Wir arbeiten sonst nur einer der törichtsten und unhaltbarsten Bewegungen der neuesten Geschichte, dem Panslawismus, in die Lände — dem Panslawismus , der, soweit er überhaupt prak¬ tische Bedeutung hat, nur ein Werkzeug in der Land der russi¬ schen Macht ist. Wir verscherzen und verderben uns nutzbringende Möglichkeiten, wenn wir ohne nähere Prüfung annehmen, jedes slawische Volk müsse ein politischer Gegner Deutschlands sein. Es verdient die größte Beachtung, daß sich das polnische Volk vom Panslawismus im allgemeinen freigehalten hat. Noch heute erkennt es in Rußland den Todfeind seiner Sprache, seiner Kultur, seines Glaubens, und das ist durch keine Rassentheorie wegzu¬ schaffen. Nicht zu leugnen ist aber, daß die hochgehenden Wellen des Nationalitätenkampfes in unserer Ostmark manches Lindernis zwischen Russen und Polen weggespült haben. Denn in manchen polnischen Kreisen hat eine gewisse Annäherung an allslawische Ideen begonnen. Das bedeutet freilich keine Sympathie für Ru߬ land, wohl aber eine größere Gleichgültigkeit gegen die russische Gefahr und eine verstärkte grundsätzliche Feindschaft gegen das Deutschtum. In diesem Zusammenhange müssen wir uns auch die inter¬ nationale Stellung des Polentums vergegenwärtigen, das ja doch seine endgültige Befreiung nur von einem Konflikt zwischen den Großmächten erwarten konnte. Lierbei setzten die Polen ihre Loffnungen auch auf die Westmächte, wie es der Gegenwart und ihren Traditionen entsprach. Sie sahen nun einmal in Paris ihren geistigen Mittelpunkt und ihr Kulturideal, sowie in England das Musterland und den Lort politischer Freiheit. Das Frank¬ reich aber, auf das sich die Blicke der Polen immer noch richteten, betrachtete seit 1870 die Feindschaft gegen Deutschland als das A und O seiner Politik. Durch diese Kanäle drang eine deutsch¬ feindliche Gesinnung in die führenden Schichten der polnischen Gesellschaft tiefer ein, als es sonst vielleicht möglich gewesen wäre. Als nun gar Frankreich und Rußland Verbündete wurden, schien der Gedanke eines Ausgleichs zwischen Polen und dem Zaren¬ reich nicht mehr so serngerückt wie früher. 21