fast alle ihren Menschlichen Gefichtsausdruck bewahrt, aber sie trugen ein schreck¬ liches Lachen in den Zügen und waren ganz schwarz. Welcher Unterschied gegen den begeisterten Empfang am ersten Tage! Die Offiziere übersahen den Artilleristen, dem sie begegneten, geflissentlich. Die zu¬ sammengekauerten Soldaten blickten mir mit mißgünstigem Auge nach und brummten hinter mir her. Mehrere Male hörte ich das Wort „Mörder" hinter mir. Sie waren fest überzeugt, daß alle Geschoffe, die in ihren Gräben zerschellten, aus schlecht gerichteten französischen Geschützen abgefeuert waren. Die armen Leute! Gewiß wird niemand, der Zeuge ihrer Leiden gewesen ist und der ihre Enttäuschungen geteilt hat, niemand, der ihre vergeblichen Anstrengungen gekannt und ihre Verluste gezählt hat, sie für die maßlose Ungerechtigkeit verantwortlich machen wollen, zu der ihre verzweifelte Lage sie hinriß. Haben unsere Infante- risten französisches Granatfeuer erhalten? Ja, ohne jeden Zweifel. Man ver- langte von uns von neuem jene Genauigkeit des Schießens, an die man sich im Stellungskriege gewöhnt. Aber wie war dies zu vereinen mit dem Übergang in die aufgelockerten Verhältnisse des Bewegungskrieges? Aber vor allem waren die Nerven eines jeden durch das Übermaß der Erschöpfung, durch das Scheitern der Hoffnungen, durch die beständige Aussicht auf einen Angriff am Abend oder am nächsten Tage erschüttert, und aus dieser Stimmung heraus wurde, wie ich selbst mehr als einmal erfahren mußte, jeder Treffer innerhalb der eigenen Stellung den französischen Geschützen auf die Rechnung gesetzt. So entstand, von Mund zu Mund weitergetragen und vergrößert, das Gerücht von unserer Unge¬ schicklichkeit und mangelnden Sorgfalt, von dem ich hier das Echo erntete. Ich erkannte an diesem Tage die Vergeblichkeit unserer Anstrengungen. Unsere Linien liefen am Abhang eines Höhenzuges dahin. Am anderen Hange, der durch uns wegen seiner Abschüssigkeit nur sehr schwer zu erreichen war, dehnten sich, gut verborgen, die deutschen Drahtfelder aus, die man nicht eher bemerkte, als bis man sich mitten zwischen ihnen befand. Das Einschießen erforderte eine Fein¬ heit, die nicht erreicht werden konnte, und eine Treffsicherheit, die durch Flieger- beobachtung nicht zu erzielen war. Man sah nichts, und daher ließ sich auch nichts ausrichten. Wir machten damals einen der schmerzlichsten Abschnitte des ganzen Krieges durch. Wir klammerten uns noch an die Idee des Durchbruches an, wie ein Schiff¬ brüchiger an seine Planke; es hätte eine zu heftige Enttäuschung für uns bedeutet, mit einem Male auf alle unsere Träume zu verzichten. Aber mit jedem neuen Tage schien uns unsere Anspannung ein wenig vergeblicher, und die Erfüllung unserer Hoffnungen rückte immer mehr hinaus. Wir wußten, daß wir mit unseren Ge¬ schützen nicht imstande waren, die unsichtbaren Schranken zu zerbrechen. Die Vor¬ würfe von hinten entmutigten uns, die von vorn bereiteten uns Schmerz. Auf den Lichtbildern der Flieger, die uns übermittelt wurden, sahen wir die 9«