Freiherr Grote ~ Vorsicht! Feind hört mit! befahl dem Sklaven. Doch sein eben noch hohnlächelndes Gesicht ward jäh starr vor Erstaunen, der ein wenig noch geöffnete Mund fand vorerst kein Wort mehr. Denn Schlageter lachte, das unbekümmerte, herzliche Lachen des deutschen Leutnants. „Warum spielen Sie denn nicht mit offenen Karten?" fragte Schlageter gutmütig. „So machen Sie mir die überflüssige Mühe, zu erklären, was Sie selbst viel bester wissen, Monsieur." Er kreuzte die Arme. Kühl, unendlich erhaben über der Kleinheit des Gegners, strahlte sein Augenpaar. „Sie sprachen mich des Todes schuldig, weil ich die Ruhe und Sicherheit eines friedlichen Landes gestört habe? So frage ich Sie zuerst: Was tun Sie in diesem Lande, das nach wie vor durch keinen Versailler Teufelsspruch Ihnen überantwortet wurde, das noch immer unter der Verantwortung und Regierung des Deutschen Reiches steht? Sie nannten mich Bandit und Straßenränder," er ver¬ neigte sich, „sind es aber nicht vielmehr Ihre Truppen, die wie Banditen und Straßen- ränber mitten im Frieden, so sprachen Sie doch auch, in das Ruhrland einfielen? Wenn ich also als deutscher Untertan und niemals Ihrer ungesetzmäßigen Gerichtsbarkeit unter¬ stellt dem französischen Überfall zu begegnen suchte, wie es Pflicht jedes guten Deutschen ist, nicht einmal mit gleichen Waffen, die" — Schlageter lächelte fein — „oft genug der Ihren Meister geworden sind, mit schwachen Hilfsmitteln nur, passiven Mitteln, weil mein armes Land, von allen Seiten verraten, ohnmächtig am Boden liegt: was klagen Sie da mich an? Gibt Ihnen das etwa ein Recht, daß noch nicht alle Deutschen ihres Stammes vergaßen? Glaubten Sie, das Deutsche sei schon ausgestorben seit Ihrem billigen Siege? Sie irren, Monsieur! Denn daß es einst, bald ganz auferstehe, dafür sorgen Sie selbst weise vor!" Der Zorn des Franzosen hielt sich nicht mehr: „Sie sind toll, Herr!" Und dann haßverzerrt, schadenfroh: „Damit das Deutsche voll und ganz sterbe, bringt man solche wie Sie zum Tode." . Schlageter rührte sich kaum. Nur der Glanz seiner Augen stand voll und klar über dem Franzosen. „Ich aber sage Ihnen, daß mein Tod es erwecken wird! Sehen Sie, nun sind Sie mit einem Male ehrlich, Monsieur — man muß Sie nur zu nehmen wissen! Wenn die Welt erst sich dran gewöhnt hat — und Ihre Lehrstunden sind deutlich genug —, wird diese Ihre Sprache bald allen geläufig sein und" — er richtete sich hoch empor — „ihre Antwort finden!" „Pah," der Welsche wandte sich ab. „Die Worte eines Todesjüngerö sind keine Worte. Aber seine letzten Unverschämtheiten wird man zu zügeln wissen. Man hat Ihnen gewisse Erleichterungen morgen zugedacht, davon wird man absehen, das verspreche ich Ihnen!" „Tun Sie, versprechen Sie, was Sie wollen, Monsieur, Sie haben die Macht. Ich aber war und bin ein deutscher Offizier." Drohend ragte Schlageters sehnig- männliche Gestalt: „Sie kennen ja die deutschen Offiziere, nun ja, sie wissen zu sterben!" Grußlos ließ er den andern stehen. Da stürmte der Franzose davon. 296