Von den italienischen Fürsten und Heerführern 147 Disposition gestellt. Ragni war früher Generalgouverneur von Tripolis und genoß in militärischen Kreisen großes Ansehen. Ihm war die Aufgabe zugefallen, die Podgora- höhe zu nehmen. Der König war auf Einladung Ragnis mit dem Generalstabschef Cadorna persönlich vor Podgora erschienen, mußte aber statt des erwarteten Einzugs in die Stadt Görz die katastrophale Dezimierung der seinem Hause besonders nahestehenden Brigaden, der Regimenter 1 und 2, und der Brigade „Pistoja", aus den Regimentern 35 und 36 bestehend, miterleben. Außer sich darüber, zog er Ragni zur Rechenschaft, wobei es zwischen diesem und Cadorna zu erregten Auseinandersetzungen gekommen sein soll, die mit der Absetzung Ragnis endeten. Zwei weitere kommandierende Generale und außerdem fünf Divisionäre und Brigadiers sollen gleichfalls ihres Kommandos enthoben worden sein. Das Haus Savoyen im Felde Von F. L. Graf von Boltolini Nächst den Hohenzollern und den Habsburgern hat kein anderes europäisches Fürsten haus so viele bedeutende Heerführer hervorgebracht als das Haus Savoyen. Nicht nur für ihre Hausmacht kämpften die Savoyer im Laufe langer Jahrhunderte ruhmreich, sondern auch als Feldherrn großer fremdländischer Armeen, besonders Oesterreichs und Frankreichs, haben savoyische Prinzen Großes geleistet. Heute noch ist das Andenken des Prinzen Eugen von Savoyen in der Armee Oesterreich-Ungarns populär. Man muß es zur Ehre der savoyischen Prinzen bekennen, daß sie sich in taktvollster Weise den eigentlichen Kriegshetzereien fernhielten und der Eventualität eines Krieges mit den Zentralmächten nicht gerade freudig entgegensahen, wohl fühlend, daß der Front wechsel ihres Landes auch ihrem hohen Hause in der Geschichte einen Makel ausprägen könnte und im Schlosse von Aglis, der Sommerresidenz des Herzogs von Genua, des derzeitigen Regenten Italiens während der Abwesenheit des Königs, hoffte man nicht minder auf eine friedliche Lösung der Krisis als in Berlin und Wien. Nun aber, da der Bruch unvermeidlich wurde und Italien seine Söhne zu den Waffen rief, haben auch die Savoyer, voran der König, es für ihre Pflicht gehalten, mit der Armee ins Feld zu ziehen. Nach deutschem Muster hat Viktor Emanuel III. sich ein „Großes Hauptquartier" gebildet, das sich jedoch außerhalb der eigentlichen Kriegszone, weit hinter den Linien befindet. Die Notwendigkeit, gleich weit von dem Kriegsschau platz im Tirol, in Karnien und im Friaul zu sein, forderte die Wahl des Ortes. Nichtsdestoweniger führt der König fast täglich Reisen in das Gebiet der Kriegszone aus und zeigt sich in dieser Beziehung unermüdlich: bald erscheint er in den Lazaretten, tröstet mit teilnehmenden Worten die Verwundeten, bald inspiziert er die zur Front abgehenden Truppen und ermuntert sie zur Ausübung ihrer harten Pflicht. Auch durch Geschenke sucht er allenthalben die Moral der Truppen zu heben. Wie im lybischen Kriege werden vom Ministerium des königlichen Hauses große Mengen Zigaretten an gekauft und den Truppen als besonderes Geschenk des Königs überwiesen. Aber auch persönlich verteilt Viktor Emanuel diese stets willkommene Gabe, und wenn das graue Automobil des Königs, kenntlich an der von einem indigoblauen Streifen umränderten Trikolore am Motor, bei einer Truppe hält, kann man sicher sein, daß dasselbe eine Kiste Zigaretten als Erinnerung an den hohen Besuch zurückläßt. Auf seinen Fahrten von Armee zu Armee ist der König stets von seinem langjährigen Generaladjutanten, General leutnant Brusati, sowie von den dem königlichen Hauptquartier beigegebenen Offizieren und Beamten begleitet. Anstatt der nur im Hauptquartier diensttuenden Gardekürassiere bilden im Felde die Eskorte des Souveräns eine Anzahl von Karabinieri aus Motor rädern, und obwohl diese mit trefflichen Maschinen — deutschen Fabrikats — ausgestattet sind, fällt es ihnen oft schwer, der eilenden Fahrt des königlichen Automobils zu folgen.