18 und äusseren Gottesdienst die Religion des Herzens und die innere Gottesverehrung entgegensetzten, nicht Huss, welcher aus dem Grundsatze, dass vor Gott alle gleich und auch der Priester kein Vorrecht habeT die Schriftwidrigkeit der Ohrenbeichte und die Notwendigkeit der Spendung des Altarsacramentes unter beiderlei Gestalten auch an die Laien ableitete, nicht Wicliffe, welcher alle Dogmen und äusseren Gebräuche verwarf, die sich nicht aus der Bibel ableiten lassen, nicht Johann Wessel, nicht Johann von Wesel und Geiler von Kaisersberg, denen die Fröm¬ migkeit und Gottseligkeit nicht in äusseren Gebräuchen und ein¬ zelnen Werken, sondern in der Gesinnung und dem Glauben bestand, denen die Kirche lediglich eine ideelle Vereinigung durch das Band der Liebe war und die nur ein allgemeines Priester¬ thum, keine Hierarchie und keinen Papst anerkannt wissen wollten. Sie alle sahen in dem mystischen Evangelium einen Protest gegen die Eeligion in Satzungen und Buchstaben, die Forderung der Freiheit des Individuums gegenüber dem Zwange der Ortho¬ doxie in Glaubenssachen. Jener demokratische Grundsatz der Mystik, dass jeder Mensch Gott von Angesicht zu Angesicht gegenübertritt und keines Mittlers bedarf, und dass er, was er im tiefinnersten Herzen fühle, auch in der Sprache seines Herzens, in der Mutter¬ sprache, zum Ausdruck bringen könne, hat ihr ihre Anhänger erobert. Hiemit innig verwandte Ansichten aber sind mit dem Beginn des 16. Jahrhunderts zugleich mit der Cultur der Renaissance über die Alpen in Deutschland eingedrungen und haben hier zur Kirchenreformation geführt; die Humanisten waren die Verbreiter derselben. Erasmus von Rotterdam schreibt in seinem Handbuch des christlichen Streiters : „Du hältst eine angezündete Wachskerze für ein Opfer, aber das ist kein rechtes. In die Kutte eines Mönchs hüllt sich dein Körper, aber deine Seele ist noch mit dem weltlichen Kleide angethan. In dem sichtbaren Tempel beugst du das Knie deines