden Bericht über die russischen Stellungen im Vorterrain. So wurde die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse sein.
Der Infanterist Philipp Wiesinger, Landsturm-Infanterieregiment Nr. 2, hat sich vom heftigsten feindlichen Feuer niemals abhalten lassen, Befehle in die vorderste Schwarmlinie zu tragen. Obwohl auf dem ganzen Wege die Kugeln einschlugen, trug er auch den verwundeten Leutnant Geriot aus dem Gefechte ins nächste Dorf Kotowa-Wola. Auch er hat sich damit die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse geholt.
Die Infanteristen Vinzenz Jüttner und Josef Brand, beide des Landsturm-Infanterieregimentes Nr. 15, meldeten sich freiwillig zur schwierigen Aufgabe, den Wald von Ravalowice auszuspähen. Kaum waren sie 50 Schritte zwischen den Stämmen vorgedrungen, stießen sie auf eine feindliche Patrouille, griffen sie sofort an und machten neun Gefangene, welche dann genaue Angaben über die russische Besetzung des Waldes lieferten. Beide Infanteristen bekamen die silberne Tapferkeitsmedaille zweiter Klasse.
Der Infanterist Franz Felber des Landsturm-Infanterieregimentes Nr. 2 erhielt für tapfere Kameradentreue die gleiche Auszeichnung. Das war so gekommen: Ein Meldereiter sollte eine sehr wichtige Meldung wegen der Beschießung der Kriegsbrücke südlich Korczyn überbringen. Er geriet in der Allee westlich Klonno in heftiges Artilleriefeuer und wurde durch die Brust geschossen. Trotzdem ritt der Brave weiter bis zu einer Scheune, wo mehrere Infanteristen standen, und übergab dort zusammensinkend den schriftlichen Befehl. Infanterist Felber übernahm das Meldeblankett und trug es im heftigsten Feuer in die Deckung des Kommandanten. Hier bekam er den Auftrag, erst dann zurückzugehen, bis das feindliche Feuer nachgelassen habe. Er bat jedoch um Erlaubnis zu sofortiger Rückkehr und eilte im Kugelregen dem schwer verwundeten Reiter zu Hilfe.
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Es läßt ihm Keine £tuh’-
Das Infanterieregiment Nr. 71 lag wohlverschanzt den russischen Stellungen gegenüber. Diese aufzuklären, die Stärke des Feindes festzustellen, wurde der Zugsführer Rudolf Pavlik als Kommandant einer Nachrichtenpatrouille ausgesandt. Unverdrossen machte sich die kleine tapfere Schar sofort auf den Weg. Doch trotz aller Vorsicht, trotzdem sie das Gewehr um den Hals gehängt aus Händen und Knien, oft auf dem Bauche kriechend, jede kleinste Deckung in dem völlig offenen Vorfeld ausnützend sich vorwärts pirschen, bleiben die wackeren Bursche nicht allzu lange unbemerkt. Bald pfiffen ihnen die russischen Kugeln so bedrohlich nahe um die Ohren, daß sie nicht darüber im Zweifel sein können, wem diese Grüße galten. Aber was ficht sie das an? Solange die Russen nicht besser zielen, ists nicht gefährlich, unverdrossen kriechen sie weiter. Schon sind zwei Drittel des Weges zurückgelegt. Da schwirrt es plötzlich hoch über ihnen in der Luft, wie wenn man ein Sägeblatt anreißt, hält einen Augenblick inne und verpufft in einenl rötlichen Wölkchen, jetzt wieder und wieder —- die feindliche Artillerie will mit einigen wohlgezielten Schrapnell-Lagen die kecke Patrouille verscheuchen. Der hilft jetzt keine Vorsicht mehr, sie fahren auf und versuchen sprungweise vorgehend den nahe vor ihnen liegenden Ort zu erreichen. Einer nach dem anderen der Tapferen sinkt nieder und vergißt beim „Sprung vorwärts!" das Aufstehen, doch dem Zngsführer und den wenigen, die ihm geblieben, gelingt es, in die vom Feinde nur schwach besetzte Ortschaft einzudringen und ehe die Russen sich besinnen, vom anderen Ende derselben eine günstigere Rückzugslinie zu gewinnen. Aber bei der wilden Jagd durch das Dorf hat der wackere Zugsführer in einer der Hütten ein Maschinengewehr bemerkt, das muß er haben, es läßt ihm keine Ruhe. Kaum ist er mit dem Rest seiner Mannschaft glücklich in unsere Stellungen zurückgelangt, so bittet er den Kommandanten um eine neue Patrouille, um die Kugelspritze zu holen. Lachend wird ihm diese Bitte gewährt und zurück gehts den eben durchmessenen Weg.
Die Russen hatten sich indessen kaum vom ersten Schrecken erholt und erwarteten nichts weniger als eine so baldige Wieder-
holung des Besuches; so hatten die verwegenen Kerle, als sie jetzt wie die Teufel anstürmten, leichtes Spiel. Was nicht flieht, wird niedergemacht und stolz zieht der beharrliche Zugsführer mit seinem Maschinengewehr in unseren Stellungen ein. Die „große Silberne" ist sein Lohn.
Der Letzte am Maschinengewehr.
Es war das gewöhnliche Stärkeverhältnis in unserem Kampfe mit den Russen. Ein Bataillon, die Feldjäger Nr. 20, hatte sich gegen den Angriff eines ganzen Regimentes zu erwehren; überdies hämmerte von allen Seiten die Artillerie auf sie ein. Um den Sturm aufzuhalten, wurde nun die Maschinengewehrabteilung im kritischen Augenblick eingesetzt, wo der Gegner mit furchtbarer Übermacht zum Sturme ansetzte, aber leider machte ein russischer Volltreffer ihre Wirkung fast illusorisch. Die ganze Bedienungsmannschaft des Maschinengewehres lag tot oder verstümmelt auf der Erde. Nur einer blieb noch übrig, der Unterjäger Anton Nußbaumer, und der schoß, als hätte er von dem Grauenhaften um sich nichts gesehen, als lägen nicht blutig und todwund seine Helfer und Kameraden neben ihm, er schoß «und schoß, fegte ganze Reihen Russen weg und achtete so wenig seiner selbst, daß er plötzlich von allen Seiten umzingelt war. Acht Russen drangen auf ihn ein und versetzten ihm einige Bajonettstiche.
Das Maschinengewehr war nicht mehr zu retten, aber dieser Wackere hatte noch die Geistesgegenwart, es eilig unbrauchbar zu machen. Mit einem Ruck dreht er den Verschluß ab. Einem Russen entreißt er das Gewehr, sie geben ihm hurtig den Weg frei. Dann eilt er noch, die Tragtiere in Sicherheit zu bringen und deckt weiter den Rückzug des durch neue russische Verstärkungen bedrängten
Feuernde schwere Haubitze im Dorfe Drostowice veIn) ®l)U(n' nächst Przemysl.
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Eine gegen feindliche Flieger massierte Batterie in den Karpaten.
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Bataillons. Längst schon für tapferes Verhalten mit der silbernen Tapferkeitsmedaille erster Klasse ausgezeichnet, mehrfach vom Armeekommando belobt, erhielt nun der wackere Unterjäger auch die goldene Tapferkeitsmedaille.
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Auf einer kleinen Donauinsel, Temes-Sziget heißt sie, lagen ein Teil des Infanterieregimentes Nr. 61 und Pioniere vom 7. Bataillon. Die waren der Knallerei übers Wasser schon herzlich überdrüssig und hätten sich die serbischen „Komitatschis" gerne einmal aus der Nähe besehen. Wollten so ein wenig Nachschau
halten, was die Herren jenseits eigentlich treiben; man weiß doch
dann wenigstens, wohin man schießen soll, wenn man die Gegend aus eigener Anschauung kennt. Wirklich kam am August der Befehl an das Regiment, die Donau zu überschreiten und die serbischen Stellungen drüben aufzuklären. Doch bei Tage hätten die Brüder wohl nichts wissen wollen von dem freundlichen Besuch, der ihnen zugedacht war, so rüsteten sich die „Ausflügler" für den Abend, fingerten und putzten voll Ungeduld an den Gewehren und berauschten sich im voraus an ihren nahe bevorstehenden Heldentaten. Endlich wars Nacht — eine mondlose dunkle Nacht,
sehr freundlich, sehr einladend für den Abstecher nach drüben.
Jetzt halblaute Kommandoworte: „Vergatterung! Reihen rechts um! Marsch!" und leise, leise gehts zum Ufer hinunter, wo der Feldwebel Robert Petrovszky mit seinen wackeren Pionieren die aufgeregten Krieger in Empfang nimmt und trotz des tiefsten Dunkels mit bewundernswerter Raschheit so viele als nur möglich in die wenigen Boote verstaut. Dann springt er selbst in das letzte, die Pioniere stoßen ihre langen Stangen in den Sand und — „das Schifflein hebt sich weg vom Land, ade!" Leise,
Unsere Soldaten. 14
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mit äußerster Vorsicht schlagen die Ruder ins Wasser, die weisen Lehren, die der Feldwebel noch eben seinen Leuten erteilt hatte, waren nicht umsonst gewesen. Ungesehen, ungehört gewinnt Boot um Boot das feindliche Ufer, schnell sind die tapferen Infanteristen herausgesprungen — wenn auch mancher ins Wasser patscht bis an die Knie, was schadets? — und rasch kehren die Pioniere wieder auf die Insel zurück, um eine neue Ladung Streiter zu holen. Siebenmal müssen sie die Donau überqueren, bis endlich die letzten Einundsechziger glücklich am serbischen Ufer gelandet und im Dunkel der Nacht verschwunden sind. Traurig bleiben die Pioniere am Ufer zurück. Sollen sie so kampflos und rühmlos heimkehren? Das geht ihnen gar nicht ein, ist auch nicht nach dem Sinn ihres tapferen Feldwebels. Der späht das Ufer auf und ab, so weit sich im unsicheren Sternenlicht die Gegend erkennen läßt, und plötzlich hat er gefunden, was er sucht. Dort stromab, gar nicht weit von hier, nur im Dunkel kaum zu erkennen, liegen doch zwei große serbische Schleppschiffe verankert am Ufer, wie wärs, wenn man die mitgehen ließe und so die Aufmerksamkeit und die Kugeln der Serben von unserer Truppe ab und auf sich zöge?
Gedacht, getan. Bald sind die beiden ungefügen Schleppkähne von den Booten umringt und von den beutehungrigen Pionieren erstiegen, die Taue, die sie am Ufer festgehalten, gekappt, schon hebt sich auch der Anker des ersten Schiffes. Doch der andere hat sich im Grunde festgebissen und alle Anstrengung, ihn freizukriegen, ist umsonst. „Daß euch der Teufel —!" Das Klirren der Ankerketten hat die Serben aus dem süßen Schlummer geweckt, schon wirds hier und dort lebendig und zum Unglück kommt auch noch gerade jetzt der Mond hervor; also herunter von dem verd. . . Schlepper und in die Boote!
Schnell sind zwei davon mit Tauen an das eine Schiff gespannt und eben, als die ersten Schüsse von der Höhe krachen, dreht sich sein Bug majestätisch stromwärts. Es war höchste Zeit, denn nun fällt Schuß auf Schuß, rings um die kleine Flottille zischt das Wasser auf, hei, wie die Ruder fliegen, weuns ums Leben geht! Noch ein Stück — schon knirscht das erste Boot im Sand, hilfbereite Hände fangen die Taue, bald liegen alle Boote samt dem erbeuteten Schiff wohlbehalten am Ufer fest.
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Und wenn auch nur Kohle drin geladen war, die „kleine Silberne" trug es dem wackeren Feldwebel doch ein und gefreut hats die lustigen Pioniere auch, daß sie nun ihre Gulaschkanone mit serbischen Kohlen Heizen konnten.
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Das Feuerzeichen-
Es war eine furchtbare Märznacht, so recht geeignet für einen plötzlichen Überfall. Seit den Abendstunden fegte der Schneesturm, alle Wege waren vereist, der Himmel wie schwarzes Blei, die Luft undurchsichtig durch die treibenden Flocken. Ganz unmöglich war es, ins Freie zu spähen oder Patrouillen auszusenden. Wenn die Russen diese Nacht versäumten, so versäumten sie die Gelegenheit für immer.
