vm ERLÄUTERUNG DER TAFELN. Kaffern, von vorn dargestellt, der nach Berlin von Krebs eingesendet und für das anatomische Museum in Erlangen erkauft wurde. Die schmale Stirn, die auffallende Breite an der Nasenwurzel, die mehr breite als hohe Nasenöffnung u. s. w. stellen diesen Kaffer- schädel dem des Makäa-Neger (Fig. I, III) nahe. Eine individuelle, bekanntlich beim Menschen fast nicht vorkommende und diesen gerade von den Thieren unterscheidende Bildung, findet sich merkwürdiger Weise bei diesem Schädel. Es ist nämlich eine deutliche Liicke zwischen den Eck- und Schneidezähnen des Oberkiefers vorhanden, welche in dieser Ansicht kaum auffällt, aber sehr deutlich in der Darstellung von der Basis (Fig. XV) erscheint. Fig. Vili, IX und X geben Ansichten von einem sehr alten Orang-Utang- oder Pongo-Schädel, der die grösste Aehnlichkeit mit dem von Owen in den transact. of the zool. Soc. Vol.1, Tab. 53, abgebil¬ deten Schädel von Simia satyrus hat. Er ist aber von einem noch älteren Thiere, mit ganz verschwundenen Nähten und sehr abge¬ kauten Zähnen, auch etwas grösser als der von Owen beschriebene. Er stammt von Borneo und ist von Drf Strauss in Celebes für das zoologische Museum in Erlangen acquirirt worden. Unter allen bisher abgebildeten Schädeln scheint dieser dem ältesten Thiere angehört zu haben. Man sieht im Durchschnitt (Fig. X) die weite Oeffnung der Kieferhöhlen (die Muscheln waren zerstört), den Mangel der Stirnhöhlen und des Hahnenkamms und die beträchtliche Dicke sämmtlicher Knochen1. Fig. XI ist der Schädel eines fünfjährigen Kindes (Mädchens) mit den Milchzähnen dargestellt; der dritte, bleibende Backzahn fehlt noch; zur Vergleichung mit dem Schädel eines jungen Orang-Utangs (Fig. XII), den ich 1827 in Paris untersuchte, wohin er von Java eingesendet war. Beide Figuren sollen den Beleg dazu geben, wie die jungen Schädel eine viel rundlichere Form und einen relativ zu den Kiefern grössern Gehirntlieil haben. Der dritte Backzahn fängt an durchzubrechen2. Die vier Schädelansichten von der Basis, Fig. XIII bis XVI gestatten eine interessante Vergleichung mehrerer auf diese Weise deutlicher hervortretenden Verhältnisse. Fig. XIII giebt die Basis des Fig. V abgebildeten Schädels eines Idioten; das Hinterhauptsloch liegt etwas weiter nach hinten, als bei dem Kafferschädel (Fig. XV)3. Man sieht vorn die Nahtspur vom ehemaligen os incisivum; die Zähne befinden sich in einer continuirlichen Reihe. Fig. XIV ist die Basis des Fig. Vili—X abgebildeten Orang-Utangschädels ; das Hinterhauptsloch liegt sehr weit nach hinten, mehr noch, als bei dem von Owen a. a. O. abgebildeten Schädel, und hat, wie man Fig. IX u. X sehen kann, eine sehr senkrechte Richtung. Das foramen incisivum ist sehr klein; vom Zwischenkiefer findet sich keine Spur mehr. Fig. XV Basis des Kafferschädels (Fig. VII). Das Hinterhauptsloch liegt, wie bei allen normalen Schädeln der verschiedenen Menschenracen, gerade hinter der Linie, welche die Basis in eine vordere und hintere Hälfte theilt. Die beiden Eckzähne sind zwar kaum länger, als die übrigen, stehen aber hier als merk¬ würdige Abweichuug und Thierähnlichkeit, zwei Linien vom äusseren Schneidezahne ab4. Fig. XVI Basis des Fig. II abgebil¬ deten Schimpanseschädels; das Hinterhauptsloch liegt zwar viel weiter nach vorne, als beim erwachsenen Orang-Utang, immer aber im hinteren Dritttheile der Schädelgrundfläche. Zwischen den äusseren Schneidezähnen befindet sich eine über drei Linien betra¬ gende Lücke. # : '> .. ' , \ " ^ . : • •- r t.