8- 1.
Zweck äer GenossenscKA
(§. 114 der Gewerbe-Ordnung.)
Die Genossenschaft ist zur Förderung derjenigen An»
stalten und Vorbereitungen bestimmt, welche die Bedingungen
der gemeinsamen gewerblichen Interessen abgeben.
Insbesondere obliegt der Genossenschaft:
a. die Sorge für die Erhaltung geregelter Zustände zwi-
schen den Mitgliedern der Genossenschaft und ihren An-
gehörigen (Gehilfen und Lehrlingen) (Z. 113 der Ge-
werbe-Ordnung) hauptsächlich in Bezug auf den Lehr-
und Arbeitsverband;
d. die Austragung der bezüglichen Streitigkeiten;
o. die Gründung oder Förderung von Fachschulen und die
Beaufsichtigung derselben;
ä. die Gründung von Anstalten zur Unterstützung der Mit-
glieder und Angehörigen der Genossenschaft in Fällen
der Erkrankung oder sonstiger Nothlage und die Be-
aufsichtigung dieser Anstalten;
s. die Gestattung der verlangten Auskünfte um Gutachten
über die in ihrem Wirkungskreise liegenden Verhältnisse
an die Behörde und an die Handelskammer;
1. endlich die Mitwirkung in allen Vorkehrungen, der öf-
fentlichen Verwaltung, welche sich auf die Gesammtheit
der Gewerbegenossen beziehen.
§. 2.
Nmßmg äer Eeno.MMckH.
(sZ. 106 und 107 der Gewerbe-Ordnung.)
Die Genossenschaft, für welche gegenwärtiges Statut
giltig ist, umfaßt jene Personen, welche in der Stadt Linz,
1*
4
im Markte Urfahr und in einer Gemeinde des Bezirkes Um-
gebung Linz das Schneidergewerbe mit behördlicher Genehmi-
gung selbstständig betreiben.
8- 3.
Mitglieäer öer GenoMeiMkrA
(§. 107 der Gewerbe-Ordnung.)
Wer in dem Bezirke dieser Genossenschaft ein Schnei-
dergeiverbe selbstständig betreibt, wird schon durch den Antritt
des Gewerbes Mitglied dieser Genossenschaft und hat die da-
mit verbundenen Verpflichtungen zu erfüllen. (Z. 107 der Ge-
werbeordnung.)
-nii -^^7 8- 4.
AuMnnsgeWiren.
Jedes in die Genossenschaft neu eintretende Mitglied
hat eine Aufnahmsgebühr zu entrichten, welche für die in Linz
und Urfahr wohnhaften Mitglieder mit 15 fl. öst. W., und
für die in anderen Gemeinden wohnhaften Mitglieder mit
8 fl. ö. W. festgesetzt wird.
Die Aufnahmsgebühr wird niemals zurückerstattet, darf
aber auch einem und demselben Genossenschafts-Mitgliede nur
einmal abgefordert werden.
8- 5.
Aerlüe tler Mitglickcr.
Der Eintritt in die Genossenschaft begründet die Theil-
nahme an denjenigen Rechten, welche nach der Gewerbeord-
nung und nach diesem Statute den Mitgliedern zustehen, ins-
besondere die Theilnahme an dem Wahlrechte, sowie an den
gemeinnützigen Anstalten der Genossenschaft.
8- 6.
Mmimeckt.
(Z. 120. der Gewerbe-Ordnung.)
Stimmberechtigt in der Genossenschaft und wählbar zu
5
Ausschüssen sind nur jene Mitglieder der Genossenschaft, welche
ihr Gewerbe bereits durch drei Jahre aufrecht betrieben haben.
Ausgeschlossen vom Stimmrechte und von der Wählbar-
keit, sowie von jedem Genossenschaftsamte, sind diejenigen
(Z. 7 der Gew. O.), welche wegen eines Verbrechens über-
haupt, wegen eines Vergehens oder einer Ucbertretung aus
Gewinnsucht oder gegen die öffentliche Sittlichkeit, wegen
Schleichhandels, wegen schwerer Gefällsübertretung oder schuld-
baren Concurses vernrtheilt worden sind.
Während der Zeit, als ein Gewerbsinhaber wegen einer
der obbezeichneten Handlungen in Untersuchung steht oder ihm
das Gewerbe durch die Behörde eingestellt ist, kann derselbe
kein Stimmrecht in der Genosserischaft ausüben und kein Amt
in derselben bekleiden.
8- 7-
Mickten äer MiMeäer.
Jedes Genossenschaftsmitglied ist im Allgemeinen ver-
pflichtet, zur Erreichung der Genossenschaftszwecke nach den
Bestimmungen dieses Statuts mitzuwirken, sich den ordnungs-
mäßig gefaßten Beschlüssen der Genossenschaftsversammlung
und des Genossenschasts-Vorstandes zu unterwerfen und den
Anordnungen des Letzteren und des Genossenschafts-Vorstehers
Folge zu leisten.
Insbesondere hat jedes Genossenschaftsmitglied die Pflicht,
den Antritt oder die Anheimsagung seines Gewerbes, den
Standort und jede Veränderung desselben (Z. 103 der Ge-
werbeordnung), ferner die Aufnahme oder Entlassung seiner
gewerblichen Gehilfen ohne Unterschied, ob er sie in seiner
Werkstütte oder außerhalb derselben mit Arbeit versteht, unter
Angabe des Namens, Alters und der Zuständigkeits - Ge-
meinde dem Genossenschafts-Vorsteher innerhalb dreier Tage
anzumelden.
Wird ein Gewerbe verpachtet oder durch einen Stell-
vertreter oder mit öffentlichen Gesellschaftern betrieben, so
ist auch unter Namhaftmachung des Pächters, Stellvertre-
6
ters oder der öffentlichen Gesellschaften innerhalb derselben
Frist hierüber dem Genossenschafts-Vorsteher die Anzeige zu
erstatten.