Die Unseren waren auf der Hut. Sie hatten in den Ort Varadka eine kleine Feldwache vorgeschoben, die den Befehl hatte, jeden Angriff gegen die Hauptmacht aufzuhalten und diese durch ein Signal vom Überfall rechtzeitig zu verständigen. Telephonleitung war noch keine gelegt, Lichtsignale wären unsichtbar gewesen bei dem verschneiten, verhängten Himmel, so wurde vereinbart, eines der größten Gebäude der Ortschaft zum Anzünden bereit zu halten und beim ersten ernstlichen Angriff der Russen zu entflammen. Diese weithin leuchtende Fackel sollte den Unseren das Warnungszeichen sein und jede Überraschung vereiteln.
Der Zugsführer Alois Glantschnig vom Landwehr-Infanterieregiment Nr. 4 hielt mit 36 Mann getreu Wacht. Sie horchten und spähten jede Stunde, jede Minute, aber wie war es möglich, das Geräusch eines im Schnee heranschleichenden Gegners zu hören, wenn der Sturm so heulte und pfiff, daß die Häuser zitterten und die Rauchfänge dröhnten, wie war es möglich, auszublicken, wenn einem beim ersten Schritt ins Freie nur ein weißes Gewirr von wirbelndem Schnee in die Augen tanzte, in dem schon der nächste
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Posten, der kaum drei Meter entfernte, unerkennbar blieb? Plötzlich knatterten Schüsse, mehr als 200 Mann Russen waren in die Ortschaft eingedrungen und nun begann zwischen Fenstern und Türen und Luken ein wildes Schießen in dem weißen Tumult der aufgeregten Frostnacht. Aber das Wichtigste war, jetzt das Signal zu geben und das vereinbarte Gebäude zu entflammen. Zugsführer Glantschnig schickte einen seiner besten Leute, den Infanteristen Markus Blüm, aus, um das Gebäude in Brand zu stecken, aber gerade diese Gasse wimmelte von eingedrungenen Russen. Infanterist Blümel weiß, wozu er sein Gewehr in der Faust hat, mit dem Kolben schlägt er sich durch bis zu dem Gebäude, ein Zündholz flammt, der Zunder brennt, dann eilt der Verwegene auf einem anderen Wege wieder zu den bedrängten Feldwachen zurück, die sich mannhaft gegen die Übermacht verteidigen. Nach hartnäckigem Kampf gelingt es, die russische Abteilung, Straße für Straße, Zoll um Zoll, aus der Ortschaft hinauszudrängen, manchem von ihnen ward dabei in dem fallenden Schnee ein weißes Grab.
Inzwischen aber ist das angezündete Haus zu einer ungeheuren Lohe emporgeflammt. Blutrot leuchtet der Schneehimmel von den aufzüngelnden Flammen, kilometerweit durch den Schneesturm sehen die Unseren das glühende Lohen und sie verstehen das vereinbarte Zeichen. Die Überraschung war vereitelt dank der Kühnheit der Feldwache, deren Kommandant, Zugssührer Glantschnig, die große silberne Tapferkeitsmedaille bekam. Sein wackerer Brandbote, Infanterist Blüm, erhielt die kleine Silberne.
Ein Gefangener- der Gefangene machte
Gelegenheiten, sich in Kriegsgefangenschaft zu begeben, lassen, die russischen Soldaten bekanntlich nicht gern ungenützt. Unsere Soldaten üben lieber den gegenteiligen Sport. Sie versäumen keine Gelegenheit, sich aus der Kriegsgefangenschaft zu befreien.
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In den Belohnungsanträgen für Mannschaftspersonen des österreichisch-ungarischen Heeres finden sich zahlreiche Schilderungen von geglückter Selbstbefreiung aus Kriegsgefangenschaft. Und in den allermeisten Fällen gelang solche Befreiung nicht als Flucht und nicht als Ergebnis von Geduld und Schlauheit, sondern war Ergebnis heroischen Wagemutes. Sogar als waffenlose Gefangene nämlich ziehen unsere Soldaten das Sich-Durchschlagen dem Davonlaufen vor und setzen, zeigt sich nur die kleinste Möglichkeit des Gelingens, bedenkenlos ihr Leben an ihre Freiheit. Bezeichnend für diesen stolzen und kühnen Geist, der die habsburgischen Truppen beseelt, ist der Fall des Zugsführers Vincenz Holik vom 13. Dragonerregiment. Am 16. November 1914 ritt er mit einem Nachrichtendetachement Patrouille, als weit überlegene Kosakenstreitkräfte der kleinen Schar in den Weg kamen. Also: marsch, marsch! mitten durch die Feinde. Holiks Pferd und das des Dragoners Preibisch stürzen und beide Reiter geraten in Gefangenschaft. Man bringt sie zu den russischen Linien und von dort müssen sie, vereint mit zwei gefangenen Deutschen, den Weg nach Warschau antreten. Vier Mann Infanterie bilden die Bedeckung. Vier Mann Infanterie mit geladenen, bajonettbewehrten Schußwaffen — die Chancen eines Gewaltstreiches zur Befreiung scheinen mehr als gering! Aber Holik denkt nicht daran, sich so schlankweg in sein Schicksal zu ergeben. Die Aufmerksamkeit schärfstens gespannt, mit Aug' und Ohr unablässig nach Möglichkeiten der Rettung spähend, setzt er, scheinbar himmelweit von Fluchtgedanken ferne, Fuß vor Fuß. Am Ausgang eines Dorfes hört er fernes Pferdegetrappel. Unwillkürlich wendet der Dragoner das Haupt, unwillkürlich dreht sich auch der russische Infanterist, der hinter ihm marschiert, nach der Richtung des Geräusches um. Jetzt oder nie! Mit einem Ruck reißt Holik das Gewehr seines Wächters an sich, springt im selben Augenblick auch schon in den nahen Straßengraben, hat das Gewehr in Anschlag und brüllt „Hände hoch!" Die gänzlich verdutzten drei anderen Russen gehorchen dem Ruf, die Hände fliegen in die Höhe, die Gewehre rasseln zur Erde, augenblicklich von den drei Gefangenen aufgelesen und gegen ihre Eskorte gerichtet. Im Handumdrehen das hübscheste changez les places, das sich denken läßt! Um den Vorfall ganz zu würdigen, muß man die körperliche Erschöpfung und die seelische Depression
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der nach Kampf gefangenen und nun auf dem Marsch in ein fernes, langes Exil begriffenen Soldaten in Erwägung ziehen und sich klar werden, welche Fülle von Geschehen da durch das Vorgehen des Zugsführers in der Spanne eines Sekundenbruch-teiles zusammengepreßt wurde: Erfassung der Situation, Entschluß, Tat! Alles in einem Atem gleichsam.
Während so die Gefangenen ihre Wächter eskortierten, kam die Patrouille heran, deren Pserdegetrappel den glücklichen Augenblick gezeitigt hatte. Es waren deutsche Dragoner und daher ritten sie natürlich gleich Attacke. Erst der Zuruf: „Österreicher!" belehrte sie, daß sie's mit Freunden zu tun hätten. Gemeinsam! mit der deutschen Patrouille schlug Holik nebst seinen drei befreiten Kameraden und den vier gefangenen Russen den Weg zu seiner Truppe ein und, da er an einem vom Feinde besetzten Dorf vorbeiführte, wurde die Gelegenheit — es ging jetzt schon, wie der Wiener sagt: in einem Aufwaschen — gleich benützt, um weitere 76 Russen gefangen zu nehmen. 80 unverwundete Streiter des Zaren brachte der in Gefangenschaft geratene Zugsführer Vincenz Holik vom Dragonerregiment Nr. 13 seinem hocherfreuten Kommandanten und tauschte sie ein gegen die goldene Tapferkeitsmedaille. Er behauptet, einen guten Tausch gemacht zu haben.
Glänzend hat sich der Oberjäger Ignaz Szobzsäk des Feldjägerbataillons Nr. 24 gehalten. Während eines erbitterten Gefechtes kam plötzlich die Nachricht, daß die Russen an einer Stelle durchgebrochen waren. Über Auftrag des Brigadekommandos wurde eine Patrouille entsendet, die eine Verbindung mit der Nachbargruppe herstellen sollte. Der Oberjäger erhielt das Kommando über diese Patrouille und es gelang ihm auch, die Verbindung zu ge-
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Iägergeist.
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winnen und festzustellen, daß sich eine feindliche Abteilung an der Straße befinde. Ohne Zeit zu verlieren und trotz der geringen Stärke seiner Patrouille, die nur vier Mann zählte, ging der Oberjäger entschlossen vor, vertrieb in heldenhaftem Kampfe den aus zwanzig Mann bestehenden Gegner und ermöglichte so die neuerliche Besetzung einer schon verlassenen Schanze. Oberjäger Szobzsäk erhielt die goldene Tapferkeitsmedaille.
Dem Patrouilleführer Josef Borde des Feldjägerbataillons Nr. 1, der sich wiederholt als tüchtiger Patrouilleur ausgezeichnet hatte, war es des öfteren zu danken, daß der Verlust eigenen Kriegsmateriales verhütet wurde. Er bewährte sich bei einem Vorstoße aber auch als freiwilliger Samariter, indem er einen schwerverwundet liegen gebliebenen Leutnant im heftigsten Feuer mehrere hundert Schritte zur eigenen Schwarmlinie zurücktrug, obwohl zwei Jäger die vorher den gleichen Versuch gemacht hatten, gefallen waren. Dieser schönen tapferen Tat ließ er weitere Beweise von Unerschrockenheit folgen, indem er beim Stellungswechsel des Bataillons zurückgebliebenes Munitionsmaterial kaltblütig und ruhig in die neue Stellung nachbrachte. Auch er wurde mit der goldenen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet.
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Der Infanterist Franz Stöckel vom Infanterieregiment Nr. 73 war als Plänkler beim nächtlichen Sturmangriff eingeteilt und schon war seine Abteilung hart am Feinde, als ein mörderisches Maschinengewehrfeuer so manchen niederstreckte und das völlige Gelingen des prachtvoll eingesetzten Angriffs vereitelte. Bei der nun notwendigen Verschiebung suchte Infanterist Stöckel Anschluß an andere Kameraden und traf zwei Oberjäger, mit denen er in die Ausgangsstellung zurückging. Die Russen, nun übermütig geworden, weil der Sturm sie nicht ganz überrannt hatte, ver-
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suchten nun ihrerseits mit Verstärkungen gegen unsere Stellungen anzukommen, aber sie hatten falsch gerechnet. Der wackere Infanterist Stöckel, der zwar verwundet war, aber deshalb nicht daran dachte, sich auf den Hilfsplatz zu begeben, hatte vor sich ein ganzes Schock Handgranaten aufgehäuft und brannte nur auf die Gelegenheit, seine Waffenbrüder zu rächen. Wie jene nun mit lautem Hurra-Gebrüll angestürmt kamen, krachte mit prachtvollem Schwung eine nach der anderen in ihre Reihen hinein und die mörderisch zerplatzenden Geschosse verbreiteten furchtbare Verwüstung. Kein einziger kam hart bis an unsere Stellung heran und man mochte glauben, daß die Feinde an ihren Verlusten nun genug haben sollten. Aber der russische Kommandant, der weit rückwärts gut gedeckt stand, war anderer Meinung. Er ließ Maschinengewehre hinter den Zurückweichenden aufstellen, zog neue Verstärkungen heran und befahl neuerlich Sturm. Wieder rannten die Russen an und nun wurde es gefährlich. Das sah der wackere Infanterist Stöckel. Jetzt hieß es mitten hinein greifen, keine Handgranate durfte vergeblich weggeschwungen werden. Er sprang auf, ließ sich eine nach der anderen reichen und zielte ungedeckt gegen die vorgepeitschten Moskowiter. Vergeblich mahnten ihn die beiden Oberjäger, er möge doch auch auf seine eigene Sicherheit bedacht sein, denn die Scharfschützen aus den russischen Deckungen zielten ganz sichtlich auf ihn und die Kugeln pfiffen haarscharf um ihn herum. Aber der Tapfere sagte: „Das ist ganz egal, entweder gehört der Graben uns oder ich bin hin!" Glücklicherweise behielt er Recht mit seinem Vertrauen, die Russen wurden zurückgescheucht und fluteten nach entsetzlichen Verlusten in ihre Stellungen zurück, der Graben verblieb in unserem Besitz und der tollkühne Infanterist Franz Stöckel, dessen persönliches Verdienst es nach dem Zeugnis aller seiner Vorgesetzten war, die gefährdete Stellung gerettet zu haben, erhielt die goldene Tapferkeitsmedaille.
