Ein apokalyptisches Ungeheuer fängt an zu brüllen, Donnerschläge einer Hexen¬
sabbatnacht folgen auseinander. Instinktiv sucht das Auge den ganzen Horizont
ab. Hoffentlich gehen durch den Luftdruck keine Lawinen los! Wie schwach das
menschliche Fleisch doch ist! Der Lärm wird größer und größer; man erstaunt,
denn ein Crescendo des Krachens, das man soeben gehört hat, scheint undenkbar.
Und dennoch wird es immer stärker und stärker. Auf einmal bebt alles auf zwei
Meilen in der Runde. Die Felsen, die Berge, das Tal, bis zu den Wällen und
Panzergräben. Eine Sekunde Ewigkeit, deren Ungeheuerlichkeit man nicht faßen
kann. Man steht blöde, verdutzt da, und man schaut wie im Traum; was das Auge
festhält, vermag das Gehirn nicht zu faßen. Es ist zu groß, zu wunderbar. Und
durch den fürchterlichen Rauch, der aufsteigt und sich gleich wieder verflüchtigt,
sieht man in einem urweltlichen Chaos gewaltige Cisblöcke nach allen Richtungen
springen, ungeheure, schwarze Felsen, die einen grauenhaften Ton geben, wenn
die unfehlbare Kraft des Sprengpulvers sie wuchtig von dem lebendig scheinenden
Felsen losreißt. Ganz dumm fragt man sich: Ist das ein Freuden- oder ein
Schmerzensschrei? Die Steinhaufen, die Felsen und Schneemaßen sausen
schwerfällig durcheinander und überallhin mit einer solchen Gewalt, daß alle die
Köpfe sofort wieder zwischen den Schultern in den Kragen stecken . . . Alles
springt, fliegt, rollt auf der von dem Sprengstoff umgepflügten Verghöhe durch¬
einander. Das Sausen der fliegenden und purzelnden Steine erinnert an einen
Siedekeffel des Danteschen „Infernos". Der Rauch verflüchtigt sich immer mehr,
und man sieht den todspeienden Krater eines Vulkans. Am den ganzen Sief
herum, bis auf 1000 Meter im Amkreis, fallen die Blöcke mit einer erstaunlichen
Wucht nieder. Während 6 Stunden, bis um 1 Ahr nachmittags, spuckt unsere
Artillerie wenigstens ein Geschoß in der Sekunde, um den österreichischen Ver¬
stärkungen den Zugangsweg abzuschneiden, wenn sie den Leuten in den vorge¬
schobenen, zertrümmerten Stellungen zu Hilfe kommen möchten. Auf diesen
Trümmern errichten unsere Soldaten in aller Eile ihre neue Verteidigungslinie.
So haben eines Tages, am 6. März 1917, die unbeweglichen, starren Felsen
wütend nach allen Richtungen springen und fliegen gelernt, einzig und allein durch
den menschlichen Willen...
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