59 nur Dankbarkeit und ungeteilte Gegenempfindungen bringen: so licht, so friedlich, so wahr, echt und rein tritt diese Romanze in den Kreis der Euch von mir bislang gelieferten Kompositionen. Sie ist anders als meine früheren Sachen — atmet eine Dir an mir sicher befremdlich scheinende Ruhe, die sie keinem anderen als eben unserem Naumann zu widmen drängt. Sollte mir einmal etwas Irdisches zustoßen, so bitte ich, mir diese Romanze unter Assistenz von Hofmusikern zum Abschiede zu blasen. Aber beileibe! anständig zu blasen — meine Ohren lasse ich da! Nun wirst Du mich, vielteurer Freund, fragen: Ja, warum schreibst denn Du alles das, was dem lieben Naumann zu lesen doch so erfreulich wäre, nicht gleich ihm selber? Daraus lasse Dir sagen, daß ich, indem ich diese Zeilen schreibe, immer den Edlen vor mir sehe, wie er meinen doch so ehrlichen und seinerseits so wohlverdienten Panegyrikus mit Kopfschütteln anhört, ab winkt und mir endlich den Rücken kehrt. Seiner Bescheidenheit kann ich eben nur via Burgring Nr. 5 bei kommen; daher wirst Du ihm gütigst diesen Brief samt Romanze meuch lings versetzen und ihm — falls ich morgen noch nicht anwesend wäre — in meinem Namen beide Hände drücken und dazu setzen, daß, wenn ich mir einen musikalischen Nekrolog schreibe, ich mir nichts Schlechtes drein schreibe und daß ich das Beste für den Mann gerade gut genug halte, dem ich und der Klub mit unseren diametralen Lebens- und Lust äußerungen hoffentlich für alle Zeit gut genug bleiben mögen! Nun lasse schleunigst kopieren, es wird eine Lust sein, das Stück Zu studieren! Dein in Verehrung getreuer Heinrich Wottawa. Die Art der Aufnahme des neuen Werkes seitens aller Beteiligten kann sich der Leser leicht vorstellen. Naumann selbst charakterisiert die musikalische Leistung Wottawas im Wiener Waldhornklub in einem Briefe vom 11. Mai 1914 an den Verfasser dieses Lebensbildes mit folgenden Worten: „Wottawa fand, als er Dirigent des Waldhornklubs wurde, fast keine Literatur für dieses Instrument vor. Es gab sogenannte Waldhornquartette, das waren Arrangements zumeist von Männer chören des Liedertafelgenres und eine eigene Literatur von Fan faren für Jagd- (Natur-) Hörner. Von Originalkompositionen gab es nur solche von Berufshornisten, die ebenso banal in der Erfindung als geschickt für das Horn geschrieben waren. Wot tawa schuf nun die ersten wertvollen acht- und mehrstimmigen Tonwerke für Waldhorn-Ensemble, voll blühender Erfindung und quellender Phantasie. Als seine hervorragendsten Kompo« sitionen wären zu nennen: Ballszene für fünf Hörner und Klavier, Festfanfare, Valse noble, Menuette, ^.ir polonE, Romanze (acht stimmig) rc., die nunmehr zum ständigen Repertoire des Wiener Waldhornklubs gehören!" Nach all dem finden wir es sehr berechtigt, daß der Wald hornklub seinen emeritierten artistischen Leiter zum Ehren mitglied ernannte.