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Der Tambour von PcMBatu
Immer mehr waren die Russen von der galizischen Grenze nach Norden zurückgewichen, verfolgt von unseren tapferen Truppen. So waren sie bis in die Nähe des russisch-polnischen Städtchens Petrikau gekommen, gegen das der Sturm befohlen wurde. Die Russen hatten sich in den äußeren Häusern des Ortes trefflich verschanzt und den Unseren oblag die schwierige Aufgabe, über offenes Terrain gegen den unsichtbaren Feind loszugehen, dessen Gewehre und Geschütze dem Angreifer Tod und Verderben drohten. Da war es nun eine Sache von höchster Wichtigkeit, die Russen aus ihren sicheren Verstecken herauszutreiben, um sie den Bajonetten stichgerecht zu bekommen. Der Kompagnietambour Franz Sari des Infanterieregimentes Nr. 83 entschloß sich zu der großen Opfertat. Mit wahrer Todesverachtung durchlief er die Strecke, welche die Stellung seiner Kompagnie von den ersten Häusern von Petrikau trennte, und unverletzt kam er dort an. Behutsam schlich er sich dann an ein fast bis zum Boden reichendes Strohdach heran und setzte es durch ein Zündholz in Brand. Rasch läßt er ein zweites Dach dem Schicksal des ersten folgen und bald züngeln die Flammen aus vielen Häusern zum Himmel empor. Eine furchtbare Verwirrung erfaßt die Russen. Sie stürzen aus den Häusern heraus und vergessen, auf die anstürmenden Unseren zu schießen. Diese benutzen den Augenblick und dringen mit unwiderstehlicher Gewalt vor, ohne wesentliche Verluste zu erleiden. Der Schrecken des Feuers lähmt die Kraft der Russen und viele von ihnen geben sich gefangen. Die Kompagnie des kühnen Tambours allein konnte 227 russische Soldaten und 2 Offiziere gefangen nehmen. So erleichterte die tapfere Tat eines einzigen Mannes an jenem Tage den Erfolg der österreichisch-ungarischen Truppen, die siegreich in Petrikau eindrangen. Franz Sari aber durfte sich bald mit der goldenen Tapferkeitsmedaille schmücken.
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Todestrutz.
Zugsführer Stefan . Arszanow des Infanterieregimentes Nr. 37 war während des Angriffes auf Einsiedl als Ordonnanz neben seinem Bataillonskommandanten eingeteilt. Das hinderte ihn nicht, da er sich in nächster Nähe der Schwarmlinie befand, sich um die Tätigkeit der Plänkler zu bekümmern und sie in der lebhaftesten Weise anzueifern. Sein initiatives Ermuntern der Leute war iu der damals herrschenden Situation von größter Bedeutung. Das starke feindliche Feuer hatte in den eigenen Reihen namhafte Verluste verursacht und fast alle Zugskommandanten waren entweder tot oder verwundet. In dieser Lage wuchs der brave Zugsführer über die normale Leistungsfähigkeit eines Menschen weit hinaus. Er feuerte nicht nur die Leute zum Ausharren an, er arbeitete auch mit todesverachtender Selbstaufopferung fieberhaft an der Bergung der zahlreichen in seiner Nähe befindlichen Verwundeten, ohne sich um das Jnfanteriefeuer zu kümmern, das um ihn tobte. Während die Situation ihren kritischesten Punkt erreichte, erhielt der Bataillonsadjutant den Befehl, längs der Linie links vorzugehen, brach aber schon nach 50 Schritten am Wege schwer verwundet zusammen. Kaum hatte der Zugsführer dies wahrgenommen, so eilte er hin, faßte den Offizier und schleppte ihn ungefähr drei Stunden lang mit unerhörter Mühe und unter steter Lebensgefahr über einen von der feindlichen Artillerie stark beschossenen Raum, bis er in Sicherheit gebracht war. Das tapfere und zähe Verhalten Arszanows wurde mit der silbernen Tapferkeitsmedaille erster Klasse belohnt.
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Wie sich der Kadettaspirant Julian Pilewski des 32. Landwehrinfanterieregimentes die „Goldene" holte, klänge wie eine Fabel, wenn sie nicht bezeugt wäre. Steht er da plötzlich mit seinen dreißig Mann und dem Zugssührer Peter Kaszluga einer weit überlegenen russischen Abteilung gegenüber. Er spürt, jetzt wäre jedes Zögern Verderben; nur Schnelligkeit bleibt Trumpf! Ehe sich der Feind besinnt, greift er ihn an. Panischer Schrecken packt die Russen. Weiß Gott, welche Kräfte ihnen ihre erhitzte Phantasie vorgaukelt. Kurz, das Ende dieses von den wackeren Zweiund-dreißigern unerhört tapfer geführten Gefechtes ist die Gefangennahme von drei russischen Offizieren, darunter eines Hauptmannes und 116 Gemeiner. An diesem Märchensieg hat auch der schon genannte Zugsführer Peter Kaszluga redlich mitgeholfen. • Er stürmte seinem Kadetten nach und riß die Mannschaft durch seine heldische Todesverachtung begeistert mit. Ihm ward die „große Silberne" zum Lohn.
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Angriff auf Podwysikie. Honveds und die Sechsunddreißiger Landwehr setzen an. Bleibt nur eine rasche Vereinbarung noch zu treffen und die Verbindung aufrechtzuerhalten. Aber das merkt der Feind auch und er versteht es, durch ein verheerendes Feuer jedes Zusammenwirken der beiden Gruppen zu vereiteln. Und doch muß das möglich werden, soll nicht der ganze sorgfältig angesetzte Sturm mißglücken. Gefreiter Wilhelm Weber vom Landwehrinfanterieregimente Nr. 36, als verläßlich bereits in zahllosen Gefechten erprobt, meldet sich als Ordonnanz. Ein Hände-drnck des Offiziers, dann geht es los. Salve um Salve kracht nach dem Kühnen, der kriechend, springend, laufend, Botschaft um
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Botschaft zwischen Honved und Landwehr trägt und so zur Nabe einer furchtbaren Zange wird, die jetzt den feindlichen Ort zerquetscht. Das Sturmsignal gellt und Wilhelm Weber ist nun wieder bei den Seinen und führt sie zum Sturm. Eine Kugel trifft ihn. Er achtet es nicht. Vorwärts! Vorwärts! Bis der zerschossene Ort genommen ist. Die „große Silberne", die der tapfere Gefreite erhält, wird ihm die Wunde wohl gekühlt haben.
Wackere Stürmer sind sie alle bei diesem Regiment. Das haben noch viele andere in diesen Kämpfen bewiesen. Besonders aber die Korporale Czopenko und Wittmayer, die ein ganz apartes Stückchen aufführten. Stoßen diese Prachtkerle auf 60, sage sechzig Russen. Aber die dreißigfache Übermacht verblüfft sie nicht Im schärfsten Kasernhofton herrschen sie die erstarrten Moskalen an, daß sie vermeinen, es sei das edle Paar die Vorhut mindestens einer Kompagnie, und schlotternd die Waffen strecken. Freilich, was mag das Russenschock geglotzt haben, als es entwaffnet und wehrlos wahrhaftig nur von den zwei Korporalen abgeführt wurde. Tiefsinnig jedenfalls nicht. Übrigens hat der Russe für solche Unfälle seine fatalistische Formel: Nitschewo! Die Sechzig versuchten auch keinerlei Auflehnung, sondern ließen sich friedlich wie die Lämmer bis zu unseren Linien führen. Czopenko und Wittmayer aber brauchten sich gegenseitig ihren Ruhm nicht zu neiden; jeder von ihnen erhielt die große silberne Tapser-keitsmedaille.
Russenschlacht! Sie dauert Tage, Wochen, Monate, — denn der Moskal sitzt in der Erde eingenistet wie eine Wurzel und wie eine Wurzel muß er ausgegraben werden. Nicht immer aber sind die eisernen Lagen der Artillerie am Werk, die den zähen Feind
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Kaiserjäger»
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aus seiner Stellung wühlen — oder, selbst wenn sie eingreifen, kann es oft nicht für allzulang geschehen. Die Hauptarbeit bleibt doch der Fußtruppe vorbehalten, die ihre lebendige Kraft einsetzt und im Sturm die von den Geschützen zerdroschenen Positionen nehmen muß. Nehmen, oft Mann an Mann ringend mit der feindlichen Infanterie; nehmen, trotz Schrapnellregen und berstender Granaten; nehmen unter dem höllischen Geklapper der Maschinengewehre. Und darin, in solch todesmutigen Standhaftigkeit, unermüdlich „Im Sturm und in der Schlacht", wie es ihr Eid verlangt, sind die Kaiserjäger stets die Ersten gewesen. Dafür ist die Geschichte des mit der „großen Silbernen" und später auch mit der „Goldenen" ausgezeichneten Oberjägers Raimund Zobl vom 1. Regiment der Tiroler Kaiserjäger ein herrlicher Beweis.
Die Kompagnie, der der Genannte angehört, steht unter dem Kommando des später gefallenen Hauptmannes Hans von Schmedes. Durch den Ort Uhnow marschieren sie in die Schlacht, deren dumpfes Stampfen sie immer näher hören. Nicht just ermunternde Bilder bieten sich ihnen zuerst. Hilfsplatz um Hilfsplatz passieren sie und jeder ist voll von zerfleischten und stöhnenden Kameraden. Doch nun begegnen sie einer Truppe eben gefangener Russen, dreihundert an der Zahl, die zwei Maschinengewehre mit sich führen, und dieses siegverkündende Zeichen verscheucht jeden trüben Gedanken. Alle belebt der Anblick der Beute, strafft ihre Glieder und gießt über ihre Gesichter jene ernste und entschlossene Ruhe, die ihrer heiligen Opferbereitschaft würdig ist. Befehl kommt, der linke Flügelzug, dem Zobl angehört, habe vorzurücken! Es geschieht. Und schon fallen auch unter ihnen die ersten Märtyrer des Vaterlandes. Den Zugskommandanten Leutnant Oskar von Puhlreich streckt es hin und nun spuckt es Eisen vom Himmel herab, Garben von Glut und Metallteilen sprühen aus krepierenden Granaten und hinein knattert unaufhörliches Jnfanteriefeuer. Der Oberjäger Zobl spürt, hier hilft jetzt nur eines: Sturm! Sturm auf die feindliche Batterie! Er hat an seines schwerverwundeten Leutnants Stelle den Befehl übernommen und führt den Zug in die Flanke der feindlichen Geschütze. Erst muß ein Schützengraben voll Russen überrannt werden: es glückt ihm. Nun gilt es, sich an die Batterie heranzupirschen. Raimund Zobl findet einen Wassergraben voll von toten und verwundeten Feinden; dort quetschen sie sich durch,
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empor zu der rastlos feuernden Batterie. Jetzt werden sie von einer russischen Offizierspatrouille entdeckt; doch die kommt nicht mehr dazu, ihre Artillerie zu warnen; nach erbittertem Kampf wird sie niedergemacht. Und nun ist Zobl mit den Seinen schon in Schußnähe der Geschütze; die Flinten an die Backe; Knall! Ein russischer Vormeister dort wirft die Arme auf und stürzt; jetzt noch ein Kanonier! Ein Leutnant! Und nun: los! Hinein! Sie werfen die Gewehre weg; sie ringen mit Messern, Fäusten, Zähnen. Die Russen wehren sich tapfer; kein Schuß, kein Schrei; nur Röcheln und Keuchen. Wenige fliehen; fast alle sterben bei ihrer Batterie. Dies war des Oberjägers Zobl erster Streich, für den ihm sein Kommandant die „große Silberne" verschaffte. Doch Zobl dachte sich noch mehr zu verdienen und führte es auch durch.