Die Außerachtlassung der Meldungspflicht unterliegt in
jedem einzelnen Falle einer Ordnungsstrafe von 1 bis 5 fl.
österr. Währ.
8- 8.
Möscken tler MitglieäersckH.
Die selbstständigen Gewerbsinhaber hören auf, Mitglie-
der der Genossenschaft zu sein, sobald sie ihren Gewcrbsbe-
trieb, auf dessen Grundlage ste Genossenschaftsmitglieder wur-
den, vollständig aufgeben.
Das Gleiche gilt von jenen Fällen, wo denselben (ZZ.
60 und 138 der G. O.) von der Behörde die Gewerbsbe-
rechtigung entzogen wird.
8. 9.
AnMörige iler GenoMmckH.
(Z. 113 der Gewerbe-Ordnung.)
Die Gehilfen und Lehrlinge der Genossenschafts - Mit-
glieder werden als Angehörige der Genossenschaft betrachtet,
und sind als solche den Vorschriften derselben unterworfen.
Unter Gehilfen werden die männlichen und weiblichen
Hilfsarbeiter beim Gewerbsbetriebe, welche in das Gehilfen-
buch eingetragen sind, verstanden.
Jeder Gehilfe muß mit einem Genossenschafts-Arbeits-
bogen versehen sein. Gewerbsinhaber, welche Gehilfen ohne
einen solchen Ausweis in Verwendung nehmen, machen sich
strafbar, und haften mit Letzterem dem früheren Arbeitsgeber
für den durch den eigenmächtigen Austritt des Gehilfen er-
wachsenen Schaden nach Maßgabe des Z. 1302 des allgem.
bürg. Gesetzbuches. Dem früheren Arbeitsgeber steht auch das
Recht zu, den Wiedereintritt des eigenmächtig ausgetretenen
Gehilfen zu fordern.
7
8- 10.
Es ist für beiderseitige Interessen wünschenswcrth, wenn
ein bestimmtes Übereinkommen über die Zeit der Arbeit
oder Leistung, wie deren Ablöhnung, sowie der Kündigungs-
frist, entweder gleich beim Eintritte oder in kürzester Zeit der
begonnenen Verwendung eines Gehilfen festgestellt würde, um
dadurch möglichen Streitigkeiten oder nachtheiligen Folgen
beiderseits abzuwehren.
Bei Nichtvorhandensein eines schriftlichen oder mündli-
chen Ucbereinkommens gilt als festgestellte Norm:
a. für sogenannte Wochenschneider eine beiden Theilen zu-
stehende 14tägige Kündigung.
d. für sogenannte Tag- oder Stückschneider eine beiden Thei-
len zustehende 8tägige Kündigung, hingegen gilt vor
Ostern, Pfingsten und Weihnachten nur eine gegenseitige
14tägige Aufkündigung.
Die Arbeitszeit für die Gehilfen wird in folgender Weise
festgesetzt:
A. für sogenannte Wochenschneider ohne Unterschied der Jah-
reszeit von 6 Uhr früh bis 8 Uhr Abends,
d. für sogenannte Tag- oder Stückschneider von Ostern bis
Michaeli von 6 Uhr früh bis 7 Uhr Abends, und von
Michaeli bis Ostern von 7 Uhr früh bis 8 Uhr Abends.
8- 11.
Der Gehilfe ist verpflichtet, dem Arbeitsgeber Treue,
Folgsamkeit und Achtung zu erweisen, sich anständig zu be-
tragen, die bedungene oder die im Z. 10 angegebene Arbeits-
-> zeit einzuhalten, die ihm anvertrauten gewerblichen Verrich-
tungen nach besten Kräften zu besorgen, über die Betriebs-
verhältnisse des Arbeitsgebers Verschwiegenheit zu beobachten,
sich gegen Mitgehilfen und Hausgenossen verträglich zu beneh-
men und die Lehrlinge gut zu behandeln. Er ist berechtigt,
die bedungenen Bezüge zur rechten Zeit, eine anständige Be-
handlung und beim Austritte ein wahrheitsgetreues Zeugniß
in Anspruch zu nehmen.
8- 12.
Es ist den Gehilfen verboten, willkührliche Feiertage und
sogenannte blaue Montage zu halten; und unter sich Verab-
redungen zu treffen, um durch gemeinschaftliche Arbeitsver-
weigerung oder durch andere Mittel von ihrem Arbeitsherrn
Bedingungen zu erzwingen (Z. 481 des Strafgesetzbuches).
8- 13.
Das Arbeitsverhältniß kann aus wichtigen Gründen vor
Ablauf der ausdrücklich oder stillschweigend bedungenen Dauer
und ohne Aufkündigung sogleich aufgelöst werden.
Insbesondere ist aber:
1. Der Arbeitsgeber zur Aufhebung des Vertrages berechtigt,
wenn der Gehilfe:
u. zum Dienste unbrauchbar befunden wird ;
d. eine Handlung verübt, durch welche das in ihn zu
setzende Vertrauen gegründeter Weise verwirkt wird, oder
wenn eine solche Handlung nach der Aufnahme zur
Kenntniß des Arbeitsgebers gelangt;
o. ohne Einwilligung des Arbeitsgebers ein der Verwen-
dung beim Gewerbe abträgliches Nebengeschäft betreibt;
ä. sich hartnäckig weigert, des Arbeitsgebers rechtmäßige
Weisungen zu vollziehen, oder die Mitgehilfen, Lehrlinge
oder das Hausgesinde zum Ungehorsam, zur Auflehnung
gegen den Arbeitsgeber, zu unordentlichem Lebenswandel
oder zu unerlaubten Handlungen zu verleiten sucht, oder
sich einer Ehrenbeleidigung gegen den Arbeitsgeber oder
dessen Angehörige oder einer anderen wesentlichen oder
wiederholten Pflichtverletzung schuldig macht;
6. durch eigenes Verschulden arbeitsunfähig wird, oder wenn
die unverschuldete Arbeitsunfähigkeit über vier Wochen
dauert;
f. durch länger als 8 Tage gefänglich angehalten wird.
