314 Die Türkei während des zweiten Kriegshalbjahres Die Russen, die vor unseren tapferen Waffen und jenen unserer Verbündeten Nieder lage aus Niederlage erleiden, sahen sich genötigt, in ihrer Duma Kundgebungen zu ver anstalten, die ihre Schwäche verraten (vgl. IV, 3, 244 ff.). Die Staatsmänner in Peters burg, die vor der Gefahr zittern, des Schwarzen Meeres und der Ostsee beraubt zu werden, empfanden das Bedürfnis, den Fanatismus ihrer Armeen zu schüren, indem sie erklärten, daß der Augenblick gekommen sei, Konstantinopel in Besitz zu nehmen, um an das offene Meer zu gelangen. Welch offenherzige Schwäche gegenüber der Wirklichkeit! Doch, die Russen mögen beruhigt sein! Die ottomanischen, deutschen, österreichischen und ungarischen Waffen, die sich vereinigten und die Schlachtfelder mit Blut tränkten, werden heute wie morgen die Russen zermalmen. Heute wie morgen wird der ottomanische Soldat, der in Konstantinopel und an der Grenze Anatoliens Wache steht, dessen ein gedenk sein, daß er gleichzeitig ein heldenmütiger Beschützer Berlins, Wiens und Buda pests ist, gerade so wie die Soldaten Deutschlands, Oesterreichs und Ungarns gleich zeitig ruhmreiche Verteidiger Konstantinopels und Anatoliens sind. Unsere Feinde fahren fort, die Behauptung zu verbreiten, daß sie uns den Vorschlag gemacht hätten, unsere territoriale Integrität zu gewährleisten, wenn wir die Neutralität wahren. Denen, die das Muster eines Landes sehen wollen, dessen Integrität England und Rußland gewährleisteten, denen will ich Persien zeigen! Aber du armes islamiti sches Land betrübe dich nicht: auch du wirst von der Bedrückung der Tyrannen befreit werden!" Maßnahmen der türkischen Regierung Die wirtschaftlichen Maßnahmen sind aus den S. 316 und 317 zusammengefaßt. Militärische Maßnahmen 8. April 1915. Das Amtsblatt veröffentlicht zwei provisorische Gesetze. Durch das erste wird das Kriegsministerium ermächtigt, auf die Zeit, die es für notwendig erachtet, zur Ver teidigung der Küsten und Grenzen des Reiches und zur Aufrechterhaltung der lokalen Ordnung alle außerhalb des Rahmens des Militärdienstes waffenfähigen Männer, ein schließlich der Neunzehn- und Zwanzigjährigen, deren Einberufung bisher nicht für not wendig befunden wurde, unter die Fahnen zu rufen. Das zweite Gesetz verpflichtet alle Flüchtlinge, die in die Türkei eingewandert sind und noch einwandern, angesichts des Kriegszustandes und wenn es das Kriegsministerium für notwendig erachtet, zum Kriegsdienst; sie können drei Monate nach ihrer Ankunft unter die Fahnen gerufen werden, jedoch nur für die Dauer der Mobilisierung. 4. Mai 1915. Ein Gesetz ermächtigt die Behörden, im Falle der Notwendigkeit sämtliche Waffen ein zuziehen und den Verkauf von Waffen zu verbieten. 2. Juli 1915. Aus Anlaß der Wiederherstellung des Sultans wurde den Militärdienstpflichtigen, den Unteroffizieren sowie Mannschaften, die wegen Gehorsamsvergehen verurteilt worden sind, Amnestie gewährt. Diejenigen, die sich der Militärdienstpflicht entzogen haben, erhielten eine Frist von 30 Tagen, um der Einberufung Folge zu leisten. Die politischen Ver bannten in Sinope wurden begnadigt. Maßnahmen gegen die Angehörigen fremder Staaten 19. März 1915. Ein am 1. April 1915 in Kraft tretendes Gesetz über den Aufenthalt und das Reisen fremder Staatsangehöriger verfügt, daß sich ankommende Fremde