zu überschreiten und die Eisenbahn zu besetzen; dort standen ihr nur schwache österreichische Kräfte gegenüber. Unklar ist uns, warum wir noch hier bleiben. Dem Oberstleutnant sind drei Konserven gestohlen worden, das hat eine Flut von Visitierungen und Verordnungen zur Folge. Niemand darf eine Konserve essen, alle fünf Minuten wird unter¬ sucht, ob die Leute ihre Konservenbüchsen unversehrt bei sich haben, der, dem eine fehlt, wird eine Stunde angebunden, wem zwei fehlen, zwei Stunden, wem drei fehlen, drei Stunden und wer beim Diebstahl erwischt wird, vier Stunden. Auch am heutigen Tage des Herrn sind Menschen an Bäume gefesselt. Der allgemeinen Stimmung und dem Geist der oberstleutnantischen Verordnung gibt ein Vers Ausdruck, der im Lager kursiert: Hast du getötet auch tausend Serben, Hast aber nicht deine drei Konserven, Mußt du eines elenden Todes sterben. Die Nacht ist kalt. Mein Nachbar und ich schmiegen uns fest aneinander, um irgendwie dem Frost zu begegnen. Schon von 1 Uhr nachts an heizen die Köche den Herdkasten der Fahr¬ küche. Sie tun es, um sich zu wärmen. Brodac, den 7. September 1914. Zeitig rückten wir zum Exerzieren aus, aber ein Radfahrer vom Regimentskommando beorderte uns zur sofortigen Rück¬ kehr und strenger Marschbereitschaft, Nachrichten sind da, daß von den bei Mitrowitza vorgestoßenen Serben (Timokdivision) 4000 gefangen wurden, daß Rumänien mobilisiere und unsere Grenze dort frei sei. Daß es gegen uns mobilisiert, scheint nach dem zweiten Teil des Satzes ausgeschlossen; oder scheint es nur so? Auch kommt bald eine neue Nachricht, daß es sich bei Mitrowitza nur um 2000 Gefangene handelt; naturgemäß glaubt man auch davon jetzt nur mehr die Hälfte. Graf Tisza hat stark aufgetragen, als er anläßlich zahlloser Interpellationen wegen unseres Rückzuges erklärte, es sei kein Österreicher in Serbien 93