2. der Gehilfe ist insbesondere zur Aufhebung des Vertrages
berechtigt:
a. wenn er ohne Schaden für seine Gesundheit die Arbeit
nicht fortsetzen kann;
9
d. wenn der Arbeitsgeber sich thätlicher Mißhandlungen
oder der Übertretung der Ehrenbeleidigung gegen ihn
schuldig macht;
o. wenn der Arbeitsgeber ihn zu unsittlichen oder gesetz-
widrigen Handlungen zu verleiten sucht;
ci. wenn der Arbeitsgeber ihm die bedungenen Bezüge un-
gebührlich vorenthält, oder andere wesentliche Vertrags-
bestimmungen verletzt;
6. wenn der Arbeitsgeber in Concnrs verfällt oder sonst
verhindert ist, dem Gehilfen Beschäftigung und Verdienst
zu geben.
8- 14.
Wenn der Arbeitsgeber ohne einen gesetzlich zulässigen
Grund (Z. 13) einen Gehilfen vorzeitig entläßt, oder durch
Verschulden von seiner Seite Grund zur vorzeitigen Auflö-
sung des Arbeitsverhültnisses gibt, so ist er verpflichtet, dem
Gehilfen den Lohn und die sonst bedungenen oder eingeführ-
ten Bezüge für den noch übrigen Theil der Kündigungsfrist
zu vergüten.
8. 15.
Wenn ein Gehilfe seinen Arbeitsgeber ohne gesetzlichen
Grund (Z. 13) vorzeitig verläßt, so ist der Arbeitsgeber be-
rechtigt, denselben durch die Behörde zur Rückkehr in die Ar-
beit für die noch fehlende Zeit zu verhalten und den Ersatz
des erlittenen Schadens zu verlangen. Ueberdies ist ein sol-
cher Gehilfe angemessen zu bestrafen.
8- 16.
Durch das Aufhören des Gewerbsbetriebes und durch
den Tod des Gehilfen erlischt das Arbeitsverhältniß von selbst.
Doch ist im Falle des freiwilligen Aufgebens des Ge-
werbes oder der durch Schuld oder Zufall von Seite des Ar-
beitsgebers herbeigeführten Entlassung des Gehilfen, derselbe
berechtiget für den Entgang der Kündigungsfrist Schadloshal-
tung anzusprechen.
10
8- 17.
Als Lehrling wird angesehen, wer bei einem der im
Z. 2 genannten selbstständigen Gewerbetreibenden znr prakti-
schen Erlernung des Gewerbes in Verwendung getreten und
bei der Genossenschaft als Lehrling protocollirt worden ist.
8- 18-
Um minderjährige Lehrlinge halten zu dürfen, muß der
Gewerbsinhaber das 24. Lebensjahr zurückgelegt haben.
Jene, welche wegen eines Verbrechens überhaupt, oder
wegen eines aus Gewiunsucht begangenen oder gegen die öf-
fentliche Sittlichkeit gerichteten Vergehens oder einer derlei
Uebertretung verurtheilt wurden, sowie jene, welchen nach
8. 137 das Recht, Lehrlinge zu halten, entzogen wurde, dür-
fen weder minderjährige Lehrlinge aufnehmen, noch die be-
reits aufgenommenen länger behalten.
Die politische Landesstelle ist aber ermächtigt, in Fäl-
len, wo ein Nachtheil oder Mißbrauch nicht zu besorgen ist,
nach Vernehmung der Genossenschaft eine ausnahmsweise
Bewilligung eintreten zu lassen.
8- 19.
Die Aufnahme minderjähriger Lehrlinge hat auf Grund
eines, die Bedingungen der Aufnahme und Behandlung und
insbesondere die Dauer der Lehrzeit festsetzenden Vertrages
zu geschehen, der vor der Vorstehung der Genossenschaft ab-
zuschließen und daselbst aufzubewahren ist.
Der Lehrherr ist daher verpflichtet, binnen längstens drei
Monaten die Aufnahme eines Lehrlings bei dem Geuossen-
schafts-Vorstande anzuzeigen.
Die Unterlassung dieser Anzeige unterliegt in jedem
einzelnen Falle einer Ordnungsstrafe von 1 fl. bis 5 fl. ö. W.
8- 20.
Bei der Aufnahme eines Lehrlings kann eine Probezeit
11
bedungen werden, während welcher jeder der beiden Theile
nach Belieben zurücktreten kann.
Die Probezeit darf zwei Monate nicht übersteigen.
8- 21.
Die Dauer des Lehrverhältnisses, das Lehrgeld, die Be-
dingungen der Verköstigung, Wohnung rc. sind Gegenstand
freier Uebereinkunft; doch darf bei Bekleidung de- Lehrlings
durch den Lehrherrn die Lehrzeit nicht vier Jahre und ohne
Bekleidung nicht drei Jahre übersteigen.
8- 22.
Der Lehrling ist dem Lehrherrn zu Folgsamkeit, Treue,
Fleiß, anständigem Betragen, Verschwiegenheit verpflichtet und
muß sich nach dessen Anweisung im Gewerbe verwenden.
Ein minderjähriger Lehrling ist der häuslichen Zucht
des Lehrherrn unterworfen; er genießt seinen Schutz und seine
Obsorge.
8- 23.
Der Lehrherr hat sich die gewerbliche Ausbildung des
Lehrlings angelegen sein zu lassen, und ihm die hierzu erfor-
derliche Zeit und Gelegenheit durch Verwendung zu anderen
Dienstleistungen nicht zu entziehen.
