Nationalismus öes katholischen Klerus Belgiens. Ein nationalistischer Jesuit. Unter denen, die die Flucht waffen¬ fähiger junger Leute zur belgischen Armee mit ihrem Geld und ihren Ratschlägen unterstützten, war auch der Jesuit van Vambeke. Er wurde festgenommen, weil er mehreren seiner alten Schüler zur Flucht verholfen hatte. „Was würden Sie tun, wenn Sie freigelasten würden," fragte ihn der Präsident des Kriegsgerichts, vor dem er erschien. „Ich würde es noch besier machen," antwortete er stolz. „Sie glaubten, Ihre Pflicht zu tun, indem Sie mich verhafteten; ich bin sicher, die mei- nige zu erfüllen, indem ich unsererIugend rate, gegen den Eindringling zu kämpfen." Der Pater van Vambeke wurde zu zehn Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Der Kardinal Mercier ließ in den belgischen Kirchen am 1. Januar einen Hirtenbrief verlesen mit dem Thema: „Patriotismus und Ausdauer." Darin rief er allen Belgiern ihre patriotischen Pflichten ins Bewußtsein und schuf einen Kodex des Widerstandes gegen den Landesseind. Besonders dieser Satz erregte den Zorn der Deutschen: „Da diese Gewalt nicht legitim ist, schuldet ihr derselben weder Achtung noch Ergebenheit noch Gehorsam. Die einzige legitime Gewalt in Belgien ist die unseres Königs, seiner Regierung, der Repräsentanten der Nation. Er allein ist für uns die Autorität. Er allein hat ein Recht auf die Liebe unserer Herzen und auf unseren Gehorsam. Die Negie¬ rungshandlungen der Besatzung wären an sich ungültig, aber die legitime Autorität gibt ihre schweigende Billigung zu denen, die das allgemeine Interests rechtfertigt, und nur von dieser Billigung kommt ihre juristische Gültigkeit..." Um 6 Uhr morgens begaben sich deutsche Offiziere zum Kardinal, und einer von ihnen warf ihm vor, das Volk zum Ungehorsam aufzureizen, wobei er obigen Sah zitierte. Der Kardinal antwortete: „Meine Herren, es gibt ein fran¬ zösisches Sprichwort: Gib mir zwei Zeilen eines Autors, und ich werde ihn aufhängen lasten. Um meinen Brief zu beurteilen, müsten Sie ihn ganz lesen, dann werden Sie sehen, daß er die Bevölkerung nicht aufreizt." „Sie müsten zugeben, daß Sie die deutsche Zensur mißachtet haben." „Welche Zensur?" „Wir haben anschlagen lasten, daß man nichts drucken darf, ohne es der deutschen Zensur zu unterwerfen." „Meine Herren," antwortete der Kardinal, „ich laufe nicht an die Straßenecken, um die Anschläge zu lesen. Wenn es diese Zensur gibt, dann hätten Sie mir davon Mitteilung geben können." Die Offiziere gingen, aber der Kardinal empfing am 3. Januar das Verbot, sich nach Antwerpen zu begeben, wo er eine kirchliche Feier abhalten sollte. General- gouverneur von Visting sehte dann in einem Brief dem Kirchenfürsten seine Fehler auseinander. Dieser gab ihm ohne weiteres eine kräftige Antwort... 34