210 Die Ereignisse an der Westfront von Mitte Januar bis Mai 1915 giment seinen Ruhm bezahlen. Nachdem der König das Regiment begrüßt und einige Orden verteilt hatte, begab er sich zu dem sächsischen Infanterieregiment 105, dessen Chef er ist. Nachdem auch dieses Regiment begrüßt worden war, marschierten beide Regimenter im Parademarsch vorbei. Am 15. April begab sich der König zur 54. Reservediviston, die im Herbst neu auf gestellt, auf dem Uebungsplatz Münstngen ausgebildet und im Oktober mit der Bahn nach Westflandern gebracht worden war. Dort ausgeladen, trat die Division den Vor marsch gegen Ipern an, wurde hiebei in besonders heftige Gefechte gegen englische Truppen verwickelt und mußte sich die jetzige Stellung durch blutige Opfer erkämpfen. Damals fiel Generalleutnant von Reinhardt. Die Division steht jetzt dem Feind dicht gegenüber, einzelne vorgeschobene Punkte sind 15 Meter vom Feinde (Engländer) ent fernt. Die verfügbaren Teile der Division standen unter dem Kommando des Generals der Infanterie von Schaefer vereinigt. Nach der Besichtigung fuhr der König in das Hauptquartier des Herzogs Albrecht, der am 14. und 15. April mit zweien seiner Söhne gleichfalls bei den Truppen anwesend gewesen war und von da nach kurzem Aufenthalt nach Gent, wo württembergische Landsturmtruppen unter dem Befehl des Generalleut nants von Seckendorff am Bahnhof aufgestellt waren. Nach kurzer Ansprache verab schiedete sich der König und kehrte nach Stuttgart zurück. Des Kaisers Geburtstag am 27. Januar 1915 Auf der Höhe des Lebens umschmettern den deutschen Kaiser die Kriegsfanfaren. Er, der sonst an seinem Geburtstage als Schirmer des Weltfriedens, umgeben von den deutschen Fürsten und den Paladinen des Reiches im altersgrauen preußischen Königs schlosse zu Berlin, die Glückwünsche aller deutschen Stämme entgegennahm, feiert diesmal als oberster Kriegsherr im Felde auf französischem Boden sein Geburtsfest. Im Großen Hauptquartier wurde Kaisersgeburtstag in der einfachsten Weise be gangen. Der Kriegsberichterstatter Wilhelm Schmidtbonn schrieb darüber dem „Berliner Tageblatt" unter anderem: „In einem kahlen Raum, an der Rückwand ein Altar mit Decke, rechts und links je ein rundgeschnittener Topfbaum und je ein Bund von fünf Reiterlanzen mit vielfarbigen Fähnlein. Die Altardecke ist ein Geburtstagsgeschenk der Kaiserin. Es sind die Worte des Kaisers im Reichstag hineingewebt: „Vorwärts mit Gott, der mit uns ist, wie er mit unseren Vätern war." Das Haus ist ganz gefüllt mit einer dicht zusammengedrängten Menschenmenge und der ersten Sonne dieses Jahres. Truppen, Kreuzschwestern, aus einer Estrade der Kaiser, ganz allein vor allen aus seinem Stuhl, hinter ihm Prinz Oskar, von der Front kommend und im einfachen, feldgrauen Mantel. Um den Kaiser her der Reichskanzler, Großadmiral von Tirpitz, der neue Kriegsminister Wild von Hohenborn, der österreichisch-ungarische Delegierte Graf Stürkgh, Zekki Pascha in brauner Uniform mit hohem Tschako. Unter vielen anderen auch der , Oberst Langer, der Kommandant der österreichisch-ungarischen Motorbatterien. Das Kommando „Stillgestanden!" das beim Eintritt des Kaisers ertönt, hat hier nichts, was an den Kasernenhof erinnert, sondern das scharfe Wort springt einem hier gleichsam ins Herz. Eine seltene Stunde beginnt, in der nicht irgendeine Entscheidung fällt, die aber das sinnfälligste und wirkungsstärkste Symbol ist für das Geschehen unserer Tage. Nach einem Gesang aller spricht der Hofprediger Goens über das Bibelwort: „Er legt uns eine Last auf, aber er hilft uns auch." Der Prediger sagt in einfachen, leben digen, für den Kaiser selbst, ebenso wie für die Krieger gedachten Worten: „Das ganze Deutschland denkt in dieser Stunde an uns." Er denkt zurück an die früheren Feiern dieses Tages und spricht aus, daß das deutsche Volk dem Kaiser nie ein schöneres Ge