Er hat den minderjährigen Lehrling zu Arbeitsamkeit
und guten Sitten, zur Erfüllung der religiösen Pflichten, zum
Besuche des gesetzlich vorgeschriebenen Unterrichtes, und wenn
in dem Orte eine gewerbliche Fachschule für Lehrlinge besteht,
auch zum Besuche der letzteren anzuhalten, sich jeder Miß-
Handlung desselben zu enthalten, und ihn gegen solche von
Seite der ArbeitS- und Hausgenossen zu schützen. Im Falle
der Erkrankung oder des Entlaufcns des minderjährigen Lehr-
lings und in anderen wichtigen Vorkommnissen, welche die
Dazwischenkunft der Eltern, Vormünder oder sonstigen An-
gehörigen erheischen, hat er diese zu benachrichtigen.
8- 24.
Auch das Lehrverhältniß kann aus wichtigen Gründen
12
vor Ablauf der ausdrücklich oder stillschweigend bedungenen
Dauer sogleich aufgelöst werden.
Dieses tritt insbesondere ein:
1. Von Seite des Lehrherrn.
a. wenn der Lehrling sich eine der im Z. 13, Punkt 1,
lit. 5 und ä, bezeichneten Handlungen zu Schulden kom-
men läßt;
5. wenn sich unzweifelhaft herausstellt, daß der Lehrling
zur Erlernung des Gewerbes untauglich ist;
o. wenn der Lehrling über 6 Wochen durch Krankheit an
der Arbeit verhindert ist;
ä. wenn der Lehrling durch längere Zeit als 1 Monat
gefänglich angehalten wird.
2. Von Seite des Lehrlings, beziehungsweise seiner gesetzli-
chen Vertreter:
a. wenn der Lehrherr die ihm obliegenden Pflichten gröb-
lich vernachlässigt, den Lehrling zu unsittlichen oder ge-
setzwidrigen Handlungen zu verleiten sucht, oder das
Recht der häuslichen Zucht mißbraucht;
d. wenn der Lehrherr durch mehr als ein Monat gefäng-
lich angehalten wird, oder auch bei kürzerer Zeit, wenn
nicht für den Lebensunterhalt des Lehrlings gesorgt ist ;
o. wenn dem Lehrherrn durch Straferkenntniß das Gewerbe
zeitlich eingestellt wird;
ä. wenn der Lehrherr in eine andere Gemeinde übersiedelt,
doch muß der Antrag auf Lösung des Verhältnisses läng-
stens binnen zwei Monaten nach der Uebersiedlnng ge-
stellt werden.
§. 25.
Nach Ablauf der bedungenen Lehrzeit (Z. 100 der Ge-
werbeordnung) oder bei früherer Auflösung des Lehrverhält-
nisses hat der Lehrherr dem Lehrling auf Verlangen ein Zeug-
niß über die zugebrachte Lehrzeit, sein Betragen während der-
selben und die gewonnene Ausbildung im Gewerbe auszu-
stellen.
13
Der Lehrherr hat den Lehrling dem Vorstände vorzu-
stellen und denselben in das Gcsellen-Protokoll eintragen zu
lassen.
8- 26.
Kein Gewcrbsunternehmer darf einen Gehilfen in Ver-
wendung nehmen (Z. 74 der Gew.-Ordn.), welcher nicht mit
dem nöthigen Ausweise (Zeugniß, Arbeitsbuch) versehen ist.
Das Arbeitsbuch (Zeugniß) (Z. 5 Anhang der Gew.,
Ordn.), ist bei dem Eintritte in die Arbeit von dem Arbeits-
geber gegen Ausstellung eines Scheines in Aufbewahrung zu
nehmen. Bei dem Austritte hat der Genossenschafts-Vorsteher
auf Grund des mündlichen oder schriftlichen Zeugnisses des
Arbeitsgebers die Rubriken des Arbeitsbuches auszufüllen,
seine Namensfertigung beizusetzen, das Genossenschaftssiegel
beizudrucken, und das beigebrachte Zeugniß zurück zu behal-
ten. Bei Eintragung des Zeugnisses in das Arbeitsbuch hat
sich der Genossenschafts-Vorsteher die Bestimmungen im zwei-
ten Absätze des Z. 5 des Anhanges zur Gewerbeordnung ge-
genwärtig zu halten.
Der Arbeitsgeber ist verpflichtet den Arbeitsbüchel des
austretenden Gehilfen dem Einbring-Meister zu übergeben,
damit die Evidenz über die Gehilfen erhalten werde. Im
Unterlassungsfälle trifft den Arbeitsgeber eine Ordnungsstrafe
von Einem bis fünf Gulden.
8- 27.
Vertretung äer GerwMtMkH.
(Z. 116 der Gew.-Ordn.)
Die Genossenschaft wird vertreten und deren Geschäfte
werden besorgt:
a. durch die Versammlung der Genossenschaft;
i>. durch den Genossenschafts-Vorstand, bestehend aus dem
Ausschüsse unter der Leitung des Vorstehers.
14
§. 28.
Wirkungskreis äer GenossenscKHs-Versnmmlung.
(§. 119 der Gew.-Ordn.)