Lange Rast ist ihm und seinem Zug ohnehin nicht gegönnt. Um fünf Uhr früh kommt Befehl, gegen die von starken feindlichen Kräften gehaltene Grenze vorzurücken. Die Kompagnie, die eben herumschwärmenden Kosaken ein kleines Morgengefecht geliefert hatte, erhält schon nach einer Stunde Marsch plötzlich ein wütendes Feuer des Feindes, der sich in viel besser vorbereiteten Stellungen als am Vortag befindet. Obendrein sind die braven Kaiserjäger in ein sehr schwieriges Terrain geraten, Sumpf und Überschwemmungsgebiet, durch das sie nur mühsam waten können. Sie lassen Haut und Haare in dieser Falle. Hauptmann von Schmedes stirbt den Heldentod; ein Leutnant und ein Fähnrich fallen schwer verwundet. In dieser furchtbaren Lage verliert Zobl keinen Moment die Besinnung; unverdrossen kämpft er, obwohl bereits verwundet. Endlich, nach siebenstündigem entsetzlichen Ringen gewinnen die Kaiserjäger allmählich die Oberhand. Und da geschieht etwas für die russischen Krieger Charakteristisches. Sie haben sich wacker geschlagen, doch als sie nun schließlich doch weichen müssen, da ist auch nirgends ein Halt mehr. Alle Verbände zerreißen, im tollen Durcheinander rast Artillerie und Train, die jubelnden Kaiserjäger hinter sich. Umsonst versucht ein Haufen schnell zusammengeraffter Bedeckungstruppen einen Gegenstoß; er kann die völlige Auflösung nicht mehr hindern. In den Sumpfboden, der vorher den braven Älplern soviel Schweiß und Blut kostete, bleiben nun die russischen Gespanne stecken. Trainfuhrwerke, Automobile, Proviantwagen, Geschütze, Protzen, alles ist festgefahren und fällt in die Hand
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der Tiroler. Noch am selben Abend überschreiten sie die Grenze und nächtigen in Feindesland.
Am Sanstuß steht das Regiment in der zweiten Hälfte Oktober 1914. Die Kompagnie, der Raimund Zobl angehört, hat nach dem Tode des Hauptmannes von Schmedes als neuen Kommandanten einen Oberleutnant erhalten. Es ist ein kalter Herbsttag, als wieder der Kampf entbrennt. Die Kaiserjäger liegen in der Reserve. Das bedeutet keine leichte Aufgabe und fordert Nerven von Eisen. Ohne schießen zu können, ohne Deckung, ohne Bewegung sind diese Truppen fast ebenso dem feindlichen Artilleriefeuer ausgesetzt wie die Kämpfer in der Linie. In dieser qualvollen Situation, während sich die Kameraden hastig einzubuddeln beginnen, erhält Oberjäger Zobl den Auftrag, einen Notsteg über den nahen zwölf Meter breiten Nebenfluß des San zu schlagen. Zobl nimmt sich zwei Pioniere; in einem nahen Dorf treibt er Bretter, Leitern und Schnürleinen auf und kriecht mit diesem Material samt seinen zwei Begleitern zu der befohlenen Übergangsstelle. Sie bleiben nicht unbemerkt. Mit einmal stehen mißfarbene Wölkchen ober ihnen, krachen und surren und fallen ein. Doch voll mannhafter Ruhe führen die drei ihren Bau zu Ende, als flögen nur Schneeflocken! um sic und nicht Kugeln und Fetzen aus Stahl. Nach einer Stunde sind sie fertig. Jetzt erst merkt Zobl, daß ihn eine Schrapnell-kugel getroffen hat. Glücklicherweise ist es nicht allzu arg; Oberleutnant Frank sorgt noch persönlich für den Tapferen und beschenkt ihn mit Zigaretten, eine wertvolle Spende im Feld, die sich der Oberjäger in der kurzen Ruhezeit auch recht zu Gemüte führt. Um acht Uhr abends ist wieder Aufbruch und nun wird bis ein Uhr nachts marschiert, ein Regiment, das schon viele Tage ununterbrochen im Gefecht stand, abgelöst und am Sanufer endlich Lager geschlagen. Zobl stellt die Vedetten auf, dann begibt er sich zu der weiter rückwärts kampierenden Kompagnie. Doch die Sorge um die Seinen läßt ihn nicht schlafen; vor der Dämmerung ist er schon wieder bei seinen Vorposten, die ihm melden, in der nahen Stellung der Russen sei die ganze Nacht durch Bewegung gewesen; irgendetwas Besonderes würde dort ausgekocht. Darüber will er Gewißheit. Rasch leiht er von einem Scharfschützen ein Gewehr, legt Mantel und Schuhe ab und erreicht, sich lautlos über den kalten, nebelgärenden Sumpfboden hinwindend, einen hohen
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buschigen Baum. Dort greift er sich hurtig hinauf und birgt sich in der Krone. Noch immer braut der Moordunst und wehrt jeden Ausblick. Der Oberjäger hört Russen in der Nähe reden, pfeifen, lachen, fingen, — doch er sieht sie nicht. Er würgt die Flinte zwischen den froststarren Fäusten; sie ist wohlgeladen und überdies hat er sich so viele Munition eingesteckt, daß ihn die vollgepfropften Rocktaschen aus dem Gleichgewicht seines ohnehin sehr schwanken Sitzes zu werfen drohen. Nur durch eine komplizierte Verstauung mit den Beinen gelingt es ihm, Halt zu bewahren. Anderthalb Stunden vergehen so, bis die aufsteigende Sonne den Nebel völlig zersogen hat und ihn beobachten läßt. Aber auch die Russen gewahren seine Vorposten und eine leichte Plänkelei beginnt, die die Aufmerksamkeit drunten völlig beschäftigt. Zobl hat also Muße genug, in der steigenden Helle die feindliche Position zu überschauen. Pfähle und Drahtverhaue schützen sie und nun quillt eine kleine Abteilung, ungefähr zwanzig Mann stark, dort hervor; sie führt zwei Maschinengewehre über den Sumpf gegen die Stellung der Kaiserjäger. Dabei müssen sie knapp an dem Baum vorbei, in dem zum Schuß geduckt der Oberjäger sitzt. Dem zuckt es in Finger und Hand und, ehe er sichs versieht, hat er die Waffe in Anschlag gebracht und den Kommandanten drunten, einen Offizier, hingestreckt. Eine Panik entsteht, die immer wilder wird, als Zobl in rascher Folge sein ganzes Magazin in das Russenrudel knallt. Wildflüchtend zerstiebt der Haufen. Zobl aber verläßt seinen Platz erst, als die feindliche Artillerie, weiß Gott, welchen Massenüberfall vermutend, den unheimlichen Platz mit Granaten und Schrapnells zu belegen beginnt.
Die nächsten Tage bringen harte Stunden für unsere Truppen am San. In vielfacher Übermacht hämmert der Feind an ihren Linien, bis er sie endlich an einem Punkte, fern von der Stellung der Kaiserjäger, durchstößt. Die Tiroler Kerntruppe erhält Befehl, Hilfe zu bringen, und eilt im fünfzehnstündigen Gewaltmarsch heran. An der feindlichen Einbruchstelle haben sich unterdessen die Truppen frisch gesammelt und die Russen aus der eroberten Ufer-position wieder in den San gedrängt. Nur noch eine Ortschaft diesseits des Flusses hält der Feind; stark verschanzt, trotzt er darin jedem Angriff. Dorthin soll nun eine Nachrichtenpatrouille gehen, zu der sich Oberjäger Zobl und sechs Mann freiwillig melden. Es
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ist ganz finster, als sie abmarschieren; nur der Schein lodernder Dörfer schwelt am Horizont. An eines von ihnen kommen sie jetzt. Ruhig, mit breiten satten Flammen bläht sich der Brand und zehrt allgemach die ganze Siedlung auf. Im Feuerschein sieht die Patrouille Stacheldrähte starren, wirft sich sofort nieder und kriecht eng an die Erde gepreßt weiter. Nun ist man bei den Drähten, kappt sie, dringt durch. Plötzlich werden Laute vernehmbar, Menschenlaute. Man hält, lauscht. Verwundete sind es; sie wimmern, ächzen, stöhnen; sie rufen den Himmel an; sie klagen nach der Mutter; sie weinen um Weib und Kind. Aber die Erde trinkt ihr Blut, als wäre es Regen; der Fluß rauscht nicht anders, wie seit Jahrtausenden; die ganze Natur sieht mit einer erhabenen Gleichgültigkeit auf alles Menschenwerk und Menschenleid. — Die Patrouille setzt ihren Weg fort. Als sie den Ort erreicht, macht sich die lange zurückgedämmte Erschöpfung gebieterisch geltend. Zobl schickt Leute, Nahrung aufzutreiben. Er selbst geht die verkohlten Häuser ab — denn der Brand ist schon langsam überall eingesunken — vorsichtig, schußbereit. Doch kein Lebewesen zeigt sich; überall liegen nur Leichen und glotzen aus zerfallenen Gesichtern und hie und da liegen auch Pferde darunter mit steif ausgereckten Beinen und widerlich gedunsenen Bäuchen. Kein Haus steht mehr aufrecht in dem ganzen Ort. Die noch nicht Ruinen sind, glosen qualmend und stürzen allmählich ein. Endlich findet Zobl einen Menschen stumpf neben seinem eingeäscherten Hof hocken; er ruft ihn an und erhält deutsche Antwort und Auskunft. Ein harter Kampf habe hier gewütet; schließlich seien die Russen durch Geschützfeuer verjagt worden. Er zeigt dem Oberjäger auch drei von einer Granate grauenhaft zerfetzte Leichen. Indessen kommt die Patrouille zurück; sie hat Schweinefleisch und Kartoffel aufgetrieben und teilt dieses Mahl nun redlich mit ihrem Kommandanten. Dann marschieren sie wieder in die Nacht hinaus — lang, lang, — über zähe, glitschige Erde; Kot oder Schlamm, sie erkennen es nicht. Plötzlich sehen sie bei einer Wegwendung, wie aus dem Boden gewachsen, finster und klobig gegen den brandroten Horizont die Konturen eines Ortes. Nur aus wenigen Häusern schlägt dort Feuer; es sind ärmliche Hütten am Fluß; das eigentliche Dorf wuchtet im schwarzen, drohenden Schweigen. Rasch und leise befiehlt Zobl „Nieder". Atemlos liegt er nun mit den Seinen,
Unsere Soldaten. 15
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lauscht, schleicht vorwärts, hält an, wieder lauschend, — nichts. Wohl auch schon verlassen, wie der frühere Ort? Mit Aufgebot höchster Vorsicht, auf dem Bauche, gelenkig wie Schlangen, schieben sie sich näher. Drei Viertelstunden kriechen sie so, durch Moraste und Wassergraben, winden sich unter Drahtverhauen fort und erreichen endlich das Dorf. Schatten huschen dort hin und her; gedämpfte Laute schallen, leises Klirren, Scharren von Hufen. Oberjäger Zobl und seine sechs Mann haben plötzlich dasselbe Gefühl: als lauere in ihrem Nacken eine drosselnde Faust. Denn nun wissen sie, wo sie sind. Mitten in dem von Russen besetzten Ort, den sie nur aus der Ferne zu erkunden hatten. Sie hören ihre Herzen wie schwere Pumpen gehen, ihre Kopfhaut strammt sich, ihre Hände umklammern das Gewehr wie einen letzten Freund. Nur sich nicht rühren jetzt; um Gotteswillen, nicht rühren! Über den Straßendamm schlendert eine hohe dunkle Gestalt heran, ein feindlicher Offizier wohl, — er späht hinter sich, deutet, — ein Knacken und Klappern, — sie kennen den Laut gar zu gut, die sieben Todgeweihten, — es ist das Laden von Maschinengewehren — und nun wendet sich der Offizier, — kommt näher, — immer größer dünkt er den Liegenden, immer furchtbarer. Der eine der Jäger kann es nicht mehr ertragen, legt das Gewehr an, — doch im selben Augenblick kracht eine Salve, als risse eine riesenhafte
Leinwand durch, vom Himmel bis zur Erde! — Zobl hebt
halbbetäubt den Kopf. Sechs Leichen liegen hinter ihm. Tränen treten ihm in die Augen; das sind nicht nur die beizenden Schwaden, die sich nun langsam über der Unglücksstelle erheben. Der Russe meint wohl, jetzt alles Leben vernichtet zu haben; eine Feuerpause entsteht, die der Oberjäger benützt, um hurtig zu entwischen. Er gelangt auf den Marktplatz, vergräbt sich dort in einen Dünger-hausen und sieht, wie drüben sein Regiment zum Sturm ansetzt, doch angesichts der riesigen Russenübermacht wieder seine alte Stellung bezieht, ohne daß der Feind es wagt, ihm zu folgen. Er beginnt im Gegenteil, seine Stellung zu räumen; ungefähr 30 Maschinengewehre werden zum Abtransport auf den Marktplatz geschafft und herum treibt sich ein dichter Schwarm Moskalen. Da plötzlich ein Dröhnen, wie der Schlag des jüngsten Gerichtes, dem Oberjäger dennoch wie göttliche Musik klingend, — eine Batteriesalve unserer Haubitzen. Mitten in den Marktplatz kracht sie, wirft einen
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Geiser von Steinen und Glut und Lehm über den ganzen Ort. In dem Toben, Jammern, Fluchen, das nun folgt, fährt der Oberjäger, triefend von Jauche, aus seinem Asyl, zwischen zwei-Maschinengewehren durch, deren Bedienungsmannschaft sich heulend bekreuzigt, als sähe sie den Satan, und gewinnt das Freie. Jetzt noch ein rasendes Rennen über Steine und Moraste, dann ist er wieder bei seiner Kompagnie, die ihn längst tot geglaubt hat.
