verzweifelt und arm heimgeflüchtet waren, und den wir nun mit schweren Opfern von neuem überschreiten müssen. Daß wir ihn wieder überschreiten müssen, das wußten wir, und daß es schwere Opfer kosten würde, das sagten uns (wenn es uns nicht schon die Legion der vorbeikommenden Verwundeten gesagt hätte) die feindseligen Pfiffe der Projektile, um derentwillen wir gebückt wie Diebe an den Dämmen entlang des Ufers huschten. Das Regiment lag gegen ^ll Uhr am Ufer versammelt und gedeckt. Oberst Wokoun rief um V*tl Uhr unseren Kompagnie¬ kommandanten heran. „Sie setzen als erste Kompagnie des Regiments über die Drina und verlängern die bedrohte Brigade Daniel am linken Flügel...“ Dolni Brodac, 10. September 1914. Bis zu dem Worte „Flügel“ hatte ich vorgestern geschrieben. Den größten Teil auf Rasten des Marsches, die letzten Sätze habe ich in der Feuerlinie zu stenographieren versucht. Meine Nach¬ barn schraubten ihre Blicke in das Vorterrain, auch ich schaute, nach jedem notierten Wort nervös zusammenzuckend, ängstlich lauernd in die feindliche Richtung. Um uns pfiffen silberne Linien, jeden Augenblick schlug eines der einander jagenden Geschosse in den kleinen Erdhügel, den sich jedermann mit der Hand als Brustwehr aufgeschichtet hatte, fast jedem hat sein Brotsack, den er vor den Kopf geschoben hatte, das Leben gerettet. Die Brotbeutel tragen Löcher in ihrem Leib, Projektile stecken in der Winterwäsche, die man darin auf¬ bewahrte, andere prallten von der vollen Konservenbüchse ab. Wie langsam, wie mühselig, in welch gefährlicher Situation ich vorgestern die drei letzten Sätze geschrieben habe! Es war mir und es ist mir, als ob ich den Höhepunkt grausamen, mensch¬ lichen Erlebens verzeichnen müßte. Seit ich vorgestern nach¬ mittags mein Geschreibe unterbrechen mußte, als ein Artillerie¬ geschoß hart über meinen Kopf sauste und den Stamm eines 7 Kisch, „Schreib das auf1 97