Der Genossenschafts-Versammlung vorbehaltene Gegen-
stände sind:
a. die Wahl der Ausschüsse und des Vorstehers, sowie der
Stellvertreter desselben;
b. Systcmisirung des besoldeten Hilfspersonales;
c. die Verfügungen über das Stammvermögen der Ge-
nossenschaft ;
ä. die Prüfung und Genehmigung der Rechnungsabschlüsse
und Jahresvoranschlüge, sowie die Bestimmung des durch
Umlagen (Z. 123 der Gewerbeordnung) aufzubringenden
Betrages;
6. nachträgliche Genehmigung aller nicht präliminirten Aus-
lagen, welche die Berechtigung des Genossenschafts-Vor-
standes überschreiten;
k. die Festsetzung des Betrages der Einverleibungsgebühr;
die Beschlüsse über Errichtung und organische Aenderung
von Fachschulen und Anstalten zur Unterstützung der
Mitglieder und Angehörigen der Genossenschaft;
ll. die Beschlußfassung über Gründung von Prämien für
eifrige Werkführer, Gehilfen und Lehrlinge, überhaupt über
Alles, was die Förderung der gemeinsamen, gewerblichen
Interessen der Genossenschaft zum Zwecke hat;
i. die Entscheidung über etwaige Beschwerden gegen Ver-
fügungen des Vorstandes, insofern die Amtshandlung
darüber nicht der Gewerbsbehörde zusteht;
k. das Recht, die gesammte oder einen Theil der Geschäfts-
gcbarung des Genossenschafts-Vorstandes und Vorstehers
durch eine hiezu zu bestimmende Commission prüfen zu
lassen und darüber innerhalb des eigenen Wirkungskreises
die erforderlichen Veranlassungen zu treffen;
15
I. die Beschlußfassung über die Abänderung des Genossen-
schafts-StatuteS gegen Vorbehalt der Genehmigung der
Aenderungen durch die politische Landesstelle.
8- 29.
Zusammentritt äer GenossenseKHs-Versummlung.
Die Versammlung der Genossenschaft tritt jährlich we-
nigstens Imal zusammen.
Ort, Tag und Stunde des Zusammentrittes wird von
dem Vorsteher im Einvernehmen des behördlichen Commissärs
bestimmt und den Genossenschafts-Mitgliedern nebst den wich-
tigeren Gegenständen der Verhandlung in geeigneter Weise
rechtzeitig bekannt gegeben:
Außerordentliche Versammlungen sind von dem Vorste-
her zu veranlassen, so oft dringende Angelegenheiten der Ge-
nossenschaft oder ein von zwanzig Genossenschaftsmitgliedern
gestelltes schriftliches Verlangen unter Angabe deS Zweckes
den Zusammentritt der Genossenschafts - Versammlung er-
fordern.
Die Genossenschafts-Mitglieder sind verpflichtet, an den
Versammlungen theilzunehmen und können durch Ordnungs-
strafen dazu verhalten werden. Jedes Genossenschaftsmitglied
hat persönlich zu erscheinen; eine Stellvertretung findet
nicht statt.
8- 30.
SerMlmgen rmä HescWsse Äer GemssensckHs-
Versummlung.
Den Vorsitz bei der Versammlung führt der Genossen-
schafts-Vorsteher. Die Versammlungen können nur im Bei-
sein des behördlichen Commissärs (H. 129 der Gew.-Ordn.)
abgehalten werden, welcher den gesetzmäßigen Vorgang bei
der Verhandlung überwacht, und jederzeit das Wort ergreifen
kann, jedoch keine Stimme bei der Beschlußfassung hat.
Die Beschlüsse werden mit absoluter Stimmenmehrheit
der Anwesenden gefaßt, bei gleich getheilten Stimmen ent-
16
scheidet jene des Vorstehers; zur Giltigkeit eines Beschlusses
wird erfordert, daß wenigstens die Hälfte der Genossenschafts-
Mitglieder der Versammlung an der Abstimmung sich be-
theiligt.
Zur Giltigkeit der Beschlüsse über Aenderung des Sta-
tutes oder über eine solche Verwendung des Stammvermö-
gens , wodurch dasselbe vermindert wird, ist wenigstens die
Anwesenheit von drei Viertheilen der Genossenschaftsmitglie-
der und eine Stimmenmehrheit von zwei Drittheilen der An-
wesenden nothwendig. Ueber die gefaßten Beschlüsse ist ein
Protocoll aufzunehmen, welches von dem Vorsteher und zwei
von der Versammlung zu bezeichnenden Vertrauensmännern
unterfertigt wird und dem behördlichen Commissür auf Ver-
langen zur Einsicht mitzutheilen ist.
8- 31.
GemWelMlmM-VorMnä.
Der Genossenschafts-Vorstand besteht aus einem Vor-
steher, einem Stellvertreter desselben und aus zehn Ausschüs-
sen und fünf Ersatzmännern derselben.
Das Amt des Vorstehers und des Stellvertreters ist
entgeltlich, denselben gebührt jedenfalls die Vergütung der
bei Verwendung für die Genossenschaft gemachten nothwendi-
gen Auslagen.
Die Wahl der Mitglieder des Vorstandes (Z. 118 der
Gew.-Ordn.) wird von der Versammlung der Genossenschaft
aus der Zahl der wählbaren Mitglieder (Z. 6 dieses Sta-
tutes) mittelst Stimmzetteln vorgenommen. Sie erfolgt durch
absolute Stimmenmehrheit; bei gleicher Stimmenzahl ent-
scheidet das Loos.
Die Amtsdauer der Ausschüsse und der Vorsteher währt
drei Jahre, nach deren Verlaus sie wieder wählbar sind.
Wird während der Wahlperiode die Stelle des Genos-
senschafts-Vorstehers und dessen Stellvertreter erledigt, so
hat das an Lebensjahren älteste Ausschußmitglied bis zum
Amtsantritte des neuen Vorstehers dessen Stelle zu vertreten
17
und zur Wahl des Vorstehers und dessen Stellvertreter bin-
nen acht Tagen vom Erledigungstage die Versammlung ein-
zuberufen.
Ueber die Wahl ist ein Protokoll aufzunehmen, welches
von dem Vorsteher und von den Mitgliedern der Scrutini-
rungscommission zu unterschreiben und von dem behördlichen
Commissär zu vidiren ist.
8- 32.
Ein Recht, die Wahl zum Vorstandsmitglied abzuleh-
nen, haben nur Personen:
a. welche über 60 Jahre alt oder durch anhaltende Kränk-
lichkeit an der Uebernahme des Mandates verhin-
dert sind;
b. welche den Nachweis liefern, daß ihre Geschäftsverhält-
nisse zeitweise ihre längere Abwesenheit von dem stän-
digen Wohnorte unabweislich erfordern ;
e. welche bereits das Amt eines Vorstandsmitgliedes be-
kleidet haben.