Zu seiner großen Silbernen bekam der Oberjäger Raimund Zobl noch die „Goldene".
Die Leufelsmühle.
Während die russische Artillerie unsichtbar von rückwärts auf unsere Mannschaft ihre Schrapnells prasseln läßt, daß die Luft zittert und schwingt, indes unsere Infanterie gut gedeckt wartet, bis das eiserne Gewitter ausgetobt hat und die Russen wieder — zum wievielten Male schon vergeblich! — vorstürmen, entdeckt der Korporal ^itular-Zugssührer Vinzenz Pate der von unseren Wiener Vierundachtzigern auf einem nahen Baum eine seltsame Frucht. Zwei dunkle Gestalten bewegen sich dort im Geäst und dazwischen glitzert es verräterisch von Metall. Zugsführer Pateder schleicht näher heran, ihn gelüstet es, sich diese Früchte ein wenig zu beschauen. Nun ist er ganz nahe, er erkennt zwei russische Artilleriebeobachter, die von ihrem luftigen Stand aus Beobachtungen über die Schußresultate an die Batterie weitergeben. Pateder ist fest entschlossen, ihnen die schöne Aussicht nicht lange zu gönnen. Ein Schuß — ein Knacken im Gehölz, ein paar Zweige brechen und schwer fällt ein wuchtiger Körper nieder ins Gras. Der andere will jetzt eilig herabklettern, aber Pateder ist das Tempo zu langsam — ein zweiter Schuß und der Getroffene spart sich die Mühe der langsamen Kletterei und fällt wie ein Stein plump herab.
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Aber Pateder, der so famos die Russen aus ihren Verstecken stöbert, weiß sich selber trefflich zu bergen, wenn er eine Deckung braucht. Als au der Rida bei der Mühle bott Choyny eine russische Offizierspatrouille sich nähert, um eine Übergangsstelle ausfindig zu machen, Eracht es plötzlich von irgendwo und einer fällt tot zu Boden. Sofort suchen sich die anderen zu decken und eröffnen ein wütendes Feuer gegen die Häuser, gegen jede Erdmulde, aber es kracht und kracht immer wo vom Unsichtbaren her und immer stürzt dann einer von ihnen hin. Verstärkungen kommen herzu, aber der unauffindbare Schütze putzt einen nach deni andern weg, der sich der verhexten Mühle nähert. Ein Dutzend Russen sind schon gefallen und die anderen bekreuzigen sich und eilen hastig fort, um jeden zu warnen, sich diesem gefährlichen Feind mit der Tarnkappe zu nähern. Erst wie sie weit weg waren, kroch der wackere Vierundachtziger aus dem Mühlrad hervor, wo er, halb im Wasser, halb im Dunkel ruhig gedeckt und sicher zielend sich seine Leute geholt hatte, und trollte sich zufrieden zur Kompagnie zurück, um neue Patronen zu fassen, die er dann bald wieder an die rechte Adresse zu schicken wußte. Vinzenz Pateder, bald auch zum Feldwebel befördert, bekam die große Silberne als Waidlohn für seine famose Leistung.
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TAPFERKEITS
Die besseren Nerven-
Auf dem Hügelkamm hinter dem Orte Zdynia liegen die Russen eingegraben. Seit Wochen hausen sie bereits so und zahlreiche Drahthindernisse umglitzern ihre Hauptstellung auf Kote 701, so daß es dort aussieht, als funkle das taufrische Netz einer Riesenspinne von der schmutzigen Anhöhe. Um die Stärke der vom Feind besetzten Linien festzustellen, wird am 28. Februar 1915 eine Demonstration gegen sie angeordnet. Adrian Leban, Reservesähnrich des Infanterieregimentes Nr. 97, erhält einen besonders schwierigen und ehrenvollen Befehl; er soll die Kote 701 angehen, damit er die
dort eingegrabenen Russenkräfte kennen lerne. Nur 32 Mann nimmt sich der Fähnrich mit; dann geht es los. Schon im Orte Zdynia wird er angegriffen; die feindliche Abteilung ist dreimal stärker als die seine. Ein kleines Feuergeplänkel in Gassenwinkeln, an Mauern, hinter Zäunen; dann läßt der Fähnrich Sturm blasen und geht der feindlichen Übermacht herzhaft an den Leib. Sie sind es ja gewohnt, unsere Braven dort oben, mit vielfach überlegenen Zahlen zu rechnen. Kurz und grimmig ist das Gefecht; Mann an Mann; wie die Löwen ringen der Fähnrich und die Seinen. Einen Unteroffizier und 49 Mann fangen sie und jagen die übrigen in die Flucht. Freilich hat es auch genug eigenes Blut gekostet. Von den 32 sind nach dem Gefecht nur mehr 23 da; die aber gehen mit ihrem Fähnrich, der ihnen während des Gefechtes durch seine heroische Todesverachtung Mut eingeflößt hat, durch Dick und Dünn. Bald haben sie auch Gelegenheit dazu. Denn der Fähnrich kriecht nun mit ihnen zu den Drahtverhauen der Höhe 701 empor. Sie werden entdeckt und nun beginnt ein wütendes Schnellfeuer: der Russen. Mit eiserner Ruhe konstatiert der Fähnrich die Richtung der Angriffe, skizziert und vergleicht, bis er ein scharfes Bild* der feindlichen Stellungen erhält; dann erst weicht er, mit einem genialen Manöver sich der feindlichen Umklammerung entziehend, zurück, wobei er doch noch Zeit findet, neuerlich drei Gefangene zu machen. Dem Regiment erstattet er Bericht über seine Beobachtungen, einen Bericht, der es erschöpfend über die Lage der gegnerischen Kräfte aufklärt und für die nächsten Angriffe von entscheidender Wichtigkeit wird.
Kaiser Wilhelm hat einmal gesagt, daß die stärkeren Nerven den Krieg gewinnen werden. Nun, wir wissen schon heute, daß Deutschlands und Österreich-Ungarns Heere darin alle übertreffen; nicht nur das bessere Gewissen, auch die besseren Nerven haben sie. Dessen ist der Fähnrich Adrian Leb cm, der für sein heldenhaftes Vorgehen die „Goldene" erhielt, ein lebender Zeuge.
Ein Mumenieufel.
Die mit dem Edelweißzeichen auf keckem Käppi, die Bergbuben aus Tirol, waren längst bei den Russen in bösen Ruf gekommen. Ihre Wucht prasselte auf Väterchens Steppensöhne allemal nieder wie Steinschlag auf Rotwild. Da half kein Heiligenbild dagegen, kein Andreaskreuz aus dem Japanerkriege. „Blumenteufel" hießen darum die Edelweißburschen bald bei den Russen, denn sie waren überhaupt ein böser Zauberspuk, über den der rechtgläubige Heiligenhimmel selber nicht Macht hatte. Ein Russenveteran, dessen Haß noch fortglomm gegen die „Gelben" im Osten, lachte plötzlich auf, es war auch zu köstlich, es auszudenken: eine neue Mukden-Schlacht mit Tirolerschützen! Da wärs in den Kaisergräbern der Mandschus lebendig geworden, erschreckt wären die Söhne des Himmels aufgefahren, die Bonzen hätten ihre Not mit den Majestäten des Sonnenaufganges gehabt. So aber mußten brave Russen bluten hier wie dort. Der Gute wußte nicht, daß auch von den „Teufeln" drüben manch einer umsank, dem das kalte Blei denn doch zu hart vor die Stirne geschossen kam. O, es war Blut, rotes, rieselndes Blut im Edelweiß! Aber die Bergbauern, die Gemsjäger, die Wilderer wußten zu sterben wie sie schossen. Büchsenanschlag und „Pfüat Gott" ist bei ihnen seit Urvätertagen beisammen. So machten sie nie viel Aufhebens, wenn Bergführer „Tod" in ihren Reihen sein Edelweiß zupfte. Der war just wieder beim dritten Kaiserjägerregimente zu Gaste. Es war am 28. März 1915. Die ungeackerte Erde dampfte und war voll quillender Frühlingskeime. Die Toten selber mußten in ihren ärmlichen Heldenhügeln von diesem Allerwachen in der Natur durchzuckt sein. Oder schliefen sie dennoch, wußten sie denn nicht, daß der Maienmonat mit seinen Blüten, seinem Waffenglanze, seinen Siegen schon seine Boten vorausgesendet habe in all dem Geknospe und Singvogelwandern? Aber es war nicht Zeit für die Lebenden zu solch zer-splissenem Frühlingsgewinsel, ein guter, scharfer Tirolerschuß war immer noch tausendmal besser als Weibsleutgedanken. Der saß wenigstens sicher und das tat not. Denn die Russen ließen nicht allzu locker, den ganzen Tag war schon viel Schützenarbeit gewesen, als hätte der Tiroler Adler erst einen neuen Anstrich für sein rotes Gefieder gebraucht. Ganz toll aber kams in der Nacht. Sturm
auf Sturm rannten die Russen, sie mußten rein einen Hexenmeister hinter ihren Reihen haben, der Tote ins Leben zurückzaubern konnte. Der Unterjäger Benedikt Gasser wischte sich oft genug die vom Lugen ins Dunkel brennenden Augen, er sah doch deutlich, wohin die Garbe seines Maschinengewehres wetterte. Da hätte er mit seinem besten Freund sich zerstreiten können, wenn der ihm seine Kernschüsse in den schwarzen Russenknäuel abgeleugnet hätte. Aber, wie gesagt, für die Toten standen immer wieder neue Lebende auf, es war schon langweilig, dieses nichtsnutzige Unkrautjäten. Herrgott, wußten denn die Russen nicht, daß da ja doch alles umsonst sei, solange noch ein einziger Tiroler hier lebe? Da gabs kein Weichen, wenn auch der leibhaftige Satanas sich persönlich herbemüht hätte. Der Benedikt Gasser aus Latzfonds hätte sein Kreuz geschlagen, aber dann dem sündhaften Herrn gottslästerlich mit seiner Schießmaschine 300 Schüßchen per Minute in die feisten Lenden gerattert, daß Bockshaar und Klauensplitter nur so geflogen wären. So sind nun schon die Leute um Bozen herum. Die Russen spürten es in jener Nacht. Gassers Abteilung samt ihrer Bedeckung ließ keinen heran. Der schützende Drudenfuß an der Einbruchstelle ihrer Deckung war einfach genug, er bedeutete „Tod" und war aus ineinander gekrampften Russenleichen gebildet. Das war selbst einem Mongolen verständlich. Aber schließlich können auch Russen eine Höllenfahrt wagen, besonders im Dunkeln und so von der Seite herum. Und wirklich schlich eine Abteilung von etwa 20 Mann in Mulden und Erdfalten, von heimtückischem Strauchwerk verdeckt, gegen die linke Flanke der Tiroler, die nur vorne schattenhaft die Russenscheiben sahen und auf ihren „Abschuß" blind versessen waren. Nach links und'rechts hörten sie gar nicht und die Flankensicherungen hatten längst das „Losen" satt; das Schießen vorne war zu lockend für ihre Leidenschaft, so ließen sie halt die „Wachterei" und wilderten eben ein bißchen mit auf die „Russenböcke". Es war ja nicht so ganz zu Recht, aber schließlich blieb doch die Hauptsache, daß Russen um ihr Blut kamen, und das besorgten die Jäger gründlich. Allein nun kam die Bescherung. Die 20 Russen waren solcherart ungehindert bis auf 15 Schritte herangekrochen, nun tauchten sie urplötzlich in der Flanke auf und stürzten sich mit Siegergeheul auf das Maschinengewehr. Sie waren schnell wie Katzen. Doch Unterjäger Gassers Hirn war schneller. Ihn hat noch keine Lawine,
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feilt Bergbruch überrumpelt. „So ein paar Russenmaudln?" Wie der sichernde Gemsbock so flink hat er die Gefahr erfaßt, im Nu das Maschinengewehr, seine Waffe, aus dem Gestell gerissen und samt dem Patronengurt mit furchtbarer Muskelkraft gegen die neuen Angreifer herumgeworfen. Die Wasserjacke des Laufs auf dem Kamm einer Deckungstraverse aufgelegt, hielt er schon das wuchtige Todinstrument wie eine Handfeuerwaffe mit eisernen Händen schußfertig. Dies alles war in einem Zeitraum geschehen, den ein Mann in vollem Lauf benötigt, um zehn, jawohl nur zehn Schritte zurückzulegen. Denn noch waren die Russen fünf Schritte vor dem Unterjäger, als dieser wie ein aus der Erde erstandener Dämon sein ohrenbetäubendes Spektakel auch schon losließ. Gleich Höllenzungen zischte bei jedem Schuß das Mündungsfeuer aus dem Rohr, gespenstisch sichtbar im Nachtdunkel. Schwarz umrissen stand die Gestalt des Unterjägers wie von Stein, seine Bärenkraft meisterte die stete Erschütterung bei jedem Rückstoß der rasenden Schußmaschine. Es war nichts Menschliches an ihm. Das war der Teufel selber. Und was ihm nahekam, war dem Tode verfallen. Oder stand noch einer von den zwanzig Russen, die eben im Triumph in die Stellung stürmend zu sehen waren? Tot oder todwund lagen sie alle.
