23 auch dafür später mit die Lasten tragen. Diese Begrün dung mutet so eigenartig wie nur irgend denkbar an. In zahlreichen Fällen ist sie nicht einmal stichhältig. Denn z. B. Anleihen, die zum Straßenbau aufgenommen wer den, laufen in der Regel noch lange weiter, wenn in folge des Verkehres die Straßendecke schon längst abge nützt und durch eine neue (natürlich auch auf dem Anleihewege finanzierte) ersetzt worden ist. Aber auch sonst entspricht dieser Einwand durchaus der Denkart sowohl des liberalen, wie auch des marxistischen Menschen. Bei beiden steht nicht etwa die Verantwor tung für die Gesamtheit und die Zukunft im Vorder grund der Lebensbetrachtung, sondern nur der einzelne Mensch in der Gegenwart, für den ein möglichst großer Vorteil gesichert werden soll, entweder indem man ihm die Möglichkeit bietet, sich selbst in rücksichtslosester Weise durchzusetzen, und zu diesem Zwecke alle ihm im Wege stehenden Hindernisse beseitigt (Liberalismus, der Staat ist gleichsam nur Nachtwächter) oder indem die Gesamt heit so gestaltet wird, daß auch der Schwächste, Faulste. Dümmste und Leistungsunfähigste sein „Menschenrecht" auf Kosten der Leistung der anderen gewährleistet erhält (Marxismus). In diesem Einwand, mag er nun von bür gerlicher Seite oder von marxistischer Seite erhoben werden, prägt sich also nicht in erster Linie ein wirt schaftlicher Gedankengang aus, sondern ein welt anschaulicher, der selbst, wenn es von den Geg nern bestritten wird, doch ihre ganze Verantwortungs losigkeit deutlich offenbart. Deshalb muß gerade diese Heuchelei stets von den Abgeordneten der NSDAP, be sonders herausgestellt werden, wenn der oben ange führte Einwand erhoben wird. Dort, wo sich noch der gesunde soziale Sinn der Ver antwortung erhalten hat, selbst bei Marxisten und Bür gerlichen, wird nie der Grundsatz vertreten werden kön nen, daß die kommende Generatton für die in der Gegenwart entstehenden Lasten aufkommen müsse. Jeder Dauer, jeder Fabrikant, jeder Geschäftsmann, ja jeder Häusler, der nur eine kleine Keusche besitzt oder ein Stückchen Ackerland, wird stets bestrebt sein, seinen Besitz seinen Nachkommen möglichst schuldenfrei zu hinterlassen. Er wird nie sagen: dieses Haus erbt mein Sohn, also soll er es auch bezahlen. Selbst wenn er, wie es jetzt überall der Fall ist, nicht aus eigenen