§. S3.
Die Wahl des Vorstehers (Z. 118 der Gewerbe-Ord-
nung) und seiner Stellvertreter unterliegt der Bestätigung
der Behörde.
8- 34.
Wirkungskreis ües Genossenscknßs-Vorstnnäes.
Der Vorstand besorgt die laufenden Geschäfte der Ge-
nossenschaft, trifft alle Vorkehrungen im Interesse derselben
und entscheidet über alle nicht ausdrücklich der Versammlung
vorbehaltenen wichtigeren Angelegenheiten.
Derselbe hat insbesondere:
a. für die Erhaltung geregelter (ß. 114 der Gew.-Ordn.)
Zustände zwischen den Mitgliedern und Angehörigen der
Genossenschaft und für die Austragung der bezüglichen
Streitigkeiten zu sorgen.
s
18
b. sich die Gründung und Förderung von Fachschulen und
von Anstalten zur Unterstützung der Mitglieder und An-
gehörigen der Genossenschaft in Fällen der Erkrankung
oder sonstiger Nothlagen angelegen sein zu lassen, und
diese Anstalten nach den von der Versammlung gegebe-
nen Instructionen und besonderen Statuten zu beauf-
sichtigen und zu verwalten;
v. das Genossenschafts-Vermögen nach den Anordnungen
der Versammlung sorgfältig zu verwalten und demnach
die Rechnungen und Jahresvoranschläge zu verfassen, und
der Genehmigung der Versammlung zu unterziehen, eben
so auch die von dieser beschlossenen und behördlich ge-
nehmigten Umlagen einzuheben;
ä. alle diejenigen Berathungsgegenstände vorzubereiten, welche
vor die Versammlung der Genossenschaft gebracht wer-
den müssen;
s. über die Zulässigkeit der Ablehnung der Wahl in den
Genossenschafts-Vorstand zu entscheiden;
k. die verlangten Auskünfte und Gutachten über die im
Wirkungskreise der Genossenschaft liegenden Verhältnisse
an die Behörde und die Handelskammer zu erstatten;
und endlich
§. bei allen Vorkehrungen der öffentlichen Verwaltung,
welche sich auf die Gesammtheit der GewerbSgenossen be-
ziehen, mitzuwirken.
8- 35.
Der Genossenschafts-Vorstand hat das Recht und die
Pflicht, sich jeweilig die Ueberzeugung zu verschaffen, ob
, jeder Lehrherr, die ihm nach dem Gesetze obliegenden Pflich-
ten gegen seine Lehrlinge erfülle, insbesondere, ob er diesel-
ben, insoferne sie nach den bestehenden Gesetzen schulpflichtig
sind, zum Besuche des vorgeschriebenen Unterrichtes, sowie
zur Erfüllung der religiösen Pflichten nachdrücklich verhalte.
Auffallende Pflichtverletzungen der Lehrherren in der
gedachten Richtung hat der Vorstand zur Kenntniß der com-
19
Petenten Behörde zu bringen. Nach Umständen kann er bei
Letzterer auch beantragen, daß dem betreffenden Lehrherrn das
Recht Lehrlinge zu halten, für eine bestimmte Zeit oder auf
immer entzogen werde.
8- 36.
SesMetes MMMsomile.
Der Vorstand bestellt und entläßt das von der Ver-
sammlung systemisirte Hilfspersonale.
8- 37.
HerMungen uml HescMsse Leg GmossensckHs-
Vorstunäes.
Zu den Berathungen des Genossenschafts-Vorstandes,
welche nach Erforderniß veranlaßt werden, sind sämmtliche
Mitglieder desselben von dem Vorsteher einzuberufen. Zu
einer giltigen Beschlußfassung ist mindestens die Anwesenheit
der Hälfte sämmtlicher Ausschußmitglieder und des Borste.
Hers erforderlich.
Die Beschlüsse werden mit absoluter Stimmenmehrheit
gefaßt, bei gleich getheilten Stimmen gibt jene deS Vorste-
hers den Ausschlag.
Ueber die Ergebnisse der Berathungen ist ein summa-
risches Protocoll zu führen, welches von dem Vorsteher und
Schriftführer zu unterzeichnen ist.
8- 38.
Wirkungskreis äes GenossensckHs-VorsteKers.
Der Vorsteher hat die gesammten Geschäfte der Genos-
senschaft zu leiten und zu überwachen.
Er übernimmt alle an die Genossenschaft oder deren
Vorstand gerichtlichen behördlichen Erlässe und alle sonstigen
Eingaben und erledigt alle Angelegenheiten, die nicht eine
Beschlußfassung des Vorstandes erheischen, Namens desselben;
L*
20
er beruft die Versammlung und den Vorstand zu Berathun-
gen und das Genossenschaftsgericht zu Gerichtssitzungen gleitet
dieselben und führt dabei den Vorsitz; er besorgt die Aus-
fertigung und Durchführung der von der Versammlung oder
dem Vorstande gefaßten Beschlüsse; er vertritt nach Außen
die Genossenschaft, und unterzeichnet unter Mitfertigung
zweier Ausschußmitglieder die rechtsverbindlichen Urkunden der
Genossenschaft im Namen derselben; er bewilliget die raten-
weise Einzahlung der Aufnahmsgebühr; er hat das Absterben
der Genossenschafts-Mitglieder an die GewerbSbehörde anzu-
zeigen; er führt bei der GenossenschaftScasse die Mitsperre;
er besorgt die Verkeilung der Geschäfte des Vorstandes und
die Leitung der Genossenschaftskanzlei; er überwacht die
Dienstleistung des besoldeten Dienstpersonalcs und die vor-
schriftsmäßige Führung der Matrikeln über die Mitglieder
und Angehörigen der Genossenschaft, dann der Vormerke über
die arbeitsuchenden Gehilfen und die GewerbSinhaber, die um
solche Nachfrage halten, und über verhängte Ordnungsstrafen
(§. 90 der Gew.-Ordn.); er besorgt die Abschließung und
Aufbewahrung der Lehrverträge; er koramisirt die Lehr- und
Arbeitszeugnisse (Z. 2 und 4 Anhang der Gew.-Ordn.); er
besorgt die Eintragung der Letzteren in die Arbeitsbücher und
veranlaßt deren Aufbewahrung.