So kämpfte Benedikt Gasser aus Land Tirol; er hat sich dabei für seine Brust ein Edelweiß geholt, die große silberne Tapferkeitsmedaille.
„Adler! Tiroler Adler!
Warum bist du so rot?
Vom roten Sonnenscheine,
Vom roten Feuerweine,
Vom Feindesblute rot —
Davon bin ich so rot."
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Erzherzog und Pionier»
Erzherzog Joseph Ferdinand ist der Vater seiner Mannschaft. Sie vergöttert diesen gütigen und volkstümlichen Fürsten, der oft genug im Schützengraben bei ihnen auftaucht und die armen Bakas nach den Plänen und Sorgen ihres häuslichen Lebens fragt, immer zu Rat und Hilfe bereit. Für diesen Führer würden aber auch alle gegen Tod und Teufel gehen. Nur daraus erklären sich Taten wie die des Zugssührers Titular-Feldwebels Anton Zarfl von der ersten Kompagnie des dritten Pionierbataillons, der sich binnen vier Tagen gewissermaßen selbst überbietet und einen Streich auf den andern folgen läßt, so daß seine Vorgesetzten kaum mit Belohnungsanträgen nachkommen können. Und wenn man dann die herzenswarmen Worte des kaiserlichen Prinzen liest, womit er die für den tapferen Zarfl in Vorschlag gebrachte kleine und große Silberne in die Goldene umzuändern und diese telegraphisch zu genehmigen bittet, begreift man, daß der so Dekorierte ohne Zögern bereit ist, auch das Zehnfache zu leisten.
Es war übrigens sein bisheriges Tun, das ihm die eben genannte Auszeichnung eintrug, auch gewaltig genug. Denn während unsere Truppen in der Schwarmlinie liegen, geschützt durch die Märznacht, eine jener undurchdringlichen Frühlingsnächte, in denen die Luft zum Greifen schwarz ist, kriecht Zarfl mit einer Sprengpartie an die russischen Linien, hört aus einer Deckung dort Stimmen und pirscht sich näher. Nun ist er auf einem Punkt, von dem er die Leute dort erkennt. Es sind fünf Infanteristen, sie haben sich ein kleines, vorsichtig abgeblendetes Glut-herdchen zurecht gemacht; es ist ihnen wohl verboten, doch die Kälte beißt zu grimmig. Und so hocken sie dort, halten die gefrorenen Hände über den Rauch und plaudern von ihrem armseligen Leben. „Nun", denkt Zarfl, „euch könnte man ja zu der Wohltat der Gefangenschaft verhelfen. Denn bei uns geht es euch bestimmt dann besser." Gedacht, getan! Er läßt die Seinen 20 Schritte hinter sich und erscheint in einem jähen Satz zwischen die Muschiks prasselnd wie der Gottseibeiuns im Feuerglanz. Sie sind auch so verdutzt, daß vier auf sein herrisches Geheiß sofort die Waffen strecken; nur der fünfte sucht sein Heil in der
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Flucht. Ein Schuß des rasch entschlossenen Zarfl wirft ihn hin und rettet so die Sprengpartie vor dem Alarm und der dann unausbleiblichen Vernichtung. Der Feldwebel holt sich nun den Verletzten, läßt ihn verbinden und kommt mit fünf Gefangenen zurück. Ein Rekord der Tollkühnheit — einer gegen fünf. Zarfl wird auch sofort zur kleinen Silbernen eingegeben, doch, ehe der Antrag noch völlig unterfertigt ist, läuft schon die Meldung eines zweiten Heldenstückes dieses Tapferen ein, mit dem er sein erstes noch überbot.
Das geschah so: Am vierten Tag nach diesem Streich wurde festgestellt, daß sich in einem gegen 600 Schritte von den Linien gelegenen Gehöft feindliche Infanterie mit einem Maschinengewehr eingenistet habe. Also — wegputzen! Und Zarfl sucht sich Freiwillige für diesen Zweck. Der Gefreite Laboter meldet sich und die Pioniere Rottmann und Jschka. Den ganzen Tag ist ein feiner mit Eis vermischter Sprühregen niedergegangen; dichter Nebel hat alles obendrein so mit Feuchtigkeit durchtränkt, daß es mit dem Brandlegen, das Zarfl zuerst versuchte, nichts
wird. Also den lebensgefährlichen Weg wieder zurück und die
Nacht abwarten zur Sprengung. Es ist ganz finster, als sie ausziehen, lautlos wie Gespenster. Bald liegt das Gehöft stumm und schwarz vor den Anschleichenden. Zwei feindliche Posten patrouillieren dort, ohne die lauernden, in die kotige Erde sich quetschen-
den Pioniere zu gewahren. Zwanzig Schritte weiter, bei dem todgeweihten Haus, arbeitet ahnungslos eine russische Abteilung. Wieder läßt Zarfl seine Leute hinter sich und nun gelingt ihm das Unglaubliche. In der Sprengbüchse am Rücken sechs Kilo Ekrasit, genügend, um ihn bei dem geringsten Streifschuß drauf in Fetzen zu zerreißen, kriecht er unbemerkt von den feindlichen Posten und Sappeuren bis an das befohlene Haus, bringt dort seine Ladung an und schleicht zurück. Dabei weiß er, daß er noch lange nicht aus der Gefahr ist, wenn die glimmende Zündschnur das Pulver erreicht, und er ist auch noch kaum 100 Schritte entfernt, als die Explosion erfolgt. In einer riesenhaften Stichflamme verschwindet das Haus mit allem, was dort arbeitete und schlief. Nur Zarfl bleibt in dem Steinegeprassel wie durch ein Wunder unverletzt und gelangt wieder glücklich samt seinen jubelnden Begleitern zu seiner Kompagnie, wo er sofort zur großen
235
Silbernen eingegeben wird. Doch der Armeekommandant, Erzherzog Joseph Ferdinand, der sich den Fall haargenau vortragen läßt, belohnt den Wackeren noch höher: Mit der goldenen Tapser-keitsmedaille „in Rücksicht ans die in kurzen Zeiträumen wiederholt vollführten, ganz hervorragend kühnen Leistungen", wie es in dem Antrag des erlauchten Prinzen an das Armeeoberkommando wörtlich heißt!
Gold für 5MuL
Gabriel Zörad konnte weinen wie ein Mädchen, lachen wie irgend ein junger Fant. Wenn ihm der Wein das heiße Blut durch die Adern trieb, wenn ungrische Liedel Herz und Hirn betörten, saß Zörad wahrlich nicht im Mauereck. Eine Zigeunerin hat ihm frühen Tod verheißen, da lachte Zöräd. Sie hat ihm aber auch viel Ehre aus der Hand gelesen, da wurde Zörad ernst und schenkte der Hexe einen silbernen Batzen. Binnen Jahr und Tag stand aber Zörad nimmer vor seinem Häuschen, war ins Feld gezogen mit seinem stolzen Regiment. Wohin die Sechsundachtziger Infanterie kam, gabs blutige Arbeit und Zörad tat als Zugsführer wacker mit im harten Soldatenhandwerk. Aber einmal war es gar zu grimmig geworden. Ganze Bataillone hatte der Feind in völlig überraschender Art gegen Zöräds Kampfgruppe in Front und Flanke entwickelt, schon rannten sie an. Zörad schoß mit seinem Zuge, dann sah er nichts mehr, polternd und heulend brach die Sturmflut herein, schlug über ihn, tobte um ihn. Er hieb und stieß wie ein wütender Eber in die Meute. Umsonst. Von den Seinen waren schon zu viele niedergebrochen: er sah sich im Getümmel allein. Da war nun alles vertan und verloren bis auf den Bettel seines Lebens. Der Feind tat denn auch ritterlich, rief ihm drohend zu, er solle die Waffe strecken.
Ungarmänner siegen oder sterben! So hat denn in solcher Todesnot der einsame Zöräd hell aufgelacht, es war sein letztes Lachen, so wunderstark, daß es den Feinden ins Mark schauerte. Dann sprang er noch einmal los mit seiner Heldenwaffe, schlug Wunden ringsum, bis er, von Bajonetten durchbohrt, tot zu Boden stürzte. O, Zöräd der Weichherzige, Zöräd der Lacher, er hat sich auch aufs Sterben verstanden. Und die alte Zigeunerin hatte nicht mit trüben Augen gesehen, denn dem jungen Opfertode Zöräds wurde die „Goldene" geweiht, damit sein Name im Blutglanz fortlebe beim Regiment.
Mannschaft-
Millionen — wurden sie entboten, Millionen — hoben sie die Hand,
Als rings des Hasses Brände lohten Mit das bestürmte Vaterland.
Gis haben Hof und Heim gelassen And ohne Gagen, still und schlicht, Gich aufgemacht in grauen Massen, Ein Schwur, Ein Mille, Ein Gesicht.
Sie waren Erze ihrer Erde,
Sie waren Kiele ihrer Fhif,
Sie waren Flammen ihrer Herde-Sie waren ihrer Molken Blut.
So wuchs ihr Feld, das wundervolle. And blieb kein Fehl in seiner Saat. In Feuer, Majser, Mind und Scholle Fielen die Geugen ihrer Tat.
Durch Mintereis und Sommerjchwüls Hat unbewegt ihr Merk gestrahlt.
Sie sind dis große Gottssmühle,
Die alle ihre Feinds mahlt.
Franz Theodor Eso kor.
Namensverzeichnis-
A.
Achammer Fidelis, Offiziersdiener,
LSchR. I. . .....................
Albert Emmerich, Korporal, JR. 82 Appelt Edwin, Fähnrich i. d. Ref.,
b. H. Inf.........................
Arany Johann, Zugsführer, JR. 69 Arpa Josef, Zugsführer, JR. 71 Arszanow Stefan, Zugsführer, JR. 37...............................
Bahniuk Peter, Titular-Wacht-meister, bosn.-h. Gend.-Korps Balüzs Albert, Korporal, SB. 12 Balogh Gabriel, Fähnrich i. d. Ref.,
JR. 86............................
Balogh Michael, Korporal, JR. 86 Ban Bastle, Infanterist, JR. 31 Bartet Josef, Regimentshornist, Zugsf. Tit.-Feldw., b.-h. Inf. Bartovics, Inf., JR. 71 . . . Baumgartner Franz, Feuerwerker,
ResKB. 13.........................
Biel Josef, Zugsführer, JR. 71 Biro Adam, Feldwebel, JR. 68 Biro Otto, Tit.-Korp., JR. 86 Bischofs Matthias, Fähnrich, JR. 6 Bloch Leo, Korporal, JR. 71 . . Blüm Markus, Infanterist, LJR. 4 Böröndi Franz, Feuerwerker, ResKB. 13............................
Seite
Bolkovie Johann, Korporal, FKR. 8 149 Borbsly Josef, Infanterist, JR. 48 79
Borde Josef, Patrouilleführer,
FJB. 1................................215
Boroß Wilhelm, Tambour, JR. 69 127 Bortin Sofron, Bataillonshornist,
JR. 31................................190
Brand Josef, Infanterist, LstJR. 15 206 Brandeis Hubert, EFTit.-Korp.,
b. h. Inf..............................35
Branlitsch Gregor, Jnf.-Tit.-Gefr.,
JR. 7.................................169
Braun Alfred, EFMedTit.-Unter-
jäger, b. H. FJB.......................36
Braun Josef, Zugsführer, LstJR. 2 205 Braun Rudolf, Kadett i. d. Ref.,
JR. 86.............................. 131
Bretschneider Franz, Dragoner,
DR. 1..................................91
Brikie Avdija, Inf., b. H. JR. 2 88
Bros Josef, Ulan, LUR. 2 . . 174
Brücker Rupert, Infanterist, JR. 59 192 Brytriuh Peter, Kanonier, FKR. 32 54
Buchelt Arpäd, Zugsführer, JR. 71 41
Buchta Max, Korporal, TelegrR. 137 Bucsko, Infanterist, JR. 71 . . 24
<£.
