76 Der italienische Krieg während des dritten Kriegshalbjahres Vorn schon wieder Trommelfeuer. Und dann die ganze Nacht — ohrenbetäubend — Gewehrfeuer. Jetzt wagen sie den dritten, vierten, achten Sturm. Wenn sie jetzt heran kriechen, sind die zerfetzten Körper ihrer Kameraden, aus denen die Wärme flieht, die Fleischhügel vom ersten Sturm, bis zum achten Angriff die Deckung, die sie ein wenig schützt. Aber der Morgen bringt die Ermattung. Der Hauptstoß ist wieder verrauscht — Monte Michele — Doberdo — Podgora — Blut ohne Ende: Alles umsonst . . . Und wieder neue Gefangene. Diesmal rasiert und gepflegte Hände. Schlecht gegen Kälte gerüstet, aber leidlich saubere Uniformen. Jetzt wundert sich der österreichische Major, der sie abführen läßt. Ja, vor zwei Tagen erst, gesteht der italienische Offi zier, sind sie alle hier angekommen. Zwei Tage lagen sie in den Gräben. Junge Truppen, zum erstenmal im Gefecht, gleich aus der Eisenbahn. So fern die äußersten Reserven standen: Cadorna hatte sie alle heranrollen lassen. Episoden aus der vierten (dritten) Isonzo-Schlacht Bericht aus dem K. u. K. Kriegspressequartier vom 29. November 1915 Das Heldenringen unserer tapferen Truppen an der Jsonzosront wird in seiner ganzen Größe erst in späterer Zeit, wenn das Material der Gefechtsberichte zur Verwertung vorliegt, voll gewürdigt werden können. Heute beleuchten nur einzelne Meldungen von kleineren Abschnitten der Front gleichsam blitzartig das gewaltige Chaos vieltägiger erbitterter Kämpfe, die wir unter dem Namen der dritten Jsonzoschlacht zusammenfassen. Schon diese wenigen Andeutungen eröffnen aber Ausblicke auf eine Summe von Helden mut, Tapferkeit und Hingabe für Kaiser, König und Vaterland, die diesen zähen und erfolgreichen Verteidigungskampf in die Reihe der schönsten Waffentaten unserer Heeres geschichte erheben und unvergänglichen Lorbeer um den Ehrenschild der daran beteiligten Truppenkörper und Abteilungen winden. Hoch klingt das Lied der Infanterie. Mehr als fünfzig Stunden hindurch hatte die feindliche Artillerie die Frontteile, denen der Angriff gelten sollte, unter ununter brochenem schwersten Trommelfeuer gehalten, die Schützendeckungen waren vielfach zu zusammenhanglosen Steintrümmern zusammengeschossen, die Verluste häuften sich; trotz dem hielt die Infanterie unerschüttert in dieser Hölle aus und erwartete den feindlichen Ansturm ungebrochenen Mutes. Und die Italiener kamen heran, Woge auf Woge, vier Tage lang, Angriff auf Angriff, dazwischen immer wieder das Höllenseuer aus Geschützen aller Arten und Kaliber. Die Uebermacht erlaubte dem Feinde, stets neue Regimenter zum Sturm heranzuführen; vor den Frontabschnitten einzelner unserer Regimenter wurden vier und selbst fünf solche des Feindes im Verlaufe der Schlacht festgestellt. Unbezwinglich hielt das Infanterieregiment Nr. 61 seine Stellungen. Wohl drang der Feind wiederholt in die zerschossenen Deckungen ein, in einem Kompanie abschnitt sogar zwölfmal, doch mit ungebrochenem Heldengeist gewannen die 61er stets im wütenden Handgemenge die Ueberhand und warfen die Feinde, ohne daß es des Einsatzes von Reserven bedurfte, wieder zurück. Der Geist der braven Mannschaft blieb trotz des nervenzerstörenden Einflusses der mehrtägigen heftigsten Kämpfe ein so vor trefflicher, daß eine Kompanie bei der Abwehr eines Angriffes über die Deckungen vorstürmte, in der Verfolgung einenOfsizier, drei Offiziersaspiranten und 51 Mann gefangen nahm und ein Maschinengewehr erbeutete. Als eine zusammenhängende Besetzung der Stellung infolge der Gesechtsverluste nicht mehr möglich war, ballten sich die Kompanien um ihre Offiziere, deren heldenmütiges Beispiel sie immer wieder zum Gegenstoß fortriß, wenn der Angreifer die Trümmer der Deckungen zu überklettern wagte. Das Infanterieregiment Nr. 46 war nach langem Ausharren im feindlichen Artilleriefeuer zur Erholung in eine Reservestellung zurückgenommen worden. Doch nur