-'- • ■ l, . :y3 DRITTE TAFEL. Schädel und Skelet des Menschen zur Vergleichung mit der Osteologie der Alfen der alten Welt. Das menschliche Skelet (Fig. I) in schreitender Stellung, ist nach Aibin gegeben, jedoch mit richtiger Neigung des Beckens, nach der Correction der Gehrüder Webeu. Der Schädel wurde in reinem Profil dargestellt und kann so zu gleicher Zeit als Beispiel der ovalen Schädelform eines wohlgebildeten Europäers dienen. Zur Vergleichung und als Typus der rundlichen und vorzugsweise weiblichen Schädelform dient der sehr schöne Verhältnisse zeigende Schädel einer Georgierin (Fig. HI) nach Blumenbach. Der Fig. II vorgestellte Schädel eines Alfuru,von Dr. Strauss auf Celebes präparirt, zeigt eine Zwischenbildung zwischen Neger und Europäer und dient zu¬ gleich als Typus eines keilförmigen Schädels, mit vorspringenden Kiefern8. Der Pavianschädel (FigVlI) von einem sehr alten Thiere zeigt eine dem Orang-Utangschädel (Tab. II. Fig. IX) gerade entgegengesetzte Entwicklung der thierischen Abweichung vom mensch¬ lichen Bau. Das Hinterhauptsloch ist weit mehr nach vorn gekehrt; es liegt fast ganz wagerecht in Folge der entgegengesetzten Entwickelung (Depression) der Schädelhöhle. Beide thierische Typen — Bildung des Pavians und Orang-Utangs — kommen beim Cretinismus und angeborenen Blödsinn beim Menschen vor. Die kleinen Aifenschädelchen, Fig. VIII—XI zeigen zugleich den Fortgang der Dentition. Der Schimpanseschädel, Fig. VIII, hat nur die zwei mittelsten unteren Schneidezähne; der Orang-Utang Fig. IX hat vier Schneidezähne im Oberkiefer und den ersten Backzahn; im Schädel Fig. X bricht auch der Eckzahn hervor und im Schädel eines älteren Gibbons, Fig. XI, ist der zweite Zahn¬ wechsel fast vollendet; der neue Eckzahn ist bereits ziemlich entwickelt, und der letzte, dritte Backzahn ist im Durchbrechen. Die übrigen Figuren sind für sich verständlich; sie zeigen die charakteristischen Unterschiede in dem Becken und in der Hand- und Fussbildung zwischen Menschen und Affen. VIERTE TAFEL. Diese Tafel giebt Bepräsentanten von fünf Ordnungen der Säugethiere — Vierhänder, Fledermäuse, Insectenfresser, Beutel- thiere, Nagethiere. Es sind zugleich solche Formen ausgewählt, welche die Mannichfaltigkeit der Bewegungswerkzeuge und der dadurch bedingten Modificationen des Skelets bei den auf dem Lande lebenden Thieren zeigen, je nachdem dieselben zum Klettern, Fliegen, Springen, Graben u. s. w. organisirt sind. 1 Der Schädel gehört derjenigen Form an, welche von Owen als Simia Crossii aufgestellt wurde. Nach den von mir in verschiedenen Museen untersuchten Schädeln von alten und jungen Orangs und nach Vergleichung der vorhandenen Abbildungen, scheinen mir zwei schon in der Jugend zu unterscheidende Hauptformen vorzukommen, mögen es nun Art-, Racen- oder Geschlechts - Differenzen sein. Die eine Form (Simia Crossii Owen) charakterisirt sich durch rundlich-viereckige Augenhöhlen, mehr vortretende Stirn und weniger vorspringende Kiefer. Die zweite Form (Simia Wurmiii Owen) hat ovale, von oben nach unten längere Augenhöhlen, mehr zurückweichende Stirn, stärker vorspringende Kiefer. Hiernach weichen meine Ansichten von den neuerlich von Owen , Blainville , Heusinger , Joh. Müller, Temminck, Dumortier, A. Wagner mitgetheilten etwas ab. Eine vollständige Uebersicht über diese osteologischen Differenzen findet man in Andreas Wagner's Supplementband zu Schreber's Säugethieren und dessen Abhandlung in den Münchener gelehrten Anzeigen (1839, Bd. IX, S. 409). 2 Ich vermuthe, dass dieser junge Orang-Schädel sich zu der Form von Simia Crossii (Fig. Vili, IX) Owen's im Alter würde ausgebildet haben. 3 Bei dem erwähnten Schädel eines Idioten in der blumenbach'schen Sammlung finde ich das Hinterhauptsloch noch hinter dem' hinteren Dritttheile der Grundfläche, in der Lage zwischen dem Schimpanse (Fig. XVI) und dem Pongo oder Orang-Utang (Fig. XIV) die Mitte haltend. 4 Bei anderen Neger- und Kafferschädeln habe ich dies nicht bemerkt5 in geringerem Grade findet man es aber hier und da bei Europäerschädeln. 5 Von den Bewohnern der kleinen Insel Siouw, unfern Celebes, mit eigentümlicher Bevölkerung, ist bis jetzt kein Schädel abgebildet worden.