Cargo Josef, Zugsführer, LJR. 27 48
Coufal Jaroslav, EF.-Zugsführer,
FKR. 22...............................136
Seite
117
153
35
128
24
218
100
153
145
132
172
35
25
194
38
28
132
83
42
212
194
240
Seite
Cvitkovie, Wachtmeister, b.-h. Gen-
darmeriekorps .................................43
Czeczei Josef, Korporal, JR. 69 128
Czernicki Hugo, Tit.-Wachtmeister,
DR. 5...........................191
Czerny Johann, Zugsführer,
LJR. 27..........................48
Czopenko, Korporal, LJR. 36 . . 220
D.
Daborer Josef, Tit.-Gefreiter,
LstJR. 2......................................205
Dallago Giuseppe, Jäger, TJR. 2 200 Deabis Ferdinand, Gefreiter,
JR. 100........................................84
Derler Josef, Korporal, JR. 27 . 17
Dienes Edmund, Wachtmeister,HR.2 204 Dimitrow Alexander, Infanterist,
JR. 6..........................................89
Dohi, Infanterist, JR. 5 . . . 21
Dolovac Jbro, Schutzkorpsführer,
b.-h. Gend.-Korps..............................99
Dvoreezky Johann, Feldwebel,
JR. 71.........................................41
<£.
Egger Josef, Feldwebel, LJR. 4 148 Ehn Johann, Tit. - Zugsführer,
Telegr.-R.....................................137
Elekes Michael, Feldwebel, JR. 39 198 Emedö Andreas, Husar, HR. 8 . 159 Erdelec Anton, Tit.-Zugsführer,
Telegr.-R.....................................137
Erenlje Franz, Zugsführ., LJR. 27 48
F.
Falk, Zugsführer, LstJR. 1 . . 205
Falk Anton, EF.-Zugsf., FKR. 22 136 Farro Anton, Korporal, JR. 71 . 41
Faust Rudolf, Infanterist, JR. 69 127 Feigl Richard, Dragoner, DR. 1 93
Felder Franz, Infanterist, LJR. 2 206
Seite
Ferenciek Johann, Gefreiter, JR. 71 42
Fesüs, Feldwebel, JR. 69 . . . 126 Fine Alois, Zugsführer, LJR. 27 48
Fischer Josef, Fähnrich, FKR. 30. 103 Mittler Johann, Offiziersd., JR. 69 127 Föger Franz, Reserve-Unterjäger,
TJR. 3................................36
Forcan Pero, Gend.-Assist., b.-h.
Gendarmeriekorps......................44
Fornady Josef, Korporal, JR. 69 129 Förster Alfred, Fähnrich i. d. Ref.,
JR. 99...............................177
Friedl Mathias, Zugsführer, JR. 27 16
Frimmel von Traisen au Peter, Fähnrich, ResKB. 13 . . . . 194 Furdzik Emil, Hauptmann, JR. 58 29
G.
Galle Florian, Offiziersd., JR. 7 169 Galyga Simon, Korporal, UR. 8 77
Gärtner, Georg, Hauptm., LJR. 36 199 Gäfpär Georg, Infanterist, JR. 5 21
Gaspar Peter, Gefreiter, JR. 71 . 42
Gaffer Benedikt, Unterjäger, TJR. 3 231 Geley Ferencz, Husar, HR. 2 . . 52
Genk Franz, Korporal, JR. 69 . 129 Geriot, Leutnant, LstJR. 2 . . . 206 GjurieJovan, Zugsführer, b.-h. Inf. 35 Glantschnig Alois, Zugsf., LJR. 4 211 Glogoväek Anton, Res.-Jnfanterist,
LJR. 27.................................48
Glowacki, Infanterist, JR. 58 . 31
Goldmann Robert, Patrouilleführ.,
DR. 1...................................91
Gosttsct Franz, Feldwebel, LJR. 27 48
Gotoniewski Miezislaus, Gendar-merie-Vizewachtmeister, Gend. . 111 Grama Samuel, Wachtmeist., HR. 2 52
Graffer Ludwig, Zugsführer, JR. 27 16
Grema Johann, Kanon., FKR. 21 110 Großegger, Infanterist, JR. 27 . 133 Grünberger Karl, Patrouilleführer,
DR. 1...................................91
Grunke Alfred, Feldwebel, JR. 1. 155
241
Seite
Gübert Karl, Reserve-Rechnungsunteroffizier, JR. 14 . . . . 51
Guga, Zugsführer, JR. 55 . . 8
Gundolf Josef, Gefreiter, LstJR. 2 205
H.
Hadbavni Netti, Zugsführer, HJR. 9 121 Hahn Friedrich, Leutn. i. d. Ref.,
JR. 55................................. 7
Hajduk Johann, Korporal, JR. 5 23
Halsinger Franz, Kadett i. d. Res.
JR. 27.................................17
HanouZek Ladislaus, Korporal,
DR. 1..................................91
Harasynriuk, Infanterist, JR. 58 . 31
Hartmann Franz,Leutn.-Rechnungs-
führer, LUR. 2 161
Haäa Rudolf, Feldwebel, JR. 72. 62
Hausdorf Josef, Korporal, Drag.-
Reg. 1.................................90
Hefner Wenzel, Ulan, LUR. 2 . 174
Hegyi Michael, Infanterist, JR. 86 132 Hehn Anton, Gefreiter, JR. 6 . 140
Heinz, Gefreiter, JR. 93 . . . 71
Hendel Christoph,'Zugsführer, Jnf.-
Reg. 73................................97
Herie Aloksa, Zugsführer, b.-h. Inf. 35 Hinkelmann Emil, Kadett, FKR. 42 11
Hirner Konrad, Gefreiter, JR. 27 17
Hock Andreas, Feldwebel, JR. 52 85
Hody Johann, EF.-Zugsf., HJR. 11 70
Hoffmann Josef, Korporal, Drag.-
Reg. 1............................... 90
Holderban Johann, Zugsführer,
JR. 45................................124
Holik Vincenz, Zugsführer, DR. 13 213 Hollenberg Leon, Zugsführer, SB.11 21
Horak Franz, Zugsführer, JR. 99 151 Horvath Gabriel, Wachtmeister,
HR. 16................................159
Hudorovac Franz, Inf., LJR. 27 48
Hübler Wenzel, Ersatzreserve-Jnf..
JR. 98............................... 88
Hupka, Wachtmeister, b.-h. Gend.-.Korps....................................43
Seite
2.
Jgnacz Johann, Wachtmeister,
HR. 12................................201
Jllss Johann, Husar, HR. 5 . . 67
Jschka, Pionier, PB. 3 . . . . 234 Jstvanffy Josef von, Fähnrich
i. d. Ref., PB. 5.....................196
Jvancsics Johann, Oberjäger,
FJB. 19...............................138
%
Jacko Stephan, Patrouilleführer,
FJB. 23...............................150
Jagerspacher Franz, Tit.-Zugsf.,
JR. 27.................................15
Jakubcso Alexander, Zugsführer,
HJR. 30............................. 175
Jalecz Stephan, Korporal, JR. 71 41
Janicsek, Infanterist, JR. 71 . . 24
Janiga Johann, Zugsführer, JR. 71 41
Jarolim Emil, Reserve-Korporal,
JR. 93.................................70
Jeftie Marko, Korporal, b.-h. JR. 3 35
Zellen Johann, Offiziersdiener,
LJR. 4................................109
Jirak Franz, Feldwebel, LJR. 27 47
Joseph Ferdinand, Erzherzog . . 233 Jünger Wilhelm, Infanterist, JR. 4 4
Jüttner Vinzenz, Infanterist,
LstJR. 15.............................206
Juhasz Koloman, Feldw., HJR. 30 181 Junaszka Josef, Infanterist, JR. 71 39
K.
Kacer Franz, Infanterist, JR. 99 69
Kager Johann, Infanterist, JR. 27 17
Kapronczay, Infanterist, JR. 69 125 Kardmar, Infanterist, LJR. 26 . 144 Kaszluga Peter, Zugsf., LJR. 32 219 Katona Andreas, Gefreiter, HJR. 32 188 Keil Kaspar, Zugsführer, JR. 69 128 Keresztes Stephan, Zugsführer,
JR. 82................................153
242
Seite
Kiss Lajos, Husar, HR. 2 . . . 52
Klein Adam, Patrouilleführer, Tit.-Wachtmeister, b.-h. Gend. 10 Klein Alois, Korporal, LstJR. 1 205 Klug Rudolf, Feldwebel, TelegrR. 137 Knopper Franz, Infanterist, JR. 27 17
Kociper Johann, Feldkurat,
LJR. 26.................................144
Kodmär Mains, Zugsführer, JR. 71 41
Kohl Karl, Infanterist, JR. 27 17
Koller Rudolf, Infanterist, JR. 99 68
Kolosvary Stephan, Gefreiter,
JR. 69........................................123
Kondor Stephan, Fähnrich, JR. 83 33
Kopera Anton, Ulan, UR. 2 . . 107
Kosina, Fähnrich, JR. 45 . . . 123
Kovücs, Husar, HR. 5 . . . . 67
Kovacs Adalbert, Pionier, zugeteilt
TelegrR. i....................................138
Kovacs Johann, Kanonier, FKR. 6 44
Kovacs Karl, Gefreiter, HJR. 11 70
Kralik Samuel, Husar, HR. 6 . 72
Kraus Anton, Hauptmann, JR. 58 23
Kristen Eduard, Gefreiter, JR. 93 130 Krivakutya Elias, Gefreiter, JR. 86 131 Kubej Johann, Komp.-Hornist,
FJB. 29............................118
Kueera Josef, Korporal, DR. 1 . 92
Kuhn Andreas, Feldwebel, JR. 6 84
Kuümdztc Stephan, RechnungsUnteroffizier, JR. 6 . . . . 84
Kunath Eduard, Korporal, LstJR. 15 156 Kunz Titus, Fähnrich i. d. Ref.,
FHR. 4 . . .......................165
Kurucz Alexius, Zugsführer, JR. 68 28
Kuza Ludwig, Korporal, LJR. 32 119
L.
Laboter, Gefreiter, PB. 3 . . . 234 Ladowski Josef, Korporal, SB. 11 21
Lah Alois, Zugsführer, LJR. 26 144 Lakos Georg, Feldwebel, JR. 37 5
Langer Alfred Edler von, Oberst,
JR. 84....................................77
Seite
Lüszlö Josef, Zugsführer, JR. 69 129 Laszlo Michael, Korporal, JR. 82 153 Lazask, Infanterist, JR. 31 . . 137 Leb an Adrian, Fähnrich i. d. Res.,
JR. 97 ................................ 228
Lechner Siegfried, Fähnrich i. d. Res.,
DR. 1....................................91
Leinemann Josef, Infanterist,JR.69 129 Lendio Jakob, Infanterist, JR. 22 57
Lepnar Franz, Korporal, LwJR. 27 48
Lerch Otto, Fähnrich i. d. Ref.,
b.-h. Inf................................35
Libiger Anton, Stabsfeldwebel,
LJR. 15.................................193
Lichtneckert Johann, Fähnrich i. d.
Ref., JR. 72.............................60
Lifka Franz, Zugsführer, ResKB. 13 194 Link Josef, Infanterist, JR. 69 126 Linka Leopold, Fähnrich i. d. Ref.,
FKR. 22..................................95
Loserth Franz, Fähnrich i. d. Res.,
JR. 4.................................... 2
Lux Eduard, Gefreiter, Tit.-Korp.,
JR. 1 25
Macsek Paul, Kompanie-Hornist,
JR. 71.............................40
Magocsi Stephan, Zugsführer, HR.4 160 Magosi Andreas, Tit.-Korp., JR.86 132 MakaiBarnabas,EF.-Korp.,JR.65 106 Malek, Zugsführer, UR. 11 . . 164
Mann Rudolf, Feldwebel, JR. 1 64
Mar'czina Stephan, Korporal,JR.71 39
Markovie Josef, Zugsführer, JR.16 50
Marti, Husar, HR. 2 .... 45
Mastalka, Dragoner, DR. 1 . . 91
Mayer Alois, Kadett i. d. Ref.,
JR. 7 169
Mayer Oskar, Kadett, zuget. ung.
