Ein Matrose antwortete, der Kapitän habe befohlen, überhaupt keine Voote ins Waffer herabzulassen! Dies war, wie sich zeigte, ein Mißverständnis. Ich aber erwiderte? ,Zur Hölle mit dem Kapitän! Seht ihr nicht, daß das Schiff sinkt? Den ersten, der dem Befehl, das Boot flottzumachen, nicht gehorcht, erschieße ich!' Ich zog meinen Revolver, und der Befehl wurde ausgeführt. Das Boot sollte gerade Herabgelaffen werden, als das Schiff einen fürchterlichen Ruck tat und sich auf die Seite legte. Ungefähr 30 bis 40 Personen befanden sich an Deck, und als das Schiff sich umlegte, schlug das aufgezogene Rettungsboot zurück und zer- schmetterte alle diese. Viele wurden getötet, viele so schwer verletzt, daß sie sich nicht mehr von der Stelle rühren konnten. Ich selbst wurde umgeworfen, und mein Bein wurde schwer verletzt. Aber es gelang mir, mich herauszuwinden und mich an der Reling festzuhalten, als das Waffer aus den Rauchfängen anfing, sich über uns zu ergießen. Eine grausige Explosion krachte vorn im Dampfer, und dann sah ich, wie das Rettungsboot, das die vielen Menschen getötet hatte, wieder in seine richtige Lage zurückschwang. Jetzt sank das Schiff sehr schnell, und das Boot kam klar ab. Dann wurde ich in hohem Bogen ins Waffer geworfen, an einer Stelle, wo keine Trümmer waren; durch das Ansaugen des Schiffes ging ich zweimal unter, und als ich das dritte Mal hochkam, war ich ungefähr 150 Meter vom Schiff entfernt. Ich klammerte mich an ein Ruder und sah gerade, wie die ,Lusitania endgültig versank. Es hörte sich an wie ein grausiges Stöhnen!... Unmittelbar, nachdem sie untergegangen war, waren Hunderte von Menschen im Waffer, die um Hilfe schrien. Überall schwammen Trümmer. Es war ein herrlicher Tag, die Sonne schien, und keine Welle kräuselte sich auf dem Waffer. Wäre die See rauh gewesen, ich glaube, kein einziger wäre dann gerettet worden. Einmal glaubten wir ein Segelschiff in der Ferne zu sehen, aber es wird wohl das Periskop des Unterseebootes gewesen sein, das uns beobachtete. Um 5 Uhr kamen uns Torpedoboote zu Hilfe. Ich hielt mich am Leben, indem ich dauernd mit Armen und Beinen zappelte, um mich warm zu halten, denn gegen Sonnen¬ untergang fing das Waffer an, kalt zu werden. Um 6 Uhr 15 abends wurde ich aufgefunden, nachdem ich 4 Stunden im Waffer gewesen war. Ich hatte alle meine Kleider, Schuhe und den Rettungsgürtel im Waffer an, und als man mich herausholte, waren sechs Mann nötig, um mich festzuhalten. So schwer war ich geworden..." 228