Der Vorsteher hat auch darüber zu wachen, daß die
Gehilfen nicht auf eigene Rechnung arbeiten. Er ist verpflich-
tet, solche Gehilfen sogleich der Behörde zur Strafamtshand-
lung anzuzeigen.
Er hat ferner darüber zu wachen, daß Niemand das
Gewerbe, ohne den Betrieb desselben der Behörde angemeldet
zu haben, betreibt.
Solche unbefugte Gewerbetreibende hat er gleichfalls der
Behörde anzuzeigen.
Glaubt der Vorsteher die Verantwortlichkeit für einen
Beschluß der Genossenschafts-Versammlung oder des Vorstan-
des nicht übernehmen zu können, so sistirt er denselben und
legt ihn sofort, beziehungsweise nach Vernehmung der Genos-
senschafts-Versammlung, der Behörde zur Entscheidung vor.
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8- 39.
OrämmMtrnßen.
(Z. 122 der Gewerbe-Ordnung.)
Der Vorsteher ist berechtigt, über Mitglieder und An-
gehörige der Genossenschaft und die den Ersteren im Z. 104
der Gcw.-Ordn. theilweise glcichgehaltenen Stellvertreter bei
Verletzung der Genossenschafts-Vorschriften, wenn hierüber nicht
der Gewerbsbehörde oder dem Gerichte die Amtswirksamkeit
zusteht, Ordnungsstrafen zu verhängen.
Diese bestehen in Verweisen und in Geldstrafen bis 5 fl.
der Verweis ist mündlich, nach Umständen auch vor den ver-
sammelten Ausschußmitglieder:-! zu ertheilen.
Ueber alle ertheilten Verweise und verhängten Geldstra-
fen ist eine Vormerkung zn führen.
8- 40.
In allen Fällen der Verhinderung oder Abwesenheit des
Vorstehers gehen dessen Rechte und Pflichten an den rangäl-
testen Stellvertreter über.
§. 41.
GeiroMiMlmßs-VermöIen.
Ueber das gesammte bewegliche und unbewegliche Ver-
mögen der Genossenschaft ist ein Inventar zu errichten und
von dem Vorstande stets in Ordnung zu erhalten.
Bei der Verwaltung des Vermögens und Einkommens
der Genossenschaft hat sich der Vorstand an den von der Ver-
sammlung genehmigten Jahresvoranschlag zu halten.
In unvorhergesehenen und dringenden Fällen ist der
Vorstand gegen Genehmigung der Auslage durch die Ver-
sammlung bei der Jahresrcchnung ermächtigt, kleinere nicht
präliminirte Auslagen zu machen, welche im Rechnungsjahre
im Ganzen die Summe pr. 20 Gulden nicht überschreiten.
Zu allen weiteren Ueberschreituugen des Voranschlages, zur
Erwerbung, Vermietung, Verpfändung oder Veräußerung
unbeweglicher Güter, zur Anlegung oder Abtretung von Ca-
Pitalien, zur Aufnahme von Darlehen, zur Uebernahme an-
derer Verpflichtungen und Leistungen, für welche die Genos-
senschaft haften soll, zur Verzichtleistung auf bereits erwor-
bene oder erst zu erwerbende Rechte, zur Anhängigmachung
eines Rechtsstreites und zur Abschließung eines Vergleiches
ist die Zustimmung der Genossenschafts-Versammlung erfor-
derlich, welche der Vorstand bei dem nächsten Zusammen-
tritte der Versammlung zu erwirken hat.
8- 42.
GinMltinen tler Geno.-MiMkH.
In die Genossenschafts-Casse fließen:
a. die Erträgnisse des Genossenschafts-Vermögens:
b. die Aufnahmsgebühren der neu eingetretenen Mitglieder;
o. alle Ordnungsgeldstrafen, dann alle wegen Uebertretung
der Gewerbeordnung verhängten Geldstrafen (HZ. 122
und 151 der Gewerbeordnung);
ä. mit Genehmigung der Behörde die Umlagen der Ge-
nossenschafts-Mitglieder.
Zu den in lit. ä genannten Umlagen darf die Ver-
sammlung nur dann schreiten, wenn und insoweit die übrigen
Einnahmen für die Deckung der Bedürfnisse der Genossen-
schaft nicht hinreichen.
Die in b, c und ä angegebenen Einkünfte der Genos-
senschaft dürfen im Wege der politischen Behörde über Ein-
schreiten des Genossenschafts-Vorstandes zwangsweise einge-
trieben werden.
8. 43.
AuMben tler Geno.MNückH.
Aus den Einkünften der Genossenschaft dürfen nur solche
Auslagen bestritten werden, welche im Interesse der Genos-
senschaft liegen.
8- 44.
Die Werthpapiere der Genossenschaft und die Barbe-
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stände, welche die Summe von 50 Gulden übersteigen, sind
in der Genossenschafts-Casse aufzubewahren.
Die Cassc steht unter der Sperre des Vorstehers, welcher
auch Cassaführer ist, dann des ersten Vorsteher-Stellvertre-
ters und Eines Ausschusses; die Cassabücher und die Bar-
bestände bis zum Belaufe von 50 Gulden bleiben in den
Händen des Vorstehers.
§. 45.