LJR. 13...........................184
MegjanioIwan, Infanterist, JR.22 57
Megjugorac Joso, Tit.-Wachtmeister, b.-h. Gend.-Korps.....................99
M.
243
Seite
Meleg Josef, Husar, HR. 8 . . 159
Melnyk Demeter, Zugsführer, JR.58 183 MoszLros Josef, Husar, HR. 8 . 159 Michelie Johann, Tit.-Patrouillef.,
b.-h. Gend.-Korps........................99
Mihalik Josef, Pionier, zugeteilt
TelegrR. . ,............................138
Milan „ Michael, Tit.-Patrouillef.,
b.-h. Gend.-Korps........................99
Mischkulnig Karl, RUO. LJR. 13 202 Misek Vinzenz, Jäger, TJR. 2 . 200 Moor Ladislaus, Fähnrich, HIN. 11 69
Mrak Johann, Gefreiter, LJR. 4 148 Mühlfellner Felix, Gefreiter, JR. 7 169 Muntean Johann, Korporal, JR. 31 108
OL
Naglitsch Emil, Korporal, JR. 27 17
Nagy Koloman, Infanterist, JR. 71 41
Nagy Ladislaus, Feldwebel, JR. 39 56
Nastran Josef, Zugsführer, LJR. 27 47
Nather Franz, Zugsführer,LstJR.15 122 Neuhold Alois, Zugsführer, JR. 27 17
Nitsche Alois, Infanterist, JR. 93 130
Novaeie Jure, Tit.-Wachtmeister,
b.-h. Gend.-Korps.....................101
Novotny Anton, Infanterist, JR. 71 39 Nußbaumer Anton, Unterjäger,
FJB. 20 ............................. 208
G.
Österlin, Dr., Oberarzt, LJR. 26 144 Okio Hasfan, Infanterist, b.-h.
JR. 2...................................88
Orosz Johann, Wachtmeister, HR. 8 157 OLana Josef, Korporal, JR. 100 147
p.
PÄhLzi Anton, Feldwebel, JR. 69 127 Paska Stephan, Zngsführer, JR. 71 40
Pasko Michael, Korporal, HJR. 11 170 Pateder Vinzenz, Feldwebel, JR. 84 227
Seite
Patek Josef, Gefreiter, JR. 99 . 68
Patrik Johann, Gefr. (San.-Unter-
offizier) JR. 71......................39
Pavlica Stephan, Korporal, UR. 12 134 Pavlik Rudolf, Zugsführer, JR. 71 207 Pdzont Josef, Zugsführer, Drag.-
Reg. 1................................92
Peisimovsky Josef, Korporal, JR. 4 4
Pelnaj Emil, EF.-Tit.-Korporal,
b.-h. Inf.............................35
Perecz Johann, Res.-Hus., HR. 5 . 123
Perner Karl, Dragoner, DR. 1 . 91
Petrich Karl, Fähnrich, JR. 6 . 84
Petrovszky Robert, Feldwebel, PB.7 209 PfaffingerKarl,Tit.-Feldw.,LJR.21 198 Piasecki Karl, Oberst, JR. 58 . 29
Pilewski Julian, Kadettaspirant,
LJR. 32 219
Plaschke Emil, Dr., Regimentschefarzt, LJR. 26..........................144
Poeuea Mileta, Tit.-Wachtmeister,
b.-h. Gend.-Korps.....................99
Pohribniak Edmund, Stabsfeldwebel, LJR. 36.........................199
Pohubi Josef, Feldwebel, JR. 65 105 Popelar Alois, Stabsfeldwebel,
LJR. 26..............................143
Popovici Aurel, Hauptmann, JR. 19 19
Popper Johann, Zugsführer, Tit.-Feldw. (San.-Unteroffiz.), JR. 71 39
Posavec Pavao, Korporal, JR. 53 162 Powszechnyi, Ers.-Reserv., JR. 55 8
Preibisch, Dragoner, DR. 13 . .213
Preist, Wachtmeister, UR. 11 . . 165
Prilszony Josef, Offiziersd., JR. 71 39
Prokopeko, Korporal, UR. 3 . . 142
Prscx Tomo, Tit.-Postens., b.-h.
Gend.-Korps. ........................100
Prusct Jaroslaus, Dragoner, Drag.-
Reg. 1.................................91
Pucnikl Johann, Gefreit., LJR. 26 182 Pühlreich Oskar von, Leutnant,
TJR. 1................................221
Purkartshofer, Gefreiter, JR. 27 . 15
244
5L
Raffay Wilhelm, Husar, HR. 5 . Reichel Franz, Gefreiter, JR. 71. Reisser Richard, Korporal, TelegrR. Ribarik Stephan, Korporal, JR. 72 Richter, Oberst, SIR. 32 . . . Richter Emil, Infanterist, JR. 94 Rinagl Johann, Wachtmeister, Stabsführer, LUR. 2 ... . Rottmann, Pionier, PB. 3 . .
Rumbold Julius, Fähnrich i. d. Ref., JR. 6..........................
S.
Salis Friedrich Baron, Rittmeister,
DR. 1.............................
Sari Franz, Komp.-Tamb., JR. 83 Sarnyai Julius, Jnfant., JR. 86 Sas Josef, Hornist, JR. 19 . . Sasky Franz, Feldwebel, HJR. 11 Schabatka Johann, Feldw., TelegrR. Schanski, Korporal, TelegrR. . . Schariczer von R6ny, Georg, Feldmarsch alleutnant ...................
Schiestl Johann, Ers.-Reserv.,JR.7 Schilcher Klement, Korp., Tit.-Zugs-
führer, JR. 7.....................
Schlesinger Wilhelm, Korporal,
TelegrR...........................
Schmedes Hans von, Hauptmann,
TJR. 1............................
Schmettau v., Generalleutnant Schmid Alois, Tit.-Zugsf. ,JR. 93 Schneider, Res.-Zugsführer, JR. 84 Schnepp Michael, Zugsf., JR. 69 Schotterl, Zugsführer, LJR. 7 . Schuldes Karl, Ersatzres.-Jnfant., JR. 98 ....... .
Schuster, Korporal, JR. 31 . .
Schwarz Ignaz, Unterjäger,.TJR. 2 Schweighofer Johann, Infanterist,
JR. 27............................
Seedoch Theodor, Fähnr., ResKB. 13
Seite
Seemann Max, Infanterist, JR. 4 186 Seis Wenzel, Rechn.-Unteroffizier
I. Kl., JR. 36........................139
Selinger August, Kadett i. d. R.,
FHR. 1.................................76
Semeniuk Naftej, Gefreiter, SB. 11 20
Sertio Mile, Tit.-Wachtmeister,
b.-h. Gend.-Korps.....................100
8estak Wenzel, Korporal, JR. 36. 82
Sewiora Emanuel, Tit.-Feldwebel,
JR. 100...............................146
Siminski Eugen, Fähnrich, JR. 6 84
Simonics Johann, Tit.-Feldwebel,
JR. 72.................................61
Sintye Nikolaus, Korporal, SB. 12 153 Skrepl Josef, Tit.-Wachtmeister,
b.-h. Gend.-Korps.....................100
Sölkner, Infanterist, JR. 27 . . 16
Sollar Anton, Zugsführer, (San.-Unteroffizier) JR. 47 . . . . 171 Som Max, Infanterist, JR. 69 . 127 Srekala Alois, Feldwebel, JR. 84 195 Stadnik Lukas, Zugsführer, UR. 4 72
Stadt Ignaz, Korporal, HJR. . 12
Stangl Heinrich, Komp.-Hornist,
JR. 27.................................15
Steharnik Martin, Feldw., LJR. 27 47
Stelzer Alois, Infanterist, JR. 27 16
Stibora Method, Res.-Dragoner,
DR. 12................................157
Stipeevio Krste, Stabsfeldwebel,
JR. 22................................188
Stjepanovie Jovo, Zugsführer, b.-h.
Inf....................................35
Stockreiter Franz, Gefreiter, JR. 27 15
Stöckel Franz, Infanterist, JR. 73 215 Stojkovio Mile, Jnfant., b.-h. JR. 2 87
StoLier Franz, Korporal, FKR. 8 149 Straßberger Leopold, Korporal,
TelegrR................................138
Stuhlpfarrer August, Korp., JR. 27 133 Svabik Adam, Zugsführer, JR. 71 94
Svaiczer Ladislaus, Dr., Fähnrich i. d. Ref., FKR. 17 ... . 76
Szabo Stephan, Infanterist, JR. 69 126
Seite
114
42
96
62
119
73
160
234
75
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152
71
78
128
67
88
172
200
17
194
245
Seite
Szajkovits Wendelin, Fähnr. i. d. R.,
JR. 72...........................74
Szallay Franz, Husar .... 160 Szauer Matthias,Korporal,HJR.30 181 Szshely, EF., HJR. 11 ... 170
Sz6kely Alfred, EF.-Feldwebel,
HJR. 29............................. 179
Szekeres, Infanterist, JR. 71 . . 25
Szily Ladislaus, Fähnr. i. d. Ref.,
JR. 82...........................75
Szivacski Georg, Husar, HR. 8 . 158 Szobzsük Ignaz, Oberjäg., FJB. 24 214 Sztraka Stephan, Korporal,HJR. 11 70
Szumarowski Johann, Tit.-Patrf., b.-h. Gend.-Korps......................100
Tausz Hugo, Feldwebel, JR. 71 39
Teinrer Alois, Res.-Dragoner,
DR. 12...............................157
Telek Johann, Korporal, TelegrR. 138 Terlecki, Zugsführer, JR. 55 . . 8
Thaller Florian, Korporal, LJR. 3 202 Thaller Franz, Gefreiter, LJR. 3 202 Tichy Bohuslav, EF.-Mediziner,
JR. 7................................167
Todie Marian, Infanterist, b.-h.
JR. 2.................................88
Török Heinrich, Fähnrich, JR. 12 64
Török Julius, Fähnrich, JR. 12 64
Tokos Franz, Infanterist, JR. 69 128 Tornsiö Rafael, Infanterist,LJR.27 48 Torkar Josef, Korporal, LJR. 27 47
Trautzel Friedrich, Kadett i. d. Ref.,
DR. 1 91
Trputac Martin, Zugsführer, JR. 16 49
Truppe Jakob, Unterjäger, FJB. 8 139 Tüto Franz, Zugsführer, JR. 86 131 Turecsek Johann, Wachtmeister,
UR. 11...............................165
Turudija Stanislaus, Hauptmann,
JR. 22................................57
Turzuli Georg, Infanterist, JR. 5 21
Seite
Tvrtkoviä Nailbeg, Schutzkorpsführer, b.-h. Gend.-Korps . . 99
01.
Uhercsik, Infanterist, JR. 71 . . 24
Ujvüry Alexander, RechnungsUnteroffizier, b.-h. FJB. . . 34
Ulrich Johann, Patrouilleführer,
FJB. 11.................................139
Unterainer Alois, Gefreiter, Tit.-
Korporal, JR. 7.........................169
Urkon Stephan, Korporal, JR. 82 153
N.
Bügasi Peter, Zugsführer, Train-
begleiteskd. 3 102
Barga Johann, Zugsführer, JR. 69 128 Beitschegger Johann, Zugsführer, Tit.-Feldwebel, LstJR. 2 . . 205
Birüg Josef, Zugsführer, JR. 69 126 Bizvüri Jenö, Infanterist, JR. 71 41
Bötsch Alois, Korporal, JR. 27 17
Botruba Johann, Fähnrich i. d. Ref.,
JR. 55.................................... 8
Branjes Petar, Infanterist, b.-h.
JR. 2.....................................88
Byhledal, Gefreiter, LstJR. 1 . . 205
Byroubal Anton, Tit.-Patrouillef., b-h. Gend.-Korps...........................100
W.
Walter Franz, Infanterist, JR. 93 130 Walther Heinrich Johann, Fähnrich i. d. Res., GAR. 3 . . . . 178
Werndl Leopold, Korporal, FKR. 6 141 Wanka Franz, Wachtm., DR. 1 . 92
Warwariuk, Korporal, JR. 58 . 31
Weber Wilhelm, Gefreiter, LJR. 36 219 Weran Gottfried, Infanterist, LstJR. 2..................................205
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