108 Die Kämpfe an der Westfront bis Mitte Januar 1915 wurde denn in einem kleinen Ziergarten ein Grab geschaufelt und der tapfere Junge hineingelegt; wir nahmen den Helm ab zum Gebet und einer sprach ein schlichtes Vater unser; auf den Grabhügel legten wir eine letzte Rose, die Kompagnie machte ein Kreuz dazu. Als die letzten Worte des Hauptmanns gesprochen waren, sing Sepp an zu spielen: „Gott ist getreu" und „Befiehl du deine Wege", so wunderschön, wie wir es nie zuvor gehört hatten. Kein Orgelspiel hat mir je so gefallen! Wir hatten alle Tränen in den Augen. Dann spielte er das alte schöne unvergängliche Soldatenlied: „Ich hatt' einen Kameraden" und „Die Vöglein im Walde... In der Heimat, da gibts ein Wiedersehn". Immer und immer wieder bis es Nacht wurde und wir gehen mußten. Der Sepp war nicht vom Grab seines Herrn zu bringen; er setzte sich darauf, weinte und blies ab wechselnd, was ihm an schönen Liedern einfiel und was sein Herr einst so gern gehört hatte. Da aus einmal, wir waren fast schon fortgegangen, kam auch noch Caro irgend woher, als ob er den Tod seines Herrn geahnt hätte. Der winselte, scharrte und heulte, da er genau wußte, daß es um seinen Herrn geschehen war. Ueber diese Abschiedsszene hin dröhnten und donnerten die Kanonen ihr grausiges Lied und Pfiffen die Kugeln aus den Gewehren nur so hin und her. Tief ergriffen gingen wir, die Engländer kamen heran und machten einen Vorstoß; aber immer noch blies der Sepp im Abenddunkel sein Lied: „In der Heimat...", bis er mit Gewalt fortgcholt werden mußte, um nicht iw Feindeshand zu fallen. Nur Caro blieb und wich nicht. Als wir zwei Tage später die Engländer geworfen hatten und an derselben Stelle vorüberkamen, lag der treue Caro tot auf dem Grab. Wir wußten nicht, wär er vor Hunger und Gram gestorben oder hatte ihn ein kleines Geschoßstück getroffen, eine Wunde fanden wir an seinem Körper nicht. Den treuen Hund ließen wir zu Füßen seines Herrn einscharren. Seit jenew Tagen bläst der Sepp keinen Ton mehr; er hat seine Harmonika aus Gram ins Wasser geworfen." Die Kämpfe im Abschnitt Lille Arraö Zusammenfassende Darstellung nach den deutschen Generalstabsmeldungm 21. Oktober 1914. Die Kämpfe westlich von Lille dauern an. Unsere Truppen gingen dort zur Offen sive über und warfen den Feind an mehreren Stellen zurück. Es wurden etwa 2000 Eng länder zu Gefangenen gemacht und mehrere Maschinengewehre erbeutet. 22. Oktober. Die Kämpfe nordwestlich und westlich von Lille waren sehr erbittert. Der Feind' wich aber aus der ganzen Front langsam zurück. 23. Oktober. Westlich von Lille waren unsere Angriffe erfolgreich; wir setzten uns in den Besitz- mehrerer Ortschaften. 24. Oktober. Südwestlich von Lille drangen unsere Truppen in heftigem Kampfe weiter vor. 26. Oktober. Westlich und südwestlich von Lille machten unsere Truppen im Angriff gute Fort schritte. In erbittertem Häuserkamps erlitten die Engländer große Verluste und ließen über 500 Gefangene in unseren Händen. Nördlich von Arras brach ein heftiger fran zösischer Angriff in unserem Feuer zusammen. Der Feind hatte sehr starke Verluste. 27. und 28. Oktober. Die Kämpfe südwestlich von Lille werden mit gleicher Hartnäckigkeit fortgesetzt. Die deutschen Truppen haben Fortschritte gemacht.