Die Genossenschafts-Rechnung ist für jedes Sonnenjahr,
d. i. die Zeit vom 1. Jänner bis letzten December abzu-
schließen , vom Vorsteher zu unterfertigen, und der auf den
Rechnungs-Abschluß zunächst folgenden Genossenschafts-Ver-
sammlung vorzulegen, welche die Prüfung derselben durch drei
aus ihrer Mitte gewählte Vertrauensmänner vornehmen läßt.
Nach Erledigung der etwa geltend gemachten Mängel ist die
Rechnung durch vierzehn Tage zur Einsicht jede- Genossen-
schafts-Mitgliedes bei dem Vorsteher aufzulegen.
8- 46.
GemssenöckHs-GerirKt.
(8. 102 der Gewerbe-Ordnung.)
Streitigkeiten der selbstständigen Gewerbetreibenden mit
ihren Gehilfen und Lehrlingen aus dem ArbeitS- und Lehr-
verhältnissc, welche während der Dauer desselben oder wenig-
stens vor Verlauf von dreißig Tagen nach dessen Aufhören
angebracht werden, sind von der Genossenschafts-Vorstehung
zu erledigen.
Zur Verhandlung und Entscheidung dieser Streitigkei-
ten hat der Genossenschafts-Vorstand jeweilig für die Dauer
von Einem Jahre ein Genossenschafts-Gericht zu bilden, wel-
ches aus dem Vorsitzenden und aus vier Mitgliedern und
zwei Ersatzmännern zu bestehen hat, von denen die Hälfte den
Vorstands-Mitgliedern, und die andere Hälfte den Gehilfen
angehört. Die Berufung der Ersteren geschieht durch die
Wahl des Vorstandes, die Bestellung der Letzteren aber von
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der Behörde aus den ehrenhaftesten und verständigsten Per-
sonen dieser Classe über Vorschlag der Gehilfen und nach
eingeholtem Gutachten des Genossenschafts-Vorstandes.
Ist ein Mitglied des Genossenschafts-Gerichtes bei einer
zu verhandelnden Streitsache selbst betheiligt, so darf es be-
züglich dieses Falles an der Verhandlung und Entscheidung
des Genossenschafts-Gerichtes nicht theilnehmen.
Den Vorsitz in dem Genossenschafts-Gerichte führt der
Genossenschafts-Vorsteher. Die Erkenntnisse des Genossen-
schafts-Gerichtes werden durch Stimmenmehrheit gefaßt.
Bei gleich getheilten Stimmen entscheidet die Stimme
des Vorsitzenden.
Zur Entscheidungsfähigkeit des Genossenschafts-Gerichtes
ist die Anwesenheit deS Gerichts-Vorstehers und wenigstens
zweier Gerichts-Mitglieder nothwendig, deren Eines dem Ge-
nossenschafts-Vorftande und Eines dem Stande der Gehilfen
angehören muß.
8- 47.
VerMren.
Die Streitsache ist in der Regel mündlich vor dem Ge-
nossenschafts-Vorsteher anzubringen. Hierüber sowie über eine
schriftliche Klage liegt ihm ob, zunächst die gütliche Beilegung
der Streitsache zu versuchen, und erst, wenn dieser Versuch
nicht gelingt, den Gegenstand dem Genossenschafts-Gerichte
zuzuweisen, und zugleich dieses zu einer Gerichtssitzung zu
berufen, und hiezu die betheiligten Parteien vorzuladen.
Haben sich Kläger und Geklagter vor der Gerichtssitzung
ausgeglichen, so haben sie darüber bei sonstiger Ordnungs-
strafe von Einem bis fünf Gulden dem Genossenschafts-Ge-
richte rechtzeitig die Anzeige zu machen.
Einer gleichen Ordnungsstrafe unterliegen die Parteien
wenn sic zu der anberaumten Gerichtssitzung nicht erscheinen
und dieselben sind zu einer neuerlichen Gerichtssitzung unter
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Androhung einer erhöhten Ordnungsstrafe vorzuladen. Bleibt
auch in dieser Gerichtssitzung ein oder der andere Theil aus,
so ist auf Grundlage der von dem Erschienenen gemachten
Angaben das Erkenntniß zu schöpfen. Erscheinen beide Theile,
so hat das Genossenschaftsgericht, ohne an ein bestimmtes
Verhandlungsvcrfahreu gebunden zu sein, sich über den wah-
ren Sachverhalt die erforderlichen Aufklärungen zu verschaf-
fen, und sofort den Versuch einer gütlichen Ausgleichung zu
wiederholen.
Kommt eine solche zu Stande, so wird dieselbe zu Pro-
tokoll genommen, und beiden Parteien auf Verlangen in Ab-
schrift mitgetheilt.
Ist eine Vereinigung nicht zu erzielen, so hat das Ge-
nossenschafts-Gericht ein Erkenntniß zu schöpfen, welches eben-
falls in einem Protokolle niedergelegt und den Parteien be-
kannt gegeben wird.
Z. 49.
Die Erkenntnisse des Genossenschafts-Gerichtes sind im
Verwaltungswege vollziehbar.
Gegen dieselben steht den Betheiligten durch acht Tage
die Berufung an die politische Behörde offen, durch welche
jedoch die vorläufige Vollziehung nicht aufgehalten wird.
Jene Streitigkeiten, welche nach Verlauf von 30 Ta-
gen nach Aufhören des Arbeits- oder Lehrverhältnisses ange-
bracht werden, gehören vor den ordentlichen Richter.
§. 50.
Die Streitigkeiten (Z. 129 der Gewerbe-Ordnung) der
Genossenschaft über innere Gesellschafts-Angelegenheiten gehö-
ren ausschließlich auf den Verwaltungsweg.
Linz, 27. Dezember 1863.
Gesehen:
Thum IN. x., Josef Bischof M. p.,
Jimungskommissär. Obervorsteher
Josef Kula m. x.,
Vorsteher.