Den ganzen Morgen weine ich grundlos und unvermittelt, nachmittags lache ich, bin kindisch geworden. Trotz Über¬ müdung und Hitze kann ich nicht einschlafen. Alle sind in ähn¬ licher Stimmung. Ich komme an unserem vierten Zug vorüber, der besonders viel Verluste hat; eine Gruppe sitzt traurig, niedergeschmettert da: „Weißt du schon: unser Schimmel ist auch tot.“ Ja, ich weiß schon, daß unser Munitionstragtier ertrunken ist. Manche Chargen, die im Mobilisierungsrummel von Pisek keine Distinktionssterne kaufen konnten, hatten sie mit Tinten¬ stift auf den Blusenkragen gemalt. Im Drinawasser sind nun diese Sterne sehr groß geworden. Darüber lachen sich jetzt alle schief: „Schau, was der für einen großen Stern hat — muß der stolz darauf sein, daß er Gefreiter ist.“ Auch ich kichere still¬ vergnügt in mich hinein. Donnerstag, den 10. September 1914. Wir liegen auf unserem alten Lagerplatz, der allerdings in¬ zwischen zur Hälfte von zwei Divisionen Windischgrätz-Dra- gonern mit Beschlag belegt worden ist. Das Geheimnis jener Enthüllung, die der Oberstleutnant vorgestern abend dem Kom¬ pagniekommandanten gemacht hatte, ist nun keins mehr. Seine Mitteilung besagte: „Der Kommandant der Balkan-Armee hat sich entschlossen, seine Aufgabe in offensiver Weise zu lösen. Die 9. Infanterie-Truppen-Division soll bei Raca die Save an der Drinamündung überschreiten, rechts hiervon die 36. Infanterie- Truppen-Division, links davon die 21. Landwehr-Infanterie- Truppen-Division.“ Wie unsere Offensive ausgefallen ist, habe ich schaudernd miterlebt, wie unsere Nachbarn abgeschnitten haben, darüber legt der Divisionsbefehl Rechnung: „Die 36. Infanterie-Truppen- Division vermochte im Laufe des gestrigen Tages infolge über¬ legenen feindlichen Widerstandes den Fluß überhaupt nicht zu überschreiten. Die 21. Landwehr-Infanterie-Truppen-Division 115