Maßnahmen der französischen Regierung 243 päischen Krisen kommen zu lassen brauchen. Das Wohl Frankreichs würde verlangt haben, die marokkanischen Dinge ebenso langsam und ruhig reifen zu lassen, wie einst die algerischen. In der Türkei gar habe man eine unerhörte Bestechungs- und Wucher politik getrieben. Sei doch Constans, der langjährige Botschafter Frankreichs in Kon stantinopel, von den Türken nur noch „Herr Achtzehn-Prozent" genannt worden. Am wichtigsten für uns ist, daß ein so gut patriotischer und über jeden Zweifel erhabener Fachmann wie Berard auch festgestellt, daß die dreijährige Dienstzeit nur eine Folge dieser Finanzdiplomatie sei, die unter den heuchlerischen Redensarten vom „europäischen Gleichgewicht" die Spannung in Europa und die Kriegsgefahr bis ins Unerträgliche gesteigert habe. Bei jedem neuen Raubzug der Finanzdiplomaten würde man zur Siche rung Frankreichs die militärische Dienstzeit um ein Jahr haben erhöhen können. Wo soll eine solche Politik enden? Berards Frage ist jetzt beantwortet. Die poincaristische Verbindung von chauvinisti scher Hetze und Spekulantentum hat zum furchtbarsten Krieg geführt, der seil Napoleon oder gar seit dem 30jährigen Krieg Europa erschüttert hat. Wir wissen noch nicht, wie der Krieg ausgehen wird. Daß aber die wahren Interessen des französischen Volks in dieser Katastrophe auf ihre Rechnung kommen, erscheint ausgeschlossen. Die Anstifter dieses Kriegs und das politische System, das zu diesem Zusammenstoß geführt hat, sind gerichtet. Maßnahmen der französischen Regierung Verordnungen bis zur Tagung der Kammern und Ernennungen (Die wirtschaftlichen Maßnahmen, die bekannt wurden, sind auf den S. 257 ff. zusammengefaßt) 27. September 1914. Die französische Regierung beschloß, alle zwischen Franzosen einerseits und Deutschen, Oesterreichern und Ungarn anderseits nach der Kriegserklärung abgeschlossenen Verträge als gegen die öffentliche Ordnung verstoßend für null und nichtig zu erklären. Die vor dem Kriege abgeschlos senen Verträge können gerichtlich für ungültig erklärt werden; ihre Ausführung wird, wenn sie bereits begonnen hat, eingestellt. Auch den deutschen und österreichisch-ungarischen Versicherungs gesellschaften werden die nach französischem Recht nötigen Genehmigungen entzogen. 14. Oktober. Der Justizminister erteilt den Generalstaatsanwälten in Ergänzung früher erteilter Weisungen Instruktionen über die Durchführung der Beschlagnahme und Sequestrierung aller mobilen und immobilen Werte deutscher und österreichisch-ungarischer Firmen, die in Frankreich Handel, In dustrie oder Ackerbau ausüben, einerlei ob die Firmen ihre Arbeit nach der Kriegs erklärung eingestellt haben oder nicht und selbst für den Fall, daß sie ihr wahres Wesen durch Umwandlung in französische Gesellschaften verbergen oder sich hinter französische Verbündete oder Neutrale versteckt haben. 23. Oktober. Der Justizminister hat bestimmt, daß der Erlaß über die Schließung österreichischer und deutscher Firmen in Frankreich, sowie über die Beschlagnahme von deren Eigen tum auch auf alle, nicht Handel treibende Oesterreicher und Deutsche ausgedehnt werden soll, die ihren Wohnsitz in Frankreich haben; Elsaß-Lothringer und österreichische Slawen werden davon nicht betroffen. Die Liquidation der bisher ge schlossenen und beschlagnahmten Firmen wird durch gerichtliche Liquidatoren oder unter Aufsicht der Domänenverwaltung, die dem Finanzministerium untersteht, durchgeführt.